Die Stadt Frankfurt am Main hat die für Samstag, den 30. August, geplante Demonstration „United-4-Gaza“ gegen den israelischen Völkermord verboten. Der Frankfurter Magistrat, in dem SPD, Grüne, FDP und Volt den Ton angeben, stellt sich damit hinter eines der größten Menschheitsverbrechen der Geschichte. Die Organisatoren haben in einem Eilantrag Berufung gegen das Verbot eingelegt.
Die Regierung von Benjamin Netanjahu hat in Gaza in den letzten zwei Jahren weit über 60.000 Menschen umgebracht, die Mehrheit davon Frauen und Kinder. Sie hat durch eine monatelange Blockade gezielt eine Hungersnot provoziert, von der mindestens eine halbe Million Menschen betroffen sind. Nachdem die israelische Armee über 70 Prozent der Infrastruktur und fast alle Krankenhäuser und Schulen zerstört sowie die Mehrheit der Bewohner mehrmals vertrieben hat, greift sie nun Gaza-Stadt an, wo noch knapp eine Million Menschen leben.
Zahlreiche international anerkannte Menschenrechts- und Hilfsorganisationen, Institutionen der UNO und Gerichte werfen Israel Kriegsverbrechen vor und verlangen deren sofortiges Ende. Doch der Frankfurter Magistrat lässt nicht einmal zu, dass gegen diese empörenden Verbrechen friedlich protestiert wird. Er bedient sich dabei Lügen, Verleumdungen und zionistischer Provokateure, die Gegner des Genozids gezielt reizen.
Dabei hat sich die Initiative „United-4-Gaza“ in ihren Demonstrationsanweisungen auf Instagram klar von jeglicher Gewalt distanziert und aufgerufen: „Unsere Demo ist friedlich“, „Bleibt ruhig und respektvoll“ und „Kein Rassismus, kein Antisemitismus, kein Sexismus!“
„United-4-Gaza“ hatte erstmals am 21. Juni zu einer Demonstration in Berlin aufgerufen, zu der rund 60.000 Teilnehmer kamen, mehr als zehn Mal so viele wie erwartet. Nun planten die Organisatoren eine weitere nationale Demonstration in Frankfurt.
Dagegen erhob sich sofort ein wildes Verleumdungsgeschrei, bei dem CDU, FDP und Grüne um die Wette heulten. Der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU) forderte ein Verbot der Demonstration, weil die Anmelder angeblich das Existenzrecht Israels nicht anerkennen und „Volksverhetzung“ betreiben würden. Dies überschreite „die bisherigen Auswüchse des Israelhasses in Frankfurt“.
Verteidiger Israels sorgten für Verdächtigungen und Verleumdungen, um „Argumente“ für ein Verbot zu beschaffen. So wurde ein 14-tägiges „System Change Camp“, das in den Semesterferien im Grüneburgpark stattfand und über tausend Teilnehmer anzog, systematisch in eine undemokratische Ecke gestellt. Das Camp, das aus der Umweltbewegung entstanden ist, richtete sich in diesem Jahr deutlich gegen den Genozid in Gaza.
Zionistische Aktivisten hängten rund um das Camp provozierende Plakate an die Bäume. Diese wurden mit der Begründung entfernt: „Wir haben kein Problem mit den darauf abgebildeten israelischen Geiseln, wohl aber mit der Darstellung deutscher und israelischer Flaggen, denn am Camp sind keine Nationalfahnen zugelassen.“ Es kam wiederholt zu Gerangel, und die Camp-Leitung musste feststellen, dass die Wasserleitung zum Camp durchtrennt worden war.
Schließlich wurde am 22. August der bekannte Frankfurter Zionist Sacha Stawski, Vorsitzender der Vereine „Honestly Concerned“ und ILI (I Like Israel), mit roter Farbe beworfen, als er am Freitagnachmittag mit einer Gruppe von CDU-Lokalpolitikern erneut provokative Plakate aufhängte. Dies nahmen die CDU und die Grünen im Römer zum Anlass für eine gemeinsame Erklärung. Sie forderten die Ordnungsdezernentin auf, das Camp aufzulösen, und bezeichneten dessen Zulassung als einen „Fehler“.
Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) verbot nun die „United-4-Gaza“-Demonstration mit der Begründung einer „möglichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit“. Sie verwies auf die „derzeit äußerst angespannte Stimmung zwischen propalästinensischen und proisraelischen Aktivistinnen und Aktivisten“ in Frankfurt. Einmal mehr bediente sie sich der absurden Lüge, die weit verbreitete Solidarität mit Palästina sei „Antisemitismus“. Frankfurt, so betonte Rinn, sei „kein Platz für antisemitische Umtriebe“. Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) stärkte ihr den Rücken: „Ich unterstütze diese Entscheidung vollumfänglich.“
Eileen O’Sullivan (Volt), die Frankfurter Dezernentin für Internationales, stellte sich ebenfalls gegen die Demonstration. Weil eine Palästina-Aktivistin die Frankfurter Partnerstadt Tel Aviv als „besetztes Jaffa“ bezeichnet hatte, erklärte sie: „Solche Aussagen, die das Existenzrecht Israels infrage stellen oder gar leugnen, weisen wir entschieden zurück.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Stadt Frankfurt hat auch entschieden, das Internationalistische Zentrum (IZ) an der Lahnstraße 1 im Gallusviertel zu räumen. Die Initiative hält leerstehende Büroräume nahe der ehemaligen Adlerwerke besetzt, um ein Zeichen gegen den Leerstand in der Stadt zu setzen und (unter anderem) Raum für eine Palästina-solidarische Diskussion zu schaffen. Sie war am 22. August schon mit einem Brandanschlag auf ihre Räume konfrontiert und befürchtet nun von Tag zu Tag die Räumung.
In Frankfurt am Main wird besonders deutlich, welche tiefverwurzelten Wirtschafts- und Rüstungsinteressen hinter der offiziellen „Staatsräson“ der Unterstützung Israels stehen. Mehr als 170 israelische Unternehmen haben in der Stadt ihren Sitz, die eine Städtepartnerschaft mit Tel Aviv unterhält. Die Frankfurter Banken wickeln Handels-, Dienstleistungs- und Rüstungsgeschäfte zwischen beiden Ländern in zweistelliger Milliardenhöhe ab.
Es ist daher zutiefst verlogen, wenn Politiker die Kriegsverbrechen, die die israelischen Streitkräfte im Gazastreifen und im Westjordanland begehen, unter Berufung auf die Wiedergutmachung für die Shoah rechtfertigen. Die World Socialist Web Site hat betont: „Die Verantwortung für den Völkermord an den Juden verpflichtet Deutschland nicht zur Unterstützung eines weiteren Genozids.“
Deshalb kämpfen die WSWS und die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) für vom DGB unabhängige Aktionskomitees. Der Schulterschluss aller etablierten Parteien gegen die „United-4-Gaza“-Demonstration unterstreicht, dass man den Genozid nicht durch Appelle und Druck auf sie beenden kann. Das kann nur die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse.
Durch den Aufbau von Aktionskomitees kann der schon heute existierende Widerstand in den Häfen, an den Flughäfen, bei der Bahn und in der Rüstungsindustrie koordiniert und international vernetzt werden. Ein weltweiter Boykott wird sich als Teil der sozialen Revolution entwickeln, die endlich den Kapitalismus selbst, die Quelle von Krieg, Faschismus und Genozid, abschaffen wird.