Im italienischen Genua gehen Hafenarbeiter gegen Waffenlieferungen nach Israel und in den Nahen Osten vor. Zuvor hatten sie am 7. August das Frachtschiff Bahri Yanbu blockiert, das der saudischen Reederei Bahri Logistics gehört und Waffen geladen hatte.
Erste Berichte deuteten darauf hin, dass die Waffen, die die Arbeiter gefunden hatten, für Israel bestimmt waren. Daraufhin veröffentlichte Bahri ein aggressives Dementi, in dem es Aktivisten vorwarf, „falsche Anschuldigungen und böswillige Gerüchte“ zu verbreiten. Das Collettivo Autonomo Lavoratori Portuali (CALP), eine Organisation von Hafenarbeitern in Genua, reagierte darauf mit einer Erklärung, in der es die Waffenlieferungen von Bahri Logistics und die Militarisierung des Mittelmeers verurteilte.
Bahris Dementi und die Untersuchung in Genua
Bahri Logistics, formell als „National Shipping Company of Saudi Arabia“ bekannt, ist ein bedeutender Logistikdienstleister. Im Jahr 2014 zog er internationale Aufmerksamkeit auf sich, als er einen exklusiven Fünfjahresvertrag über den Transport von Waffen und Kriegsgerät für die Streitkräfte Saudi-Arabiens unterzeichnete.
Mehrere NGOs haben Aktionen gegen Bahri Logistics wegen dessen Rolle beim Transport von Waffen ins Leben gerufen. Amnesty International rief die französischen Behörden auf, Schiffe von Bahri Logistics daran zu hindern, Waffen nach Saudi-Arabien zu transportieren. Als Grund verwies die Menschenrechtsorganisation auf das hohe Risiko, dass diese Waffen bei Kriegsverbrechen im Jemen zum Einsatz kommen könnten. Im Jahr 2019 versuchten französische NGOs, durch Klagen und öffentliche Aktionen zu verhindern, dass Bahri seine Schiffe in europäischen Häfen mit Waffen belädt.
Die derzeitige Auseinandersetzung begann, nachdem das CALP und die Union der Basisgewerkschaften (USB, Unione Sindacale di Base) eine Beschwerde eingereicht hatten. Darin erklärten sie, Teil der Ladung des Schiffs sei ein Geschütz, das von dem italienischen Unternehmen Oto Melara (Leonardo Group) hergestellt wurde und nach Abu Dhabi geliefert werden soll; außerdem amphibische Fahrzeuge und militärische Kettenfahrzeuge aus den USA sowie versiegelte Container, die Explosivstoffe, vermutlich Artilleriegeschosse, enthalten. Es handelt sich dabei mutmaßlich um einen Verstoß gegen italienische Gesetze bezüglich Waffenlieferungen in Konfliktgebiete.
Das Unternehmen erklärte in einer Stellungnahme: „Bahri bestreitet kategorisch die unbegründeten falschen Vorwürfe und böswilligen Gerüchte, die in gewissen Medien und sozialen Netzwerken zirkulieren, die Schiffe des Unternehmens würden Lieferungen nach Israel befördern. Diese Vorwürfe sind völlig wahrheitswidrig und unbegründet.“
Die Staatsanwaltschaft von Genua hat zwar Ermittlungen wegen möglicher Verstöße gegen Gesetze zum Transport von Waffen durch italienische Häfen aufgenommen, doch Arbeiter dürfen solchen Ermittlungen nicht trauen. Die rechtsextreme Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat dem zionistischen Regime von Benjamin Netanjahu ihre Loyalität versichert und arbeitet mit der Nato und dem US-Imperialismus zusammen. Jede offizielle Untersuchung ist den allgemeinen politischen und strategischen Zielen der herrschenden Klasse Italiens untergeordnet.
Das CALP entlarvt Bahris Mitverantwortung für Kriegsverbrechen und Völkermord im Gazastreifen
Das CALP wies daraufhin die Erklärung von Bahri zurück und auf die Vergangenheit des Unternehmens im Waffenhandel hin: „Nach jahrelangem Schweigen seit der ersten Blockade im Jahr 2019 hat Bahri Logistics erstmals eine Erklärung veröffentlicht, um die Zweifel daran auszuräumen, dass der Empfänger die IDF [Israelische Armee] sein könnten.“
Das CALP kritisierte Bahris Versuch, die Bedenken der Hafenarbeiter als unbegründet zurückzuweisen und wies auf die seit langem bestehenden Verbindungen des Unternehmens zum Waffentransport hin. Weiter erklärte das CALP, es habe nie behauptet, die Waffen würden „nach“ Israel geliefert, sondern dass „die Laderäume voll mit Waffensystemen sind“. Weiter hieß es:
Wir Hafenarbeiter wollen keine Räder in irgendjemandes Kriegsmaschinerie sein, und wir sind angesichts der Fracht von Bahri um die Sicherheit der Arbeiter und die Sicherheit der ganzen Stadt ernsthaft besorgt. Das Problem ist also nicht, wohin sie gebracht werden, sondern die Tatsache, dass Bahri schon immer Waffen und Sprengstoff befördert hat...
Diese Waffen hat Bahri in Amerika geladen, Israels wichtigstem Verbündeten. Damit ist die Politik des Königreichs [Saudi-Arabien] für uns klar genug. Es ist ein Widerspruch, dass Bahri behauptet, die „Sache der Palästinenser zu unterstützen“, während es gleichzeitig amerikanische Waffen befördert.
Das CALP betonte, es lehne Waffenlieferungen in den Nahen Osten ab, ganz gleich ob sie für den Völkermord im Gazastreifen oder für Kriegsverbrechen im Jemen genutzt werden: „Der ganze Nahe Osten ist seit Jahren ein Pulverfass. Für uns Hafenarbeiter gibt es keine Kriege erster oder zweiter Klasse.“
Es geht nicht nur um den Zielort einer einzelnen Waffenlieferung. Die Arbeiterklasse muss intervenieren, um den eskalierenden Zyklus endloser Kriege im gesamten Nahen Osten aufzuhalten, deren Klassencharakter durch den Völkermord im Gazastreifen entlarvt werde. So heißt es dann auch in der Erklärung des CALP:
Ihre Behauptungen, die Sache der Palästinenser zu unterstützen sind nutzlos und falsch. Sie arbeiten mit Israels schlimmsten Verbündeten zusammen und fahren riesige Profite durch diese Kriege ein...
Wir wissen, wo wir stehen. Wir erwarten Sie bei der nächsten Passage in den Docks.
Wie weiter im Kampf gegen imperialistischen Krieg und Völkermord?
Mit seiner Weigerung, die Ladungen von Bahri zu bearbeiten, tritt das CALP als eine der wenigen Organisationen in Europa hervor, die prinzipientreu und unabhängig gegen imperialistischen Krieg und Völkermord auftreten. Sein Widerstand ist Ausdruck dessen, dass sich die Arbeiterklasse zunehmend darüber bewusst wird, dass angesichts der offiziellen Unterstützung für das israelische Regime und dessen Völkermord im Gazastreifen der Widerstand gegen den Krieg nicht den kapitalistischen Institutionen überlassen werden darf. Er muss unabhängig von unten, von den Belegschaften organisiert werden.
Das Vorgehen des CALP hat deutlich gemacht, wie die Waffenlieferungen für die von der Nato unterstützten Kriege und für den Völkermord in Gaza gestoppt werden können. Gleichzeitig wirft es damit wichtige politische Fragen für die Arbeiter auf der ganzen Welt auf.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
In erster Linie muss sich die Arbeiterklasse auf internationaler Ebene organisieren. Dies zeigt sich sehr konkret im Kampf für ein Ende des Völkermords im Gazastreifen und von Kriegen wie dem von der Nato unterstützten Krieg Saudi-Arabiens gegen den Jemen. Um den Strom von Waffenlieferungen in diese Konflikte erfolgreich zu unterbinden, müssen die Arbeiter in Häfen auf der ganzen Welt zu kollektivem Handeln in der Lage sein, um Schiffe mit Waffen zu identifizieren und zu verhindern, dass diese in irgendeinem Hafen oder Land be- und entladen werden.
Der Aufbau einer solchen internationalen Organisation erfordert einen politischen Bruch mit den nationalen Gewerkschaftsbürokratien. Gerade in Italien bedeutet das einen Bruch mit den verschiedenen Organisationen, die aus dem italienischen Stalinismus hervorgegangen oder mit ihm verbunden sind. In letzter Konsequenz muss dafür eine kritische Masse von Arbeitern und Jugendlichen eine marxistisch-internationalistische, d. h. trotzkistische Opposition gegen die stalinistischen und sonstigen nationalen Bürokratien aufbauen.
Die mutigen Aktionen der CALP spiegeln die Traditionen wider, die durch die lange Geschichte der Arbeiterbewegung und des antifaschistischen Widerstands in Italien geprägt sind. Die Organisation war im Jahr 2011 von Postbeschäftigten gegründet worden, die den stalinistisch dominierten Gewerkschaftsbund CGIL umgehen wollten. Sie gaben ihre Verbindung mit der CGIL auf, nachdem sie im Jahr 2019 Proteste gegen Bahris Waffenlieferungen für den Krieg im Jemen organisiert hatten. Die CGIL-Bürokratie hatte sich damals geweigert, einen Streik auszurufen und das CALP isoliert, das daraufhin desillusioniert die CGIL verließ.
Das CALP schloss sich stattdessen der USB an. Doch die USB-Bürokratie unterscheidet sich nicht grundlegend von der CGIL-Bürokratie.
Die USB gehört dem Gewerkschaftsbund WFTU an, der eine lange stalinistische Geschichte hat. Im Jahr 2014 unterzeichnete sie ein Abkommen in Italien, das den Unternehmen größere Kontrolle darüber gibt, welche Gewerkschaften sie anerkennen. Als Gegenleistung dafür erhielten diese Gewerkschaften bestimmte Privilegien. Heute verhandelt die USB mit der faschistischen Regierung von Ministerpräsidentin Meloni. Vor wenigen Wochen sagte sie eine geplante Sitzblockade in Kalabrien ab, nachdem der Minister für öffentliche Verwaltung Paolo Zangrillo einem Treffen zugestimmt hatte, das von dem rechten Abgeordneten Francesco Cannizzaro eingefädelt worden war.
Die USB applaudierte Zangrillo und Cannizzaro, stellte deren Intervention als „positives Zeichen“ dar und „begrüßte mit Befriedigung den Willen und die Verpflichtungen, die eingegangen wurden“. Damit signalisiert sie ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Kräften, die für jahrzehntelange Sparmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse im Inland und imperialistische Kriege im Ausland verantwortlich sind.
Die Verbündeten der militanten Arbeiter im Kampf gegen Völkermord, imperialistischen Krieg und Kapitalismus sind nicht die rechten Parlamentarier ihrer eigenen Länder, sondern ihre Klassenbrüder und -schwestern im Rest der Welt. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale hat auf dieser Grundlage zum Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) aufgerufen.
In allen Häfen, Fabriken und Betrieben müssen unabhängige Aktionskomitees gegründet werden, die statt von den korrupten nationalen Gewerkschaftsbürokratien direkt von den Arbeitern selbst kontrolliert werden, um weltweite Aktionen zu koordinieren, wichtige Informationen auszutauschen und eine echte Blockade der Arbeiter gegen imperialistische Kriege und Völkermorde zu organisieren. Die bereits bestehende, sporadische Kommunikation zwischen Hafenarbeitern weltweit ist zwar wichtig, kann jedoch keine dauerhafte und bewusst aufgebaute internationale Organisation ersetzen.
Die immense gesellschaftliche Kraft der Arbeiterklasse kann nur durch eine solche internationale Vereinigung mobilisiert werden, um so Krieg und Völkermord ein Ende zu setzen und den Weg zu einer sozialistischen Zukunft zu ebnen.