Das Verbot von Palestine Action und der Kampf gegen die Starmer-Regierung

Die Socialist Equality Party verurteilt das Verbot von Palestine Action (PalAction) durch die Starmer-Regierung als fundamentalen Angriff auf die demokratischen Rechte der Arbeiterklasse. Seit Mitternacht von Donnerstag auf Freitag gilt es als Straftat, Mitglied zu sein oder diese Organisation in irgendeiner Art und Weise zu unterstützen.

Die SEP tritt für die politische Massenmobilisierung der Arbeiterklasse ein und lehnt die Methoden des individuellen Protests ab, für die Palestine Action steht, da sie damit weder den Völkermord in Gaza beenden noch die Mittäterschaft des britischen Imperialismus daran bekämpfen kann. Doch unabhängig davon rufen wir Arbeiter und Jugendliche in Großbritannien und der Welt dazu auf, gegen staatliche Unterdrückung Widerstand zu leisten.

Protestveranstaltung vor den Royal Courts of Justice gegen das Verbot von Palestine Action am 4. Juli 2025 [Photo: WSWS]

Mit Palastine Action wird eine Organisation von jungen Menschen, die friedlich gegen Israels Massenmorde und die ethnische Säuberung Gazas sowie die britische Komplizenschaft bei diesen Verbrechen protestieren, als Terrorgruppe eingestuft. Diese Entscheidung zielt darauf ab, Millionen von Menschen zu kriminalisieren, die in Großbritannien und weltweit auf die Straße gegangen sind, um gegen diese historischen Verbrechen zu protestieren.

Großbritannien hat den israelischen Staat durch Waffenlieferungen und Überwachungsflüge bei der Ermordung von zehntausenden Palästinensern, überwiegend Frauen und Kindern, geholfen. Jetzt wollen die wirklichen Verbrecher – die Labour-Regierung und alle großen Oppositionsparteien – die Gegner des Völkermords und der Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne und wichtige Dienstleistungen, durch die die Kriege im Nahen Osten und der Welt bezahlt werden sollen, zum Schweigen bringen.

Der Staat gibt sich selbst die Macht, seine politischen Gegner massenweise zu inhaftieren. Viele von ihnen sitzen bereits auf der Anklagebank.

Derzeit stehen mindestens 56 Mitglieder von PalAction wegen Vergehen im Zusammenhang mit ihren friedlichen Protesten vor Waffenfabriken und militärischen Einrichtungen vor Gericht, u. a. wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch. Seit dem 20. Juni wurden mindestens 13 Mitglieder verhaftet. In vielen Fällen hat die Staatsanwaltschaft bereits behauptet, dass eine „Verbindung zu Terroristen“ existiere.

Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Rechtsexperten, Bürgerrechtsorganisationen und Dutzende von Personen des öffentlichen Lebens haben auf die „abschreckende Wirkung“ hinsichtlich der freien Meinungsäußerung hingewiesen, wenn PalAction als terroristische Vereinigung eingestuft wird.

Laut der Anti-Terror-Gesetzgebung (Terrorism Act) aus dem Jahr 2000 ist es eine Straftat, einer verbotenen Organisation anzugehören, zu ihrer Unterstützung aufzurufen, leichtfertig Unterstützung für sie zu äußern oder eine Veranstaltung zu ihrer Unterstützung zu organisieren. Das alles kann mit einer Haftstrafe von bis zu 14 Jahren geahndet werden. Auch das Tragen von Kleidung oder Gegenständen, die den begründeten Verdacht einer Mitgliedschaft oder Unterstützung erwecken, oder ein Bild eines Gegenstands (etwa eine Flagge oder ein Logo) zu veröffentlichen, die auf Unterstützung oder Mitgliedschaft hindeuten, ist eine Straftat.

PalAction hat auf seinem X/Twitter-Account eine Viertelmillion Follower. Millionen weitere Menschen haben gegen das Vorgehen gegen die Gruppe protestiert, viele von ihnen haben dabei durch den Ausruf „Wir sind alle Palestine Action!“ ihre Solidarität gezeigt. Nach dem Verbot sind solche Bekundungen illegal. Da es keinen Schutz für Journalisten gibt, könnte sogar die Berichterstattung über Kampagnen zur Verteidigung der Organisation zu Strafverfolgung führen.

Niemand sollte sich davon täuschen lassen, dass die Regierung beteuert, dass sie keine umfangreiche Kriminalisierung der Proteste gegen den Völkermord in Gaza vorbereitet. Zu den weiteren Personen, die möglicherweise inhaftiert werden sollen, gehört Sarah, eine Studentin der Universität SOAS (School of Oriental and African Studies) in London, die öffentlich das Recht der Palästinenser auf Widerstand gegen die Besatzung verteidigt hat, und Mo Chara von der irischen Hip-Hop-Gruppe Kneecap. Auch gegen die Punk-Band Bob Vylan wurde ein Verfahren eingeleitet, nachdem ihre Mitglieder auf dem Glastonbury-Musikfestival gegen den Völkermord Stellung bezogen hatten.

Am Montag, den 7. Juli, werden zwei führende Mitglieder der „Stop the War Coalition“, Chris Nineham und Ben Jamal, der zudem führendes Mitglied der Palestine Solidarity Campaign ist, wegen Verstößen gegen die öffentliche Ordnung angeklagt, weil sie an einer friedlichen Protestveranstaltung gegen den Völkermord in Gaza teilgenommen haben. Die beiden sind zwei von insgesamt 77 Personen, die am 18. Januar verhaftet wurden, nachdem die Londoner Polizei Einschränkungen für eine zuvor genehmigte Demonstrationsroute verhängt hatte. Die Abgeordneten Jeremy Corbyn und John McDonnell wurden von der Polizei zur Befragung vorgeladen.

Die Socialist Equality Party warnte: „Wenn gewaltlose Sabotage einzelner Demonstranten als Terrorismus eingestuft wird, was ist dann mit Streiks von Seeleuten und Hafenarbeitern oder Fabrik- und Logistikarbeitern, die die Lieferung von Waffen und Gerät für die israelische Kriegsmaschinerie boykottieren, wie es französische, griechische und italienische Hafenarbeiter getan haben?“

Weder kapitalistische Parteien noch die Gerichte können demokratische Rechte verteidigen

Die Regierung setzt auf autoritäre Maßnahmen, weil sie ihre Pläne zur Bereicherung der Finanzoligarchie und ihren Kriegskurs nicht mit demokratischen Mitteln umsetzen kann. Dies zeigte sich in der Krise, in die die Starmer-Regierung im Zusammenhang mit dem Sozialhilfegesetz geriet, sowie bei ihrem vorherigen Rückzieher in der Frage der Heizkostenzuschläge. Labour musste die geplanten Kürzungen in Höhe von fünf Milliarden Pfund deutlich reduzieren, um die Rebellion einiger Labour-Abgeordneter abzuwürgen, die von der Sorge vor einer Gegenreaktion der Bevölkerung getrieben war.

Der britische Premierminister Keir Starmer bei einer Übung von niederländischen und britischen Marineinfanteristen am 24. Juni 2025 [Photo by Simon Dawson / No 10 Downing Street / CC BY-NC-ND 4.0]

Die Verschärfung der Unterdrückung durch die Polizei unmittelbar nach Starmers peinlichem Rückschlag soll der herrschenden Elite versichern, dass es keine weiteren Rückzieher beim Angriff auf die Arbeiterklasse geben wird, der notwendig ist, um die Militärausgaben auf fünf Prozent des BIP zu erhöhen und noch mehr gesellschaftlichen Reichtum in die gierigen Hände der Banken und Konzerne umzuverteilen.

Diesem historischen Angriff auf die demokratischen Rechte der Arbeiterklasse kann man sich nicht mit Appellen an irgendwelche politischen Vertreter oder Institutionen der kapitalistischen Herrschaft entgegenstellen.

Nur 26 Abgeordnete des Unterhauses stimmten gegen das Verbot von PalAction, im Oberhaus nur elf Peers. Am Freitag lehnte Richter Chamberlain es ab, dem Antrag der Anwälte von Palestine Action auf eine einstweilige Aufhebung der Verfügung stattzugeben, bis Ende dieses Monats eine gerichtliche Überprüfung beantragt werden kann. Damit bestätigte er, dass es in der herrschenden Klasse keine Basis für die Verteidigung demokratischer Rechte gibt.

Auch die Handvoll Labour-Linken sind alleine oder zusammen mit den Grünen nicht in der Lage, eine politische Verteidigung der demokratischen und sozialen Rechte der Arbeiterklasse zu organisieren. Einen Tag nach der Abstimmung im Parlament kündigte eine der führenden Stimmen unter den rebellierenden Labour-Abgeordneten, Zarah Sultana, ihren Austritt aus der Labour Party an. Sie erklärte, sie werde sich den fünf Parteilosen um den ehemaligen Labour-Chef Jeremy Corbyn anschließen und Co-Vorsitzende einer neuen linken Partei werden.

Über eine solche neue Partei wird schon geredet, seit Corbyn im Jahr 2020 als Labour-Parteichef abgesetzt wurde. Allerdings wurde eine Gründung immer wieder aufgeschoben, weil Corbyn peinlich darauf bedacht ist, alles zu vermeiden, was den Arbeitern die Möglichkeit zu einem echten politischen Kampf gegen Labour und die Gewerkschaftsbürokratie verschaffen würde. Stattdessen propagiert er die falsche Vorstellung, dass man die Labour Party nach links drücken könnte.

Selbst wenn es zur Gründung einer solchen neuen Partei käme, so würde sie von den gleichen Kräften geführt werden, die sich geweigert haben, einen Kampf gegen die rechten Anhänger des ehemaligen Premierministers Tony Blair innerhalb der Labour Party sowie gegen die Tories zu führen. Deren Hetzkampagne gegen „linken Antisemitismus“ schuf die Grundlage für die heutige Kriminalisierung von Widerstand gegen den Völkermord. Der Zweck dieser neuen Partei wäre es, den breiten Widerstand gegen Krieg und Austerität in politisch impotente, parlamentarische Appelle zu lenken.

Die historische Verwandlung der Labour Party und der Kampf für eine sozialistische Partei der Arbeiterklasse

Der notwendige Kampf gegen Starmers Regierung kann nicht mit der Beschwörung der reformistischen Vergangenheit oder der Schaffung einer (Miniatur-)Labour Party 2.0 geführt werden.

Im Jahr 1901 nahm der Kampf für die Gründung der Labour Party an Fahrt auf, nachdem das Taff-Vale-Urteil es Arbeitgebern ermöglicht hatte, von Gewerkschaften Schadensersatz für finanzielle Verluste durch Streiks zu fordern. Damit wären die Arbeiter der Diktatur des Großkapitals gegenüber machtlos gewesen. Heute setzt die Labour Party mit Unterstützung der Gewerkschaftsbürokratie Angriffe auf die demokratischen Rechte und auf die Arbeiterklasse durch, die sogar noch übler sind als diejenigen ihrer Tory-Vorgängerregierung.

Eine derart grundlegende Verwandlung kann nicht bloß auf ein paar schlechte Parteiführer zurückgeführt werden. Vielmehr sind Starmer, ein ehemaliger Menschenrechtsanwalt, der zum rechten Eiferer geworden ist, und seine Regierung das Endergebnis einer fundamentalen Veränderung im Bereich der Grundlagen des Weltkapitalismus.

Das Aufkommen der globalisierten Produktion hat der Gewerkschaftsbürokratie, die historisch im Nationalstaat verwurzelt ist, jede Möglichkeit genommen, die Verteidigung des kapitalistischen Profitsystems mit der Durchsetzung begrenzter Reformen zur Wahrung des sozialen Friedens zu kombinieren. Die Zerstörung aller Errungenschaften, die Arbeiter in der Vergangenheit erkämpft haben, und die Durchsetzung der Sparpolitik sind heute eine Voraussetzung dafür, die Kriegs- und Handelskriegspläne des britischen Imperialismus erfolgreich umzusetzen.

Daher ist die Verteidigung grundlegender demokratischer Rechte, des Lebensstandards der Arbeiter sowie der Kampf gegen Völkermord und Krieg nur von einer neuen Grundlage aus möglich: dem Kampf für sozialistischen Internationalismus.

Der Kapitalismus wird durch seine inneren Widersprüche in eine existenzielle Krise getrieben – insbesondere durch den Widerspruch zwischen einem global vernetzten Produktionssystem und der Aufspaltung der Welt in konkurrierende Nationalstaaten, die auf der Aufrechterhaltung des Privateigentums an den Produktionsmitteln basieren. Um ihre Herrschaft und ihre immensen Privilegien zu erhalten, muss die Bourgeoisie in jedem imperialistischen Land Kriege und Handelskriege gegen das Ausland und Klassenkrieg im eigenen Land führen, um die nationale Wettbewerbsfähigkeit gegen ihre Rivalen sicherzustellen. Dies findet seinen schärfsten Ausdruck in Donald Trumps Errichtung einer Präsidialdiktatur in den USA.

Doch wie der Ausbruch der Massenproteste gegen Trump zeigt, treiben die gleichen Widersprüche Millionen Menschen in den Kampf und bilden die objektive Grundlage für eine vereinte Gegenoffensive der internationalen Arbeiterklasse gegen das Abgleiten der herrschenden Eliten aller Länder in Diktatur und Krieg.

Die Socialist Equality Party ruft die Arbeiter auf, die demokratischen Rechte mit den Methoden des Klassenkampfs zu verteidigen. Dies erfordert eine systematische Mobilisierung auf politischer und betrieblicher Ebene gegen die Starmer-Regierung durch den Aufbau von Organisationen der Arbeiter, die unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie agieren, und durch den dringend notwendigen Aufbau einer neuen Arbeiterpartei auf wirklich sozialistischer Grundlage – der Socialist Equality Party.

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