CDU-Politiker Streeck plädiert für die Einschränkung medizinischer Versorgung älterer Menschen

Nach der Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz, Deutschland könne sich den Sozialstaat nicht mehr leisten, setzen CDU und SPD einen rabiaten Sozialabbau durch bzw. bereiten diesen mit dem neuen Bundeshaushalt vor.
Die Abschaffung des Bürgergeldes war hier nur der erste Schritt. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) forderte jüngst eine Agenda 2030. Darin enthalten sein sollen nach ihrem Willen so tiefgreifende Angriffe wie die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre, die Abschaffung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder die Aufweichung des Kündigungsschutzes.

Hendrick Streeck [Photo by Frank Burkhardt, CC BY 2.5 , via Wikimedia Commons / undefined]

Vorschläge für einschneidende Kürzungen in der öffentlichen Gesundheitsversorgung werden seit Monaten in den Medien breit diskutiert.
Der CDU-Politiker und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck, hat dabei mit seinem Vorstoß, die medizinische Versorgung alter Menschen drastisch zu beschneiden, unterstrichen, zu welchen menschenverachtenden und de facto mörderischen Maßnahmen die herrschende Klasse bereit ist.

Gegenüber dem rechtslastigen Sender Welt TV warf er die Frage auf, ob man alten Menschen noch teure Medikamente verordnen solle. Es gebe „Phasen im Leben, wo man bestimmte Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte“. Er brachte das Beispiel eines 100-Jährigen an, der an Krebs erkrankt ist, und stellte die Frage: „Will man wirklich diese teuren Medikamente“ in solch einem Fall einsetzen?

Zynischerweise berichtete er vom Tod seines an Lungenkrebs erkrankten Vaters und beklagte dabei, dass in den Wochen vor dessen Tod „so viel Geld ausgegeben“ worden sei.

Nachdem diese abstoßenden Aussagen auf breite Kritik stießen, legte Streeck in einem Gastbeitrag in der Rheinischen Post nach. Darin kritisierte er, dass die „Lebensverlängerung immer das höchste Ziel sei“, sprach sich gegen eine angebliche Überversorgung aus und verstieg sich sogar zu der grotesken Aussage, dass ältere Menschen nicht selten „tot operiert“ würden.

Streeck ist mittlerweile berüchtigt für seine Geringschätzung menschlichen Lebens. Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie trat er als Verfechter einer radikalen Durchseuchungspolitik auf und sprach sich selbst gegen begrenzte Maßnahmen der Mitigation aus.

Grundsätzlich fordert Streeck tiefgreifende Einschnitte in der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Gesundheit sei „keine All-inclusive-Dienstleistung des Staates“, so der Unionspolitiker. Die Deutschen gingen zu oft zum Arzt, was unnötige Kosten verursache.

Streecks ungeheure Forderungen nach einer Beschneidung der Versorgung älterer Menschen erhielten weder aus der Bundesregierung noch von anderen Parteien offene Unterstützung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht gewillt wären, die Gesundheitsversorgung zu Lasten von Patienten und Beschäftigten drastisch einzuschränken.

Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) erteilte den Forderungen Streecks eine Absage, und der stellvertretende Regierungssprecher Steffen Meyer erklärte, „dass das nicht die Haltung der Bundesregierung ist“. Tatsächlich arbeitet das Gesundheitsministerium unter Warken aktuell jedoch an drastischen Kürzungen.

Ein im Bundestag bereits beschlossenes Gesetz zur Ausgabenbremse für Kliniken fiel vergangene Woche durch den Bundesrat, der den Vermittlungsausschuss anrief. Mit dem Gesetz sollten durch eine Ausgabenbegrenzung für Kliniken 1,8 Milliarden Euro eingespart werden. Dies wäre für die ohnehin unter großem finanziellen Druck stehenden Kliniken eine erhebliche Belastung gewesen. Gleichzeitig hätte es sich auch negativ auf die Finanzierung der Folgejahre ausgewirkt.

Zwischen Bund und Ländern kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen bezüglich der Krankenhausfinanzierung und -planung, die im Wesentlichen Ländersache ist.

In den letzten Jahren gab es zahlreiche Klinikschließungen. Letztes Jahr waren es allein 24, und dieses Jahr könnten es noch mehr sein. „Inzwischen schreiben über 80 Prozent der Kliniken in Deutschland rote Zahlen, und etliche haben schon Insolvenz angemeldet“, berichtete der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Christian Schuchardt (CDU), Anfang November.

Die ursprünglich versprochenen 4 Milliarden Euro Soforthilfe für Kliniken mit Defiziten werden verwendet, um das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung zu verringern. Insgesamt haben die Gemeinden in Deutschland ein gigantisches Haushaltsdefizit von über 30 Milliarden Euro und müssen zusätzlich zur Aufrechterhaltung ihrer Krankenhäuser teilweise dreistellige Millionenbeträge aufbringen.

Im Oktober 2023 hatte die Vorgängerregierung mit Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) die sogenannte Krankenhausreform beschlossen – mit dem Ziel flächendeckender Klinikschließungen und einer profitoptimierten Krankenhauslandschaft.

Lauterbach reagierte daher auch auf die Forderungen Streecks mit einem Aufruf zu weiteren Kürzungen bei Krankenhäusern. In einem Social-Media-Post schrieb er dazu: „Altersrationierung teurer Medikamente ist ethisch unhaltbar und unnötig. Wir verschwenden sehr viel Geld durch teure und schlechte Krankenhausversorgung, dort kann man viel sparen, wenn man Reformen nicht verwässert.“

An Vorschlägen, um Kosten auf dem Rücken von Patienten und Beschäftigten im Gesundheitswesen zu senken, mangelt es nicht. Die Wiedereinführung der Praxisgebühr, erhöhte Zuzahlungen für Medikamente, die Einführung eines Primärarztmodells oder weitere Leistungskürzungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehören zu den meistdiskutierten Maßnahmen.

Als Begründung wird das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen angeführt. Im ersten Halbjahr dieses Jahres lagen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung bei 174,9 Milliarden Euro, während die Einnahmen nur bei knapp 169,1 Milliarden Euro lagen. Damit belief sich das Defizit für diesen Zeitraum auf 5,8 Milliarden Euro.

Abgesehen davon, dass dieses Defizit vor allem auf stagnierende Löhne, das Zwei-Klassen-System in der Krankenversicherung und die von allen Parteien unterstützten Marktmechanismen im Gesundheitswesen zurückzuführen ist, fällt es im Vergleich zu den Rüstungsausgaben gering aus.

Diese lagen 2024 bei 78 Milliarden Euro und sollen 2025 noch deutlich steigen. Der Kriegshaushalt hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt, von 50,3 Milliarden Euro (2022) auf 108 Milliarden Euro im nächsten Jahr. Im selben Zeitraum ist der Gesundheitsetat von 64,3 Milliarden Euro auf 20,1 Milliarden Euro reduziert worden – um mehr als das Dreifache.

Im Gesundheitswesen wie auch in allen anderen sozialen Bereichen soll massiv eingespart werden, um mehr Mittel in die Aufrüstung im Inneren und nach außen zu investieren.

Hinzu kommt, dass – geht es nach dem Willen der Bundesregierung – jeder Aspekt der Gesellschaft militarisiert werden soll. Zu diesem Zweck soll auch das Gesundheitswesen „kriegstüchtig“ gemacht werden.

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) forderte Anfang November zur Vorbereitung des Gesundheitswesens auf den Krisen- und Kriegsfall: „Ich halte dafür einen bundesweiten Gesundheitssicherheits-Gipfel mit allen beteiligten Akteuren für notwendig.“ Zum Schutz der Kliniken gegen Sabotage und Cyberangriffe müssten knapp 3 Milliarden Euro investiert werden sowie bis zu 15 Milliarden Euro für den Kriegsfall. „Eine sichere und stabile Gesundheitsversorgung ist das Rückgrat für eine erfolgreiche Gesamtverteidigung“, betonte die bayerische Gesundheitsministerin.

Diese Zahlen stammen aus einer Studie, mit der die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (DKG) das Institute for Health Care Business (hcb) und das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) beauftragte. Die Studie geht davon aus, dass in Deutschland in einem NATO-Bündnisfall bis zu 1.000 Verwundete täglich zu versorgen wären, von denen 22 Prozent Intensivbetten benötigten.

Unter anderem wird der umfassende Bau unterirdischer Krankenstationen vorgeschlagen, wie sie beispielsweise in Israel existieren. Ein großer Teil der Maßnahmen soll bis 2027 umgesetzt werden, um die „nötige Resilienz“ zu erreichen. Obgleich die Studie von einem Verteidigungsfall spricht, ist klar, dass diese Pläne nichts mit Verteidigung zu tun haben, sondern Bestandteil umfassender Kriegspläne der Bundesregierung gegen Russland sind.

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