Die Linke bejubelt Trumps mörderischen Kolonialplan für Gaza

Am 27. September beteiligte sich die Linkspartei an der bislang größten Demonstration gegen Israels Genozid an den Palästinensern in Berlin. Das war eine bewusste Täuschung. Unter dem Deckmantel einiger zynischer Floskeln über „Frieden“ und „Menschenrechte“ unterstützt Die Linke den Vernichtungskrieg Israels gegen die Palästinenser und die imperialistische Neuaufteilung des Nahen Ostens.

Von links: Ines Schwerdtner, Co-Vorsitzende der Linkspartei, Heidi Reichinnek, Spitzenkandidatin im Wahlkampf, und Jan van Aken, Co-Vorsitzender der Linkspartei, kurz vor einer Pressekonferenz am 24. Februar 2025 [AP Photo/Michael Probst]

Das zeigt mit brutaler Klarheit ihr Jubel über den von US-Präsident Trump und Israels Regierungschef Netanyahu ausgearbeiteten „Friedensplan“ für Gaza — ein koloniales Diktat, das die Besatzung verfestigt, die Selbstbestimmung der Palästinenser unterdrückt und Gaza einem von Washington beaufsichtigten Protektorat unterwirft.

„Es ist eine gute Nachricht“, erklärt der Linken-Vorsitzende Jan van Aken und fordert, die Bundesregierung müsse „ihr gesamtes politisches Gewicht in die Waagschale werfen“, damit alle Phasen des Plans umgesetzt werden. Seine Co-Vorsitzende Ines Schwerdtner sekundiert: Deutschland und die EU müssten sich „am Wiederaufbau Gazas beteiligen“; verfolgt und geahndet werden müssten „Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowohl seitens der Hamas als auch von Israel“.

Allein diese Aussagen sprechen Bände über den pro-imperialistischen Charakter der Linkspartei: kein Wort zum völkermörderischen Charakter des israelischen Vernichtungsfeldzugs, keine Forderung nach Abzug der Besatzungstruppen, kein Wort zu den umfassenden Kriegszielen der imperialistischen Mächte. Stattdessen: Gleichsetzung von Unterdrückern und Unterdrückten, das abgenutzte Mantra von der „internationalen Gemeinschaft“ als angeblich neutraler Instanz, und das Wiederkäuen des Euphemismus vom „Wiederaufbau“ – der in Wirklichkeit die Rekolonialisierung des Nahen Osten bedeutet.

Ausschnitt des Jubel-Posts der Linksjugend zu Trumps "Friedensplan" (Screenshot) [Photo]

Noch deutlicher spricht die Linksjugend. In einem langen Post preist sie Trumps 20-Punkte-Plan als „Chance auf Frieden“, paraphrasiert dessen Kernpunkte — Entwaffnung der Hamas, Zerstörung ihrer Infrastruktur, internationale Sicherheitskräfte, israelische Pufferzonen, Übergangsverwaltung durch einen „international besetzten Friedensrat“ und eine hamasferne palästinensische Kommission — und fordert offen: „Die Hamas muss nun zustimmen und die Waffen abgeben!“

Dass damit die militärische Niederwerfung und politische Entmachtung des palästinensischen Widerstands, die dauerhafte Präsenz ausländischer Truppen und die Kontrolle Gazas durch ein von Washington dirigiertes Gremium festgeschrieben werden, wird als „Stabilität“ verkauft. Sogar die Möglichkeit israelischer Pufferzonen wird akzeptiert, während die angebliche „Neutralität“ der imperialistischen Mächte hymnisch beschworen wird. Die etwas zahme Kritik am Ende („keine dauerhafte internationale Verwaltung“) dient lediglich als Feigenblatt, nachdem die Linksjugend zuvor nicht nur den Genozid, sondern den gesamten damit verbundenen Kolonialplan unterstützt hat.

„Jedes Abkommen, dass das Sterben in Gaza möglichst schnell beendet, ist grundsätzlich zu befürworten!“, schreibt die Linksjugend. Und weiter: „Wir begrüßen ausdrücklich, dass der 20-Punkte-Plan wichtige Schritte in Richtung Deeskalation und humanitärer Hilfe im Gazastreifen vorsieht.“

Bereits die ersten Stunden nach der Unterzeichnung des Plans im ägyptischen Scharm el-Scheich haben gezeigt, wie kriminell dieses Statement ist.

Am Montag und Dienstag töteten israelische Streitkräfte trotz des „Waffenstillstands“ mindestens sieben Palästinenser in Gaza. Medizinische Quellen bestätigten gegenüber Al Jazeera, dass israelische Scharfschützen am Dienstag fünf Menschen im Stadtteil Shejaiya in Gaza-Stadt erschossen haben. Sie hätten angeblich „eine Bedrohung neutralisiert“. Inzwischen hat Israel auch die Lebensmittellieferungen an die ausgehungerte palästinensische Bevölkerung wieder eingeschränkt, weil die Hamas bisher nicht in der Lage war, in den Trümmerwüsten Gazas die Leichen aller gestorbenen Geiseln zu finden und auszuliefern.

Tatsächlich handelt es sich bei dem „Friedensplan“ um den nächsten Schritt im israelisch-imperialistischen Projekt, Gaza zu beherrschen und die nationalen Rechte des palästinensischen Volks dauerhaft und mittels Gewalt zu unterdrücken. Er verwandelt den Streifen in ein koloniales Protektorat unter US-Aufsicht, legalisiert die Zerschlagung des palästinensischen Widerstands und hält sich israelische Besatzungsmaßnahmen ausdrücklich offen. Wer das „Frieden“ nennt, beteiligt sich politisch an der Fortführung des Genozids.

Dass Die Linke und ihre Jugendorganisation diesen Plan umarmen, ist keine politische Verirrung, sondern die logische Konsequenz ihrer gesamten Orientierung. Dieselbe Partei, die heute Trumps Kolonialdiktat als „gute Nachricht“ bejubelt, treibt auch den deutschen Militarismus nach innen und außen entscheidend voran.

Am 21. März stimmte Die Linke im Bundesrat dem größten Aufrüstungspaket seit Hitler zu — obwohl ihre Stimmen nicht benötigt wurden. Mit der Grundgesetzänderung werden Militärausgaben de facto aus der Schuldenbremse herausgelöst; hunderte Milliarden fließen in Krieg und Rüstung.

Die damalige Linken-Spitzenkandidatin und aktuelle Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek erklärte dazu unmissverständlich: „Die Bundeswehr muss als Verteidigungsarmee entsprechend ausgestattet sein“; man sei bereit, „in Ruhe [zu] besprechen, was die Bundeswehr braucht“, um „den Bedarf“ zu decken. Wer so spricht und handelt, unterscheidet sich in den Kernfragen nicht von den Regierungsparteien Union und SPD; er ist de facto Teil der Regierung.

Im Mai ebnete die Linkspartei der rechtesten deutschen Regierung seit dem Ende das Nazi-Regimes den Weg. Nachdem Friedrich Merz im ersten Wahlgang gescheitert war, sorgte die Linke dafür, dass der zweite Wahlgang umgehend stattfinden konnte.

„Wir haben den Wahlgang ermöglicht, um die Demokratie zu schützen“, prahlte der frühere thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch jubelte: „Heute wurde ein Chaos verhindert!“ Tatsächlich installierte und stabilisierte die Linke damit eine Regierung, die Deutschland wieder „kriegstüchtig“ macht, den Polizeistaat ausbaut und einen historischen Sozialkahlschlag organisiert – und dabei immer offener mit der AfD paktiert.

Diese Linie hat eine Geschichte. Die Linkspartei ist keine linke, geschweige denn sozialistische Partei. Sie ist – wie die WSWS seit Jahren aufzeigt – eine bürgerliche Organisation, die die Interessen des Staatsapparats und privilegierter Mittelschichten vertritt, den deutschen Kapitalismus und Imperialismus stützt und dafür mit Ministerposten und staatlichen Millionen belohnt wird. Ihr Ursprung liegt in der SED/PDS, die 1990 die kapitalistische Restauration in Ostdeutschland organisierte und damit die Grundlage für die Rückkehr des deutschen Militarismus legte. Auf Landesebene hat sie überall, wo sie mitregiert(e), Sozialabbau, Abschiebungen und innere Aufrüstung betrieben: Berlin, Bremen, Thüringen — die Bilanz ist verheerend.

Außenpolitisch stand Die Linke in allen entscheidenden Fragen immer auf Seiten der deutschen Großmachtpolitik. Mit dem SWP-Papier „Neue Macht — Neue Verantwortung“ wurde 2013/14 unter der aktiven Teilnahme der Linkspartei der Kurs zur aggressiven Weltmachtpolitik konzipiert; im Gefolge unterstützten führende Linke Regimewechsel-Kriege, Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und deutsche Militäreinsätze.

In Bezug auf Palästina stellte sich die Fraktion bereits am 12. Oktober 2023 geschlossen hinter den pro-israelischen Bundestagsbeschluss, erklärte die „Sicherheit Israels“ wie die Bundesregierung selbst zur deutschen Staatsräson und forderte Repressionen gegen pro-palästinensische Aktivisten. Reichinnek beschwor im März 2024 im Bundestag das „Selbstverteidigungsrecht“ Israels und forderte die Entwaffnung der Hamas. Heute feiert sie die Vollstreckung desselben Ziels als „Friedensplan“.

Für die herrschende Klasse erfüllt die Linke eine weitere zentrale Funktion bei der Durchsetzung ihrer Kriegspolitik. Die Linke fungiert als Puffer und Unterdrückungswerkzeug gegen eine unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse. Sie kanalisiert Opposition gegen Faschismus, Krieg und soziale Verwüstung in den sicheren Hafen parlamentarischer Manöver und legitimiert die Kriegs- und Aufrüstungspolitik mit Phrasen von „Frieden“ und „Demokratie“.

Gerade weil hunderttausende, vor allem junge Menschen gegen die AfD, gegen Genozid und Krieg auf die Straße gehen, wird Die Linke von Teilen der herrschenden Klasse und der Medien gezielt hofiert, um den Widerstand dem kapitalistischen Staat und der imperialistischen Außenpolitik Deutschlands unterzuordnen.

So auch im Falle von Gaza. Der sogenannte „Wiederaufbau“ ist das Codewort für die Rekolonisierung — Konzessionsvergabe, Sicherheitszonen, imperiale Verwaltung, Ausschluss der palästinensischen Massen von jeder echten Selbstbestimmung und Profite für deutsche Konzerne. Wenn deutsche Regierungsvertreter Trumps Plan preisen und von einer „Wiederaufbaukonferenz“ unter deutscher Federführung sprechen, geht es um Anteile an der Beute. Genau deshalb fordert die Linkspartei die Regierung auf, „Druck“ auszuüben und ruft nach „internationalen Sicherheitskräften“ und deutscher „Verantwortung“. Ihre Rolle ist es, die aggressive Großmachtpolitik Deutschlands zu begleiten und mit einigen Floskeln abzudecken.

Dieser Betrug muss klar benannt werden — vor allem gegenüber jungen Menschen, die unmittelbar vor oder nach der letzten Bundestagswahl in die Linke eingetreten sind oder sie gewählt haben, weil sie ernsthaft gegen Krieg, Völkermord und Faschismus kämpfen wollen. Sie müssen verstehen: Die pro-imperialistische Haltung der Linken ist kein Versehen und kein Personalproblem einer rechten Parteiführung, die man verändern könnte. Sie ergibt sich aus ihrer Geschichte und ihrem Klassencharakter – aus ihrer Verankerung im Staats- und Gewerkschaftsapparat und in wohlhabenden Mittelschichten, die die kapitalistische Ordnung gegen die sozialistischen Bestrebungen von Arbeitern und Jugendlichen verteidigen.

Es gibt deshalb keinen Weg, diese Partei „nach links“ zu drücken oder „von innen zu verändern“. Alle pseudolinken Gruppierungen, die diese Illusion nähren, tragen politische Mitverantwortung für Krieg, Aufrüstung und Repression.

Es kann nur eine Schlussfolgerung geben: Arbeiter und Jugendliche müssen mit der Linkspartei und ihrem Umfeld politisch abrechnen und eine wirklich sozialistische Bewegung aufbauen. Das bedeutet, den Kampf gegen Genozid, Krieg und Faschismus unabhängig von allen bürgerlichen Parteien zu organisieren, gegen Trump, den deutschen Imperialismus und seine EU-Verbündeten, und ihn bewusst mit dem Kampf gegen das kapitalistische Profitsystem zu verbinden.

Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und die IYSSE kämpfen für diese Perspektive: für den internationalen Zusammenschluss der Arbeiterklasse, für die Enteignung der Banken und großen Konzerne, für den Abzug aller Besatzungstruppen, für das Ende der Belagerung und der kollektiven Bestrafung der Palästinenser, für die Verteidigung demokratischer und sozialer Rechte und für den Aufbau von Arbeiterregierungen in Europa, im Nahen Osten und weltweit, die die Produktion und Gesellschaft nach den Bedürfnissen der Mehrheit planen und nicht nach den Profitinteressen einer parasitären Oligarchie.

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