Am Montagnachmittag stimmte das texanische Repräsentantenhaus mit 85:6 Stimmen für die Ausstellung von zivilen Haftbefehlen gegen mehr als 50 Abgeordnete der Demokratischen Partei, die Sonntagnacht aus dem Bundesstaat geflohen waren. Durch ihre Flucht aus dem US-Bundesstaat ist die Beschlussfähigkeit des Parlaments gebrochen. Somit wird vorläufig ein Plan der Republikaner zum Neuzuschnitt der Wahlkreise blockiert, durch den die Demokraten im US-Kongress fünf Sitze verlieren würden.
Die vom texanischen Parlament ausgestellten zivilen Haftbefehle sind außerhalb des Bundesstaates nicht rechtskräftig. Keinem der Abgeordneten droht somit eine strafrechtliche Verfolgung. Doch in einem Brief, der Sonntagnacht herausgegeben wurde, drohte der texanische Gouverneur Greg Abbott in faschistischer Manier damit, die Abgeordneten ihres Amtes zu entheben, wenn sie nicht bis Montag um 15.00 Uhr Ortszeit zurückkehren.
„Für jedes Mitglied [des Parlaments], das dies nicht tut, werde ich mich auf die Stellungnahme Nr. KP-0382 des Generalstaatsanwalts von Texas berufen, um die fehlenden Demokraten aus dem texanischen Repräsentantenhaus zu entfernen“, erklärt Abbott. Er behauptet, dass eine juristische Stellungnahme - verfasst von seinem rechtsextremen Generalstaatsanwalt Ken Paxton – „mich dazu ermächtigt, freie Sitze gemäß Artikel III, Abschnitt 13 der texanischen Verfassung schnell zu besetzen“.
Paxtons Stellungnahme ist rechtlich nicht bindend, aber Abbotts Drohungen, die Demokraten zu verhaften und ihrer Mandate zu entheben, zielen darauf ab, die politische und rechtliche Grundlage für solche Maßnahmen zu schaffen.
Abbott verspricht, nicht nur gegen die Abgeordneten selbst, sondern auch gegen ihre Unterstützer strafrechtlich vorzugehen:
Viele abwesende Demokraten werben um Spenden, um die Geldstrafen zu umgehen, die sie nach den Regeln des Repräsentantenhauses zu erwarten haben. Jeder Demokrat, der um solche Gelder „bittet, sie annimmt oder sich bereit erklärt, sie anzunehmen“ ... kann gegen das Bestechungsgesetz verstoßen haben. Das Gleiche könnte für jede andere Person gelten, die fliehenden Demokratischen Mitgliedern des Repräsentantenhauses solche Mittel „anbietet, überlässt oder sich bereit erklärt, sie zu überlassen“.
Trotz Abbotts Drohungen waren etwa 56 der 62 Demokratischen Abgeordneten im Bundesstaat Texas bei der Sondersitzung am Montag nicht anwesend. Nach der texanischen Verfassung müssen zwei Drittel der Abgeordneten - 100 von 150 Mitgliedern - anwesend sein, damit das Parlament beschlussfähig ist.
Zwar haben die vom texanischen Repräsentantenhaus ausgestellten zivilen Haftbefehle außerhalb des Bundesstaates keine rechtliche Bedeutung. Dennoch äußerten einige ungenannte Demokratische Mandatsträger gegenüber der New York Times die Befürchtung, dass Trump „Bundesbeamte einsetzen könnte, um die Abgeordneten zusammenzutreiben und sie nach Texas zurückzubringen'
Abbott hatte die Sondersitzung im vergangenen Monat auf Drängen von US-Präsident Trump einberufen. Trump hatte öffentlich erklärt, dass der Neuzuschnitt der Wahlkreise den Republikanern die Möglichkeit geben sollte, bis zu fünf weitere Mandate im Kongress zu erringen.
„Texas wäre das größte Land“, sagte Trump vor Reportern. „Durch eine einfache Umverteilung gewinnen wir fünf Sitze hinzu.“
Er fügte hinzu, dass in anderen US-Bundesstaaten durch Neuzuschnitt von Wahlkreisen nur drei oder vier Sitze zu gewinnen wären, während Texas die größte Chance für Gewinne der Republikanischer darstelle.
Es ist nicht das erste Mal, dass texanische Demokraten, die nominell als Gesetzgeber die demokratischen Rechte verteidigen, aus dem Staat fliehen, um ein Quorum zu verhindern. Im Jahr 2021 flohen 51 Mitglieder nach Washington D.C., um an die Demokraten auf Bundesebene zu appellieren, sie bei der Blockade einer Reihe von Gesetzen zur Unterdrückung von Wählern zu unterstützen.
Der damalige US-Präsident Biden und die nationalen Demokraten, angeführt vom damaligen Senator Joe Manchin aus West Virginia, wiesen ihre Bemühungen um den Schutz der Wählerrechte zurück. Die Demokratischen Abgeordneten kehrten schließlich nach Texas zurück, was den Republikanern die Verabschiedung der Gesetzentwürfe ermöglichte. Verabschiedet wurde in diesem Zuge auch ein Gesetz, das tägliche Geldstrafen in Höhe von 500 Dollar vorsieht, falls die Demokraten erneut versuchten, das Quorum zu brechen.
Einmal mehr inszenieren die Demokraten ein Spektakel. Dahinter steht ihre Angst vor einer Bewegung der Arbeiterklasse, denn diese ist die einzige gesellschaftliche Kraft, die demokratische Rechte tatsächlich verteidigen kann. Die Demokraten führen wieder einmal ein Kunststück auf, das in einer Niederlage enden wird - genau wie im Jahr 2021.
Der Gesetzentwurf, den die Demokraten zu blockieren versuchen, würde die Grenzen der Wahlkreise für die Kongresswahlen neu ziehen, welche die größten texanischen Städte, darunter Dallas, Houston, Austin und San Antonio umfassen, sowie einen Bezirk entlang der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Die Wahlkreise für die US-Kongressabgeordneten des Bundesstaates wurden zuletzt nach der Volkszählung 2020 neu festgelegt.
Die Republikaner haben seit 2003 ununterbrochen die Kontrolle über das texanische Repräsentantenhaus, den Senat und das Gouverneursamt inne und damit seit mehr als zwei Jahrzehnten ein politisches Dreigestirn gestellt. Mitte 2025 haben die Republikaner 25 der 38 texanischen Sitze im US-Repräsentantenhaus inne, während die Demokraten die restlichen 13 Sitze besetzen.
Die texanischen Demokraten sind in mehrere Staaten geflohen, darunter Illinois, New York und Massachusetts. Am Sonntag hielten mehrere von ihnen eine Pressekonferenz an der Seite des Gouverneurs von Illinois, JB Pritzker, während andere am Montag mit der Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, auftraten. In beiden Fällen drohten die Demokraten damit, in den von ihnen regierten US-Bundesstaaten im Gegenzug ähnliche antidemokratische Taktiken zu verfolgen, wenn die Republikaner in Texas ihre Bemühungen um Neuzuschnitte der Wahlkreise fortsetzten.
Der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, erklärte nach einem Treffen mit Demokratischen Abgeordneten aus Texas in Sacramento: „Das ist kein Bluff. ... Das ist real, und glauben Sie mir - es ist noch realer, nachdem ich diesen politischen Führungsfiguren heute zugehört habe, wie existenziell dies ist.“ Newsom betonte seine Entschlossenheit, einen Neuzuschnitt der Wahlkreise in Kalifornien vorzunehmen, wenn die texanischen Republikaner ihren Plan weiterverfolgen.
Die Demokratische und die Republikanische Partei dominieren die US-Politik. Beide Parteien vertreten dabei die Interessen des Großkapitals. Sie haben in den vergangenen Jahren alles dafür getan, ihr politisches Kartell auf lokaler, staatlicher und Bundesebene zu verteidigen und zu sichern. Unabhängige, linke und sozialistische Parteien wurden systematisch von der Wahl ausgeschlossen. Dies hat dazu geführt, dass Arbeiter und Jugendliche keine andere Wahl haben, als ihr Kreuz eine den von der Wall Street bevorzugten Kandidaten zu machen.
Bei den Präsidentschaftswahlen im letzten Jahr hat die Demokratische Partei routinemäßig die Wahlzulassung der Grünen Partei und der Party for Socialism and Liberation angefochten. Sie ist auch gegen die Kandidaturen von Unabhängigen wie Cornel West und Robert F. Kennedy Jr. Vorgegangen. Der Präsidentschaftskandidat der Socialist Equality Party, Joseph Kishore, widersetzte sich den Versuchen der Demokraten, ihn in Michigan vom Wahlzettel zu streichen. Joseph Kishore verteidigte auch die demokratischen Rechte von Cornel West und seinen Anhängern.
Die Demokratische Partei verteidigt nicht die demokratischen Rechte. Die Demokraten haben ganz im Gegenteil mit den Republikanern zusammengearbeitet und den Weg für Trumps Rückkehr ins Weiße Haus zu ebnen. Nach Trumps gescheiterten Staatsstreich vom 6. Januar 2021 betonten führende Demokraten - von Joe Biden bis Nancy Pelosi - die Notwendigkeit einer „starken Republikanischen Partei“ – eben jener Partei, die Trumps Putschversuch mit überwältigender Mehrheit unterstützt hatte.
Trumps zweite Amtszeit ist jetzt fast sieben Monate alt. In dieser Zeit haben die Demokraten nichts getan, um Trumps Angriff auf die demokratischen Rechte und die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen der Arbeiterklasse zu stoppen. Angefangen mit ihrer Unterstützung für den einwanderungsfeindlichen Laken Riley Act haben die Demokraten Trumps faschistische Agenda mitunterzeichnet und mit ihr kollaboriert. Ebenso unterstützen sie den anhaltenden Völkermord und den vorsätzlichen Hungertod in Gaza.
Demokratische Rechte sind unvereinbar mit einem extremen Ausmaß an sozialer Ungleichheit und endlosen Kriegen. Die einzige gesellschaftliche Kraft, welche die demokratischen Errungenschaften der vergangenen Perioden verteidigen kann, ist die Arbeiterklasse. Sie muss unabhängig von den kapitalistischen Parteien organisiert und im Kampf für den Sozialismus mobilisiert werden.