Grundsatzresolution Aktionskomitee Kita & Bildung

Bildung statt Krieg – Fachkräfte statt Sparpakete für unsere Kitas!

In den letzten Wochen hat sich in Berlin das „Aktionskomitee Kita & Bildung“ konstituiert, um den Kampf gegen die anhaltende Verschlechterung der Bedingungen für Erzieherinnen und Erzieher, Kinder und Eltern aufzunehmen. Ein Ergebnis der ersten Diskussionen ist die unten stehende Grundsatzresolution

Arbeitest Du in einer Kita oder hast Du in dem Bereich gearbeitet? Nimm Kontakt zu uns auf und schildere uns Deine Erfahrungen. Du kannst uns hier  oder über WhatsApp (+491748402566) eine Nachricht schreiben. Wir wollen weitere Reportagen und Berichte veröffentlichen. Registriere Dich im Formular unter dem Artikel, um aktiv zu werden und am Aufbau des Aktionskomitees teilzunehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir rufen euch auf, gemeinsam mit uns das Aktionskomitee Kita & Bildung aufzubauen. Wir Erzieherinnen und Erzieher, Pädagogen und Pädagoginnen und alle Angestellten im Bildungsbereich müssen politisch aktiv werden, um die Missstände selber anzugehen und zu verbessern. Wir können nicht länger hinnehmen, dass Kitas und Schulen zu Verwahranstalten verkommen und unsere Arbeit eher einem permanenten Ausnahmezustand gleicht als fundierter Bildungsarbeit.

Der oberste Grundsatz unseres Aktionskomitees ist, dass die Interessen der Beschäftigten, der Kinder und der Eltern absoluten Vorrang haben vor angeblichen Spar- und Profitzwängen, die vorgeschoben werden, um den gesellschaftlichen Reichtum immer weiter von unten nach oben zu schaufeln.

Gemeinsam kämpfen wir für folgende Forderungen:

● Mehr Personal und eine einheitliche Anpassung für den Betreuungsschlüssel!

● Höhere fachliche Standards in der Kinderbetreuung!

● Einheitliche hohe Standards für pädagogische Abschlüsse statt Föderalismus-Wirrwarr und Konkurrenz von staatlichen und privaten Berufsschulen bei der Ausbildung!

● Keine statistischen Tricksereien bei Teilzeit, sondern Mindestpersonal nach Kinderzahl für jeden Tag!

● Einhaltung von klar definierten Handlungs- und Kompetenzrahmen für Erzieherhelfer, Praktikanten oder Freiwillige. Sie dürfen nicht als Lückenfüller für fehlendes Fachpersonal dienen!

● Erhöhung und Vereinheitlichung der Gehälter unabhängig von Trägern oder Bundesland, so dass es auch in teuren Großstädten zum Leben reicht!

● Mehr Geld für Material, Spielzeug, Einrichtung, Räumlichkeiten sowie ein anständiges Essen für jedes Kind!

● Mindestens eine fest eingeplante Hauswirtschaftskraft in jeder Kita!

● Entbürokratisierung der Beantragung von Hilfen und Mitteln. Gute Bildung ist ein Grundrecht!

● Keinen Cent Kürzung im Bildungsbereich – Milliarden für Kitas und Schulen statt Erhöhung der Rüstungsausgaben!

● Keine Militarisierung der Bildung! Wir erziehen und bilden Kinder für ein Miteinander und nicht Gegeneinander.

● Bundeswehr raus aus den Schulen! Sofortiger Stopp der Bundeswehr-Rekrutierung von Minderjährigen!

Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, nehmen die Probleme zu. Arbeiten am Limit ist für viele zur traurigen neuen Normalität geworden. Der wachsenden Nachfrage nach Betreuungsplätzen und den wachsenden Ansprüchen an die kindliche Bildung stehen keine im notwendigen Maße wachsenden Mittel gegenüber.

Es fehlt an Personal (mit allem, was dazu gehört, wie fehlende ausgebildete Fachkräfte sowie fehlende „Stunden“ durch die knappe Bemessung des Personalschlüssels) und genauso an Geld für die materielle Ausstattung und die Bezahlung externer Leistungen, die zum Kita-Alltag dazugehören.

Zu den alltäglichen Missständen gehören beispielsweise:

● Kita-Personal muss hauswirtschaftliche Tätigkeiten verrichten, welche Zeit am Kind und in der Gruppe kosten.

● Krankheitsbedingte Ausfälle von Personal oder einfach nur Urlaub führen oft zur Reduzierung der Arbeit auf rein pflegerische und aufseherische Tätigkeiten, zu Überstunden oder schlicht zum Wegfall aller Pausen.

● Nicht qualifiziertes oder eingearbeitetes Personal übernimmt notgedrungen Aufgaben, auf Kosten der Kinder, mit Überforderung und erhöhter Gefahr von Unfällen.

● Der Kostendruck führt sogar zu mangelhafter Ernährung.

Das Wesentliche der Einrichtung geht verloren: der Bildungsauftrag. Es bleibt kaum noch Zeit oder Personal, um (Förder)Aktivitäten anzubieten und grundlegende Fertigkeiten wie das Halten einer Schere, eines Stiftes oder auch ein gerechtes, gemeinsames Miteinander den Kindern mitzugeben. Statt Förderung von Beginn an setzen sich somit Probleme von Altersstufe zu Altersstufe nicht nur fort, sondern multiplizieren sich mitunter.

Die Folge ist eine immer weiter schwindende Chancengleichheit. Insbesondere Kinder mit Beeinträchtigungen, aus prekären Verhältnissen, geflüchtete Kinder oder Kinder mit Migrationshintergrund haben es immer schwerer.

Bildung ist ein Menschenrecht und Inklusion ist der Anspruch, das demokratische Grundprinzip der Gleichheit aller Menschen in der Bildung zu verwirklichen. Die Bildungspolitik ist voll mit Lippenbekenntnissen zu beiden. Doch stattdessen erleben wir, wie sich unter dem Deckmantel der Inklusion die Strukturen weiter verschlechtern.

Statt auf die Bedürfnisse des Kindes müssen wir uns nicht selten auf die Bedürfnisse der Bürokratie konzentrieren. Aufwändigen Anträgen folgen lange Wartezeiten, bis die Fördergelder und/oder das Personal bewilligt werden. Meist sind die bearbeitenden Stellen (Jugendämter, SPZ usw.) selbst aufgrund von Personalmangel überlastet. Missstände treffen auf noch mehr Missstände, Mangel auf Mangel, Überarbeitung auf Überarbeitung.

So verkommen die frühkindlichen Bildungseinrichtungen nach und nach zu bloßen Verwahranstalten, in welche die Kinder gebracht werden, damit die Eltern arbeiten gehen können.

Bildungspolitik muss mehr leisten als Wissen zu vermitteln – sie muss Kindern Mut, Selbstbestimmung und Resilienz geben, damit sie die Zukunft und ihre Gesellschaft aktiv gestalten können.

Das jetzige System verhindert Chancen. Es schafft Probleme und zerstört Hilfsangebote und Förderung. Es stempelt Menschen von klein auf bis ins Erwachsenenalter als „Problemfälle“ ab und lässt sie zurück.

Auf die zugespitzte Problemlage an Schulen und Kitas kommen nun weitere umfassende Kürzungen auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene zu. Das dadurch eingesparte Geld fließt in die „Wehrhaftigkeit“ Deutschlands.

Die wahnwitzige Aufrüstung, der jetzt alle sozialen Belange zum Opfer fallen sollen, bringt die verräterische Rolle der Gewerkschaften deutlicher denn je zum Vorschein. Ob Verdi oder GEW, sie tragen eine direkte Verantwortung für die Missstände und Verschlechterungen.

Immer wieder haben sie Kämpfe abgebrochen, faulen Kompromissen zugestimmt und damit die strukturellen Defizite zu Lasten der Beschäftigten immer weiter aufgetürmt.

Nicht selten haben sie dasselbe Parteibuch wie die Vertreter von Regierung und Staat, ob der langjährige Verdi-Chef Bsirske von den Grünen oder die zahlreichen SPD-Gewerkschafter.

Es ist unmöglich, die von den DGB-Gewerkschaften betriebene Unterstützung für Krieg und Aufrüstung mit den elementarsten sozialen Interessen der Bevölkerung zu vereinbaren. Daher sind die Gewerkschaften längst aus einer begrenzten Interessenvertretung der Arbeiterklasse zu reinen Erfüllungsgehilfen der herrschenden Klasse geworden.

Das Feigenblatt der Gewerkschaftsbürokratie stellt dabei fast immer die aus der PDS hervorgegangene Linkspartei.

Gerade in Berlin hat diese Partei nach der Rettung der Landesbank in über zehn Jahren Regierungsverantwortung eine Schlüsselrolle gespielt, den sozialen Kahlschlag gegen die Bevölkerung durchzusetzen. Auch überall sonst folgen ihren radikalen und sozialen Worten stets rechte und unsoziale Taten.

Wir bilden uns nicht ein, dass ein Funktionärsapparat, der aufs Engste mit den etablierten Parteien verzahnt ist, unsere Interessen vertreten wird.

Im Aktionskomitee sollen Pädagogen zusammenkommen, die einen ernsthaften Kampf aufnehmen wollen, ob sie noch Mitglied einer Gewerkschaft sind oder nicht.

Wir lassen uns weder zwischen öffentlichen und freien Trägern noch zwischen Ländern und schon gar nicht nach Herkunft spalten.

Außerdem streben wir an, uns mit den Betroffenen aus allen anderen gesellschaftlichen Bereichen zusammenzuschließen, die von Kürzungen und Arbeitsplatzabbau betroffen sind, seien es die Beschäftigten in der Pflege, an den Hochschulen oder in Versorgungs- und Industrieunternehmen. So wurde auch im öffentlichen Nahverkehr, bei der BVG in Berlin, bereits ein Aktionskomitee gegründet.

Überall hört man ständig, es sei „kein Geld“ da. Wenn nicht schon nach der Ära der milliardenschweren Bankenrettungen, so ist spätestens mit der Kriegspolitik der „Zeitenwende“ klar, dass diese Lüge ohne Wenn und Aber zurückgewiesen werden muss.

Wenn es um die „Sicherheit“ der Finanzoligarchie oder um Aufrüstung geht, können in Windeseile Milliarden oder Billionen bereitgestellt und Gesetze und Verfassung im Eilverfahren geändert werden. Doch wenn es um die Interessen der Menschen geht, wird Verzicht und Kompromiss gepredigt.

Wir weisen die Propaganda zurück, die Aufrüstung der Bundeswehr „zur größten Armee Europas“, wie es Kanzler Merz erklärte, diene dem Schutz von Demokratie und Freiheit.

Beim Krieg in der Ukraine geht es genauso wie zuvor in Afghanistan oder Jugoslawien um wirtschaftliche Interessen. Die Ereignisse in Gaza zeigen, dass man dafür auch nicht mehr vor der Unterstützung eines Völkermords zurückschreckt.

Wir lehnen die Militarisierung der Gesellschaft entschieden ab!

Kinder sollen weder zu Soldaten erzogen werden, noch von Offizieren in Schulen indoktriniert werden, dass die Bundeswehr neue Helden braucht, um für „Frieden und Freiheit“ zu kämpfen (und zu sterben).

Gerade in Deutschland mit seiner Geschichte von zwei Weltkriegen rufen wir den Herren Ministern und Generälen zu: Wir behüten und erziehen Kinder nicht als Kanonenfutter eurer zukünftigen Kriege!

In jedem Land ist die arbeitende Bevölkerung ähnlichen Angriffen ausgesetzt. Wir solidarisieren uns daher nicht nur mit allen Kämpfen gegen Kürzungen und Schließungen, sondern werden auch jede Gelegenheit nutzen, uns in der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees mit Pädagogen aus anderen Ländern zu vernetzen, um aus gemeinsamen Erfahrungen und Kämpfen zu lernen.

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