Die Industriekonzerne Deutschlands vernichten immer mehr Arbeitsplätze. Besonders betroffen ist die Autoindustrie. Hier sind binnen eines Jahres, von Juli 2024 bis Juni 2025, knapp sieben Prozent bzw. 51.500 Stellen abgebaut worden.
Insgesamt waren in der deutschen Industrie zum 30. Juni dieses Jahres 5,42 Millionen Menschen beschäftigt, das sind 2,1 Prozent oder 114.000 Personen weniger als zwölf Monate zuvor. Seit dem Jahr 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie, schrumpfte die Zahl der Beschäftigten sogar um fast 250.000 oder 4,3 Prozent. Das sind Ergebnisse einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft EY.
Als Grund gibt EY die mangelnde Nachfrage im Inland und in zwei der wichtigsten Exportmärkte an, den USA und China. Während die Industrie-Exporte insgesamt um 0,6 Prozent sanken, schrumpfte der Umsatz mit Kunden aus Deutschland in den letzten zwölf Monaten um 3,8 Prozent.
„Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für die deutsche Industrie,“ erklärte Jan Brorhilker, Managing Partner von EY in Deutschland. Doch im zweiten Quartal brachen die deutschen Exporte in die USA um zehn Prozent ein, nicht zuletzt aufgrund der von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf Autos, Aluminium und Stahl. Eine Besserung sei vorerst nicht in Sicht, so der EY-Manager.
Noch schlechter sähe es mit den Exporten nach China aus. Der Wert der Ausfuhren nach China lag im zweiten Quartal sogar um 14 Prozent niedriger als im Vorjahr. Aktuell belege China nur noch den sechsten Rang unter den Exportmärkten – gegenüber dem zweiten Platz im Jahr 2020.
„Die USA und China bereiten derzeit massiv Sorgen“, so Brorhilker. „Der chinesische Absatzmarkt war gerade für die Automobilindustrie lange ein attraktiver Wachstumsmarkt mit sehr auskömmlichen Margen. Inzwischen hat sich der Wind gerade für die ausländischen Autobauer gedreht, die Nachfrage sinkt drastisch, die Umsätze brechen ein.“
Die großen Konzerne begegnen sinkenden Umsatzzahlen mit Arbeitsplatzabbau und Lohnsenkungen. Viele kleinere und mittlere Unternehmen gehen pleite.
Allein in der letzten Woche hagelte es Hiobsbotschaften für Tausende von Arbeiterinnen und Arbeitern:
- Porsche will bei seiner Batterietochter Cellforce bis Ende November rund 200 von 280 Beschäftigten entlassen.
- Schaeffler will in Steinhagen, wo der Automobil- und Maschinenbauzulieferer Lager, Motor- und Getriebeteile produziert, Ende 2026 das Werk schließen. Rund 300 Jobs sind betroffen. In Schweinfurt, wo derzeit 5.100 Menschen arbeiten, sollen fast 600 Stellen v. a. in der Verwaltung und indirekten Bereichen abgebaut werden.
- Hella, das Sonnenschutzsysteme für Fahrzeuge und Gebäude herstellt, schließt sein Werk in Duisburg, 128 Beschäftigte sind betroffen.
- Die AE Group, die Aluminium-Druckgussteile für Karosserien, Motoren und Getriebe produziert, hat Insolvenz angemeldet. In Thüringen fallen rund 600 Arbeitsplätze weg, der Standort Lübeck ist bereits geschlossen (127 Jobs), die Standorte Gerstungen (580) und Nentershausen (147) kämpfen ums Überleben.
- Feintool (Stanztechnik, Rotoren und Statoren für Elektromotoren) streicht in Sachsenheim 220 Jobs, ein Teilbetrieb wird sich künftig auf Industrieanwendungen statt auf die Automobilindustrie konzentrieren.
- Der Getriebehersteller Flender (v. a. Windkraft und Industriegetriebe) hatte bereits 2024/2025 über Abfindungen 500 Stellen abgebaut. Nun droht die Schließung der Werke in Mussum und Penig (800 Jobs), wenn nicht 34 Millionen Euro jährlich eingespart werden.
- Kathrein, einst Weltmarktführer in der Funk- und Satellitentechnik sowie bei Antennen, ist insolvent, rund 200 Beschäftigte verlieren ihre Stellen.
Diese Entwicklung ist nicht auf Deutschland beschränkt. Auch in Österreich, Italien und anderen europäischen Ländern sind Schließungen und Insolvenzen angekündigt worden.
In Österreich, wo der Autoindustrie-Sektor stark von den deutschen Fahrzeugherstellern wie VW abhängig ist, ist der Umsatz um 9 Prozent gesunken, die Beschäftigtenzahl fiel von 79.450 auf 76.900. Inklusive der Leiharbeiterinnen und -arbeiter verloren 5000 Menschen ihren Job. Nun haben weitere Firmen Stellenabbau angekündigt: AVL List (350 Stellen), Hella Großpetersdorf (225), Schaeffler Berndorf (450) und Voestalpine (Stellenabbau nicht genau beziffert).
Italiens Autoproduktion ist auf einem historischen Tiefstand gesunken. Zur Hochzeit 1989 wurden noch 2 Millionen Fahrzeuge im Land südlich der Alpen produziert. Im ersten Halbjahr 2025 produzierte der einzig verbliebene größere Autokonzern Stellantis (u. a. Alfa Romeo, Fiat) weniger als 124.000 Pkw im Land – 33,6 Prozent weniger als 2024. Die Stellantis-Werke mit einer Kapazität für 1,5 Millionen Autos sind nicht einmal zu 30 Prozent ausgelastet, ein Großteil der Belegschaften ist in Kurzarbeit.
Der Kahlschlag beschränkt sich nicht auf die Autobranche. Im Maschinenbau sind EY zufolge gut 17.000 Stellen binnen eines Jahres entfallen und in der Metallerzeugung gut 12.000. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Horváth könnten im Maschinenbau Deutschlands 20 Prozent aller Jobs in den kommenden drei Jahren wegfallen, insgesamt 200.000.
In der Stahlproduktion drohen ebenfalls Massenentlassungen und Werksschließungen. Allein der Branchenprimus Thyssenkrupp will 11.000 seiner 27.000 Stahlarbeitsplätze vernichten. Das letzte Stahlwerk in Hessen, das Buderus Edelstahlwerk, wird in zwei Monaten zerschlagen. Rund 450 Beschäftige müssen das Unternehmen verlassen, die restlichen 700 Beschäftigten sollen für andere Unternehmen weiterarbeiten.
Industriearbeiter, vor allem in der Autobranche in Deutschland, Europa und der Welt müssen sich auf weitere und vor allem drastischere Angriffe auf ihre Arbeitsplätze, Löhne und sozialen Errungenschaften vorbereiten.
Alle großen Autokonzerne haben Sparpläne vorgelegt oder bereits mit der IG Metall vereinbart: Volkswagen, Mercedes, Audi, BMW, Porsche, Ford, Stellantis (Opel). Die großen Zulieferer ziehen nach: Bosch, ZF, Schaeffler, Continental.
In den kommenden Monaten werden es noch mehr. Der Wirtschafts-, Zoll- und Handelskrieg zwischen den USA, Europa, China und Asien, die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten werden auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Die Konzerne vernichten eher die Lebensgrundlage von Hunderttausenden und Millionen von Arbeiterfamilien, als auch nur ein Zehntel ihrer Rendite zu verlieren.
Die großen Konzerne, Banken und Investmentfonds und deren schwerreichen Aktionäre stützen sich bei diesem Raubzug außen- und innenpolitisch auf die CDU-SPD-Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU).
In den Betrieben stützen sie sich uneingeschränkt auf den IG-Metall-Apparat mit seinen Zehntausenden hauptamtlichen Funktionären und Betriebsräten. In den letzten vier Quartalen sind Monat für Monat über 4000 Industriearbeitsplätze vernichtet worden. Die IG Metall, in der über 2 Millionen Beschäftigte organisiert sind, isoliert die betroffenen Betriebe. Jeder stirbt für sich allein. Die Gewerkschaftsfunktionäre handeln Sozialtarifverträge aus, mit denen Arbeiterinnen und Arbeiter über Frühverrentung, Altersteilzeit, Abfindungen und Transfergesellschaften aus den Jobs gedrängt werden.
Bei VW organisieren Gewerkschaft und Betriebsrat den Abbau von 35.000 Arbeitsplätzen und Lohnsenkungen von bis zu 20 Prozent, bei Mercedes sind es 40.000 Arbeitsplätze, jeweils mehrere Tausend Jobs sind es bei Ford, Audi und Porsche sowie den großen Zulieferern.
Es ist erforderlich, diese Realität anzuerkennen und die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Der IGM-Apparat und ihre Betriebsräte stehen auf der anderen Seite der Barrikade. Sie verteidigen die Profitinteressen der Konzerne und ihrer Aktionäre, mit denen sie über zahlreiche Fäden verbunden sind – in den Aufsichtsräten, den dortigen und den betrieblichen Ausschüssen aus Gewerkschafts- und Konzernvertretern, den von der IG Metall handverlesenen Arbeitsdirektoren und Personalvorständen, den Bundestagsparteien, ihren Stiftungen usw.
Die Behauptung, man könne die hochbezahlten Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsratsfürsten durch Druck in den eigenen Strukturen zur Verteidigung der Belegschaftsinteressen zwingen, ist völlig falsch. Sie dient einzig dazu, die Beschäftigten weiterhin dem Apparat unterzuordnen.
Diese Politik führt nur zu Frust, Demoralisierung und Lähmung der Beschäftigten – und auch an dieser Front zur Stärkung der Rechten.
Um die massive Vernichtung der Arbeitsplätze, die Lohnsenkungen und den angekündigten Sozialabbau abzuwehren, sind von der IG Metall und allen anderen Gewerkschaften unabhängige Aktionskomitees vonnöten. In ihnen müssen sich alle, die wirklich kämpfen wollen, zusammenschließen und die von den Gewerkschaften erzwungene Zersplitterung einzelner Betriebe überwinden, über Branchen und Grenzen hinweg.
Die Produktion und alle gesellschaftlichen Ressourcen müssen den sozialen Bedürfnissen der Arbeiterklasse dienen, die alle Werte schafft, anstatt den Profitinteressen der Reichen.
Wer mit dieser Ausrichtung übereinstimmt, den rufen wir auf, sich mit uns in Kontakt zu setzen, um den pausenlosen Angriffen Einhalt zu gebieten. Füllt das Formular aus oder schreibt einfach eine Nachricht über WhatsApp an die +491633378340.