Nach der Veröffentlichung eines vernichtenden Berichts, der die Beteiligung großer internationaler Konzerne am Völkermord in Gaza detailliert darlegte, ist eine Veranstaltung mit der UN-Beauftragten Francesca Albanese in Bern in letzter Minute abgesagt worden.
Albanese, die UN-Sonderbeauftragte für die besetzten palästinensischen Gebiete, sollte an drei Veranstaltungen in der Schweiz teilnehmen, beginnend am 30. Juni mit einer Veranstaltung an der Uni Bern. In letzter Minute, und offensichtlich auf Druck zionistischer Kreise und Schweizer Regierungsvertreter, wurde die Genehmigung für die Veranstaltung jedoch zurückgezogen. Die Universität begründete dies damit, dass die „Ausgewogenheit der Veranstaltung nicht gewährleistet“ sei.
Albanese kam auf Einladung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, welche das israelische Vorgehen in Gaza als Völkermord einstuft. Als Reaktion auf die Haltung der Universität erklärte Amnesty International-Sprecher Beat Gerber, die Uni Bern scheine auf Druck von außen einen Rückzieher gemacht zu haben, und sie stelle offenbar die Meinungsfreiheit hintan.
Wie bereits vor einigen Monaten in Deutschland nach der Absage einer geplanten Veranstaltung an einer Universität, konnte auch in Bern kurzfristig ein alternativer Veranstaltungsort gefunden werden, sodass Albanese am vregangenen Montagabend vor rund 400 Menschen sprechen konnte.
Francesca Albanese ist eine weithin anerkannte Expertin für internationales Recht, die in ihrer offiziellen Funktion für die UNO im März 2024 erklärt hatte, sie sehe „begründete Anhaltspunkte“ für die Annahme eines Völkermords durch die Militäraktion Israels in Gaza. Albanese erweiterte und konkretisierte diese Behauptung in ihrem Bericht für die UNO vom vergangenen Oktober, in dem sie feststellte, dass die Handlungen der israelischen Regierung nach ihrer Invasion in Gaza alle Völkerrechts-Kriterien für das Verbrechen des Völkermords erfüllten.
Anfang Mai dieses Jahres forderte Albanese die strafrechtliche Verfolgung führender Vertreter der Europäischen Union, insbesondere der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, wegen Beihilfe zu den von Israel begangenen Kriegsverbrechen.
Wie schon in Deutschland wurde Albanese, die mehrfach Morddrohungen erhalten hat, vor ihrem Besuch in der Schweiz von zionistische Medien und der führenden rechten Tageszeitung des Landes, der Neuen Zürcher Zeitung, heftig beschimpft und des Antisemitismus und der Begünstigung von Terrorismus beschuldigt. Nicht überraschend titelte die Jüdische Allgemeine: „Francesca Albaneses Horrorshow“.
Trotz ihres Rufs als politisch neutrales Land unterhält die Schweiz langjährige Beziehungen zum Staat Israel und folgt dem Beispiel Washingtons bei der Unterstützung von Israels Krieg gegen die Palästinenser im Gazastreifen.
Davon haben sich 55 ehemalige Schweizer Diplomaten distanziert. Sie verurteilen in einem Brief an den Schweizer Außenminister Ignazio Cassis die Rolle ihres Landes bei der Durchführung des Völkermords in Gaza. In dem Brief verurteilen die Diplomaten das „Schweigen und die Passivität“ der Schweiz gegenüber den „Kriegsverbrechen“ Israels in Gaza und fordern die Regierung auf, Israels Pläne der militärischen Besetzung des Gazastreifens und Vertreibung der Zivilbevölkerung daraus, klar zurückzuweisen. Solche Maßnahmen der israelischen Regierung und des Militärs seien nichts weniger als „Formen ethnischer Säuberung und von Völkermord“, schreiben die Botschafter.
Der Brief fordert außerdem die Aussetzung aller wissenschaftlichen und akademischen Kooperationen mit Israel, die gegen das Völkerrecht verstoßen, sowie aller Kooperationen, Finanzierungen und Investitionen in den Militär- und Geheimdienstsektor beider Länder.
Die jüngsten Versuche, Albanese zum Schweigen zu bringen, folgen auf einen vernichtenden Bericht, den sie verfasst hat und der das Ausmaß der Beteiligung großer Unternehmen aus den USA und anderen Ländern an der Waffenlieferung für die israelische Kriegsmaschinerie detailliert belegt.
Der Bericht mit dem Titel „From economy of occupation to economy of genocide“ (Von der Besatzungswirtschaft zur Völkermordwirtschaft) erklärt, dass Gegenstand seiner Untersuchung „die Rolle von Unternehmen bei der Aufrechterhaltung der illegalen Besatzung Israels und der anhaltenden Völkermordkampagne in Gaza ist, die darauf abzielt, die Palästinenser zu enteignen und von ihrem Land zu vertreiben“.
Der Bericht listet eine Vielzahl internationaler Unternehmen und Konzerne aus folgenden Branchen auf: „Waffenhersteller, Technologieunternehmen, Bauunternehmen, Rohstoffindustrie und Dienstleistungssektor, Banken, Pensionsfonds, Versicherungen, Universitäten und Wohltätigkeitsorganisationen“. Den in diesen Sektoren tätigen Unternehmen wird laut dem Bericht vorgeworfen, „die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts und andere strukturelle Verstöße in den besetzten palästinensischen Gebieten zu ermöglichen, darunter Besatzung, Annexion und Verbrechen der Apartheid und des Völkermords sowie zahlreiche Begleitverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, die von Diskriminierung, mutwilliger Zerstörung, Vertreibung und Plünderung bis hin zu außergerichtlichen Tötungen und Aushungerung reichen“.
Der Bericht stellt fest, dass der „militärisch-industrielle Komplex“ das wirtschaftliche Rückgrat des israelischen Staates ist, wobei insbesondere zwei Unternehmen, Elbit Systems und die staatliche Israel Aerospace Industries (IAI), den größten Teil der Waffen für die israelischen Angriffe auf Gaza liefern und gleichzeitig durch den Export ihrer Rüstungsgüter massive Gewinne erzielen.
Der wichtigste Kollaborateur der israelischen Kriegsmaschinerie sind die Vereinigten Staaten. Der Bericht stellt fest, dass „Israel vom größten Rüstungsbeschaffungsprogramm aller Zeiten profitiert – für den Kampfjet F-35, der von dem US-amerikanischen Unternehmen Lockheed Martin zusammen mit mindestens 1.600 anderen Unternehmen, darunter der italienische Hersteller Leonardo S.p.A., und acht Bundesstaaten entwickelt wurde“. Mit den von Lockheed Martin gelieferten Kampfflugzeugen F-35 und F-16 verfügt die israelische Luftwaffe über „eine beispiellose Luftmacht, mit der sie schätzungsweise 85.000 Tonnen Bomben abwerfen, mehr als 179.411 Palästinenser töten und verletzen und Gaza auslöschen kann“.
Wie immer bei kapitalistischen Kriegen winken große Vermögen. Der Bericht stellt fest: „Für israelische Unternehmen wie Elbit und IAI ist der anhaltende Völkermord ein profitables Geschäft. Der Anstieg der israelischen Militärausgaben um 65 Prozent von 2023 bis 2024 – auf 46,5 Milliarden Dollar, einer der höchsten Pro-Kopf-Ausgaben weltweit – führte zu einem starken Anstieg ihrer Jahresgewinne. Davon profitieren auch ausländische Rüstungsunternehmen, insbesondere Hersteller von Munition und Waffen.“
Der ausführliche Bericht, der genau studiert werden sollte, enthält auch einen Abschnitt mit dem Titel: „Überwachung und Inhaftierung: Die dunkle Seite der ‚Start-up-Nation‘“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Dieser Abschnitt beschreibt den massiven Boom von Start-ups in Israel nach dem 11. September 2001. US-Technologiegiganten wie Microsoft, Alphabet, Amazon und Palantir sind stark an solchen Start-ups beteiligt, welche die Überwachungsdienste entwickeln, die das israelische Militär und die Sicherheits- und Geheimdienste für ihren Völkermordkrieg in Gaza nutzen können.
Der von Albanese veröffentlichte Bericht enthält eine detaillierte und vernichtende Anklage an die großen kapitalistischen Unternehmen, die sich an der von Israel durchgeführten „Endlösung“ beteiligen. Der Bericht wurde am Donnerstag dem 47-köpfigen UN-Menschenrechtsrat vorgelegt.
Er endet lahm mit der Forderung nach internationalen rechtlichen Schritten gegen die genannten Unternehmen. Allerdings stoßen solche Appelle auf taube Ohren. Die maßgeblichen Regierungen haben auch den Internationalen Strafgerichtshof, der angeblich zur Verhinderung von Völkermord und Kriegsverbrechen eingerichtet wurde, ignoriert und missachtet. Sowohl Israel als auch die Vereinigten Staaten sind Anfang dieses Jahres aus dem UN-Menschenrechtsrat ausgetreten und haben dies mit einer Voreingenommenheit gegenüber Israel begründet.
Was die Stadt Bern betrifft, so ist die berühmteste Persönlichkeit, die man historisch mit ihr in Verbindung bringen könnte, wohl der brillante Physiker Albert Einstein. Er hat mehrere Jahre im Patentamt der Stadt gearbeitet, nur wenige Kilometer von der Uni entfernt, die Albanese am Montag ausgeschlossen hat. Es besteht kaum ein Zweifel, dass Einstein, wäre er heute noch am Leben, sich für Albanese einsetzen und die Faschisten verurteilen würde, die in Washington und Tel Aviv die Regierungspolitik diktieren.
Einstein bekannte sich erst nach seiner Ankunft in Deutschland im Jahr 1914 zu seinem Judentum. Nachdem die Nazis im Holocaust 6 Millionen Juden ermordet hatten, unterstütze Einstein die Schaffung einer Heimat für Juden. Gleichzeitig lehnte er einen jüdischen Nationalstaat, der Araber unterdrücken würde, vehement ab.
Nur wenige Wochen vor der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 unterzeichnete Einstein einen Brief an die New York Times, in dem es unter anderem hieß:
Wenn uns in Palästina eine echte und endgültige Katastrophe ereilen sollte, wären dafür in erster Linie die Briten verantwortlich, in zweiter Linie die aus unseren eigenen Reihen entstandenen terroristischen Organisationen. Ich bin nicht bereit, irgendjemanden mit diesen fehlgeleiteten und kriminellen Menschen in Verbindung zu bringen.
An erster Stelle unter den hier erwähnten „terroristischen Organisationen“ und „kriminellen Menschen“ stand damals Menachem Begin, Anführer der Terrororganisation Irgun, später Ministerpräsident Israels und Mitvorsitzender der Likud-Partei. Heute wird Likud vom Kriegsverbrecher Benjamin Netanjahu angeführt.
Mit großer Weitsicht schrieb Einstein ebenfalls 1948: „[Begin] führt eine politische Partei an, die in ihrer Organisation, ihren Methoden, ihrer politischen Philosophie und ihrer sozialen Anziehungskraft den nationalsozialistischen und faschistischen Parteien sehr nahe steht.“