Perspektive

Hungersnot und Massenmord in Gaza: Ein Verbrechen des Zionismus und Weltimperialismus

Portrait der freien Journalistin Mariam Dagga, 33, die während des Gaza-Krieges für Associated Press und andere Medien tätig war, am 14. Juni 2024 in Khan Junis im südlichen Gazastreifen. Dagga ist eine von mehreren Journalisten, die zusammen mit anderen Menschen bei israelischen Angriffen auf das Nasser-Krankenhaus in Khan Junis am Montag, dem 25. August 2025, getötet wurden. [AP Photo/Jehad Alshrafi]

Am Montag führte das israelische Militär zwei Luftangriffe nacheinander auf das Nasser-Krankenhaus im Süden des Gazastreifens durch und tötete dabei über 20 Menschen. Der zweite Angriff zielte absichtlich auf fünf Journalisten, die über die Folgen des ersten Angriffs berichteten, darunter Korrespondenten von Reuters, Associated Press, Al Jazeera und anderen Pressediensten.

Bislang haben israelische Truppen während des Völkermords in Gaza 192 Journalisten getötet, die meisten davon wurden direkt durch Präzisionsangriffe ermordet. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten wurden bei Israels Angriff auf Gaza mehr Reporter getötet als in jedem anderen modernen Krieg.

Die vorsätzliche, gezielte Tötung von Journalisten und medizinischem Personal am Montag folgt auf die Ankündigung der von den Vereinten Nationen unterstützten Organisation Integrated Food Security Phase Classification am Freitag, dass in Gaza-Stadt offiziell eine Hungersnot herrscht. In dem Bericht heißt es unverblümt, dass diese Hungersnot „vollständig von Menschen verursacht“ ist. Weiter wird berichtet, dass „noch nie zuvor eine höhere Zahl an Menschen vom Integrated Food Security Classification System als von katastrophaler Hungersnot bedroht eingestuft wurden“.

Am Sonntag berichtete das Gesundheitsministerium in Gaza, dass seit Oktober 2023 insgesamt 289 Menschen, darunter 115 Kinder, an Unterernährung und Hunger gestorben sind. Allein am Sonntag starben acht Palästinenser in Gaza, darunter ein Kind, an Hunger bzw. Unterernährung.

Am 21. November 2024 erhob der Internationale Strafgerichtshof offiziell Anklage gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu wegen des Kriegsverbrechens „Aushungern als Kriegsmittel“. Diese Anklage stützt sich auf die unbestreitbare Tatsache, dass die Regierung Netanjahu mit offener Unterstützung der Vereinigten Staaten (unter den US-Präsidenten Biden und jetzt Trump) und der stillschweigenden Rückendeckung aller imperialistischen Mächte das gezielte Aushungern der Bevölkerung als politisches Mittel einsetzt, um Gaza ethnisch zu säubern.

Die letzte Woche begonnene Offensive Israels auf Gaza-Stadt ist ein Schritt in diesem systematischen Plan, der auf die vollständige militärische Besetzung Gazas abzielt sowie die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung in Konzentrationslager im Süden des Landes und von dort aus ihre gewaltsame Überführung in andere Länder, wie beispielsweise den Südsudan.

Wie der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich im Mai deutlich machte: „Innerhalb eines Jahres ... wird Gaza vollständig zerstört sein, Zivilisten werden in den Süden in eine humanitäre Zone geschickt ... und von dort werden sie in großer Zahl in Drittländer ausreisen.“

Am Freitag schwor der israelische Verteidigungsminister Israel Katz, Gaza-Stadt, das letzte Gebiet Gazas außerhalb der direkten israelischen Militärbesatzung, rücksichtslos anzugreifen. „Bald werden sich die Tore der Hölle über den Köpfen der Mörder und Vergewaltiger der Hamas in Gaza öffnen, bis sie den Bedingungen Israels für die Beendigung des Krieges zustimmen, vor allem der Freilassung aller Geiseln und ihrer Entwaffnung.“

Doch nur einen Tag zuvor hatte Netanjahu erklärt, dass der geplante Angriff auf Gaza-Stadt unabhängig von einem Waffenstillstandsabkommen mit der Hamas stattfinden werde. „Wir werden das trotzdem tun. Es stand nie zur Debatte, dass wir die Hamas dort zurücklassen würden“, sagte Netanjahu gegenüber Sky News.

Mit anderen Worten: Israel plant, „die Tore der Hölle“ zu öffnen, unabhängig davon, was die Hamas tut, selbst wenn sie die Waffen niederlegt. Diese Aussagen machen deutlich, dass der israelische „Krieg“ in Gaza ein Versuch ist und immer war, Gaza unter dem Vorwand der Ereignisse vom 7. Oktober 2023 zu annektieren und ethnisch zu säubern.

Die offizielle Erklärung einer Hungersnot in Gaza-Stadt am Freitag und das Massaker an Journalisten im Nasser-Krankenhaus am Montag haben dazu geführt, dass Vertreter mehrerer europäischer imperialistischer Mächte ihr Entsetzen heuchelten.

Der britische Außenminister David Lammy schrieb in einem Beitrag auf X, er sei „erschüttert“ über den Angriff und: „Zivilisten, medizinisches Personal und Journalisten müssen geschützt werden. Wir brauchen einen sofortigen Waffenstillstand.“

Aber derselbe Mann erklärt praktisch im gleichen Atemzug: „Wir unterstützen Israels Recht auf Selbstverteidigung“ gegen eine wehrlose Bevölkerung, die Israel illegal gefangen hält und besetzt und die es auszurotten versucht. Die britische Regierung hat die Anti-Völkermord-Gruppe Palestine Action zur „terroristischen Organisation“ erklärt und Hunderte von Menschen allein wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen zur Unterstützung der Gruppe verhaftet.

Ungeachtet ihrer verbalen Proteste gegen das eine oder andere Massaker Israels haben Washington, London, Paris und Berlin den Völkermord in Gaza ermöglicht und verteidigt.

In Reaktion auf die jüngsten Gräueltaten sagte UN-Generalsekretär Guterres, die absichtliche Hungersnot sei „ein Versagen der Menschheit selbst“. Und UNRWA-Chef Lazzarini sagte: „Die Gleichgültigkeit und Untätigkeit der Welt sind schockierend. Wie Hannah Arendt sagte: ‚Der Tod der menschlichen Empathie ist eines der frühsten und deutlichsten Zeichen dafür, dass eine Kultur gerade in die Barbarei verfällt.‘“

Man muss Klartext reden. Die Verbrechen, die in Gaza begangen werden, sind weder „ein Versagen der Menschheit“ noch das Ergebnis der „Gleichgültigkeit der Welt“.

Milliarden Menschen auf der ganzen Welt lehnen den Völkermord in Gaza strikt ab. Die US-amerikanisch-israelische Kampagne zur Auslöschung der palästinensischen Bevölkerung stößt auf eine der größten – wenn nicht sogar die größte – weltweit koordinierte Massenprotestbewegung der Weltgeschichte. Zig Tausende Studierende, arbeitende Menschen, Künstler und andere haben unter großer Gefahr für ihre Karriere und ihre persönliche Sicherheit gegen den Völkermord in Gaza protestiert.

Was fehlt, ist weder „Menschlichkeit“ noch „Empathie“, sondern Perspektive. Der Völkermord in Gaza ist kein „Versagen der Menschheit“, sondern ein Verbrechen des Kapitalismus und Imperialismus. Er entspringt nicht der menschlichen Natur, als eine Art existenzielle Barbarei, die aus der menschlichen Seele strömt, sondern aus einem bestimmten und konkreten Geflecht sozialer Beziehungen.

Im Jahr 2017 berichtete die Hilfsorganisation Oxfam, dass die acht reichsten Milliardäre der Welt genauso viel besitzen wie jene 3,6 Milliarden Menschen, die die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen. Seitdem ist die Finanzoligarchie nur noch reicher geworden. Oxfam stellte fest, dass das Vermögen der Milliardäre weltweit im Jahr 2024 dreimal so schnell gewachsen ist wie im Jahr 2023.

Gerade die enorme Ausweitung von Vermögen und Macht dieser Oligarchie, deren Reichtum aus der Ausbeutung der Arbeiterklasse auf der ganzen Welt stammt, sind die soziale Grundlage für das Ausbrechen aller Formen sozialer Barbarei.

Die kapitalistischen herrschenden Eliten führen einen eskalierenden globalen Krieg, in dem der Völkermord in Gaza ein Bestandteil und ein Präzedenzfall ist. Mit dem Völkermord in Gaza gibt die Kapitalistenklasse alle Hemmungen auf, bei der Führung imperialistischer Kriege ungezügelte Gewalt anzuwenden.

In der Innenpolitik drückt sich die Herrschaft der Oligarchie in einer offenen Hinwendung zur Diktatur und Massenrepression sowie in der Überschreitung aller Grenzen aus, die bisher den Einsatz innerstaatlicher Repression begrenzt haben.

Derselbe Trump, der verkündet, dass Gaza nach der Vertreibung seiner Bevölkerung und der Zerstörung seiner Städte zur „Riviera des Nahen Ostens“ wird, erklärt, dass es „keinen besseren Ort auf der Welt“ geben werde, um „Fabriken zu bauen oder ein Unternehmen aufzubauen“, als den amerikanischen Polizeistaat, den er durch militärische Besatzung und Massenrepression aufbaut. Die Vertreter der Trump-Regierung verwenden fast dieselbe Sprache, um amerikanische Städte zu beschreiben, wie Netanjahu und seine faschistische Bande, um die Palästinenser zu beschreiben.

Jede kapitalistische Partei in jedem Land ist in den Völkermord in Gaza verwickelt. Alle Fraktionen des politischen Establishments der USA, Demokraten wie Republikaner, haben wiederholt dafür gestimmt, Israel zu bewaffnen und das ewige „Recht Israels auf Selbstverteidigung“ proklamiert.

Der Völkermord in Gaza ist kein Krebsgeschwür in einer ansonsten gesunden Gesellschaft, sondern ein Symptom der inneren Verkommenheit des Kapitalismus. Moralische Appelle an die kapitalistische Oligarchie sind, um es mit Leo Trotzki zu sagen, nicht wirksamer als Gebete um Regen.

Um den Völkermord zu stoppen, muss ein direkter Angriff auf die fest verwurzelten sozioökonomischen Interessen unternommen werden, die ihn antreiben. Die soziale Kraft, die in der Lage ist, die Auslöschung der palästinensischen Bevölkerung und alle anderen Erscheinungsformen der kapitalistischen Barbarei zu stoppen, ist die Arbeiterklasse.

Die Arbeiter müssen mit dem Verständnis bewaffnet werden, dass der Kampf gegen imperialistische Kriege und Völkermord untrennbar mit dem Kampf gegen Ungleichheit und die Herrschaft der kapitalistischen Oligarchie verbunden ist.

Der Kampf gegen Krieg und Völkermord muss verbunden werden mit dem Kampf zur Verteidigung der sozialen und wirtschaftlichen Rechte der Arbeiter und dem Kampf für den Sozialismus. Das unabhängige Eingreifen der internationalen Arbeiterklasse, die breite Teile der Mittelschicht und der Jugend hinter sich mobilisiert, ist der einzige Weg, um den globalen Ausbruch der kapitalistischen Barbarei zu beenden.

Loading