Protest gegen massive Kürzungen an Berlins Universitäten, im Kulturbereich und in Krankenhäusern

Demonstration gegen Bildungskürzungen in Berlin, 14.07.2025 [Photo: WSWS]

Am Montagmorgen versammelten sich rund 1.500 Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter und Hochschulangestellte vor dem Staatssekretariat für Wissenschaft und Gesundheit in der Berliner Innenstadt, um gegen die Pläne des Senats zu protestieren, massive Kürzungen bei den Berliner Hochschulen, im Kulturbereich und bei den Krankenhäusern vorzunehmen.

Der Berliner Senat besteht aus einer Koalition der CDU mit der SPD. Zuvor hatte der Senat versprochen, die Mittel für die Berliner Hochschulen bis 2028 um fünf Prozent pro Jahr zu erhöhen. Nach der Entscheidung der Bundesregierung, eine Billion Euro in Kriegsvorbereitungen zu investieren, hat der Berliner Senat jedoch umgehend seine Entscheidung für eine Aufstockung des Bildungsbudgets zugunsten der jüngsten Kürzungsrunde rückgängig gemacht. Hauptverantwortliche für die Kürzungen ist die Berliner Senatorin für Bildung und Gesundheit, Ina Czyborra (SPD).

Wenn die Kürzungen umgesetzt werden, muss das Hochschulsystem in Berlin schätzungsweise bis zu 25.000 Studienplätze abbauen und Dutzende von Professuren streichen. Die Freie Universität (FU) rechnet mit 14 Prozent weniger Studienplätzen (etwa 4.800) und die Technische Universität (TU) mit einem Abbau von 5.000 Studienplätzen. Ein Sprecher der Demonstration sagte, dass über der Humboldt-Universität (HU) eine Reduzierung der Studienplätze um 10 bis 20 Prozent schwebe.

In Gesprächen mit WSWS-Reportern am Montag stellten mehrere Protestteilnehmer einen Zusammenhang zwischen den geplanten Kürzungen an den Universitäten und den von der Bundesregierung beschlossenen massiven Aufrüstungsausgaben her. Am auffälligsten bei der Demonstration war, dass keiner der Gewerkschaftsbürokraten und Akademiker, die von der Bühne sprachen, dieses Thema auch nur ansatzweise ansprach.

Es wurden verschiedene Appelle an die Politiker der Stadt gerichtet, ihre Pläne zu überdenken – in Form eines offenen Protestbriefes von Akademikern an den Senat und Vorschlägen für rechtliche Schritte gegen die Entscheidung des Senats, vertragliche Vereinbarungen zu brechen. Aber die Kriegsvorbereitungen der Regierung wurden mit keinem Wort erwähnt.

Die Position der größten deutschen Gewerkschaft im öffentlichen Dienst, Verdi, fasste Gewerkschaftssekretärin Julia Dück zusammen. Sie räumte ein, dass die Gewerkschaft bereits im Mai eine erste Protestaktion durchgeführt habe, sich aber nichts geändert habe. In ihrer Rede vor den Demonstranten erklärte sie dann, die Gewerkschaft „verlangt einen Platz am Tisch, wenn über die Kürzungen entschieden wird“.

Keine andere Aussage könnte die Bankrotterklärung der Gewerkschaft besser auf den Punkt bringen. Das Hauptanliegen von Verdi ist nicht, sich gegen die Kürzungen zu wehren, sondern dabei mitentscheiden zu können, wo und wie die Kürzungen erfolgen. Zehntausende Studierende, Wissenschaftler und andere Hochschulbeschäftigte werden ihren Studienplatz oder ihren Arbeitsplatz verlieren, aber die Gewerkschaftsbürokratie mit all ihren Privilegien bleibt unangetastet.

Das Schweigen der Gewerkschaft zu den Plänen der Regierung, Sozialleistungen zu kürzen und den Krieg voranzutreiben, lässt sich leicht erklären. Tatsache ist, dass Verdi die Kriegspolitik der Regierung unterstützt.

Nur wenige Tage nach der Verabschiedung des Kriegsbudgets durch die Regierung rechtfertigte Verdi-Chef Frank Werneke die Aufrüstung auf der Website der Gewerkschaft wie folgt: „Europa muss sich verteidigen können, die Bundeswehr muss einsatzfähig sein.“ Er lobte den Sonderfonds der Regierung für eine kriegstüchtige Infrastruktur, der auch zur Vorbereitung auf den Krieg dient, als „echte Chance, den Investitionsstau in unserem Land aufzuholen“.

Ein Plakat auf der Demonstration gegen Bildungskürzungen in Berlin, 14.07.2025 [Photo: WSWS]

Im Gegensatz dazu brachten viele Studierende und Hochschulbeschäftigte, die an der Demonstration teilnahmen, die Kürzungen mit der Kriegstreiberei in Verbindung.

Markus, Arbeiter an der Freien Universität Berlin, sagte:

„Ich bin hier, weil ich die Kürzungen im Bildungs- und Forschungsbereich, die vorgenommen werden, um mehr Waffen zu kaufen und einen Krieg nach dem anderen zu finanzieren, sehr kritisch sehe. Diese Kürzungen betreffen das gesamte Sozialsystem, nicht nur die Bildung. Je mehr Menschen ungebildet bleiben, desto mehr können Politiker eine Kriegskultur fördern. Es ist wichtig, diesen Zusammenhang herzustellen. Die Lage ist bereits katastrophal, und mit weiteren Kürzungen im Bildungsbereich kann sie sich nur noch verschlimmern. Krieg und Kriegskultur profitieren von Unwissenheit.

Das geschieht überall auf internationaler Ebene. Überall gibt es massive Kriegspropaganda. Die Menschen sind verunsichert, und es wird ein Klima der Angst verbreitet, das es leichter macht, sie zu manipulieren. Dieses Klima wird auch durch die linken Parteien verschärft, die ebenfalls für den Krieg sind. In der letzten Regierung waren beispielsweise die Grünen die Partei, die am militantesten für den Krieg geworben hat.“

Carlos, Forscher an der HU, erklärte:

„Ich komme aus Argentinien, und dort haben wir die gleichen Probleme mit Kürzungen im Sozialbereich. Milei hat das Budget für öffentliche Universitäten um 71 Prozent gekürzt, was zu zahlreichen Protesten geführt hat. Einige Universitäten stehen kurz vor der Schließung. Auch Förderprogramme für Schulen, Lehrer und Schulmahlzeiten wurden gekürzt. In den Provinzen wurden regionale Sozialprogramme und Mittel für Bildung und Gesundheit gekürzt. Aufgrund der hohen Inflation erleben wir dort einen rasanten Anstieg von Armut und Not. Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung, und wir müssen sehen, was wir tun können; Proteste allein reichen nicht aus.“

Ein Forschungsstudent der TU kritisierte Verdi:

„Die Frage ist, warum Verdi erst heute, sozusagen in letzter Minute, mit den Protesten beginnt. Die Kürzungen wurden schon vor Monaten angekündigt. Ich bin auch überrascht, dass heute nicht mehr Studierende hier sind. Sie wissen vielleicht noch nicht, dass nicht nur die wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern auch sie selbst von den Kürzungen betroffen sein werden, wenn ganze Studiengänge und Studienplätze gestrichen werden. Allein an der TU werden schätzungsweise rund 5.000 Studienplätze wegfallen. Die Finanzierung der Bildung sollte nicht allein in der Verantwortung der Bundesländer liegen, sondern in der Verantwortung des Bundes. Insofern ist es irreführend, wenn der Berliner Senat auf fehlende Mittel im Berliner Haushalt verweist.“

Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der FU sagte:

„Es herrscht ein Klima der Angst und Ungewissheit hinsichtlich der Auswirkungen der Kürzungen. Das kann sich beispielsweise auf wissenschaftliche Mitarbeiter auswirken, indem offene Stellen nicht besetzt werden. Professoren sind von den Entlassungen nicht direkt betroffen, sie wurden als Beamte mit garantierten Verträgen eingestellt. Ihre Arbeit wird jedoch indirekt durch die Streichung von Studiengängen oder Forschungsgeldern behindert.“

Ein FU-Mitarbeiter, der im Botanischen Garten der Stadt forscht, erklärte:

„Was mich an der ganzen Sache stört, ist, dass im Kulturbereich und in der Wissenschaft massiv gekürzt wird, während die Regierung Hunderte von Milliarden für Waffen bereitstellt. Das sind keine getrennten politischen Entscheidungen, sondern es besteht ein enger Zusammenhang. Wir sollten uns europaweit gegen die Kürzungen und die Aufrüstung zusammenschließen, da es sich überall um dasselbe Problem handelt. Die Situation ist ziemlich deprimierend, aber ich finde eure IYSSE interessant und werde meinen Kollegen davon berichten.“

Die WSWS-Reporter und Vertreter der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) verteilten auf der Demo eine Erklärung, die dazu aufruft, Aktionskomitees zu gründen, in denen Studierende und Universitätsmitarbeiter Kampfmaßnahmen diskutieren und vorbereiten und sich bundesweit und international mit Arbeitern in anderen Branchen koordinieren. Die Erklärung betont zudem die Notwendigkeit einer unabhängigen sozialistischen Perspektive, um die Angriffe zurückzuschlagen:

Die Wut und Kampfbereitschaft unter den Studierenden und Lehrenden ist groß. Damit der Widerstand aber Erfolg hat und nicht in zahnlosen „Mittagspausenprotesten“ der Gewerkschaften verpufft, braucht es eine sozialistische Bewegung, die für eine Revolution kämpft.

Der Generalangriff auf Wissenschaft und Bildung, um mehr Waffen und Panzer für imperialistische Kriege zu finanzieren, zeigt den verrotteten Zustand dieser Gesellschaft. Der Kapitalismus liegt längst auf dem Sterbebett. Er muss gestürzt und die großen Konzerne und Banken enteignet werden, damit die Milliardenprofite der Reichen in die Entwicklung von Forschung und Wissenschaft im Interesse der Gesellschaft und ein Bildungssystem auf höchstem Niveau für alle investiert werden können.

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