In einer paramilitärischen Operation überfielen am Montag, den 7. Juli, 90 Soldaten der Nationalgarde und Dutzende von Bundesagenten den MacArthur Park in Los Angeles. Die Aktion stellt einen Wendepunkt im Einsatz von Waffengewalt gegen die amerikanische Arbeiterklasse dar.
Der Angriff mit dem Codenamen Operation Excalibur war ein koordinierter und geübter Inlandseinsatz des Militärs. Aus internen Dokumenten der US Army, die dem Journalisten Ken Klippenstein zugespielt und von ihm veröffentlicht wurden, geht hervor, dass die Bundesregierung unter dem Vorwand der „Sicherheit“ und der „Strafverfolgung“ zunehmend auf militarisierte Gewalt setzt, um Einwanderer- und Arbeiter-Gemeinden einzuschüchtern und zu unterdrücken. Unter den geleakten Dokumenten befand sich auch eine Einschätzung der Kollateralschäden angesichts der hohen Bevölkerungsdichte des Gebiets.
Auf Videos, die von Zeugen und empörten Anwohnern aufgenommen wurden, ist zu sehen, wie schwer bewaffnete Bundesagenten mit Unterstützung durch die Polizei die Straßen rund um den Park absperren, während maskierte und mit Militärausrüstung ausgestattete Einheiten der Einwanderungsbehörde das Gelände durchkämmen. Kinder und ihre Betreuer flüchteten in Panik. Außerdem wurden Soldaten der 1. Schwadron des 18. Kavallerieregiments der kalifornischen Nationalgarde zu Fuß, beritten und in Militärfahrzeugen gesehen.
Laut den geleakten Dokumenten waren mindestens elf verschiedene staatliche und bundesstaatliche Behörden an der Operation beteiligt, darunter das Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF), die Customs and Border Protection (CBP), die Immigration and Customs Enforcement (ICE), deren Untereinheit Enforcement and Removal Operations (ERO), die Drug Enforcement Administration (DEA), das Federal Bureau of Investigation (FBI), der Federal Protective Service (FPS), die Homeland Security Investigations (HSI), der U.S. Marshals Service, der Internal Revenue Service (IRS), das Los Angeles County Sheriff’s Department (LASD) und das Los Angeles Police Department (LAPD).
Die Entwicklung in Los Angeles zeigt eine entscheidende Front in einer landesweiten Operation. Die systematische Verschwörung mit dem Ziel, eine Präsidialdiktatur in den USA zu errichten, schreitet rasch voran. Trump nutzt die Sicherheitskräfte des Bundes, um die politische Landschaft umzubauen.
Hier entwickelt sich ein kalkulierter und andauernder Staatsstreich – ein Versuch, die bestehende verfassungsmäßige Ordnung durch einen autoritären Rahmen der Klassenherrschaft zu ersetzen, der durch Unterdrückung und Angst und durch die Normalisierung von Militäreinsätzen im zivilen Leben durchgesetzt wird.
Der MacArthur Park, der oft mit dem Ellis Island der Westküste verglichen wird, ist ein Symbol für das Leben und Überleben von Einwanderern in Los Angeles. In dem Gebiet leben Tausende Arbeiter, viele von ihnen nicht registriert, die vor den Zerstörungen durch die Kriege des US-Imperialismus und die CIA-Operationen zur Aufstandsbekämpfung in Mittelamerika geflohen sind. Es ist kein Zufall, dass dieses vom Erbe des US-Interventionismus und der Massenmigration geprägte Arbeiterviertel als Schauplatz einer großen Sicherheitsoperation der Bundesregierung ausgewählt wurde.
Laut den geleakten Einsatzbesprechungen des Militärs lautete die Aufgabe für die 1. Schwadron des 18. Kavallerieregiments: „Statischen behördenübergreifenden Objektschutz, berittene mobile Sicherheit und Unterstützung durch die Reserve des Joint Force Land Component Command (JFLCC) für die Customs and Border Patrol (CBP) und die unterstützenden Bundesbehörden“.
Das erklärte Ziel war nicht die Durchsetzung eines bestimmten Gesetzes oder das Vorgehen gegen eine konkrete Bedrohung. Es war eine Demonstration der „Kapazitäten und Handlungsfreiheit der Strafverfolgungsbehörden des Bundes innerhalb der Los Angeles Joint Operation Area (JOA)“. Mit anderen Worten, es handelte sich um eine reine Machtdemonstration, eine Warnung, einen Probedurchlauf.
Die Trump-Regierung arbeitet daran, den Posse Comitatus Act von 1878 zu untergraben, das wichtigste Gesetz, das den Einsatz des Militärs für Polizeiarbeit im Inland ohne ausdrückliche Bewilligung durch den Kongress und die Verfassung verbietet. Das Gesetz sollte die zivile Autorität aufrechterhalten, wird aber durch Vertreter der Bundesregierung, die die Proteste in Los Angeles und anderen Städten zunehmend als „Aufstand“ bezeichnen, immer weiter ausgehöhlt. Damit werden die ideologischen Grundlagen für eine Militärintervention geschaffen – auch wenn die Regierung bisher davon abgesehen hat, sich formell auf den Insurrection Act von 1807 zu berufen.
Trotz der Berichterstattung der Medien, in der die Operation als „misslungene Razzia“ dargestellt und die dem Eingreifen von Bürgermeisterin Karen Bass bei der Räumung des Gebiets unverdienterweise Anerkennung zollte, waren alle Elemente militärisch konzipiert und wurden von neun Bundesbehörden koordiniert.
Der Park wurde von Soldaten in 5-Tonnen-Lastwagen umstellt. Phasenlinien und Kommunikationsprotokolle wurden eingerichtet. Die Bedrohungslage wurde als „HOCH“ ausgegeben, was sich auf die angebliche Anwesenheit der MS-13-Bande bezog, einer Gang, die laut den Dokumenten den Park als ihr „Revier“ betrachtet.
Der Imperialismus hat bei der Entstehung der MS-13 selbst eine maßgebliche Rolle gespielt. Die Gang entstand nicht in El Salvador, sondern im Los Angeles der 1980er Jahre, vor allem in den Stadtvierteln um den MacArthur Park, als Reaktion auf die Bandengewalt gegen neu eingetroffene salvadorianische Einwanderer.
Diese Einwanderer aus El Salvador flohen vor einem Bürgerkrieg, der von den USA mit über einer Milliarde Militärhilfe finanziert und geschürt wurde, u.a. durch Waffen, Ausbildung und politische Unterstützung für eine blutige Militärdiktatur.
Obwohl Operation Excalibur letztendlich abgebrochen wurde – laut einem Nationalgardisten soll sie nur 24 Minuten lang gedauert haben – bleibt die Tatsache bestehen, dass im Inland eine vollständig durchchoreografierte Militärübung durchgeführt wurde, auch wenn einige der „Phasenlinien“ aufgrund von Kommunikationsfehlern nicht zum Einsatz kamen.
Doch bereits die Planung ist Ausdruck eines Kurswechsels des amerikanischen Staats: von Polizeirazzien hin zu koordinierten Militäroperationen in Großstädten. Die Architektur der militärischen Aufstandsbekämpfung, die in Kabul, Bagdad und Gaza zum Einsatz kam, wird nun für New York, Los Angeles und Chicago geplant.
Bezeichnenderweise wurden die örtlichen Behörden nur zwei Stunden vor dem Eintreffen der Soldaten informiert. Noch aufschlussreicher waren die Reaktionen der Nationalgardisten selbst. Viele von ihnen beschrieben die Operation als „idiotisch“, „beschämend“ und „politisch motiviert“. Sie stellten Befehle in Frage, zeigten Widerwillen bei dem Vorschlag, Gesichtsmasken nach dem Vorbild der ICE zu tragen und lehnten den Vorschlag ab, eine dauerhafte „vorgelagerte Operationsbasis“ im Park zu errichten, wie es die Militärführung bei früheren Besprechungen ins Spiel gebracht hatte.
Diese Äußerungen sollten nicht unterschätzt werden. Sie zeigen erste Risse in der staatlichen Unterdrückungsmaschinerie. Wie in der russischen Revolution von 1917, als die Soldaten begannen, mit dem zaristischen Regime zu brechen und sich auf die Seite der Arbeiter und Bauern zu stellen, verdeutlicht die heutige Unzufriedenheit der amerikanischen Soldaten das Potenzial für tiefergehende Brüche. Sie zeigt ein System im Niedergang, das gezwungen wird, das Militär gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen, und das zunehmend außerstande ist, sich auf den bedingungslosen Gehorsam seiner Soldaten zu verlassen.
Man muss auch offen aussprechen, welche Rolle die Demokratische Partei in dieser Krise spielt. Gouverneur Gavin Newsom erklärte: „Ich will, dass die Leute wissen, dass wir hinter ihnen stehen und tun, was wir können, um unsere vielfältigen Gemeinschaften zu schützen [und] sich gegen diese Grausamkeiten zu wehren“. Bürgermeisterin Karen Bass beeilte sich, um medienwirksam im Park zu erscheinen und den Abzug der Bundessoldaten zu fordern sowie die Operation als „inakzeptabel“ zu bezeichnen.
Doch sowohl Newsom als auch Bass sind mitschuldig. Während sie sich als Verteidiger der Rechte von Einwanderern inszenierten, haben sie eine Politik umgesetzt, die Einwanderer kriminalisiert, und Gelder für wichtige Dienstleistungen gekürzt. Der jüngste Haushalt Kaliforniens sieht Milliardenkürzungen bei Medi-Cal vor, wodurch nicht registrierten Erwachsenen der Zugang zur Gesundheitsversorgung verweigert wird. Die so genannten „Sanctuary“-Gesetze des Bundesstaats sind voller Schlupflöchern, die eine weitere Zusammenarbeit mit der ICE-Behörde ermöglichen. Ihre gespielte Empörung ist ein zynischer Versuch, ihre politische Glaubwürdigkeit zu erhalten und gleichzeitig treue Diener des Kapitals zu bleiben.
Nur wenige Tage vor der Operation von Montag hatte Präsident Trump einen Bundeshaushalt unterzeichnet, der Milliarden in die Einwanderungsbehörden und Hafteinrichtungen fließen lässt. Allein in Los Angeles wurden zwischen dem 6. und 22. Juni bereits mehr als 1.600 Einwanderer verhaftet. Diese Aktionen sind Teil einer landesweiten Einschüchterungskampagne mit dem Ziel, zugewanderte Arbeiter zu terrorisieren und faschistoide Schichten der Bevölkerung aufzuhetzen.
Doch es regt sich Widerstand, wie die „No Kings“-Proteste mit 11 Millionen Teilnehmern am 14. Juni gezeigt haben. Zudem waren Anwohner am Morgen des Einsatzes vorgewarnt worden: Sie klebten Flugblätter im ganzen Stadtviertel, um die eingewanderten Arbeiter zu warnen. Dutzende von Demonstranten folgten den Soldaten und schwenkten mexikanische und salvadorianische Flaggen. Ihre Anwesenheit signalisierte nicht nur Widerstand gegen die ICE, sondern gegen das gesamte militarisierte Regime, das jetzt Gestalt annimmt.
Die Verteidigung von eingewanderten Arbeitern darf nicht dem politischen Establishment überlassen werden, das immer wieder seine Feindschaft gegenüber der Arbeiterklasse unter Beweis gestellt hat. Die Arbeiterklasse selbst muss es tun. Der eingewanderte Arbeiter ist keine „besondere Sparte“, die geschützt werden muss, sondern der Bruder und die Schwester jeder Arbeiterin, jedes Arbeiters der Vereinigten Staaten. Ihre Unterdrückung dient als Testversuch für breitere Angriffe auf demokratische Rechte, Löhne und Arbeitsbedingungen.
Nicht Appelle an die Demokratische Partei und ihre pseudolinken Anhängsel sind jetzt erforderlich, und auch keine Illusionen in die Gerichte. Erforderlich ist der Aufbau einer bewussten, unabhängigen politischen Bewegung der Arbeiterklasse auf der Grundlage sozialistischer Prinzipien und internationaler Solidarität. Der Angriff auf Einwanderer ist Teil einer weltweiten Offensive der kapitalistischen Regierungen, um die Krise des Systems auf die Arbeiter abzuwälzen. Von Los Angeles bis Paris und von Santiago bis Johannesburg sind die Arbeiter mit dem gleichen Feind konfrontiert.
Der erste Schritt muss der Aufbau von Aktionskomitees in den Betrieben, Stadtvierteln, Schulen und Krankenhäusern sein, um die repressiven Aktivitäten des Staats aufzudecken und zu bekämpfen. Diese Komitees müssen die Grundlage für einen landesweiten Generalstreik schaffen, in dem alle Teile der Arbeiterklasse vereint sind – Einwanderer und Staatsbürger, Gewerkschaftsmitglieder und Nicht-Mitglieder, der öffentliche und der private Sektor –, um gemeinsam gegen Sparmaßnahmen, Krieg und Diktatur zu kämpfen.
Die Operation Excalibur ist eine Warnung. Die Frage ist nicht, ob die herrschende Klasse einen Krieg gegen die Arbeiterklasse vorbereitet. Diese Vorbereitungen sind bereits im Gange. Die entscheidende Frage ist, ob die Arbeiterklasse bereit ist: Sie muss die Organisation, das Bewusstsein und die politische Führung entwickeln, um erfolgreich zurückzuschlagen.