Italien: Stellantis-Arbeiter unterstützen Untersuchung der Aktionskomitees in den USA zum Tod von Ronald Adams Sr.

Beschäftigte im Stellantis-Werk Mirafiori in Turin, Italien [Photo by Stellantis]

Bei Stellantis Italien haben sich viele Arbeiter ausdrücklich mit der Untersuchung solidarisiert, die die US-amerikanischen Aktionskomitees zum Tod des Stellantis-Arbeiters Ronald Adams Sr. initiiert hat. Der 63-jährige Maschinenmechaniker kam am 7. April im Dundee-Motorenwerk ums Leben, als sich plötzlich ein Überkopfkran selbständig machte und ihn gegen ein Förderband drückte.

Adams war innerhalb von weniger als sieben Monaten der zweite Stellantis-Arbeiter in den Vereinigten Staaten, der ums Leben kam. Am 22. August 2024 war schon Antonio Gaston, ein 53-jähriger Vater von vier Kindern, im Toledo Jeep-Werk Ohio zu Tode gequetscht worden.

In den mehr als drei Monaten seit Adams‘ Tod haben seine Familie und seine Kollegen weder vom Konzern noch von der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) oder der Arbeitsschutzbehörde (MIOSHA) eine Erklärung für den Vorfall erhalten.

Mitte Mai startete die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) eine unabhängige Untersuchung, um diese Blockade zu durchbrechen. Sie will die ganze Wahrheit aufdecken und die Verantwortlichen für den Tod dieses angesehenen Arbeiters, Vaters und Großvaters zur Rechenschaft ziehen. Mehrere Dundee-Arbeiter haben bereits Aussagen gemacht, die auf ein Muster unsicherer Arbeitsbedingungen hinweisen. Die UAW-Bürokratie duldet die Zustände, einschließlich der weit verbreiteten Verstöße gegen die Vorschriften.

Wie ihre Kollegen in Nordamerika sind auch die italienischen Stellantis-Arbeiter mit unerbittlichen Angriffen auf ihre Arbeitsplätze, ihren Lebensstandard und die Arbeitsbedingungen konfrontiert. Seit Anfang 2021, als der italienisch-französisch-amerikanische Mischkonzern durch die Fusion von Fiat Chrysler und PSA entstand, hat das Unternehmen in Italien mindestens 15.000 Arbeitsplätze abgebaut. Weitere 1.600 Beschäftigte werden in diesem Jahr gezwungen, „freiwillige Abfindungen“ anzunehmen. Dies betrifft vor allem die Werke Mirafiori in Turin und Termoli in Mittelitalien.

Im Februar 2024 kam Dominico Fatigati, ein 52-jähriger Maschinenwartungsarbeiter, in der Fabrik Pratola Serra in der Nähe von Neapel zu Tode. Der tragische Unfall, bei dem er zu Tode gequetscht wurde, ist demjenigen von Adams auffallend ähnlich. Das Werk in Pratola Serra wurde, genau wie das in Dundee, zu der Zeit auf die Wiederaufnahme der Produktion vorbereitet. Im Werk Pratola Serra will Stellantis eine neue Motorenreihe für Nutzfahrzeuge produzieren.

Stellantis-Motorenwerk in Pratola Serra in der Nähe von Neapel, Italien [Photo by Stellantis]

Fatigati, ein Leiharbeiter und Vater von drei Kindern, führte gerade Routinewartungsarbeiten durch, als er von der Maschine, an der er arbeitete, zerquetscht wurde. Seine Kollegen riefen sofort zum Streik auf, aber die Gewerkschaften (CGIL, CISL, UIL, FISMIC und UGL) beschränkten die Arbeitsniederlegung auf wenige Stunden und ausschließlich auf das Werk in Pratola Serra, um schwerwiegende Auswirkungen auf die Produktion und die Gewinne des Unternehmens zu vermeiden.

„Für die Unternehmer hat ein Menschenleben keinen Wert“, sagte Tommaso Pirozzi, ein Stellantis-Arbeiter in Pomigliano D'Arco, zur World Socialist Web Site. „Für sie hat ein Mensch keinen Wert. Er ist nur etwas, das für den eigenen Profit und die Interessen des Konzerns ausgebeutet werden kann. Auf dieser Grundlage wird alles – Würde, Sicherheit – mit Füßen getreten. Im Namen des Profits wird der Arbeiter auf Kosten seiner Gesundheit so weit wie möglich ausgepresst.“ Pirozzi fuhr fort:

Ich habe auf der WSWS über die Ermittlungen zu Ronald Adams gelesen, unseres Kollegen, der in den USA ums Leben gekommen ist. Mittlerweile sind die Todesfälle am Arbeitsplatz unzählbar. Es wäre besser, sie als Morde zu bezeichnen, denn das sind sie.

Angesichts der aktuellen Ereignisse darf uns das nicht mehr überraschen. Es ist genau wie bei den Kriegen, die weltweit geführt werden. Sie sind das Ergebnis des kapitalistischen Systems und der unstillbaren Gier einzelner Menschen nach Reichtum, Macht und Herrschaft über andere.

Die Gewerkschaften sind lediglich den Positionen der Bosse untergeordnet. Sie werden immer als Sprachrohr für die Forderungen der Bosse eingesetzt. Nur wenn die Arbeiter sich wieder ein Klassenbewusstsein aneignen, können sie die derzeitigen Verhältnisse ändern. Die Gewerkschaften, die Arbeitgeber und die Politiker haben uns nichts zu bieten.

Die Arbeiterklasse muss ein Ziel haben: sich zu vereinen und gegen den Kapitalismus zu kämpfen, denn niemals kann es ein gemeinsames, gleichberechtigtes Machtverhältnis zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie geben. Unter dem kapitalistischen System verliert die Arbeiterklasse immer.

Pirozzi  schloss: „Entweder wir organisieren die Massen neu, um gegen dieses System zu kämpfen, das Menschen hungern lässt, Arbeit zerstört, Arbeiter zerstört und unser Leben zerstört. Oder es wird immer schlimmer werden.“ Er forderte: „Wir müssen verstehen, dass wir nur durch den Sturz des Kapitalismus eine gerechtere Gesellschaft erreichen können. Wir, die Avantgarde der Arbeiter, müssen diesen Kampf vorantreiben.“

Delio Fantasia ist ein Stellantis-Arbeiter aus dem Werk Cassino im südlichen Teil der Region Latium. Er wurde im Februar 2024 nach 36 Dienstjahren entlassen, weil er sich geweigert hatte, eine „freiwillige Versetzung“ in ein 135 Kilometer von seinem Wohnort entferntes Werk zu akzeptieren.

In Bezug auf die Untersuchung von Ronald Adams sagte Fantasia:

Beileidsbekundungen, Solidaritätsbekundungen, zweistündige Streiks, Beileid für die Familien der am Arbeitsplatz verstorbenen Arbeiter und sogar Pressemitteilungen, in denen die Ereignisse öffentlich angeprangert werden – all das ist schön und gut. Aber die Initiative der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) zur Aufdeckung der Wahrheit über den Tod des Autoarbeiters Ronald Adams stellt einen neuen und wirksamen Weg dar, um die Probleme der Todesfälle am Arbeitsplatz aufzugreifen. Die Kollegen selbst untersuchen die Todesursachen, sie erforschen sie und kontrollieren direkt, ohne dass die verschiedenen Gerichte alles vertuschen oder die Fälle als unvermeidlich oder als bloße Nebenwirkungen des „Fortschritts” und der sogenannten „Innovation” hinstellen und zu den Akten legen können.

Die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchung, koordiniert und durchgeführt von den einfachen Arbeitern, bedeutet, sich direkt mit den Ursachen für Todesfälle am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen, ohne die Angelegenheit an Dritte zu delegieren. All dies ist ein Schritt vorwärts auf dem Weg zu den Forderungen und zur Emanzipation der Arbeiterklasse.

In verschiedenen Ländern haben die Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften, die mit Vertagung oder Freisprüchen endeten, die absolute Unterordnung des Richterstandes unter die kapitalistische Ausbeutung und Kontrolle über die Volksmassen gezeigt. Die Leichtigkeit, mit der Ermittlungsverfahren eröffnet und wieder eingestellt werden, ist erschreckend und entsetzlich. Und das geschieht auch hier in Italien Tag für Tag.

Wir, die Arbeiter in allen Fabriken der Welt, müssen die Ermittlungen zu Todesfällen am Arbeitsplatz selbst durchführen. Denn im Grunde geht diese Frage nur uns und unsere Familien etwas an, und sonst niemanden. Und weil die Verflechtung zwischen kollaborierenden Gewerkschaften, Kontrollorganen, Unternehmen und Richtern so offensichtlich ist, können selbst ungeschulte Arbeiter sie heute erkennen.

Ein weiterer Auslöser für Todesfälle am Arbeitsplatz ist der Vorrang, der den Unternehmensprofiten in einer globalen Kriegswirtschaft wie der unsrigen heute eingeräumt wird. Und wenn wir Arbeiter von einer „Kriegswirtschaft“ sprechen, meinen wir damit nicht nur kriegerische Konflikte, sondern auch den Krieg, den die Unternehmer seit jeher gegen das Proletariat führen. Er findet heutzutage seinen Höhepunkt in der endgültigen Abschaffung der letzten individuellen, kollektiven und gewerkschaftlichen Rechte, die uns noch geblieben sind. Das heißt, man will uns die letzten Waffen nehmen, die uns noch zur Verfügung stehen.

Möge das Beispiel der Arbeiter in der amerikanischen Automobilindustrie, vor allem bei Stellantis, für alle Arbeiter in allen Ländern der Welt eine Warnung sein.

Ignazio Camboni, ein pensionierter Lagerarbeiter, sagte gegenüber der WSWS: „Eure Initiative wirft klar und präzise eine entscheidende Frage des Kampfs der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie auf: Der Kampf muss am Arbeitsplatz gegen den Despotismus der Arbeitgeber und gegen die Kollaboration des bürokratischen Apparats der Gewerkschaften organisiert werden.“ Und weiter:

Der Kampf gegen Unfälle und Todesfälle am Arbeitsplatz ist ein Kampf, der unmittelbar die Frage der Kontrolle der Arbeiter über die gesamte Organisation der Produktion und Verteilung von Gütern aufwirft.

Aufgrund seiner allgemeineren Auswirkungen macht der Kampf gegen Unfälle und Todesfälle am Arbeitsplatz die Notwendigkeit deutlich, dass sich Fabrikarbeiter mit den wissenschaftlichen Angestellten im medizinisch-gesundheitlichen Sektor verbünden müssen.

Camboni schloss: „Eure Initiative ist sehr wichtig für die Förderung eines revolutionären sozialistischen Bewusstseins in der Arbeiterklasse. Gute Arbeit!

Füllt das unten stehende Formular aus und beteiligt euch am Aufbau von Aktionskomitees, damit die Arbeiter selbst die Kontrolle über Sicherheit und Produktion übernehmen können. Eure Daten werden vertraulich behandelt und sind geschützt.

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