In den vergangenen fünf Wochen sind bei Lebensmittelausgaben der von den USA und Israel unterstützten „Gaza Humanitarian Foundation“ (GHF; Gaza-Humanitärstiftung) mindestens 600 Palästinenser getötet worden. Dies teilte das Medienbüro der israelischen Regierung in Gaza diese Woche mit.
Die Tötungen ereigneten sich in über 20 separaten Massakern, die zu einem nahezu täglichen Ereignis geworden sind. Sie stellen mittlerweile ein zentrales Element des andauernden Völkermords in Gaza dar.
Am Mittwoch und Donnerstag veröffentlichten die Associated Press (AP) und die BBC Berichte, die auf Augenzeugeninterviews basieren. Diese legen dar, dass amerikanische private Militärdienstleister, die für die GHF arbeiten, das Feuer auf palästinensische Zivilisten eröffnet haben. Dies widerspricht dem, was die GHF, USA und Israel behaupten, dem zufolge die Auftragnehmer nicht an den Massakern beteiligt seien.
Die Berichte der AP und BBC zeichnen ein Bild der Hilfsverteilungen als eine Art menschenunwürdiges Zielschießen, bei dem die „humanitären“ Mitarbeiter über die Tötung von Zivilisten lachen und sich gegenseitig zu Gewalt anstacheln.
Ein ehemaliger Mitarbeiter, der mit der BBC sprach, sagte, die Auftragnehmer hätten eine Vollmacht erhalten, um ungestraft töten zu können. „Wir gehen nach Gaza, also gibt es keine Regeln. Mach, was du willst“, berichtete er. Ihm sei gesagt worden: „Wenn du dich bedroht fühlst, schieß – schieß, um zu töten, und stell Fragen später.“
Die Palästinenser seien von den US-Auftragnehmern als „Zombie-Horden“ bezeichnet worden, sagte die Quelle der BBC, „was impliziert, dass diese Menschen keinen Wert haben“.
Die AP berichtete: „Jeder Auftragnehmer war mit einer Pistole, Blendgranaten, Tränengas und einem in Israel hergestellten automatischen Gewehr ausgerüstet, das Dutzende Schüsse in Sekunden abfeuern kann, sagte der Auftragnehmer, der die Videos aufnahm.“
Jede Lebensmittelausgabe werde regelmäßig nicht nur von scharfer Munition begleitet, sondern auch von Blendgranaten und Gummigeschossen. Die AP schrieb: „Während einer einzigen Verteilung im Juni setzten Auftragnehmer 37 Blendgranaten, 27 Gummi- und Rauch-‚Scat Shell‘-Geschosse und 60 Dosen Pfefferspray ein, wie aus internen Textnachrichten hervorgeht, die der AP vorliegen. Die scharfe Munition ist in diesen Zahlen noch nicht enthalten.“
Die Berichte der BBC und der AP erhärten zudem den Verdacht, dass die GHF-Ausgaben genutzt werden, um mithilfe künstlicher Intelligenz Personen zu identifizieren, die dann verhaftet oder direkt erschossen werden. Die AP berichtete: „Einige Kameras sind mit Gesichtserkennungssoftware ausgestattet.“
Im März hatte Israel eine vollständige Blockade aller Lebensmittel-, Wasser- und Stromlieferungen in den Gazastreifen verhängt und damit die Arbeit humanitärer Organisationen, einschließlich der Vereinten Nationen und Ärzte ohne Grenzen (MSF; Médecins Sans Frontières), faktisch zum Erliegen gebracht. Im Mai begann die GHF mit ihren Lebensmittelausgaben, die von nahezu täglichen Massakern begleitet werden. Im vergangenen Monat kündigte die Regierung unter Donald Trump an, sie werde 30 Millionen US-Dollar für die GHF bereitstellen.
Am Dienstag veröffentlichte eine Gruppe von über 150 humanitären Organisationen eine Erklärung, in der sie die GHF verurteilten. Darin hieß es: „Mehr als zwei Millionen Menschen in noch enger begrenzte Gebiete zusammenzudrängen, wo sie überhaupt die Chance haben, ihre Familien zu ernähren - das ist kein Plan, um Leben zu retten.“
Weiter hieß es darin: „Das humanitäre System wird durch die Blockade und die Restriktionen der israelischen Regierung vorsätzlich und systematisch zerstört – eine Blockade, die nun dazu benutzt wird, nahezu alle anderen Hilfsoperationen zu unterbinden zugunsten einer tödlichen, militärisch kontrollierten Alternative, die weder Zivilisten schützt noch Grundbedürfnisse deckt.“
Und weiter: „Nach dem neuen Plan der israelischen Regierung werden ausgehungerte und geschwächte Zivilisten gezwungen, stundenlang durch gefährliches Gelände und aktive Kampfzonen zu ziehen, nur um dann in ein gewaltsames, chaotisches Rennen zu geraten, sobald sie die umzäunten, militarisierten Verteilzentren erreichen, die nur einen einzigen Eingang haben. Dort werden Tausende in chaotische Gehege geleitet, wo sie um begrenzte Lebensmittelvorräte kämpfen müssen.“
Letzte Woche veröffentlichte die israelische Zeitung Haaretz eine Untersuchung mit Interviews israelischer Soldaten. Diese gaben an, sie seien wiederholt angewiesen worden, auf unbewaffnete Menschenmengen von Hilfesuchenden zu schießen. Dies geschah im Rahmen einer Operation, deren Name offenbar auf das mörderische „Rotes Licht, grünes Licht“-Spiel aus der fiktionalen Squid Game-Fernsehserie anspielt.
In einem Interview mit Al Jazeera sagte Dr. Mads Gilbert, ein Notfallmediziner, der seit Jahrzehnten in Gaza arbeitet, über die Tätigkeit der GHF: „Es ist Teil des Plans der [israelischen] Streitkräfte und der israelischen Regierung, eine ethnische Säuberung durchzuführen und ihr Ziel des Genozids in Gaza zu erreichen.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Er fügte hinzu: „Die Verteilungsorganisation zielt darauf ab, Nahrung als Köder zu nutzen, um hungernde Menschen anzulocken, und sie dann zu terrorisieren und zu töten. Das Erschießen von Menschen in Lebensmittelschlangen ist ein Kriegsverbrechen.“
Hinzu kommt, dass laut dem Medienbüro der Regierung in Gaza allein am vergangenen Wochenende mindestens 66 Kinder an Unterernährung gestorben sind. Und die Massenhungersnot in der belagerten Enklave nimmt weiter rasant zu.
Allein im Juni wurden bei über 5.000 Kindern im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren Unterernährung diagnostiziert. Das entspricht einem Anstieg von 50 Prozent gegenüber Mai und von 150 Prozent gegenüber Februar.
Wie die israelische Zeitung Maariv am Dienstag berichtete, warfen israelische Kampfpiloten im vergangenen Monat auf dem Rückflug von Angriffen gegen den Iran ihre ungenutzte Munition über Gaza ab. Der Massenmord im Gaza wird trotz des gleichzeitigen Angriffs auf den Iran unvermindert fortgesetzt.
Mehr als 300 Palästinenser wurden in den letzten zwei Tagen von israelischen Truppen getötet, wie das Medienbüro der Regierung von Gaza am Donnerstag mitteilte. Die Angriffe fanden im gesamten Gazastreifen statt und umfassten Flüchtlingslager, Wohnhäuser und Märkte.
Am Mittwoch wurde Dr. Marwan al-Sultan, der Direktor des Indonesischen Krankenhauses, bei einem israelischen Luftangriff auf sein Haus im Westen des Gazastreifens getötet.
Seit Oktober 2023 hat Israel mindestens 57.000 Palästinenser in Gaza getötet, wobei die tatsächliche Todeszahl zweifellos erheblich höher liegt.