Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte lässt Beschwerde des inhaftierten ukrainischen Sozialisten Bogdan Syrotjuk zu

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Beschwerde von Bogdan Syrotjuk zugelassen.

Syrotjuks Anwälte machen geltend, dass seine Verhaftung am 25. April 2024 gegen das Grundrecht auf Freiheit verstößt. Von Bogdan, der zum Zeitpunkt seiner Verhaftung 25 Jahre alt war und gesundheitliche Probleme hatte, ging zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Allgemeinheit aus. Er hatte keine Vorstrafen und wurde lediglich wegen der Bekundung seiner politischen Überzeugungen verhaftet.

Bogdan Syrotjuk in seinem Büro [Photo: WSWS]

Bogdan wurde unter dem Kriegsrecht wegen „Hochverrats“ angeklagt, wofür ihm eine Strafe zwischen fünfzehn Jahren und lebenslänglich droht. In Wirklichkeit ist er ein führendes Mitglied der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten und kämpft für die Einheit der Arbeiterklasse in der Ukraine, Russland und der gesamten ehemaligen Sowjetunion. Er wendet sich gegen den derzeitigen Krieg und gegen die Regierungen von sowohl Selenskyj als auch Putin.

Alle Gerichtsbeschlüsse, mit denen die Inhaftierung des jungen Trotzkisten und die Beschlagnahme seines Eigentums angeordnet wurden, waren im Wortlaut bis auf geringfügige Abweichungen identisch mit den Forderungen des ukrainischen Geheimdienstes SBU, der gegen Bogdan ermittelt und ihn verhaftet hatte. Seit mittlerweile 15 Monaten wird Bogdan in einem überfüllten Gefängnis in Nikolajew festgehalten. Erst vor kurzem wurde ihm endlich eine dringende zahnärztliche Behandlung erlaubt.

Dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Fall angenommen hat, ist ein wichtiger Erfolg der Kampagne für Bogdans Freilassung, insbesondere, wenn man bedenkt, dass diese Institution des europäischen Imperialismus enge Beziehungen zur ukrainischen herrschenden Klasse unterhält und Verfahren gegen die Ukraine nur dann zulässt, wenn es unbestreitbar zu ungeheuerlichen Verstößen gekommen ist.

Die Ukraine ist eines der drei Länder, gegen die am häufigsten Beschwerden beim EGMR eingereicht werden. Dies verdeutlicht die Schwere und das Ausmaß der Verstöße gegen Menschenrechte und demokratische Rechte in der Ukraine. Bei mehr als 15 Prozent aller innerhalb eines Jahres eingereichten Beschwerden geht es um die Ukraine. Doch der EGMR befindet nur sehr wenige Beschwerden für zulässig, und in noch viel weniger Fällen fällt er ein endgültiges Urteil.

In 99 Prozent dieser Urteile hat der EGMR festgestellt, dass die ukrainische Regierung gegen mindestens einen Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen hat. Neben ausbleibenden Zahlungen von Sozialhilfe beziehen sich die meisten Klagen auf unfaire Gerichtsverfahren, willkürliche oder zu lange Untersuchungshaft, unmenschliche oder entwürdigende Behandlung oder Bestrafung, Einschränkung der Versammlungsfreiheit und Verstöße gegen das Recht auf Freiheit und auf Sicherheit der eigenen Person.

Im März hatte der EGMR zugunsten von 25 Angehörigen von Opfern des faschistischen Massakers in Odessa von 2015 geurteilt, bei dem 48 Menschen getötet und 200 weitere verwundet wurden. Obwohl das Urteil vor antirussischer Kriegspropaganda strotzte, musste der EGMR erkennen, dass der ukrainische Staat faktisch Beihilfe zur Brandstiftung geleistet hatte, weil er sie erst zuließ und dann an ihrer Vertuschung mitwirkte. Die ukrainische Regierung wurde dazu verurteilt, Entschädigung an die Opfer des Massakers zu zahlen.

Im Juni urteilte der EGMR, dass die ukrainische Regierung gegen das Verbot unmenschlicher und entwürdigender Behandlung und das Recht auf wirkungsvolle ärztliche Behandlung verstoßen hat, weil sie dem inhaftierten Oleksij Benjuch eine Zahnbehandlung verweigert hatte. Benjuch wurden während seiner Haft aus medizinischen Gründen alle Zähne entfernt, was ihm beträchtliche Schmerzen und Scham verursachte. Trotz einer medizinischen Diagnose aus dem Jahr 2019 wurde ihm ein kostenloser Zahnersatz neunzehn Monate lang verweigert. Obwohl die Behandlung sogar nach ukrainischem Recht vorgeschrieben war, erhielt er erst im Jahr 2021 durch den Zahnarzt einer NGO einen Zahnersatz.

Diese Fälle lassen erahnen, mit welcher Art von Kräften Bogdan Syrotjuk konfrontiert und welchen Gefahren er ausgesetzt ist.

Seit der russischen Invasion im Februar 2022 und der Umwandlung der Ukraine in einen direkten militärischen Stellvertreter für den Nato-Krieg gegen Russland wurde das ukrainische Gerichtssystem vollständiger denn je der Regierung untergeordnet, und die Neonazis wurden gestärkt. Zehntausende von Arbeitern, Jugendlichen und Journalisten wurden unter fadenscheinigen Gründen eingesperrt. Einige sind in der Haft gestorben, darunter der amerikanisch-chilenische Berufsjournalist Gonzalo Lira, dem eine notwendige medizinische Behandlung verweigert wurde. Daher ist es für Bogdan lebenswichtig, dass die Kampagne für seine Freilassung ausgeweitet und größtmöglicher Druck auf den EGMR ausgeübt wird, diesen Fall so schnell wie möglich zu verhandeln und ein Urteil zu fällen.

Nach allen juristischen Standards hätte das Verfahren gegen Bogdan in der Ukraine längst eingestellt werden müssen. Die einzigen „Beweise“, welche die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage aufführt, sind Artikel, die Bogdan für die World Socialist Web Site geschrieben und übersetzt hat, sowie Broschüren und Erklärungen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale. Das ist kein „Staatsverrat“, sondern Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Gedankenfreiheit. Die Behauptung der Staatsanwaltschaft, die World Socialist Web Site sei ein „russisches Propaganda- und Informationsmedium“, ist eine durchsichtige Lüge, die von allen Dokumenten widerlegt wird, mit denen die Staatsanwaltschaft versucht, Bogdans Schuld nachzuweisen.

Seit Januar dieses Jahres haben vor einem ukrainischen Gericht in Bogdans Heimatstadt Perwomajsk mehrere Verhandlungstermine stattgefunden, bei denen die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe nicht erhärten konnte. In einer Sitzung am 25. Juni lud die Staatsanwaltschaft einen Experten und einen ehemaligen Genossen Bogdans vor, die beide keine Beweise für den Vorwurf des „Staatsverrats“ liefern konnten. Während der Sitzung wurde eine Anwältin Bogdans nicht per Video zu dem Verfahren zugelassen. Sie hat inzwischen Beschwerde eingelegt, da dies eindeutig gegen ihr Recht verstößt, die Zeugen der Anklage zu befragen.

Ein weiterer Beweis für den unfairen Charakter des Verfahrens wurde in der letzten Sitzung am 22. Juli erbracht, als das Gericht den Antrag eines von Bogdans Anwälten ablehnte, ihm einen Übersetzer zur Verfügung zu stellen, der die in ukrainischer Sprache geführten Gerichtsverhandlungen ins Russische übersetzen sollte. Russisch ist die Hauptsprache, die Bogdan seit seiner Kindheit spricht.

Die WSWS ruft ihre Leser und alle Unterstützer demokratischer Rechte und Kriegsgegner erneut auf, sich für Bogdan Syrotjuks Freilassung einzusetzen.

  • Unterzeichnet die Petition und spendet für die Kampagne!
  • Verbreitet die Informationen über den Fall so weit wie möglich!
  • Fordert eine beschleunigte Überprüfung der Fälle von Bogdan und anderen politischen Gefangenen des Selenskyj-Regimes durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte!
  • Für die sofortige Freilassung von Bogdan Syrotjuk und allen politischen Gefangenen!
Loading