Am 7. August haben Hafenarbeiter in Genua eine entschlossene Blockade gegen die Durchfahrt des saudischen Schiffes Bahri Yanbu errichtet. Sie forderten damit unmittelbar Italiens Rolle und die seiner imperialistischen Verbündeten bei der Bewaffnung Israels heraus.
Das Schiff, das aus Baltimore im US-Bundesstaat Maryland kam, sollte Militärausrüstung des italienischen Rüstungskonzerns Leonardo laden, darunter eine Kanone von Oto Melara für Abu Dhabi und wohl auch Panzer und andere schwere Waffen, die schon auf dem Terminalgelände bereitstanden.
Die Arbeiter weigerten sich jedoch, zu Komplizen des Völkermords in Gaza zu werden. Sie verhinderten das Verladen der Kanone und unternahmen im Morgengrauen eine Inspektion der Schiffsladung. Dabei entdeckten sie, dass an Bord bereits Waffen, Munition, Sprengstoff, gepanzerte Fahrzeuge und Panzer waren.
Trotz der Versuche, den Arbeitern den Zugang zum Schiff zu verwehren, gelang es etwa 40 Hafenarbeitern, an Bord zu kommen, wo sie diese Ladung dokumentierten. Ihr Widerstand zwang die Hafenbehörde dazu, Schadensbegrenzung zu üben und vage Versprechungen abzugeben. Demnach soll im September die Einrichtung einer „ständigen Beobachtungsstelle für Waffenhandel“ erwogen werden.
Die Hafenarbeiter machten ihre Position klar: „Wir arbeiten nicht für den Krieg.“ Schon im Jahr 2019 blockierten Arbeiter eine ähnliche Lieferung für dasselbe saudische Unternehmen, nachdem sie entdeckt hatten, dass es sich bei einer als zivil deklarierten Ladung in Wirklichkeit um Waffen handelte. Diese Mobilisierung führte damals zu der Zusage, keine solche Fracht mehr zu verladen. Allerdings wurde ein Transitverbot nie umgesetzt, und so konnte der Waffenfluss ungestört weitergehen.
Die Aktion der letzten Woche rief sofort die großen Gewerkschaftsverbände CGIL, CISL und UIL und die Basisgewerkschaften USB (Unione Sindacale di Base) und CALP (Collettivo Autonomo Lavoratori Portuali) auf den Plan. Ihnen schlossen sich pazifistische Gruppen und die genuesische Kirche an, deren Engagement seit 2021 die ausdrückliche Unterstützung des Vatikans genießt.
Die Gewerkschaftsverbände verkündeten ein Verbot der Verladung von Waffen für Kriegsgebiete „mit allen Mitteln“. Aber ihre eigentliche Rolle besteht darin, den Protest im engen Rahmen der Legalität zu halten. Sie berufen sich auf das italienische Gesetz 185/90, das angeblich Waffenexporte in Konfliktländer verbietet.
Die USB ihrerseits hatte schon zuvor eine formelle Beschwerde eingereicht; sie beruft sich in ihrem Manifest „Il lavoro ripudia la guerra“ (Arbeit lehnt Krieg ab) auf die in der italienischen Verfassung verankerte Ablehnung von Krieg. Der CALP-Vorsitzende José Nivoi sprach offen aus, dass Arbeiter sich durch den Umschlag solcher Fracht zu Komplizen von Kriegsverbrechen und Völkermord in Gaza machen.
Am 8. August veranstalteten CALP und USB einen weiteren Protest an der Ponte Etiopia, der den Verkehr im gesamten Hafengebiet lahmlegte. Die Gewerkschaften kündigten weitere Aktionen an, und im September soll eine internationale Versammlung der Hafenarbeiter stattfinden, um den Widerstand gegen die Umwandlung Genuas in ein logistisches Kriegszentrum zu koordinieren.
Die aktuelle Blockade folgt auf einen bedeutenden Vorfall Ende Juli, als Hafenarbeiter in Genua nach Informationen der griechischen Gewerkschaften PAME und ENEDEP die Entladung von Militärgütern mit Ziel Israel blockierten.
Diese Ladung – Stahl in Militärqualität – war bereits in Piräus von griechischen Hafenarbeitern abgefangen und dann an Bord des chinesischen Schiffes COSCO Shipping Pisces nach Genua umgeleitet worden. Die USB reagierte mit der sofortigen Weigerung, die Ladung zu löschen, und drohte mit Streik, was die Betreiber schließlich dazu zwang, die Container nach Fernost zurückzuschicken.
Diese Aktionen stehen in direktem Zusammenhang mit früheren Episoden internationaler Solidarität. Am 20. Oktober 2024 stoppten Hafenarbeiter in Piräus die Verladung von 21 Tonnen Munition für Israel, nachdem die palästinensischen Gewerkschaften einen Dringlichkeitsaufruf an die Arbeiter weltweit gerichtet hatten, jegliche Beteiligung an der israelischen Rüstungslieferkette zu verweigern. Ähnliche Boykottaktionen gab es in Barcelona, den belgischen Verkehrsknotenpunkten und im Hafen von Marseille, wo CGT-Hafenarbeiter im Juni Waffenlieferungen blockierten. Solche Interventionen zeigen das enorme Potenzial gezielter, branchenweiter Arbeitskampfmaßnahmen.
Die mediterrane Koordination zwischen PAME, ENEDEP, USB und französischen Hafenarbeitern beweist, dass die Arbeiter über die Mittel verfügen, um direkt an den logistischen Hauptschlagadern des imperialistischen Kriegs zuzuschlagen. Allerdings bleiben diese Aktionen im Würgegriff der Gewerkschaftsbürokratie.
Während PAME erklärt, Arbeiter dürften „nicht zu Komplizen“ Israels und seiner Verbündeten werden, bleibt ihre Perspektive (wie die von USB und Si Cobas) im nationalistischen und legalen Rahmen des kapitalistischen Staates gefangen. Diese Basisgewerkschaften versuchen, den Streik zu „politisieren“, halten jedoch an ihrer Rolle als Verteidiger des Systems fest, anstatt die Arbeiterklasse als unabhängige revolutionäre Kraft zu mobilisieren.
Das Eingreifen der Gewerkschaftsverbände, der Kirche und verschiedener Justizbehörden in Genua zielt darauf ab, einen breiteren Kampf zu verhindern und die Militanz der Basis in sicheren Grenzen zu halten. Sie stellen die Blockade in den Zusammenhang von Gesetzen – sei es das Gesetz 185/90 oder die Verfassungsklausel –, die eingehalten werden müssten, und lenken so die Wut der Arbeitenden auf Appelle an denselben kapitalistischen Staat, der den Waffenhandel organisiert und davon profitiert.
Leonardo, Italiens größter Waffenhersteller, exportiert mit Zustimmung von Regierungen jeden politischen Couleurs weiterhin an Regime auf der ganzen Welt. Die rechtsextreme Koalition unter Giorgia Meloni hat genau wie ihre Vorgänger nicht die Absicht, den lukrativen Waffenhandel mit Israel, Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten einzustellen. Die Behauptungen von Außenminister Antonio Tajani, alle Waffenlieferungen an Israel seien gestoppt worden, sind Lügen. Das haben die jüngsten Ereignisse entlarvt.
Die tatsächliche Politik Roms besteht in einer beschleunigten Militarisierung und der Unterdrückung der Opposition. Im September letzten Jahres verabschiedete das Parlament das sogenannte „Anti-Gandhi-Gesetz“, das Straßen- und Bahnblockaden mit Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren unter Strafe stellt. Dies folgte auf ein Sicherheitsdekret vom Juni, das die Befugnisse der Polizei erweiterte, die Haftstrafen verlängerte und Protesttaktiken ins Visier nahm. Diese Maßnahmen richten sich direkt gegen die Arbeiterklasse und sollen sicherstellen, dass eine Antikriegs-Mobilisierung wie die Blockade in Genua unter dem Deckmantel der öffentlichen Ordnung niedergeschlagen werden kann.
Italien spielt im globalen Kriegstreiben eine zentrale Rolle. Als Nato-Mitglied und verlässliche Stütze der EU hat es sich den Konflikten Washingtons mit Russland und China verschrieben, und gleichzeitig unterhält es enge Beziehungen zu Israel und den Golfmonarchien.
Premierministerin Giorgia Meloni präsentiert sich als Verfechterin des „nationalen Interesses“ und des „pro-westlichen“ Nationalismus und schließt sich Trumps Forderung nach höheren europäischen Militärausgaben an. Im Rahmen des EU-SAFE-Plans nimmt die Meloni-Regierung 14 Milliarden Euro an zinsgünstigen Krediten auf, um die italienischen Streitkräfte zu modernisieren – ein Glücksfall für Rüstungsriesen wie Leonardo und Fincantieri.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Diese Militarisierung ist durch die „Dual-Use“-Doktrin in das zivile Leben integriert. Sie definiert Infrastrukturen wie den Hafen von Genua als zivil und militärisch zugleich. Diese Verwischung der Grenzen zwingt die Hafenarbeiter dazu, Kriegsmaterial im Rahmen ihrer normalen Arbeit zu transportieren. Dabei stagnieren ihre Löhne, die Sicherheitsbedingungen werden verschlechtert und die Gefahr von Repressalien bei Widerstand ist allgegenwärtig. Die Blockade von Genua ist daher nicht nur ein Akt der Solidarität mit Gaza, sondern eine direkte Zurückweisung der Transformation der italienischen Wirtschaft in Rüstungswirtschaft.
Die größte Gefahr für die Arbeitenden besteht jedoch in der Rolle der Gewerkschaftsbürokratie. Immer wieder haben Kolleginnen und Kollegen ihre Bereitschaft zum Handeln unter Beweis gestellt: Sie haben Schiffe blockiert, sich geweigert, Waffen zu verladen, und ihre Aktionen grenzüberschreitend koordiniert.
Doch unter Führung von CGIL, CISL, UIL, USB, Si Cobas und ähnlichen Verbänden wird dieser Widerstand immer wieder auf Appelle an den kapitalistischen Staat und seine Gesetze zurückgeführt. Die Strategie der Gewerkschaften besteht darin, Militanz einzudämmen, eine unabhängige Organisation der Basis zu verhindern und einzelne Aktionen voneinander zu trennen, anstatt sie als Teil einer revolutionären Gesamtstrategie aufzufassen.
Die internationale Kommunikation, die den Sieg gegen die COSCO Shipping Pisces im Juli ermöglichte, hat gezeigt, was möglich ist, wenn Arbeitende über nationale Grenzen hinweg gemeinsam handeln. Damit dieses Potenzial jedoch ausgeschöpft werden kann, müssen sich die Arbeitenden aus dem Würgegriff der Bürokratien befreien, die letztlich die bestehende Ordnung verteidigen.
In jedem Hafen, jedem Lagerhaus und jedem Verkehrsknotenpunkt müssen echte Aktionskomitees gebildet werden, die demokratisch von den Arbeitern selbst kontrolliert werden. Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) kämpft dafür, diese Kämpfe international zu vernetzen. Das Ziel ist nicht allein, Informationen auszutauschen, sondern auch Aktionen koordiniert vorzubereiten, um die imperialistische Kriegsmaschine an ihrer Wurzel zu stoppen.
Der Widerstand der Hafenarbeiter von Genua findet weit über die Grenzen Italiens hinaus Resonanz. Das zeigt, dass die Arbeiterklasse, die alle Reichtümer produziert und in den Logistikketten des globalen Kapitalismus strategische Positionen innehält, über immense Macht verfügt, um die Pläne der herrschenden Klasse zu durchkreuzen. Aber ungenutzte Macht – oder Macht, die nur innerhalb der Grenzen, die der Staat und sein loyaler Gewerkschaftsapparat setzen, ausgeübt wird – verpufft wirkungslos.
Die Arbeiterklasse steht vor einer klaren Entscheidung: Entweder sie verlässt sich weiterhin auf Organisationen, die sich der Verteidigung des Kapitalismus verschrieben haben, oder sie baut ihre eigene, unabhängige Bewegung auf und nimmt den Kampf sowohl gegen die Kriege im Ausland als auch gegen die sozialen Angriffe im eigenen Land auf.
Die Arbeiterklasse hat die Kraft, die Waffenkonvois zu stoppen, die Kriegsschiffe zu leeren und die Produktionslinien des Todes abzubauen. Der Weg vorwärts erfordert Organisation, Klarheit und vor allem einen bewussten politischen Bruch mit allen Fraktionen der Kapitalistenklasse, seien sie offen reaktionär wie Meloni oder verkleidet in der pseudolinken Rhetorik der Gewerkschaftsfunktionäre.
Dieser Weg erfordert die Hinwendung zur internationalen Arbeiterklasse, die die Kämpfe der Hafenarbeiter in Genua, Piräus, Marseille und darüber hinaus mit denen der Transport-, Industrie- und Dienstleistungsbeschäftigten in ganz Europa, dem Nahen Osten und der ganzen Welt vereint. Eine solche Bewegung baut die Internationale Arbeiterallianz IWA-RFC auf, und sie ist mit dem Kampf für den Sozialismus verbunden. Nur so kann das System, das Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung hervorbringt, beendet werden.
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