Vor achtzig Jahren verübte die Regierung der USA eines der schrecklichsten Kriegsverbrechen des Weltimperialismus: der Abwurf von Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki. Bei den Bombenangriffen am 6. und 9. August 1945 wurden 120.000 Menschen sofort getötet. 250.000 bis 300.000 Menschen starben im weiteren Verlauf an den Folgen.
Am Mittwoch gab es weltweit kaum Gedenkfeiern zum Bombenangriff auf Hiroshima und es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Jahrestag des Bombenangriffs auf Nagasaki am Samstag mehr Beachtung finden wird. Doch kommt diesen Kriegsverbrechen eine schreckliche aktuelle Bedeutung zu. US-Präsident Donald Trump droht Iran und Russland mit Atomwaffen und Regierungen in ganz Europa verbreiten Aufrufe, sich auf einen „hochintensiven Krieg“ zwischen Atommächten vorzubereiten. Hiroshima und Nagasaki sind eine Mahnung an die Arbeiter weltweit, wohin die Politik der mächtigsten kapitalistischen Regierungen heute führt, wenn sie nicht gestoppt wird.
Am 6. August 1945 warf der B-29-Bomber Enola Gay eine Atombombe mit einer Sprengkraft von 15.000 Tonnen TNT und dem Codenamen „Little Boy“ auf Hiroshima ab. Bei der Detonation starben 80.000 Menschen sofort – sie wurden durch die nukleare Reaktion verdampft oder durch die Druckwelle und den Feuersturm getötet, der die Stadt dem Erdboden gleichmachte. Drei Tage später warf eine weitere B-29, die Bockscar, die Bombe „Fat Man“ auf Nagasaki ab. Weitere 40.000 Menschen waren sofort tot.
Ärzte aus Hiroshima berichteten von den schrecklichen Verbrennungen, die die Zivilbevölkerung erlitt. Während der Explosion erreichte die Temperatur in der Stadt mehrere tausend Grad Celsius. Ein Arzt erklärte, er sah „Löschteiche, bis zum Rande mit Toten gefüllt, die aussahen, als wären sie bei lebendigem Leibe gekocht worden“. Ein anderer berichtete von einer „seltsamen Gestalt“, die auf ihn zu stolperte:
Sie erinnerte an die Form eines Mannes, doch sie war völlig nackt, blutig und mit Schmutz bedeckt. Der Körper war stark geschwollen. Lappen hingen an ihrer bloßen Brust und Hüfte. Die Hände waren vor die Brust gehalten, mit den Handflächen nach unten. Wasser tropfte von den Lappen. Tatsächlich waren das, was ich für Lappen hielt, war menschliche Haut und das Wasser war menschliches Blut. [...] Ich schaute auf die Straße vor mir. In Stofffetzen, verbrannt und blutüberströmt standen mir zahllose Überlebende im Weg.
Eine Woche später waren die Ärzte schockiert, als viele Überlebende an hohem Fieber und inneren Blutungen starben, verursacht durch ein noch wenig bekanntes Phänomen: die Strahlenkrankheit. Wissenschaftler fanden später heraus, dass die Gammastrahlung der Bomben das Knochenmark der Überlebenden zerstört hatte, wodurch die Produktion neuer Blutzellen gestoppt wurde – ihr Blut wurde gefährlich dünn und war nicht mehr in der Lage, Infektionen abzuwehren. Von denjenigen, die die Krankheit zunächst überlebten, starben später viele an Krebs.
Die trotzkistische Bewegung verurteilte die Bombenangriffe als Kriegsverbrechen. Bei einer Gedenkfeier zum fünften Jahrestag der Ermordung Leo Trotzkis durch den stalinistischen Agenten Ramon Mercader, sprach der Führer der Socialist Workers Party (SWP), James P. Cannon, am 22. August 1945 in New York. Die Einwohner von Hiroshima und Nagasaki, erklärte Cannon, seien durch „zwei kalkulierte Schläge“ wegen einer „Auseinandersetzung zwischen den Imperialisten der Wall Street und einer ähnlichen Bande in Japan“ getötet worden. Er sprach eine Warnung aus, die heute so gültig ist wie 1945:
Vor langer Zeit sagten die revolutionären Marxisten, dass die Alternative, vor der die Menschheit steht, entweder der Sozialismus oder eine neue Barbarei sei, dass der Kapitalismus in Trümmern zu versinken und die menschliche Zivilisation mit sich in den Abgrund zu reißen droht. Aber im Lichte dessen, was sich in diesem Krieg entwickelt hat und sich in der Zukunft abzeichnet, denke ich, dass wir nun feststellen können, dass die Alternative noch präziser formuliert werden kann: Die Alternative, vor der die Menschheit steht, ist Sozialismus oder Vernichtung! Die Frage stellt sich so: Wird der Kapitalismus noch länger geduldet oder soll die Menschheit weiterhin auf diesem Planeten überleben.
Cannons Worte warfen Licht auf die Probleme, mit denen die Arbeiter nicht nur im Zweiten Weltkrieg, sondern auch im beginnenden Kalten Krieg konfrontiert waren. Anders als die imperialistischen und stalinistischen Kriegspropagandisten behauptet hatten, war der Weltkrieg nicht geführt worden, um die Demokratie gegen den Faschismus abzusichern. Wie schon im Ersten Weltkrieg kämpften die führenden kapitalistischen Mächte rücksichtslos darum, die Welt unter sich neu aufzuteilen.
Geopolitische Motive hinter den Atombombenabwürfen: Washington versetzt der UdSSR „einen Schlag“
Jahrzehntelang wurde Schulkindern in den Vereinigten Staaten die Lüge beigebracht, dass die Atombombenabwürfe „Leben retten“ sollten und Japan nur so zur Kapitulation gezwungen werden konnte. Laut dieser Darstellung wurde durch die Vernichtung Hiroshimas und Nagasakis ein noch größeres Blutvergießen bei einer von den USA angeführten Invasion Japans verhindert. In Wirklichkeit beschritt Japan zu diesem Zeitpunkt bereits den Weg zur Kapitulation. Sein Militär war durch die alliierten Seestreitkräften von den Ölquellen im heutigen Indonesien abgeschnitten und seine Städte unerbittlich bombardiert worden.
Nachdem die USA den japanischen „Purple Code“ geknackt hatten, wusste die US-Regierung, dass Sato Naotake, der japanische Botschafter in der Sowjetunion, bereits in Moskau über Kapitulationsbedingungen verhandelte. Am 30. Juni 1945 hatte Sato die Anweisung erhalten, dem Kreml mitzuteilen, dass der japanische Kaiser Hirohito den Krieg „schnell beenden“ wolle, dies jedoch unmöglich sei, „solange England und die Vereinigten Staaten auf einer bedingungslosen Kapitulation bestehen“. Tokio wollte die Zusicherung, dass die siegreichen Alliierten die kaiserliche Familie nach dem Krieg an der Macht belassen würden, um eine Revolution im eigenen Land zu verhindern.
Doch das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 zwischen den Vereinigten Staaten, Großbritannien und der Sowjetunion hielt an der Forderung nach einer „bedingungslosen Kapitulation“ Japans fest. Es war nicht so, dass Washington nicht bereit war, den japanischen Kaiser auch nach den schrecklichen Kriegsverbrechen Japans, insbesondere einem genozidalen Krieg in China, der 20 Millionen Menschen das Leben kostete, an der Macht zu lassen. Tatsächlich taten die führenden Vertreter der amerikanischen Besatzung in Japan genau das. Der eigentliche Zweck des Einsatzes der Atombombe bestand darin, die Sowjetunion durch eine Zurschaustellung von Rücksichtslosigkeit einschüchtern.
In Vorbereitung der Konferenz von Potsdam, die vom 17. Juli bis 2. August stattfand, wuchs unter Vertretern der US-Regierung die Wut auf Moskau. Die Bourgeoisie der USA, damals die führende Industriemacht der Welt, strebte nach der Vorherrschaft im Nahen Osten und Osteuropa sowie der Eroberung Chinas als Kolonie, die mit dem britischen Empire in Indien konkurrieren konnte. Die Präsenz der Roten Armee in Osteuropa und im Iran während des Krieges sowie die Offensive, die sie gegen die japanischen Armeen in China beginnen würde, stellten für die USA ein ernsthaftes Hindernis dar.
Der erfolgreiche Test der amerikanischen Atombombe am 16. Juli 1945 erfüllte US-Präsident Henry Truman mit Begeisterung, er verschaffte ihm „einen Hammer gegen diese Kerle“, wie er später sagte. Viele amerikanische Regierungsvertreter waren im Vorfeld der Potsdamer Konferenz der gleichen Meinung.
Es sei an der Zeit, „mit den Russen fertigzuwerden“, schrieb Kriegsminister Henry Stimson an General George Marshall, Trumans Stabschef. Dies könne „auf ziemlich raue und realistische Weise“ geschehen, fügte Stimson hinzu, da „wir bald über eine Waffe verfügen werden, die einzigartig ist“.
Trumans verbrecherischer Einsatz der Atombombe war nicht dazu in der Lage, den USA die Weltherrschaft zu sichern. Die Rote Armee übergab die Waffen der besiegten japanischen Armee an die Armeen der Kommunistischen Partei Chinas in Nordchina, was der chinesischen Revolution von 1949 enormen Vorschub leistete, und in ganz Osteuropa entstanden stalinistische Regime. Die sowjetischen Truppen zogen sich zwar aus dem Iran zurück und Washington unterstützte dort die blutige Diktatur des Schahs, doch wurde dieses Regime 1979 durch die iranische Revolution gestürzt.
Seit 1945 schwebt jedoch die Gefahr eines atomaren Holocaust wie ein Damoklesschwert über der Menschheit. Während des Koreakriegs von 1950 bis 1953 diskutierten Vertreter der USA den Einsatz von Atomwaffen gegen nordkoreanische und chinesische Truppen. Mehrfach wäre es beinahe zu einem Atomkrieg gekommen, der das Ende der Zivilisation bedeutet hätte. Am bekanntesten ist der Fall der Kubakrise im Jahr 1962, in deren Verlauf US-Regierungsvertreter die Bombardierung sowjetischer Raketen in Kuba forderten.
Atomwaffen im sich entwickelnden Dritten Weltkrieg
Achtzig Jahre nach den Bombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ist die Welt erneut unmittelbar mit einem Atomkrieg bedroht. Die Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie im Jahr 1991 hat die geopolitischen Konflikte aus der Zeit des Kalten Krieges nicht gelöst, sondern letztlich verschärft. Die seit 1991 von den USA geführten Kriege gegen Länder wie Irak, Afghanistan, Jugoslawien und Syrien sind miteinander zu einem neuen globalen Krieg um die Vorherrschaft in Eurasien und dem Rest der Welt verschmolzen.
Bezeichnenderweise sind die Länder, die der US-Imperialismus und seine europäische Verbündeten derzeit hauptsächlich ins Visier nehmen – Russland, China und Iran –, dieselben Länder, die schon auf Trumans Liste ganz oben standen, als er die Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki beschloss.
Heute jedoch geben alle Atommächte der Welt Milliarden für die Modernisierung ihrer Atomwaffenarsenale aus und verfügen über Waffen, die die Bomben, die auf Japan abgeworfen wurden, weit in den Schatten stellen. Ihre Interkontinentalraketen (ICBMs) sind jeweils mit mehreren Sprengköpfen bestückt, wobei jeder einzelne über eine Sprengkraft von Hunderttausenden oder sogar Millionen Tonnen TNT verfügt. Würden sie über einer Großstadt detonieren, so würde die unmittelbare Explosion eines einzelnen Sprengkopfs nicht Zehntausende, sondern Millionen Menschen töten. Wissenschaftler gehen daher heute davon aus, dass eine einzige russische ICBM ein Land von der Größe Frankreichs zerstören könnte.
Über Jahrzehnte kam die Irrationalität und der reaktionäre Charakter des Nationalstaatssystems in der Tatsache zum Ausdruck, dass es sich auf die Theorie des sogenannten „Gleichgewichts des Schreckens“ (Mutually Assured Destruction, MAD) beruhte. Keine große Atommacht würde eine andere bedrohen, so die Theorie, da jede die jeweils andere mit Atombomben vernichten könnte. Doch heute zeigt sich, dass die Angst vor einem atomaren Holocaust die imperialistischen Mächte in keiner Weise mehr zurückhält.
Letzte Woche machte Trump deutlich, dass ein Atomkrieg zwischen der Nato und Russland möglich ist, indem er den Einsatz von zwei atomar bewaffneten U-Booten ankündigte, um Russland zu bedrohen. Laut einem Bericht des Investigativjournalisten Bob Woodward gehen Geheimdienstanalysten aus den USA und den Nato-Ländern von der Einschätzung aus, dass während des dreijährigen Ukrainekriegs die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes von Atomwaffen durch Russland zu verschiedenen Zeitpunkten bei bis zu 50 Prozent lag. Dennoch preschten die Nato-Mächte weiter voran und europäische Länder statteten das ukrainischen Regime mit Langstreckenraketen aus, um Angriffe bis weit nach Russland hinein durchzuführen.
Während sich eine Stimmung mörderischer Rücksichtslosigkeit in der herrschenden Oligarchie ausbreitet, blicken ihre Vertreter schwärmerisch auf die Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki zurück. Diese gilt als Beispiel dafür, wie man politische und soziale Probleme, für die die Herrschenden keine Lösung sehen, durch Massenmord lösen kann. Trump lobte die Bombardierung der iranischen Atomanlagen durch die USA und Israel Anfang dieses Jahres – inmitten des israelischen Völkermords in Gaza – mit seinen üblichen mafiösen Drohungen und erklärte, dass sie an Trumans Einsatz der Atombombe erinnern würden. Trump sagte:
Es erinnerte die Menschen an ein gewisses anderes Ereignis und Harry Trumans Bild hängt jetzt in der Lobby an einem schönen Platz, wo es auch früher schon hätte sein sollen. Aber das damals hat vielem Kämpfen ein Ende gemacht, und das heute hat vielem Kämpfen ein Ende gemacht. Als das geschah, war es eine ganz andere Geschichte.
Doch die kapitalistischen Regierungen spielen mit Atomwaffen Russisches Roulette. Im Angesicht einer tödlichen Krise des gesamten kapitalistischen Systems sind sie zu jedem Verbrechen bereit, einschließlich des Einsatzes von Atomwaffen.
Achtzig Jahre nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki droht der menschlichen Zivilisation die Vernichtung durch einen imperialistischen Krieg. Es ist notwendig, eine internationale Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse aufzubauen, die mit der Perspektive bewaffnet ist, der kapitalistischen Oligarchie die Macht zu entreißen und das kapitalistische System, das die Ursache imperialistischer Kriege ist, zu stürzen.