Die Regierung von Donald Trump hat eine Flotte in die Nähe Venezuelas verlegt und damit ihre Drohgebärden gegen das südamerikanische Land verstärkt. Als Erstes wurden drei mit Lenkwaffen bestückte Kriegsschiffe und ein Angriffs-U-Boot, insgesamt mit 4000 Mann Besatzung, in die südliche Karibik entsandt. Dann folgten drei amphibische Angriffsschiffe mit 2.000 Marines.
Mit der militärischen Belagerung Venezuelas eskaliert die US-Regierung ihre imperialistische Aggression gegenüber ganz Lateinamerika in extremem Maße.
Bei der offiziellen Bekanntgabe der Militäroperation wurde ihr illegaler und brutaler Charakter sichtbar. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses erklärte, Präsident Nicolás Maduro führe „nicht die legitime Regierung Venezuelas, sondern ein Drogen-Terror-Kartell“ an, gegen das Präsident Trump „alle Mittel der amerikanischen Macht einzusetzen bereit“ sei.
Zuvor hatte das Weiße Haus Maduro und seine Regierung als Anführer eines „Cartel de los Soles“ bezeichnet – ein angebliches Drogenkartell, für dessen Existenz es keinerlei Beweise gibt. Dennoch sprach die US-Regierung von einer „terroristischen Organisation“ und setzte ein Kopfgeld von 50 Millionen Dollar auf Präsident Maduro aus.
Das provokative Vorgehen gegen Venezuela schafft einen gefährlichen Präzedenzfall. Der US-Imperialismus beansprucht das Recht, gewaltsam gegen jede Regierung vorzugehen, die er als Hindernis für seine Interessen betrachtet.
Bereits unter früheren Regierungen, sowohl der Demokraten wie der Republikaner, verfolgten die USA einen aggressiven Kurs gegenüber Venezuela. Aber Trumps jetzige Maßnahmen haben eine neue Qualität.
Washington verzichtet darauf, die Verteidigung von „Demokratie“ und „Menschenrechten“ vorzutäuschen. Trump macht sich nicht mehr die Mühe, wie noch 2019 einen Nobody wie Juan Guaidó als „legitimen“ Präsidenten für einen Regimewechsel aufzubauen. Stattdessen setzt er auf offene Waffengewalt.
Das Schicksal Venezuelas, eines Lands mit großen Ölvorkommen, wird unter ähnlichen Prämissen entschieden wie das Schicksal der Tschechoslowakei oder Polens im Zweiten Weltkrieg oder, noch direkter, nach den brutalen Maßstäben, die der Zionismus und seine imperialistischen Unterstützer in Gaza setzen.
Imperialistische Offensive gegen Lateinamerika
Die Eskalation gegen Venezuela ist Teil einer koordinierten Offensive, die den USA mit militärischen, wirtschaftlichen und politischen Mitteln die uneingeschränkte Vorherrschaft über Lateinamerika verschaffen soll.
Dieser imperialistische Angriff wurde in den ersten Monaten der zweiten Trump-Regierung extrem verstärkt.
Bereits in den ersten Tagen wurde Panama mit neokolonialen Schikanen überzogen. Die neue US-Regierung verlangte die vollständige Kontrolle über den Panamakanal und drohte, andernfalls das Militär zu entsenden.
Als Nächstes folgten hohe Strafzölle gegen Brasilien, die explizit als politischer Hebel gegen die brasilianische Regierung eingesetzt wurden. Es ging darum, zu verhindern, dass der faschistische Ex-Präsident Jair Bolsonaro wegen seines Putschversuchs von 2023 vor Gericht gestellt wurde.
Brasilien hatte lange Jahre als Verbündeter der USA gedient. Doch nun hat Washington gegenüber dem größten Staat Lateinamerikas eine historische Kehrtwende vollzogen und legt eine Aggression an den Tag, die zuvor nur Venezuela und anderen Ländern vorbehalten war, die als „Achse des Bösen“ galten.
Vor der Operation gegen Venezuela war bekannt geworden, dass Trump vor Kurzem eine Anweisung an das Pentagon unterzeichnet hat, „militärische Gewalt gegen bestimmte lateinamerikanische Kartelle einzusetzen“. Ausdrücklich genannt wurden mexikanische kriminelle Gruppen. Im Zuge dessen verlegte das Pentagon 10.000 US-Soldaten an die Grenze zu Mexiko und entsandte Kriegsschiffe, um das Land zu bedrohen.
Obwohl die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum das Gegenteil beteuert, ist eine US-Invasion eine unmittelbare Gefahr.
Der Angriff auf Lateinamerika ist eingebettet in einen Kurswechsel des US-Imperialismus, was seine globale Kriegspolitik betrifft.
Einen Tag vor der Entsendung von Schiffen und Truppen in die Karibik fand im Weißen Haus ein Krisengipfel der Nato statt. Auslöser dieses Treffens war Washingtons Abkehr vom Krieg gegen Russland in der Ukraine, die zu tiefen Zerwürfnissen mit den europäischen imperialistischen Mächten führte.
Hinter der strategischen Wende der Trump-Regierung steht das Ziel, die US-Streitkräfte auf einen Krieg gegen China zu konzentrieren. Diese Pläne wurden offen ausgesprochen, und Lateinamerika spielt darin eine wichtige Rolle.
Die Einmischung der USA in diese Region, die sie historisch als ihren „Hinterhof“ betrachten, wird mit einer grotesken Verschwörungstheorie gerechtfertigt, die den „Krieg gegen Drogen“ mit dem „Krieg gegen Terror“ kombiniert. Dabei wird China beschuldigt, mit einer „bösartigen Agenda“ die westliche Hemisphäre zu destabilisieren.
Diese Propaganda, die sich an Hitlers Technik der „Großen Lüge“ anlehnt, wurde in den strategischen Leitlinien des Vereinigten Kampfkommandos SOUTHCOM der US-Armee vom Februar 2025 ausdrücklich formuliert. Darin heißt es, dass „transnationale kriminelle Organisationen (TCOs) ... ihre enormen Einnahmen aus dem Drogenhandel nutzen, um Teile der regionalen Regierungen in Lateinamerika zu korrumpieren und zu kooptieren“. Auf diese Weise würden sie „China, Russland und anderen böswilligen Akteuren Raum verschaffen, ihre strategischen Ziele zu erreichen und ihre Pläne zu verwirklichen“.
Mit anderen Worten: Der angebliche Kampf gegen Drogenhandel mündet direkt in den Versuch, bestimmte Regierungen zu stürzen und sich im Krieg gegen andere Großmächte die Kontrolle über strategische Ressourcen und Positionen zu sichern.
Diktatur über Nord-, Mittel- und Südamerika
Das Bestreben des US-Imperialismus, sich die westliche Hemisphäre und den Rest der Welt zu unterwerfen, geht unmittelbar mit dem Versuch einher, auch innerhalb der Vereinigten Staaten ein diktatorisches Regime zu errichten.
Die Kriegspläne der kapitalistischen Oligarchie erfordern massive Angriffe auf die Arbeiterklasse im eigenen Land und die Zerschlagung ihrer Widerstandskraft.
Die Trump-Regierung setzt Streitkräfte nicht nur gegen ihre „strategischen Rivalen“, sondern auch gegen die amerikanische Bevölkerung ein. Am 11. August begann die militärische Besetzung der Hauptstadt Washington, für die fast 9.000 Polizisten und Soldaten mobilisiert wurden.
Diese militärische Besetzung ist Bestandteil der systematischen Versuche, eine Präsidialdiktatur zu errichten, und knüpft an den faschistischen Putschversuch vom 6. Januar 2021 an.
Der Zusammenbruch demokratischer Regierungsformen in den Vereinigten Staaten ist Wasser auf die Mühlen faschistischer Kräfte in Lateinamerika, die auf die von der CIA unterstützten Militärdiktaturen der 1970er Jahre zurückgehen.
In Brasilien initiierten Ex-Präsident Bolsonaro und die Militärführung am 8. Januar 2023 einen Putschversuch, der direkt von Trumps Angriff auf das US-Kapitol zwei Jahre zuvor inspiriert war. Der Prozess gegen Bolsonaro und seine faschistischen Mitverschwörer dient Trump jetzt als Vorwand für seine imperialistische Intervention gegen Brasilien.
In Argentinien fungiert die Regierung des faschistischen Präsidenten Javier Milei, der vor einem Jahr an die Macht kam, offen als Speerspitze des Vorstoßes der USA. Dies wurde durch die jüngsten Ereignisse erneut deutlich. Zeitgleich mit dem Vorrücken der US-Flotte gegen Venezuela eröffnete Milei im äußersten Süden der Region gemeinsam mit dem Kommandeur des SOUTHCOM, Admiral Alvin Holsey, die Übung „Southdec 2025“.
Nach dem Abspielen der Nationalhymnen Argentiniens und der USA erklärte der argentinische Verteidigungsminister Luis Petri: „Dieses Treffen ist für unser Land sehr wichtig, weil es die Entscheidung und den Auftrag von Präsident Javier Milei bestätigt, mit der Regierung von Donald Trump zusammenzuwirken.“
Es folgten Ansprachen, in denen die „Kommunistische Partei Chinas, die ihren methodischen Einmarsch in die Region fortsetzt“, angegriffen und ein Krieg gegen die „transnationale Kriminalität“ gefordert wurde.
Die Milei-Regierung plant eine Spezialeinheit, die angeblich aus Brasilien stammende „transnationale kriminelle Organisationen“ innerhalb Argentiniens und darüber hinaus bekämpfen soll. Eine Militarisierung der Grenze zu Brasilien in Zusammenarbeit mit US-Truppen steht offenbar unmittelbar bevor.
Die Krise des bürgerlichen Nationalismus und der „Rosa Flut“
In der Reaktion auf die Angriffe des US-Imperialismus zeigt sich die tiefe Krise der bürgerlich-nationalistischen Regierungen, die unter der Sammelbezeichnung „Rosa Flut“ bekannt wurden.
Die brasilianische Regierung unter Luiz Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) äußerte kürzlich gegenüber der Presse die Befürchtung, dass Washington eine Regimewechseloperation in Brasilien vorbereite.
Die Lösung, die Präsident Lula anstrebt, zeigt den wahren Charakter seiner Regierung. Innenpolitisch versucht die PT, sich auf der Grundlage einer reaktionären nationalistischen Ideologie der extremen Rechten anzunähern; außenpolitisch strebt sie engere Beziehungen zu den rechtsgerichteten Regimes in der Region und zum europäischen Imperialismus an.
In seiner Verzweiflung hatte Lula den faschistischen Präsidenten Ecuadors, Daniel Noboa, bereits zur gemeinsamen Bekämpfung der organisierten Kriminalität in der Region aufgerufen. Damit verschaffte er genau dem Schreckgespenst Glaubwürdigkeit, das Washington heraufbeschwört, um seine Interventionen zu rechtfertigen. Die gleiche Einstellung ist bei den gescheiterten Regierungen der Rosa Flut zu beobachten.
Auf die offene Aggression gegen Venezuela reagierte die brasilianische Regierung, indem sie feige noch weiter zurückwich. Der Berater von Präsident Lula, Celso Amorim, beschränkte sich darauf, „Besorgnis“ zu äußern und betonte, dass man den Wahlsieg Maduros (bei den Präsidentschaftswahlen vor einem Jahr in Venezuela) nicht anerkenne – womit er eine Rechtfertigung für imperialistische Interventionen lieferte.
In den Tagen der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR), die 2008 gegründet wurde, sprachen die Vertreter der „Rosa Flut“ davon, sich gemeinsam gegen von den USA ausgehende Putschversuche zu wehren. Doch mit dem Ende des „Rohstoffbooms“, der die Wirtschaft der Region zu Beginn des 21. Jahrhunderts angekurbelt hatte, brach dieses Projekt der lateinamerikanischen Einheit in sich zusammen.
Die Zuspitzung der globalen kapitalistischen Krise und die Verschärfung des Klassenkampfs in den letzten zehn Jahren haben die bürgerlichen „linken“ Regierungen auf Konfrontationskurs mit der eigenen Arbeiterklasse gebracht. Sie versuchen jetzt, irgendwie mit dem US-Imperialismus auf einen Nenner zu kommen, und handeln dabei zunehmend nach der Devise „Jeder für sich“.
Der Schiffbruch des bürgerlichen Projekts der „Rosa Flut“ markiert die letzte Krise der Experimente mit dem bürgerlichen Nationalismus in Lateinamerika. Mehr als ein Jahrhundert bitterer Verrat und Niederlagen haben gezeigt, dass es mit rein nationalen Programmen unmöglich ist, die grundlegenden sozialen und demokratischen Probleme Lateinamerikas zu lösen, geschweige denn seine Unterdrückung durch den Imperialismus zu überwinden.
Notwendige Antwort der Arbeiterklasse
Das Internationale Komitee der Vierten Internationale lehnt die Sackgasse des Nationalismus ab und setzt sich für ein Programm zur Vereinigung der Arbeiter in ganz Amerika und international ein.
Im Manifest der Vierten Internationale gegen Krieg von 1940 hieß es:
Die ungeheuerliche Aufrüstung in den Vereinigten Staaten bereitet eine gewaltsame Lösung der komplizierten Gegensätze auf der westlichen Halbkugel vor und dürfte bald offen die Frage nach dem Schicksal der lateinamerikanischen Länder aufwerfen ... Nur unter seiner eigenen revolutionären Führung ist das Proletariat der Kolonien und Halbkolonien imstande, die unbesiegbare Zusammenarbeit mit dem Proletariat in den Weltzentren und der gesamten internationalen Arbeiterklasse zustande zu bringen. Nur diese Zusammenarbeit kann den unterdrückten Völkern durch den Sturz des Imperialismus auf der ganzen Welt vollständige und endgültige Emanzipation bringen.“[1]
85 Jahre später gewinnt diese Perspektive noch größere Bedeutung als damals. Überall in Lateinamerika ist die Arbeiterklasse zur zahlenmäßig stärksten und mächtigsten Kraft der Gesellschaft geworden. Ihre objektive Verbindung mit den Arbeitern in aller Welt hat durch die Globalisierung der kapitalistischen Produktion eine neue Qualität gewonnen.
Insbesondere das Schicksal der lateinamerikanischen Arbeiter und der Arbeiter in den Vereinigten Staaten ist eng miteinander verflochten.
Die Einheit der Arbeiter in allen Teilen des amerikanischen Kontinents ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Kampf gegen die Unterdrückung durch den imperialistischen Kapitalismus im Süden wie im Norden.
Die IKVI verurteilt die verbrecherischen Angriffe des US-Imperialismus auf Venezuela und die anderen unterdrückten Länder Lateinamerikas. Aber diese imperialistische Aggression kann nur mit den Methoden des Klassenkampfs zurückgeschlagen werden.
Der Kampf gegen den Imperialismus muss unter folgenden Losungen geführt werden: Keine US-Truppen in den Gewässern Venezuelas und den Straßen Washingtons! Einheit der Arbeiterklasse in den imperialistischen und unterdrückten Ländern!
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den eigentlichen Charakter der Zölle Trumps gegen Brasilien und andere Länder zu verstehen. Ihre Irrationalität und wirtschaftliche Destruktivität entsprechen der Logik der globalen imperialistischen Kriegstreiberei.
Das von der Arbeiterpartei (PT), den Gewerkschaften und den Pseudolinken vertretene Programm ist völlig unzureichend. Ihre Forderungen nach „nationaler Einheit“ jenseits des Klassenkampfs und ihre Unterstützung für Wirtschaftsnationalismus sind reaktionär und stellen eine Anpassung an die Irrationalität des imperialistischen Krieges dar.
Die verheerenden Auswirkungen der Zölle werden sowohl die Arbeiterklasse in Brasilien als auch in den Vereinigten Staaten treffen und müssen von der internationalen Arbeiterklasse gemeinsam beantwortet werden.
Die Arbeiter müssen einen internationalen Kampf gegen Fabrikschließungen und Arbeitsplatzvernichtung aufnehmen und sich auf dieser Grundlage gemeinsam gegen die Pläne der transnationalen Konzerne zur Wehr setzen, die Ausbeutung der Arbeiter durch globale Umstrukturierungen zu verschärfen. Der Anstieg der tödlichen und sonstigen Arbeitsunfälle, der zwangsläufig aus diesen Bedingungen resultiert, muss mit der Arbeiterkontrolle über die Produktion beantwortet werden.
Um dieses Programm umzusetzen, müssen die Arbeiter die Fesseln der korporatistischen Gewerkschaften sprengen und sich von den Parteien lösen, die fälschlicherweise behaupten, sie zu vertreten, d. h. von den Parteien der „Rosa Flut“ in Lateinamerika und der Demokratischen Partei in den USA. Diese Organisationen versuchen – mit Unterstützung der Pseudolinken –, die Arbeiter innerhalb der bürgerlichen nationalen Politik gefangen zu halten.
- Baut die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees auf!
- Gegen den imperialistischen Krieg um die Neuaufteilung der Welt, vorwärts im Kampf für den globalen Sozialismus!
- Baut die revolutionäre Führung der Arbeiterklasse auf, das Internationale Komitee der Vierten Internationale!
Mehr lesen
Leo Trotzki, Der Todeskampf des Kapitalismus und die Aufgaben der Vierten Internationale. Das Übergangsprogramm, Essen 1997, S. 238 f.