Während die US-Regierung ihre Militärhilfe an die Ukraine einschränkt und sogar bereits zugesagte Waffenlieferungen stoppt, treibt die Bundesregierung ihre militärische Zusammenarbeit mit Kiew intensiv voran.
Das war das wichtigste Ziel des Antrittsbesuchs von Außenminister Johann Wadephul (CDU) in Kiew am vergangenen Montag. Wadephul wurde von „hochrangigen Vertretern deutscher Rüstungsunternehmen“ begleitet, die zeitweise „auch an einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj teilnahmen“, wie Medien berichten.
Die Namen der beteiligten Konzernchefs werden dabei sorgsam verschwiegen und Einzelheiten der Rüstungs-Deals nicht bekannt gegeben. Angesichts der zunehmenden Opposition gegen Aufrüstung soll die Rüstungskooperation offenbar möglichst unbemerkt und hinter dem Rücken der Bevölkerung stattfinden. Dabei ist längst bekannt, dass der Rüstungskonzern Rheinmetall in der Westukraine eine Panzerfabrik unterhält. Sein CEO Armin Papperger trat schon wiederholt öffentlich in Kiew auf.
Welche Rüstungs- und Industriekonzerne waren außerdem vertreten und durch wen? Könnte es sein, dass auch Sigmar Gabriel mit von der Partie war, der frühere SPD-Minister, der heute Aufsichtsratsmitglied von Rheinmetall und Vorsitzender der Atlantik-Brücke ist?
Auch VW hat vor kurzem Pläne bekannt gemacht, „ins Rüstungsgeschäft einzusteigen“, und hat eine Zusammenarbeit mit Rheinmetall in die Wege geleitet, um das VW-Werk Osnabrück für Militärfahrzeuge umzurüsten. Ferner ist das Bombardier-Werk in Görlitz, von Alstom 2021 übernommen, das traditionell im Eisenbahnwaggon-Geschäft tätig war, an den Rüstungskonzern KNDS verkauft worden. Die IG Metall hat jeden solchen Deal aktiv unterstützt.
Rheinmetall will jedenfalls seine Tätigkeit in der Ukraine ausweiten. Bisher hat der Konzern in dem Gemeinschaftswerk, das er zusammen mit der ukrainischen Verteidigungsindustrie in der Westukraine betreibt, deutsche Schützenpanzer, zum Beispiel den Marder, gewartet und repariert. Künftig soll auch die Montage und Produktion neuer Panzer, insbesondere des Schützenpanzers Lynx, dort stattfinden.
Fakt ist, dass sich Deutschland nach dem Teilrückzug der USA zum wichtigsten Handels- und Kriegspartner der Ukraine entwickelt. Gleichzeitig wird das kriegsgeschundene Land mehr und mehr von Deutschland einverleibt. Seine reichen Rohstoffe, seine strategische Lage und vor allem seine billigen Arbeitskräfte sollen einmal mehr dem deutschen Kapital zugute kommen. Laut Angabe des Wirtschaftsprüfers KPMG liegen die monatlichen Personalkosten pro Arbeiter in der Ukraine bei nur 367 Euro brutto – in Deutschland dagegen durchschnittlich bei 4.400 Euro.
Bis zu 20 Projekte, Partnerschaften und Joint Ventures hat Wadephuls Delegation in die Wege geleitet, berichtet die Zeit. Der Minister soll auch die Errichtung von insgesamt 16 Iris-T-Flugabwehrstellungen garantiert haben, von denen sechs seit April schon montiert sind.
Die Berliner Regierung von Union und SPD unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) drängt darauf, nicht allein deutsche Waffensysteme an die Ukraine zu liefern, sondern mehr und mehr die kostengünstige ukrainische Produktion selbst zu nutzen. Diesem Zweck dient auch die verlogene Propaganda über die Ukraine als „Hort der Freiheit“, der sich angeblich mutig gegen den autoritären russischen Aggressor verteidigt. Wadephul sagte in Kiew: „Die Freiheit und Zukunft der Ukraine ist die wichtigste Aufgabe unserer Außen- und Sicherheitspolitik.“
Dass das Selenskyj-Regime nichts mit „Freiheit“ zu tun hat, beweist allein schon die Tatsache, dass der ukrainische Sicherheitsdienst SBU seit über 14 Monaten den 26-jährigen Sozialisten Bogdan Syrotjuk und zahlreiche weitere politischen Gefangene inhaftiert. Syrotjuk, der des „Hochverrats“ beschuldigt wird, hat das einzige „Verbrechen“ begangen, sich dem Krieg zu widersetzen und dafür zu kämpfen, ukrainische und russische Arbeiter zu vereinen.
Die deutsche Regierung und EU stehen „felsenfest an Kyjiws Seite“, wie es auf der Website des deutschen Außenamtes heißt. Auch nach dem Nato-Kipfel in Den Haag versichert die deutsche Regierung: „Wir werden die Ukraine weiter in allen Bereichen unterstützen – auch und gerade militärisch. Denn Deutschlands Unterstützung wirkt – seien es Panzerhaubitzen, das Luftabwehrsystem IRIS-T oder auch Trinkwasseraufbereitungsanlagen.“
In Kiew betonte Wadephul: „Unsere Rüstungszusammenarbeit ist ein echter Trumpf. Sie ist eine logische Fortsetzung unserer Materiallieferungen, und wir können sogar beiderseits davon profitieren.“
Seine Reise war „aus Sicherheitsgründen“ zuvor nicht bekannt gemacht worden. Am Kiewer Bahnhof wurde er von dem deutschen Botschafter in der Ukraine, Martin Jäger, empfangen. Dieser Diplomat, der vorher deutscher Botschafter im Irak war, soll in Kürze neuer Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) werden.
Wadephul und sein Wirtschaftstross besuchten auch den Hafen von Odessa, wo sie sich unter Führung des ukrainischen Außenministers Andrij Sybiha ein Bild von der Hafenanlage und der gesamten Situation vor Ort machten. Im Hafen von Odessa hat die Bundesrepublik das größte Frachtterminal mit Bundesgarantien abgesichert, was bedeutet, dass die deutschen Steuerzahler für alle Kriegsschäden aufkommen. Der Hafen von Odessa ist nach der rüstungstechnischen die zweitgrößte deutsche Investition in der Ukraine. Die Unterstützung für die Luftverteidigung soll dort verstärkt werden, um den Hafen trotz des Krieges funktionstüchtig zu halten.
Am Dienstag reiste der Außenminister dann nach Moldau weiter. Was dieses kleine, dreiseitig von der Ukraine umschlossene Land betrifft, so hat Deutschland die feste Absicht, Moldau in die EU und in die Nato einzugliedern und so den Ring um die russische Westgrenze enger zu ziehen.
Der Aufmarsch der Nato an der russischen Westgrenze geht rasch voran. Er bringt Europa täglich näher an einen Krieg mit Russland, der den ganzen Kontinent in einen Atomkrieg stürzen kann.
In Litauen hat die deutsche Bundeswehr bereits eine ständige Kampfbrigade stationiert, was eine direkte und gefährliche Provokation Russlands darstellt. Dort steht mittlerweile ein voll ausgerüsteter Kampfverband von 5.000 Soldaten mit Panzern und schweren Waffen wenige hundert Kilometer vor der russischen Grenze. Dies ausgerechnet in dem Land, in dem Hitlers Vernichtungskrieg zur Ermordung von etwa 95 Prozent der jüdischen Bevölkerung geführt hatte.
Auch andere Nato-Mitglieder bringen ihre Truppen gegen Russland in Stellung. Zum Beispiel ist Norwegen gerade dabei, die F35-Kampfjets seiner Luftwaffe nach Polen zu verlegen. Dies sei nötig, um die Materialtransporte in die Ukraine abzusichern, und dafür werde Norwegen „in wenigen Tagen einen Beitrag in Form von Soldaten, Flugzeugen und Luftabwehr entsenden“, wie es in einer offiziellen Erklärung heißt.
Für die imperialistischen Kriegsvorbereitungen gegen Russland ist die Rüstungskooperation Deutschlands mit der Ukraine ein treibender Faktor. Schon im Februar 2024 erklärte Generalinspekteur Carsten Breuer, der ranghöchste deutsche General, dass er „in 5 bis 8 Jahren“ mit einem Krieg gegen Russland rechne. Er fügte hinzu: „Und weil ich Militär bin, sage ich: In fünf Jahren müssen wir kriegstüchtig sein.“
Seitdem sieht der sozialdemokratische Verteidigungsminister Boris Pistorius seine Hauptaufgabe darin, diesen Marschbefehl des Generalstabschefs zu wiederholen, und er betont bei jeder Gelegenheit, das Ziel der Bundesregierung bestehe darin, Deutschland wieder „kriegstüchtig“ zu machen.