Am Freitag genehmigte das israelische nationale Sicherheitskabinett einen Plan zur Übernahme von Gaza-Stadt. Faktisch wird damit die gesamte Enklave besetzt, um ihre Annexion durch Israel vorzubereiten.
Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte zu der Entscheidung: „Wir löschen den palästinensischen Staat aus. Zuerst durch Taten und dann offiziell.“
Das Kabinett bewilligte eine Reihe von Kriegszielen. Unter anderem soll sichergestellt werden, dass weder die Hamas noch die Palästinensische Autonomiebehörde Gaza regieren. Vorgesehen ist der „Aufbau einer alternativen Zivilverwaltung“.
In einem Interview mit Fox News am Vortag antwortete Netanjahu auf die Frage, ob Israel den gesamten Gazastreifen übernehmen wolle: „Das haben wir vor.“
Die Financial Times kommentierte die Bedeutung dieses Schritts wie folgt: Die Maßnahme „ermöglicht Israel, die palästinensische Enklave zum zweiten Mal seit dem Krieg von 1967 zu übernehmen, womit das Land faktisch alle Gebiete zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer kontrollieren würde“.
Die vollständige Besetzung von Gaza ist die militärische Vorbedingung für den Plan der USA und Israels, die gesamte dortige Bevölkerung in Konzentrationslager zu deportieren, um ihre Zwangsumsiedlung in andere Länder vorzubereiten.
Im Februar hatte Trump erklärt: „Die USA werden den Gazastreifen übernehmen“, „ihn einebnen“ und die palästinensische Bevölkerung auf „andere Länder“ verteilen.
Im Mai hatte der israelische Finanzminister Smotrich erklärt: „Innerhalb eines Jahres... wird Gaza vollständig zerstört sein. Die Zivilisten werden... in eine humanitäre Zone im Süden geschickt werden... und von dort aus werden sie in großer Zahl in Drittstaaten ausreisen.“
Letzten Freitag erklärte Trump, die USA würden an einem Vorschlag „arbeiten“, die Palästinenser nach Somaliland umzusiedeln. Ein Reporter fragte: „Sie sprachen von der Umsiedlung der Gaza-Bewohner. Somaliland hat potenziell Interesse geäußert, wenn Sie dafür seine Unabhängigkeit anerkennen.“
Trump antwortete: „Das prüfen wir gerade. ... Wir arbeiten daran.“
Anfang letzter Woche berichtete die Financial Times, Berater der Boston Consulting Group, einem großen US-Beratungsunternehmen, hätten an Modellen zur Umsiedlung der Palästinenser nach Somalia und Somaliland gearbeitet, wie es die Trump-Regierung Anfang des Jahres vorgeschlagen hatte. Die FT berichtete: „In einer komplexen Kalkulation, die im Auftrag von israelischen Geschäftsleuten angefertigt wurde, die Pläne für den Wiederaufbau von Gaza nach dem Krieg zwischen der Hamas und Israel entwarfen, wurden mehrere potenzielle Ziele aufgeführt.“
In Gaza-Stadt leben derzeit etwa eine Million Menschen, von denen die meisten im Verlauf des 22-monatigen Kriegs bereits mehrfach vertrieben wurden. Bereits vor Beginn des Völkermords hatte die Stadt eine höhere Bevölkerungsdichte als New York City, und durch den Zustrom von Menschen, die aus anderen Teilen des Landes geflohen sind, ist sie noch weiter gestiegen.
Die etwa zwei Millionen verbliebenen Einwohner des Gazastreifens wurden mehrfach zwangsweise umgesiedelt, und ein Großteil von ihnen lebt in Zelten und Ruinen. Laut Statistiken des Gesundheitsministeriums von Gaza wurden seit Beginn des Völkermords 61.000 Menschen getötet.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte den Plan zur Besetzung von Gaza-Stadt als „gefährliche Eskalation“, die „zu weiteren Vertreibungen, Toten und massiver Zerstörung führen und das unvorstellbare Leid der palästinensischen Bevölkerung in Gaza verschlimmern wird“. Die Besetzung der Stadt soll bis zum 7. Oktober abgeschlossen sein.
Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnes Callamard, bezeichnete den Plan zur Besetzung von Gaza-Stadt als „absolut ungeheuerlich und abstoßend ... Nichts kann die zusätzlichen immensen Gräueltaten rechtfertigen, die eine Ausweitung der Militäroperationen in Gaza-Stadt mit sich bringen wird.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Abschließend erklärte sie:
Gerade als wir dachten, wir hätten die grausamsten, schmerzhaftesten Kapitel in diesem Völkermord hinter uns – durch Israels anhaltenden und eskalierenden Einsatz von Hunger als Methode der Kriegsführung –, deuten die Pläne zur Eskalation der Militäroperationen in Gaza-Stadt darauf hin, dass das Schlimmste in Wirklichkeit noch bevorsteht.
Der ehemalige UN-Sonderberichterstatter zur Menschenrechtssituation in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten, Michael Lynk, erklärte gegenüber Al Jazeera:
Sie und ich wissen, dass wir in den letzten sechs Monaten aus den USA und Israel immer wieder gehört haben, man wolle die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen entweder „ausdünnen“... oder vielleicht ganz entfernen. Das alles wäre sicherlich ein Kriegsverbrechen, höchstwahrscheinlich auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Und wenn es Teil des übergeordneten Ziels ist, ein Volk ganz oder teilweise zu vernichten, dann ist es auch Völkermord.
Der oberste UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Turk erklärte, die Besetzung von Gaza-Stadt „verstößt gegen das Urteil des Internationalen Gerichtshofs, wonach Israel seine Besetzung so schnell wie möglich beenden muss, gegen die Verwirklichung der Zwei-Staaten-Lösung und gegen das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung“.
Die von den Vereinten Nationen unterstützte Integrierte Phasenklassifizierung der Ernährungssicherheit (Integrated Food Security Phase Classification) warnte am 29. Juli: „Im Gazastreifen spielt sich derzeit das Katastrophenszenario einer Hungersnot ab.“
Weiter hieß es:
Immer mehr Beweise zeigen, dass weit verbreiteter Hunger, Unterernährung und Krankheiten die Zahl der hungerbedingten Todesfälle in die Höhe treibt. Die jüngsten Daten deuten darauf hin, dass im Großteil des Gazastreifens die Hungerschwelle für den Nahrungsmittelkonsum erreicht wurde und dass in Gaza-Stadt akute Unterernährung herrscht.