Der Tod des 57-jährigen Landarbeiters Jaime Alanís García bei einer Razzia der US-Einwanderungspolizei ICE im kalifornischen Camarillo stellt einen Wendepunkt bei dem faschistischen Angriff auf Immigranten und die gesamte Arbeiterklasse dar. García war bei einer brutalen Operation auf einer Cannabis-Plantage von Glass House Farms am 10. Juli bei der Flucht vor Beamten der ICE etwa zehn Meter in die Tiefe gestürzt.
Jaime starb als direkte Folge des brutalen und martialischen Vorgehens gegen Einwanderer, das von der Trump-Regierung vorangetrieben und von beiden kapitalistischen Parteien unterstützt wird. Er ist der erste bekannte Märtyrer einer Kampagne, die zeigt, dass sich eine amerikanische Version der Gestapo entwickelt – ein Vergleich, der hier nicht leichtfertig, sondern bewusst aufgrund seines historischen Gewichts benutzt wird. García war Ehemann, Vater und der einzige Ernährer seiner Familie in Mexiko, deren Überleben davon abhing, dass er das Geld überwies, das er mit seinem schlecht bezahlten Arbeitsplatz in Kalifornien verdiente.
Sein Blut klebt an vielen Händen – nicht nur an denen von Trump und dem Haufen faschistischer Berater und Vollstrecker, die ihn umgibt, sondern auch an denen des gesamten Establishments der Demokratischen und Republikanischen Partei. Beide haben mit ihrer Politik jahrzehntelang Zuwanderung kriminalisiert, Razzien befürwortet, die Befestigungen an der Grenze verstärkt und Behörden wie der ICE umfassende Befugnisse zur Terrorisierung von Stadtteilen und Gemeinden erteilt. Jaime Alanís García starb, wie Millionen Menschen leben: in Angst vor Verhaftung, Abschiebung oder Schlimmerem – für das Verbrechen, am „falschen“ Ort geboren zu sein und dort arbeiten zu wollen.
Sein Tod hat bei Arbeitern im ganzen Land eine Reaktion ausgelöst. Dass bei einer Spendenaktion auf GoFundMe in seinem Namen bis Montag mehr als 160.000 Dollar zusammenkamen, verdeutlicht die Liebe und die Solidarität, zu der er inspiriert hat, und das Ausmaß von Trauer und Empörung, die sein Tod ausgelöst hat.
Die ICE hatte am 10. Juli koordinierte Razzien auf zwei Cannabis-Plantagen von Glass House Farms in Camarillo und Carpinteria durchgeführt, bei denen die Betriebe von Einsatzkräften mit gepanzerten Fahrzeugen und Hubschraubern gestürmt wurden. Dabei wurden mehr als 300 Menschen verhaftet, darunter mindestens vier US-Staatsbürger. Inmitten dieses militärisch organisierten Angriffs verkündeten führende Beamte der ICE stolz, sie hätten „mindestens zehn Kinderarbeiter“ entdeckt.
Statt das kapitalistische System anzuklagen, das im Kalifornien des Jahres 2025 landwirtschaftliche Schwerstarbeit von Kindern verrichten lässt, kriminalisiert der Bundesstaat stattdessen die Opfer dieser Ausbeutung. Die „Entdeckung“ von Kinderarbeitern wird jetzt auf zynische Weise benutzt, um die Razzia und die Massenverhaftungen rückwirkend zu rechtfertigen und von dem eigentlichen Skandal abzulenken: dass im reichsten Bundesstaat des reichsten Lands der Erde eine solche Barbarei aus dem 19. Jahrhundert wie selbstverständlich existiert.
Die Lüge vom „Sanctuary State“ und die Rolle der Demokraten
Am 11. Juli tauchte ein Video auf, das etwa zwei Dutzend Kinder und Frauen im Gewahrsam der Bundesbehörden zeigt, die in einer Reihe mit gefesselten Händen durch das Parkhaus eines Gebäudes dieser Behörden in Los Angeles geführt werden. Das Video, dessen Echtheit von Anwälten der Coalition for Humane Immigrant Rights Los Angeles (CHIRLA) bestätigt wurde, löste Empörung aus.
Jorge-Mario Cabrera von CHIRLA verurteilte den Vorfall als „barbarisch“ und betonte, dass es sich nicht um Verbrecher, sondern um Kinder handelt. Anwälte des Rapid Response Network von CHIRLA berichteten zwar später, die Kinder seien „in Sicherheit“, doch Cabrera betonte, dies sei kaum Anlass zur Beruhigung. Er verurteilte das Vorgehen der Trump-Regierung als beschämend. Vertreter der ICE haben indessen nicht auf Fragen zu den Verhaftungen geantwortet.
Kalifornien wird seit langem von demokratischen Politikern wie Gouverneur Gavin Newsom – der vor kurzem seine Unterschrift unter einen Finanzhaushalt für Kalifornien gesetzt hat, der nicht gemeldete Immigranten faktisch zu Krankheit und Elend verdammt – und der Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, als „Sanctuary State“ beworben. Das ist eine Lüge. Die Illusion, dass Kalifornien ein sicherer Zufluchtsort sei, wird jedes Mal, wenn die ICE eine Razzia durchführt, die von den örtlichen Strafverfolgungsbehörden unterstützt wird, zunichte gemacht.
Die jüngsten, militärisch organisierten Operationen im MacArthur-Park in Los Angeles, die unter dem Codenamen Operation Excalibur stattfanden, zeigen im Gegenteil, dass Kalifornien als Modell für eine bewusste Militarisierung der Gesellschaft dient. Dieser Angriff mit gepanzerten Fahrzeugen, Hubschraubern und schwer bewaffneten Einsatzkräften haben den Einsatz paramilitärischer Taktiken gegen Arbeiter und Immigranten normalisiert.
Wiederholte Untersuchungen und Berichte von Whistleblowern haben gezeigt, dass die Polizeibehörden von Kalifornien illegal mit der ICE und der Border Patrol zusammengearbeitet haben. Allein im Juni wurden mehr als 100 Fälle dokumentiert, in denen Polizeibehörden in Südkalifornien illegal Daten von automatisierten Kennzeichenlesegeräten an die Bundeseinwanderungsbehörden weitergegeben haben, obwohl dies ein eklatanter Verstoß gegen Gesetze des Bundesstaats ist.
In der Innenstadt von Los Angeles wurden Beamte der LAPD dabei beobachtet, wie sie Bundesagenten bei der Verhaftung von Immigranten unterstützt, Demonstranten von ihnen ferngehalten und sogar Videobeweise für die Razzien gelöscht haben. Sie gingen dabei nicht nur gegen nicht gemeldete Arbeiter vor, sondern auch gegen US-Staatsbürger, die versuchten, Übergriffe zu filmen.
Die Feigheit und Komplizenschaft der Gewerkschaften
Die Gewerkschaft United Farm Workers (UFW), die einen historischen Anspruch darauf erhebt, eingewanderte Arbeiter zu vertreten, hat einmal mehr ihren völligen Bankrott unter Beweis gestellt. UFW-Präsidentin Teresa Romero gab in einem aufschlussreichen Interview zu, dass die Razzien bereits „seit Monaten“ andauern. Doch beschränkte sich die Gewerkschaft auf Aufrufe zu Gewaltlosigkeit und „friedlichem Protest“ sowie Appellen an eben jene Politiker, die die ICE von der Leine gelassen haben.
Romero gab zu, dass die Razzien die Landarbeiter dazu gezwungen haben, aus Angst zu Hause zu bleiben, betonte aber: „Sie verdienen nicht viel... deshalb wissen sie, dass sie zur Arbeit müssen.“ Sie wies auch auf Bemühungen hin, mit Politikern an einem „Weg zur Staatsbürgerschaft“ für all diejenigen zu arbeiten, die „40 oder 50 Jahre gearbeitet haben“. Diese groteske Herangehensweise, bei der Sicherheit als Belohnung für jahrzehntelange Armut behandelt wird, ist eine vernichtende Anklage gegen die pro-kapitalistische Orientierung der UFW.
Die derzeitige Haltung der Gewerkschaft steht im Einklang mit den einwandererfeindlichen Positionen, die sie in ihrer langen Geschichte eingenommen hat. Im Jahr 1969 verunglimpften die UFW und ihr Gründer Cesar Chavez nicht gemeldete Arbeiter als Streikbrecher und meldeten einige von ihnen sogar den Einwanderungsbehörden. Anfang der 1970er kam es während der „Wet Line“-Kampagne der UFW zu physischen Angriffen auf eingewanderte Arbeiter, die die Grenze überquerten und als Bedrohung für die Macht der Gewerkschaft angesehen wurden.
In der jüngeren Vergangenheit, im Jahr 2010, versuchte die Kampagne „Take Our Jobs“, gebürtigen US-Amerikanern ein schlechtes Gewissen zu machen und zur Arbeit in der Landwirtschaft zu bewegen. Dabei verstärkte sie rassistische Stereotype und wich dem wirklichen Problem der systemischen Ausbeutung aus. Die UFW agiert nicht als Verteidigerin der eingewanderten Arbeiter, sondern als Instrument der Klassenkollaboration und der Eindämmung.
Die Verhaftung und Entführung von Dr. Jonathan Caravello
Das wahre Ausmaß der Unterdrückung wurde durch die Verhaftung von Dr. Jonathan A. Caravello, eines Dozenten für Philosophie und Mathematik an der California State University Channel Islands, noch deutlicher. Während der Razzia in Camarillo hat Caravello Berichten zufolge versucht, einem Rollstuhlfahrer zu helfen, als die Einsatzkräfte der ICE Tränengas abfeuerten, wobei ein Kanister unter dem Rollstuhl gelandet war.
Plötzlich wurde Caravello von mehreren Beamten ergriffen, zu Boden geworfen und in ein nicht gekennzeichnetes Fahrzeug gezerrt. Tagelang war nichts darüber bekannt, wo er festgehalten wurde. Berichten zufolge wurden ihm seine Medikamente vorenthalten, was Empörung bei Interessengruppen auslöste.
Die California Faculty Association, der Caravello angehört, veröffentlichte eine Erklärung, in der sie die Entführung als schwerwiegenden „Angriff auf unser verfassungsmäßiges Recht auf freie Meinungsäußerung“ verurteilt. Es wird vermutet, dass er in der Ventura County Federal Detention Facility festgehalten wurde und eine Kaution von einer Million Dollar ausgeschrieben war, obwohl zunächst keine formelle Anklage erhoben wurde.
US-Staatsanwalt Bill Essayli behauptete, Caravello sei nicht „entführt“ worden, sondern werde wegen mutmaßlichen Angriffs auf Beamte angeklagt, weil er angeblich einen Tränengaskanister geworfen habe. Dieses Gesetz wird oft verwendet, um Demonstranten bei politischer Unterdrückung zu kriminalisieren. Caravellos Verschwinden ist ein Zeichen dafür, dass die staatliche Unterdrückung von Immigranten auf alle ausgeweitet, die es wagen, zu protestieren oder einzugreifen.
Am Montag, mehr als drei Tage nach seiner Festnahme, ordnete ein Richter Caravellos Freilassung aus dem Los Angeles Metropolitan Detention Center an.
Die Razzien der Trump-Regierung gegen Einwanderer sind ein Versuchsfeld für autoritäre Herrschaft. Unterstützt von beiden kapitalistischen Parteien bereitet sich die herrschende Klasse auf Massenunruhen vor, die durch zunehmende Ungleichheit, endlosen Krieg und sozialen Zusammenbruch ausgelöst werden. Die Angriffe auf Immigranten sind die Speerspitze dieses Angriffs und zielen darauf ab, den Einsatz paramilitärischer Taktiken zu normalisieren und die Bevölkerung darauf zu konditionieren, ICE-Beamte zu akzeptieren, die juristisch nicht zur Rechenschaft gezogen werden können und ungestraft agieren. Doch das eigentliche Ziel sind nicht nur Einwanderer, sondern die gesamte Arbeiterklasse.
Deshalb wurden US-Staatsbürger verhaftet, Professoren entführt, Videobeweise gelöscht und Kinder ausgebeutet oder angekettet. Die Botschaft des Staates ist unmissverständlich: Wer protestiert, ist der Feind.
Kein Appell an die Demokraten oder die Gewerkschaften wird das aufhalten. Der einzig gangbare Weg führt über den internationalen Kampf für Sozialismus, um die Arbeiter auf der ganzen Welt im Kampf für die Abschaffung des Kapitalismus und den Aufbau einer neuen sozialistischen Gesellschaft zu vereinen.