Der Haushaltsplan der italienischen Regierung für 2026 hat eine Welle von Widerstand ausgelöst, der in Form zweier landesweiter Generalstreiks zum Ausdruck kommt. Der erste soll heute und morgen, 28. und 29. November, unter Führung der kleinen, angeblich linken und militanten Basisgewerkschaften USB, CUB, SGB und Cobas stattfinden; der zweite, zu dem die viel größere Gewerkschaft CGIL aufgerufen hat, am 12. Dezember. In Italien bahnt sich eine explosive politische Auseinandersetzung zwischen der Arbeiterklasse und einer Regierung an, die das Land in die Richtung von Sparpolitik und Militarismus lenkt.
Der Haushaltsentwurf der faschistischen Regierung unter Giorgia Meloni folgt dem Beispiel von Trumps Kürzungsgesetz, dem „Big Beautiful Bill“. Er ist eine Kriegserklärung an die italienische und die internationale Arbeiterklasse und zielt darauf ab, die Wirtschaft zugunsten von Militärausgaben, Unternehmensprofiten und autoritärer Herrschaft neu zu strukturieren. Im Mittelpunkt steht die massive Umverteilung von Steuergeldern von Löhnen, grundlegenden Dienstleistungen und sozialen Schutzmaßnahmen hin zu einem auf mehrere Jahre angelegten Aufrüstungsprogramm, das auf die Vorgaben der EU-Initiative „ReArm Europe“ und die strategischen Ziele der Nato ausgerichtet ist.
Im Gesundheits- und Bildungswesen, bei den Renten und den Dienstleistungen der Kommunen sollen dutzende Milliarden gekürzt werden, um die von Brüssel und Washington diktierten Zielvorgaben für Militärausgaben zu erfüllen. Die Arbeiter werden zur Finanzierung eines Kriegskurses gezwungen, den die überwiegende Mehrheit von ihnen ablehnt.
Daneben sorgt der Haushaltsentwurf für die Ausbreitung und Verschärfung prekärer Arbeitsverhältnisse. Es fördert den Einsatz von Subunternehmen, dereguliert die Prozesse bei der Einstellung neuer Arbeiter und ermutigt Unternehmen, stabile Arbeitsverhältnisse durch schlecht bezahlte Zeitarbeitsplätze zu ersetzen. Der Haushalt wird die Privatisierung von öffentlichem Eigentum beschleunigen, wodurch die Infrastruktur und Dienstleistungen den Interessen der Wirtschaft und der Finanzmärkte zum Fraß vorgeworfen werden. Jede einzelne Maßnahmen ist darauf ausgerichtet, den Spekulanten neue Profitquellen zu eröffnen und die Bevölkerung mit steigenden Kosten und immer schlechter erreichbaren Dienstleistungen zu konfrontieren.
Der Haushaltsplan sieht die Ausweitung repressiver Gesetze vor, mit denen Proteste kriminalisiert, die Befugnisse der Polizei ausgeweitet und die Kontrolle über kritische Meinungen verschärft werden. Damit sollen der unweigerlich entstehende Widerstand gegen die sozialen Verwüstungen unterdrückt und die Last der kapitalistischen Krise der Arbeiterklasse aufgebürdet werden. Gleichzeitig werden die wirtschaftlichen und juristischen Grundlagen für einen Krieg geschaffen.
Die Arbeiterklasse reagierte mit Wut und Entschlossenheit. Anfang dieses Monats hat die nationale Versammlung der Funktionäre und Delegierten der Basisgewerkschaften ein Mandat für einen landesweiten Generalstreik am 28. und 29. November erteilt. Auf dieser Grundlage riefen die USB, CUB und andere Basisgewerkschaften zu dem Streik im öffentlichen und privaten Sektor am 28. November auf.
Die USB und die Basisgewerkschaften haben ihren Streik als militante Aktion gegen die Sparpolitik dargestellt – mit dem Ziel, höhere Löhne durchzusetzen, öffentliche Dienstleistungen zu verteidigen und Widerstand gegen die steigenden Militärausgaben sowie gegen die Sozial- und Wirtschaftspolitik der Regierung zu leisten.
Die USB und die CUB veröffentlichten Statements, in denen sie den Haushaltsplan für 2026 und den Kriegskurs anprangerten. Beide verurteilen die Umverteilung der Mittel weg von Löhnen und essenziellen Dienstleistungen und hin zur Aufrüstung und klagen Italien und die EU wegen ihrer Unterstützung Israels bei dessen Völkermord im Gazastreifen an. Sie lehnen die Umstrukturierung von Industrie und Forschung für militärische Zwecke, die Abwicklung von Waffenlieferungen über italienische Häfen und die Ausweitung repressiver Gesetze zur Unterdrückung von Widerstand ab.
Sie erklären, der Haushaltsplan führe zur Ausplünderung der Arbeiter durch Privatisierungen, den Einsatz von Subunternehmen und eine geplante Erhöhung der Militärausgaben in Höhe von 22 Milliarden Euro, durch die die wirtschaftlichen und imperialistischen Interessen auf Kosten der Arbeiterklasse bedient werden.
Die CGIL, die größte Gewerkschaft Italiens, schaltete sich erst fast eine Woche später ein und rief zu einem Generalstreik am 12. Dezember auf, der bewusst viel später angesetzt und politisch falsch ausgerichtet ist.
Ihre Aktion konzentriert sich zudem ausschließlich auf das Haushaltsgesetz und ihre Forderungen sind lediglich auf Löhne, „Steuergerechtigkeit“, das öffentliche Gesundheits- und Bildungswesen, Renten, prekäre Arbeitsverhältnisse und Industriepolitik ausgerichtet. Dieses Vorgehen deckt sich mit der seit langem andauernden Kampagne der CGIL für bescheidene Änderungen am Haushaltsgesetz, die sich streng auf den Rahmen der bestehenden politischen Institution beschränkt. Ihr Ziel ist es, die Wut der Arbeiter in Bahnen zu lenken, die für den Staat akzeptabel sind, und die Rolle der Gewerkschaft innerhalb des Regierungsapparats zu bewahren. Die CGIL arbeitet daran, die wachsende Opposition wieder einzufangen und auf Appelle an genau diejenige Regierung auszurichten, die die Sparmaßnahmen und Militarisierung durchsetzt.
Die Unruhen in Italien sind Teil einer internationalen Welle des Widerstands. In ganz Europa sind Arbeiter mit den gleichen Problemen konfrontiert: der Sozialabbau wird vorangetrieben, die Belastung für die einfache Bevölkerung steigt, während gleichzeitig massive Mittel für die Militarisierung aufgewandt werden.
In Belgien fand am 26. November ein Generalstreik statt. Er richtete sich gegen Rentenkürzungen, die Abschaffung automatischen Lohnanpassung an die Inflation und die Senkung von Sozialleistungen bei gleichzeitiger Erhöhung der Militärausgaben zur Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels der Nato. In Portugal ist ein landesweiter Streik am 11. Dezember gegen drakonische Arbeitsmarktreformen und das Vorhaben der rechten, von der faschistischen Partei Chega unterstützten Regierung geplant, die Militärausgaben bis 2035 auf fünf Prozent des BIP zu erhöhen.
Die Ursache dieser Proteste liegt in der weit umfassenderen Krise: Die europäischen Regierungen benutzen den Nato-Krieg gegen Russland als geopolitische Tarnung und wirtschaftliche Rechtfertigung für Kürzungspolitik und Aufrüstung. Sie betrachten den Krieg als Gelegenheit, die soziale Konterrevolution zu verschärfen, die Befugnisse der Polizei zur Unterdrückung von Widerstand auszuweiten und die Arbeiter für die Kriegstreiberei der herrschenden Klassen zur Kasse zu bitten.
Italiens Haushaltsplan folgt diesem Kurs. Die geplante Erhöhung der Verteidigungsausgaben ist ein Ausdruck der allgemeinen Logik in der Nato. In diesem Sinne sind die Streiks der USB und der CGIL nicht nur Arbeitskämpfe, sondern Proteste gegen Italiens zunehmende Beteiligung an imperialistischen Kriegen und die systematische Verarmung der Arbeiterklasse.
Den jetzigen Generalstreiks gingen Anfang 2025 ein massiver Ausbruch des Widerstands der Arbeiterklasse und Massenproteste gegen Italiens Komplizenschaft beim Völkermord im Gazastreifen voraus. Im September und Oktober demonstrierten Zehntausende in mehr als 75 Städten. Verkehrsnetzwerke wurden unterbrochen, Schulen mussten schließen und Hafenarbeiter weigerten sich, Waffenlieferungen zu verladen. Mit dieser Bewegung konfrontiert, sahen sich die Gewerkschaften gezwungen, zu Massenaktionen aufzurufen, bei denen deutlich wurde, welch explosives Potenzial eine Mobilisierung der Arbeiter hat.
Diese Wut hat sich nicht verflüchtigt, sondern drückt sich nun im Widerstand gegen den Haushaltsplan 2026 und den darüber hinausgehenden Kampf gegen den Militarismus aus.
Was sich in Italien abzeichnet, sind die ersten Stadien einer weltweiten revolutionären Krise. In ganz Europa verschärfen rechte Regierungen Sparpolitik, Militarisierung und Unterdrückung. Die herrschenden Klassen bereiten sich auf Krieg im Ausland und Klassenkonfrontation im Inland vor, und die Arbeiter beginnen, sich dagegen zur Wehr zu setzen.
Das größte Hindernis sind weiterhin die Gewerkschaften. Die CGIL agiert als Werkzeug zur Eindämmung und Entwaffnung der Arbeiterklasse. Die USB und die CUB bleiben trotz ihrer Militanz beschränkt – durch den nationalen Rahmen ihrer Politik und ihre Führungen, die an anarchistische, stalinistische und bürokratische Traditionen gebunden sind und deshalb nicht zu einem entschiedenen Bruch mit der kapitalistischen Ordnung imstande sind. Ihre Forderungen, wie radikal sie auch sein mögen, vermeiden bewusst einen offenen Klassenkampf zum Sturz der Meloni-Regierung und zur Ausweitung des Kampfes in andere Länder.
Keines der Probleme, mit denen italienische Arbeiter konfrontiert sind, ist ein „italienisches“. Ihre Wurzeln liegen in der Weltkrise des Kapitalismus. Die Arbeiterklasse muss jede nationalistische Auslegung des Kampfs, alle Verhandlungen mit der Regierung und alle Versuche des Gewerkschaftsapparats, den Kampf einzuschränken, ablehnen. An jedem Arbeitsplatz muss ein internationales Netzwerk unabhängiger Aktionskomitees aufgebaut werden, das demokratisch kontrolliert und koordiniert wird. Im Gegensatz zu den Gewerkschaften, sind diese Organisationen in der Lage, den Kampf gegen Kürzungspolitik und Militarismus mit dem Kampf gegen das kapitalistische System – die Quelle dieser Probleme – vereinen und diese Kämpfe auf die Eroberung der Staatsmacht ausrichten.
Internationalismus darf nicht auf symbolische Auftritte von bekannten Persönlichkeiten oder auf Sonntagsreden von Parteien reduziert werden, die gänzlich innerhalb nationaler Grenzen operieren. Die Teilnahme von Personen wie Greta Thunberg, Francesca Albanese, Roger Waters oder Yanis Varoufakis an den Streiks verleiht der Bewegung so noch keinen internationalistischen Charakter. Vor allem Varoufakis, der für den historischen Verrat von Syriza und die soziale Katastrophe, die diese Partei in Griechenland verursacht hat, verantwortlich ist, steht wie kaum ein anderer für die Anpassung pseudolinker Kräfte an die Diktate des europäischen Kapitalismus.
Der Weg vorwärts für Arbeiter in Italien, Belgien, Portugal, Griechenland und ganz Europa liegt in einem vereinten Kampf mit dem Ziel, die Gesellschaftsordnung zu stürzen, die für Austerität und Krieg steht. Entweder tritt die Arbeiterklasse der kapitalistischen Kriegsmaschinerie und ihren politischen Vertretern entgegen oder sie wird im nächsten Stadium imperialistischer Konflikte mit Blut bezahlen müssen.
Die Generalstreiks am 28. November und 12. Dezember stellen einen wichtigen Schritt in dieser sich anbahnenden Konfrontation dar. Welche Bedeutung ihnen letztlich zukommen wird und welchen Erfolg sie haben werden, wird davon abhängen, ob die Arbeiter die Initiative ergreifen, sich aus der bürokratischen Kontrolle befreien und eine echte internationale sozialistische Strategie gegen Krieg und Ungleichheit entwickeln können.
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