Perspektive

Bekämpft Starmers Polizeistaat! Baut eine Bewegung in der Arbeiterklasse auf!

Polizei verhaftet einen friedlichen Demonstranten während einer Protestaktion der Palestine-Action-Gruppe in London, 23. Juni 2025 [AP Photo/Frank Augstein]

Mehr als 530 Demonstrierende sind am letzten Wochenende in Großbritannien aufgrund des Terrorism Act (2000) festgenommen worden. Ihr „Verbrechen“ bestand darin, dass sie am Samstag friedlich auf dem Parliament Square in London saßen und Schilder mit Aufschriften wir dieser hochhielten: „Ich bin gegen Völkermord. Ich unterstütze Palestine Action“.

Es handelt sich um die umfassendste politische Massenverhaftung in der britischen Nachkriegsgeschichte, ein wichtiger Schritt hin zu einem Polizeistaat - und es ist eine Labour-Regierung, die Keir-Starmer-Regierung, die ihn durchführt. Sie will damit ihre Politik der Austerität, des Kriegs und der Unterstützung von Völkermord durchzusetzen.

Die Socialist Equality Party verurteilt das Vorgehen der Labour Party. Wir fordern die Einstellung aller Anklagen gegen diejenigen, die friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausgeübt haben. Wir unterstützen die juristischen Schritte, um das Verbot der Protestgruppe Palestine Action aufzuheben, das die Grundlage für die Strafverfolgung nach dem Terrorism Act bildet.

Um Starmers autoritäres Vorgehen zu besiegen, bedarf es einer Massenmobilisierung zur Verteidigung der demokratischen Rechte, die in der Arbeiterklasse verankert ist. Wir rufen die Arbeiter dazu auf und werden sie dabei unterstützen:

  • Organisiert Meetings an eurem Arbeitsplatz und in eurer Wohnsiedlung, um diese Themen zu diskutieren.
  • Entwerft Resolutionen gegen das harte Vorgehen der Polizei und beschließt, koordiniert dagegen vorzugehen.
  • Weist die Verweigerungshaltung der Gewerkschaftsbürokratie zurück, die die Aktionen der Arbeiterklasse gegen den Völkermord in Gaza und gegen die Angriffe auf demokratische Rechte sabotiert.

Operation nach dem Motto: „Verhaftet sie alle“

Der Angriff auf die Demonstration am Samstag begann bereits am Mittwoch, als die Website ihrer Organisatoren offline gestellt wurde. Die Organisation nennt sich „Defend Our Juries“ (was sich auf die Verteidigung des verfassungsmäßigen Prinzips der Jury – der Geschworenen – im Strafverfahren bezieht). Sie hatte auf ihrer Website Informationen zum Demonstrationsrecht bereitgestellt. Am Donnerstag wurde eine von der Gruppe über Zoom veranstaltete Online-Rechtsberatung auf Anordnung der Anti-Terror-Polizei wieder abgesagt.

Während der Demonstration stießen Polizisten in die Menge hinein und nahmen willkürlich Menschen fest, die sie zu Fuß oder auf Tragen zu „Häftlingsbearbeitungsstellen“ in Westminster abführten. „Diejenigen, deren Personalien bestätigt werden konnten, sind gegen die Auflage, sich nicht an weiteren Protesten für Palestine Action zu beteiligen, wieder freigelassen worden“, erklärte ein Polizeisprecher.

Unter den Festgenommenen befanden sich eine Person im Rollstuhl und ein jüdischer Aktivist mit einem Plakat mit der Aufschrift „Nie wieder“. Mehr als die Hälfte derjenigen, die festgenommen wurden, sind über 60 Jahre alt, und einer ist blind.

Vorbereitungen für weitere Festnahmen und Inhaftierungen waren, falls erforderlich, schon getroffen worden. Laut Sky News trafen sich hochrangige Führungskräfte des Strafvollzugsdienstes, um die als „Capacity Gold“ bezeichnete maximale Auslastung aller verfügbaren Plätze in den Gefängnissen zu diskutieren und „zu beraten, wie mit der großen Zahl von Festnahmen umzugehen sei, da die Männergefängnisse fast voll sind“.

„Offenbar wurden 800 Häftlinge zuvor aus den überfüllten Gefängnissen in und um London verlegt.“

Freie Hand für die extreme Rechte

Während dies in London geschah, demonstrierten anderswo Rechtsextreme vor Asylantenheimen. Inspiriert von den pogromartigen Ausschreitungen im vergangenen Sommer forderten sie massenhafte Abschiebungen.

In Nuneaton hatte die neonazistische Homeland Party, eine Abspaltung der Patriotic Alternative mit Verbindungen zu Mitgliedern der verbotenen National Action, die dortige Veranstaltung organisiert. Ein Banner mit der Forderung: „Remigration NOW!“ wurde entrollt, was sich auf die Massenabschiebung aller Personen mit angenommenem Migrationshintergrund bezieht, unabhängig davon, ob sie legal im Land leben oder nicht.

Nur eine Person, die mit Sachbeschädigung gedroht hatte, wurde festgenommen, obwohl es zu körperlichen Angriffen auf Gegendemonstranten gekommen war.

Die Presse reagierte mit einer Flut von wohlwollenden Artikeln, in denen es einfach hieß: „Die Menschen sind wütend.“

Ein Polizeistaat zur Verteidigung von Völkermord, Krieg und Austerität

Was Starmer, die Polizei und die Medien betrifft, ist dies nicht Ausdruck einer Doppelmoral, sondern es sind zwei Seiten derselben reaktionären „Moral“: eine bösartige Feindseligkeit gegen antiimperialistische und kriegsfeindliche Positionen, die mit der Unterstützung für nationalistische Fremdenfeindlichkeit einhergeht.

Noch während der Proteste kündigte die Regierung weitere rechtsextreme Pläne an. Künftig will sie ausländische Straftäter nach ihrer Verurteilung sofort abschieben.

Die Labour Party erhielt bei den letzten Wahlen die Unterstützung der herrschenden Klasse, weil sie versprochen hatte, Maßnahmen durchzusetzen, die die krisengeschüttelten Tories nicht durchsetzen können. Dies sind: die weitere Unterstützung für den Völkermord in Gaza, für den Nato-Krieg in der Ukraine und die Drohungen der USA gegen den Iran und China; die Aufstockung der Militärausgaben auf 5 Prozent des BIP, um diesen militaristischen Amoklauf zu finanzieren; und ein Klassenkrieg gegen die Arbeiterklasse, um die Mittel dafür aufzubringen.

Von dieser reaktionären Agenda werden sie nicht abrücken, denn sie ist für die Interessen des britischen Kapitalismus und Imperialismus von entscheidender Bedeutung. Auf demokratische Weise kann sie nicht durchgesetzt werden.

Der ehemalige Generalstaatsanwalt Keir Starmer und sein Führungsteam hatten schon die Hexenjagd gegen die Anhänger von Jeremy Corbyn wegen „linkem Antisemitismus“ geführt. Heute sind sie zur Unterdrückung jeder organisierten Opposition berufen. Und die Verfolgung von Menschen, die gegen einen Völkermord demonstrieren, an dem die britische Regierung mitschuldig ist, wird als Speerspitze eines Angriffs auf alle Aktivitäten der politischen Linken dienen.

Schon laufen Strafverfahren wegen Verstößen gegen die öffentliche Ordnung gegen die Führer der Stop the War Coalition, der Palestine Solidarity Campaign und der Campaign for Nuclear Disarmament. Weitere Politiker-Festnahmen bestätigen unsere Warnungen. Unter den von der Polizei Festgenommenen waren am Samstag auch Moazzam Begg und Charlie Kimber. Moazzam Begg, früher in Guantanamo Bay inhaftiert, leitet heute die zivilrechtliche Organisation CAGE, die sich gegen die antidemokratischen Angriffe im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ einsetzt. Charlie Kimber, ein hochrangiges Mitglied der Socialist Workers Party, wurde ebenfalls verhaftet.

Nein zur Verharmlosung staatlicher Repression!

Angesichts dieser politischen Offensive müssen Arbeiter und Jugendliche die Naivität zurückweisen, mit der britische Medienorganisationen wie Novara Media jetzt auftreten. In ihrem Leitartikel heißt es: „Polizei verhaftet Hunderte, die sich dem Verbot von Palestine Action widersetzen. Das ist nicht durchsetzbar.“

Tatsächlich wurde die Mehrheit derjenigen festgenommen, die ein Plakat trugen, sodass die Gesamtzahl der Verhafteten seit der Verabschiedung des Verbots durch das „Mutterparlament“ Anfang Juli auf weit über 700 gestiegen ist. Kollektive Handlungen, die sich nach wie vor aus individuellen Protesten aus persönlicher Überzeugung zusammensetzen, sind nicht in der Lage, Starmer's politische Polizei zu überwinden.

Auch die Organisation Defend Our Juries spielt die Schwere der staatlichen Repression herunter. Sie bezeichnete die ersten Strafverfolgungen von Demonstrierenden nach dem Terrorism Act als „schwache Einschüchterungsversuche“, da sie nur nach Abschnitt 13 mit einer Höchststrafe von sechs Monaten Gefängnis statt nach Abschnitt 12 erfolgten.

Erstens gibt es keine Garantie, dass alle Strafverfolgungen nach Paragraph 13 erfolgen werden. Die Anti-Terror-Polizei gab am 7. August bekannt, dass bis zu diesem Zeitpunkt 58 Personen nach Paragraph 12, der eine Höchststrafe von 14 Jahren Haft vorsieht, festgenommen worden seien.

Zweitens hat jede Verurteilung wegen Terrorismus schwerwiegende Auswirkungen auf die Beschäftigungsaussichten, und die Betroffenen werden keine Tätigkeit im Bildungswesen mehr erhalten. Sie werden auch nicht mehr in die USA und viele andere Länder reisen können.

Vor allem aber schaffen diese Verhaftungen einen Präzedenzfall für politische Repression, deren Schrauben schnell angezogen werden können. Sie wird auch gegen all jene Anti-Völkermord-Demonstrierenden zum Einsatz kommen, die schon einmal als Terroristenunterstützer denunziert worden sind.

Klassenkampf, nicht moralischer Druck!

Die rosarote Darstellung der „Defend Our Juries”-Demonstration vom Samstag dient auch jenen Politikern als Deckmantel, die zu der nationalen Demonstration gegen den Völkermord in Gaza mit 300.000 Teilnehmern aufgerufen hatten, die am selben Tag in derselben Stadt, nur wenige hundert Meter entfernt, stattfand.

Unter den Rednern auf der Bühne waren Ben Jamal von der Palestine Solidarity Campaign und Lindsey German von der Stop the War Coalition. Sie verurteilten die „beschämenden“ Massenverhaftungen und bekundeten verbale „Solidarität“, ohne jedoch ein Programm zur Bekämpfung der Labour-Regierung vorzulegen, das über den üblichen moralischen Druck auf den moralisch unempfindlichen Starmer hinausgehen würde.

Weiter sagten sie nichts, um nicht die völlige Untätigkeit der Gewerkschaftsbürokratie, der Labour-„Linken“ und nun auch der neuen Corbyn-Partei zu diskreditieren. Die letztere hat bei ihrer Gründung in einer Erklärung betont: „Wir müssen das Recht verteidigen, gegen Völkermord zu protestieren“ – aber bisher nichts unternommen, um ihre 750.000 Unterzeichner wirklich zu mobilisieren.

Die Socialist Equality Party hat schon vor diesem Samstag davor gewarnt, dass Starmers Polizei Massenverhaftungen vorbereite, um die Unterdrückung der Proteste gegen den Völkermord zu verschärfen. Wir stützten uns dabei auf unser Verständnis der entscheidenden Klasseninteressen, die bei der Niederschlagung durch Labour auf dem Spiel stehen: die Fähigkeit des britischen Imperialismus, Krieg gegen seine Gegner im Ausland und gegen die Arbeiterklasse im Inland zu führen.

Dieselben Sorgen treiben alle kapitalistischen Regierungen um, allen voran die Trump-Regierung in den Vereinigten Staaten. Sie treten demokratische Rechte mit Füßen und erklären Widerstand gegen Völkermord für illegal, während die Bewegung zur Verteidigung der Palästinenser weltweit an Stärke gewinnt. In der vergangenen Woche kam es zu einer Massendemonstration mit Hunderttausenden im australischen Sydney und zu Kundgebungen in ganz Griechenland.

Wie die SEP als Reaktion auf das Verbot von Palestine Action schrieb, „ist die Verteidigung grundlegender demokratischer Rechte, des Lebensstandards der Arbeiter sowie der Kampf gegen Völkermord und Krieg nur von einer neuen Grundlage aus möglich: dem Kampf für sozialistischen Internationalismus“. Und sie schloss:

Dies erfordert eine systematische Mobilisierung auf politischer und betrieblicher Ebene gegen die Starmer-Regierung durch den Aufbau von Organisationen der Arbeiter, die unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie agieren, und durch den dringend notwendigen Aufbau einer neuen Arbeiterpartei auf wirklich sozialistischer Grundlage – der Socialist Equality Party.

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