Der israelische Angriff auf Gaza-Stadt beginnt

Ein israelischer Panzer nahe der Grenze zum Gazastreifen am 20. August 2025, von Süd-Israel aus aufgenommen [AP Photo/Maya Levin]

Das israelische Militär hat seinen Angriff auf Gaza-Stadt begonnen, dem einzigen Teil des Gazastreifens, der derzeit noch nicht vollständig von Truppen der Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) besetzt ist. Damit beginnt eine neue und noch tödlichere Phase des amerikanisch- israelischen Völkermords im Gazastreifen.

Ziel dieser Operation ist die vollständige militärische Unterwerfung des am dichtesten besiedelten Teils des Gazastreifens, um die Vertreibung der Bevölkerung in Konzentrationslager im Süden der Enklave vorzubereiten. Von dort aus will die Netanjahu-Regierung die Palästinenser in andere Länder ausweisen, u.a. in den Südsudan.

Der wichtigste Sprecher des israelischen Militärs, Brigadegeneral Effie Defrin, erklärte am Mittwoch: „Wir haben die einleitenden Operationen und die ersten Schritte des Angriffs auf Gaza-Stadt begonnen.“ Die IDF kündigten die Mobilmachung von weiteren 60.000 Reservisten an, um die Eroberung der Stadt abzuschließen. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen hat Israel bereits 90 Prozent des Gazastreifens besetzt.

Israelische Regierungsvertreter erklärten gegenüber der New York Times, die IDF würden Gaza-Stadt zuerst umzingeln, die Bevölkerung zwangsweise in den Süden umsiedeln und die Stadt danach vollständig besetzen. Einwohner erklärten der Times, israelische Truppen seien dabei, systematisch mit ferngesteuerten Sprengladungen Gebäude in den Außenbezirken der Stadt zu zerstören und immer weiter ins Stadtzentrum vorzurücken.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Volker Türk erklärte Anfang August: „Eine vollständige militärische Übernahme des besetzten Gazastreifens (...) wird zu noch massiveren Vertreibungen, noch mehr Toten, unerträglichem Leid, sinnloser Zerstörung und Gräueltaten führen.“

In dem Bewusstsein, dass die anhaltende Hungersnot in Gaza und die vollständige militärische Besetzung des Gebiets ein Todesurteil für die verbleibenden israelischen Geiseln darstellen, verurteilte die israelische Ministerin Orit Strock diejenigen, die „die Rückkehr der Geiseln über das nationale Interesse stellen“.

Am Mittwoch starben laut Al Jazeera mindestens 81 Palästinenser bei israelischen Angriffen im Gazastreifen. Seit Beginn des israelischen Angriffs auf den Gazastreifen im Oktober 2023 wurden damit mehr als 62.000 Palästinenser getötet.

Ebenfalls am Mittwoch kündigte die Netanjahu-Regierung die Ausweitung der israelischen Siedlungen im Westjordanland an, mit denen sie sämtliche Palästinensergebiete unterwerfen und kontrollieren will.

Die Regierung bewilligte ein Siedlungsbauprojekt im Westjordanland, das als E1 bekannt ist und schon seit mehr als 20 Jahren in Planung ist. Dazu sollen im Westjordanland 20.000 neue Häuser für Siedler gebaut werden. Durch das neue Siedlungsprojekt würde das Westjordanland faktisch in zwei Teile gespalten.

Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich prahlte, der Siedlungsplan bedeute die „Auslöschung“ der Idee eines palästinensischen Staates und fügte hinzu: „Jede Stadt, jedes Viertel, jede Wohneinheit ist ein weiterer Nagel im Sarg dieser gefährlichen Idee.“

Der Generalsekretär der Palästinensischen Nationalinitiative Mustafa Barghouti erklärte gegenüber Al Jazeera: „Dieser Plan wird das Westjordanland vollständig in zwei Teile aufspalten (...) Er wird Jerusalem außerdem vollständig vom Rest des besetzten palästinensischen Westjordanlandes isolieren.“

Stephane Dujarric, ein Sprecher des Chefs der Vereinten Nationen Antonio Guterres, erklärte nach der Ankündigung: „Wir lehnen alle Siedlungsaktivitäten in den besetzten Gebieten ab, die wir als völkerrechtlich illegal betrachten.“

Während der israelische Angriff auf Gaza-Stadt begonnen hat, verschäft sich die Hungerkatastrophe im Gazastreifen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNRWA erklärte am Mittwoch, fast ein Drittel aller palästinensischen Kinder in Gaza-Stadt seien mittlerweile unterernährt.

Das UNRWA erklärte: „Das ist keine Naturkatastrophe. Das ist eine menschengemachte, vermeidbare Hungerkatastrophe.“

Die israelische Menschenrechtsgruppe Gisha erklärte am Mittwoch, die Bevölkerung im Gazastreifen werde „ausgehungert (...) Israel hat seine Kontrolle über den Zugang für Hilfsgüter seit dem ersten Tag als Waffe eingesetzt, u.a. um Druck auszuüben und Vertreibungen zu begünstigen.“

Der Gisha-Bericht stellt fest, dass seit Beginn des Krieges im Gazastreifen 269 Menschen an den Folgen von Unterernährung gestorben sind, mehr als 112 davon Kinder. Im Juli hatte die Integrated Food Security Phase Classification (IPC) eine Warnung herausgegeben, dass sich im Gazastreifen derzeit „das Härtefallszenario einer Hungersnot“ entwickle.

Am Mittwoch kündigten die USA mehrere Sanktionen gegen Beamte des Internationalen Strafgerichtshofs an, der einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wegen Völkermord ausgestellt hatte. Dies verdeutlicht, dass die Trump-Regierung den Völkermord im Gazastreifen unterstützt.

US-Außenminister Marco Rubio gab am Mittwoch bekannt, dass zwei Richter des IStGH und zwei Ankläger Trumps Liste von sanktionierten IStGH-Mitgliedern hinzugefügt wurden.

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz bedankte sich auf X bei der Trump-Regierung für deren Sanktionen gegen den IStGH und erklärte: „Dieser historische Schritt spiegelt das unzerbrechliche Bündnis zwischen Israel und den Vereinigten Staaten wider.“

Letztes Jahr hatte der IStGH erklärt, er habe „berechtigten Grund“ zu der Annahme, dass Netanjahu „der Zivilbevölkerung von Gaza vorsätzlich und wissentlich überlebenswichtige Güter vorenthält, darunter Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und medizinische Güter sowie Treibstoff und Strom.“

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