Perspektive

Oberster Gerichtshof in den USA stützt Trumps Diktatur

Der Oberste Gerichtshof auf dem Capitol Hill in Washington [AP Photo/J. Scott Applewhite, ]

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA in der Rechtssache Trump gegen CASA markiert einen neuen Meilenstein im Zusammenbruch der amerikanischen Demokratie. In einer Entscheidung vom Donnerstag, die mit 6:3 Stimmen ausfiel, stellte sich die rechtsextreme Mehrheit der Richter am Supreme Court auf die Seite der Trump-Regierung. Sie entzog den US-Bundesgerichten die Befugnis, allgemeine Verfügungen zu erlassen – und zwar selbst in Fällen, in denen die Regierungspolitik eindeutig verfassungswidrig ist.

Die unmittelbare Auswirkung der Entscheidung besteht darin, dass Trumps Durchführungsverordnung gegen das Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft angewandt werden kann. Diese richtet sich gegen eines der grundlegendsten demokratischen Prinzipien im amerikanischen Recht. Es ist verankert im vierzehnten Zusatzartikel der US-Verfassung, der nach dem Bürgerkrieg verabschiedet wurde, um allen in den Vereinigten Staaten Geborenen die Staatsbürgerschaft zu garantieren, unabhängig von Ethnie, Abstammung oder Herkunft der Eltern.

Die Auswirkungen des Urteils gehen jedoch weit über diesen speziellen Fall hinaus. Es beschneidet die Macht der Justiz, verfassungswidrige Maßnahmen der Exekutive zu stoppen. Demnach ist selbst dann, wenn ein Bundesgericht entscheidet, dass eine präsidiale Anordnung gegen die Grundrechte verstößt, der Richter nicht befugt, die künftige Durchsetzung der Anordnung zu verbieten.

Die Verfassungswidrigkeit der von Trump am ersten Tag seiner Amtszeit erlassenen Durchführungsverordnung gegen das Recht auf Staatsbürgerschaft ist eindeutig. Wie Richterin Sonia Sotomayor in ihrer abweichenden Stellungnahme feststellt, ist die Anordnung „offenkundig verfassungswidrig“. Sotomayor stellt fest, dass die Entscheidung der Mehrheit das berüchtigte Urteil des Obersten Gerichtshofs zu Dred Scott wieder aufleben lässt. Der Dred-Scott-Entscheid besagt, dass Personen afrikanischer Abstammung keine US-Staatsbürger sein können. Nach dem Bürgerkrieg wurde dieses Urteil durch den vierzehnten Zusatzartikel aufgehoben.

Mehrere Bundesbezirksgerichte haben die Durchführungsverordnung für verfassungswidrig erklärt, so dass der Oberste Gerichtshof angerufen wurde. Die Trump-Regierung hat jedoch gar nicht die Verfassungskonformität ihrer Anordnung behauptet. Stattdessen argumentierte sie, dass landesweite Unterlassungsverfügungen beendet werden müssen. Das heißt: Obwohl die Maßnahmen der Trump-Regierung in eklatanter Weise gegen geltendes Recht verstoßen, soll den Richtern die Befugnis entzogen werden, sie zu stoppen.

Sotomayor erläutert in ihrem Widerspruch die weitreichenden Folgen und weist darauf hin, der Gerichtsentscheid bedeute, dass „egal wie verfassungswidrig ein Gesetz oder eine Politik ist, die Gerichte der Exekutive niemals einfach sagen können, sie solle aufhören, es gegen jemanden durchzusetzen. Stattdessen sagt die Regierung, dass sie in der Lage sein sollte, die Staatsbürgerschaftsverordnung (deren Rechtmäßigkeit sie nicht verteidigt) auf jeden anzuwenden, außer auf diejenigen, die dagegen Klage eingereicht haben.“

Mit anderen Worten: Die Trump-Regierung nimmt sich das Recht heraus, die Verfassung nach Belieben zu verletzen, indem sie alle rechtlichen Anfechtungen in den einzelnen Bezirken und bei den einzelnen Klägern in die Länge zieht. Dies tut sie im Vertrauen darauf, dass die Faschisten am Obersten Gerichtshof sie unterstützen, so wie sie es am Freitag getan haben.

„Kein Recht ist in dem neuen Rechtssystem, das der Gerichtshof schafft, sicher“, warnt Sotomayor. Das Urteil „verleiht den verfassungsrechtlichen Garantien nur dem Namen nach Bedeutung für alle Personen, die nicht Partei in einem Rechtsstreit sind“.

Mit dieser Entscheidung könnte die Regierung weitreichende und verfassungswidrige Durchführungsverordnungen umsetzen, die über das hinausgehen, was sie bereits getan hat - Verbote von Protesten und Streiks und die Inhaftierung von Arbeitern, Zensur gegen politische Gegner und die Presse sowie die Beschneidung anderer grundlegender demokratischer Rechte. Dabei muss sie nicht befürchten, dass die Durchsetzung landesweit durch Gerichtsbeschlüsse gestoppt wird. Rechte werden nach dieser Auffassung zu Privilegien, die nur den Wohlhabenden zustehen, und die Verfassung wird zu einem fadenscheinigen Papier, das ungestraft verletzt werden kann.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wird sich auch auf andere landesweite Verfügungen aus, die einige der reaktionärsten Maßnahmen der Trump-Regierung vorübergehend blockiert haben. Dazu gehören die Forderung nach einem Wählerausweis in 19 Bundesstaaten, das Einfrieren von Bundesmitteln in Höhe von 3 Billionen Dollar, die Drohung, 75 Milliarden Dollar aus dem Etat für das öffentliche Schulwesen zu streichen, und die Abschaffung der Rechtshilfe für mehr als 25.000 minderjährige Kinder von Zugewanderten.

Richterin Jackson am Obersten Gerichtshof bezeichnete die Entscheidung in einer separaten Begründung ihrer Gegenstimme als „existenzielle Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit“. Und weiter: „Wenn die Richter der Exekutive erlauben müssen, unter bestimmten Umständen rechtswidrig zu handeln, wie das Gericht heute feststellt, wird die Gesetzlosigkeit der Exekutive gedeihen... Letztendlich wird die Exekutive völlig unkontrollierbar, und unsere geliebte verfassungsmäßige Republik wird nicht mehr existieren.“

Jackson fügt hinzu, dass „ein Regierungssystem, das an das Gesetz gebunden ist, bedeutet, dass jeder dem Gesetz unterworfen ist, ohne Ausnahme“. Die Entscheidung des Gerichts dagegen schafft „einen rechtsfreien Raum, in dem die Exekutive das Privileg genießt, sich an das Recht zu halten oder es zu lassen, ganz wie es beliebt“.

Im Klartext: Der Oberste Gerichtshof hat die Diktatur und die Gesetzlosigkeit der Exekutive gebilligt - so sagt es eine amtierende Richterin. Das Urteil hat die rechtliche Grundlage für eine amerikanische Version der Reichstagsbrandverordnung geschaffen, die Hitler zur Durchsetzung seiner unbegrenzten Machtbefugnisse nutzte. Dasselbe Gericht, das am Freitag die landesweite Durchsetzung verfassungswidriger Anordnungen billigte, erklärte letztes Jahr, dass der Präsident bei Handlungen, die er im Rahmen seiner „offiziellen Pflichten“ begeht, Immunität vor Strafverfolgung genießt.

Das Urteil entlarvt auch die Rolle des Obersten Gerichtshofs als zentralen Mechanismus für die Errichtung einer Präsidialdiktatur.

Wie die Entscheidung des Gerichtshofs zeigt, geht die Hinwendung zur Diktatur nicht von Trump als Person aus. Trump artikuliert in brutalster und unverhüllter Form die Interessen einer herrschenden Klasse, die sich über alle Beschränkungen in Gesetz und Verfassung hinwegsetzt. Hinter Trump und dem Obersten Gerichtshof steht die amerikanische Finanzoligarchie, deren Reichtum und Macht mit demokratischen Normen unvereinbar sind.

Die Entscheidung erfolgt unter den Bedingungen immer eklatanterer Rechtsverstöße des Präsidenten. Die Trump-Regierung hat die völkerrechtswidrige Bombardierung des Iran eingeleitet, die Masseninhaftierung von Zugewanderten verschärft und wirft studentische Aktivisten aus dem Land, die sich gegen den Völkermord im Gazastreifen wenden. Die faschistische Bande rund um Trump reagiert auf die Vorwahl zum Bürgermeisteramt in New York, die Zohran Mamdani als Mitglied der Democratic Socialists of America deutlich für sich entscheiden konnte, mit der Androhung von Gewalt, Abschiebung des Wahlsiegers und der Kriminalisierung politisch Andersdenkender.

Innerhalb des politischen Establishments gibt es keine nennenswerte Opposition. Nur wenige Tage vor dem Urteil des Obersten Gerichtshofs stimmte die Demokratische Partei mit den Republikanern im Kongress und blockierte dadurch eine Resolution, mit der Trump wegen des Bombardements gegen den Iran angeklagt werden sollte. Die Demokraten sind keine Gegner des Faschismus, sondern Kollaborateure auf dem Weg zur Diktatur. Sie haben jeden Schritt des Angriffs auf die demokratischen Rechte erleichtert, und sie teilen Trumps Angst vor der Arbeiterklasse und seinen Hass auf jede Arbeiterbewegung.

Die Demontage der verfassungsmäßigen Ordnung hat immense Auswirkungen auf die soziale und politische Stabilität der Vereinigten Staaten. Die Verfassung bildet seit jeher den politischen Rahmen, der ein großes und sozial gespaltenes Land zusammenhält. Die herrschende Klasse untergräbt damit nicht nur die Legitimität der Regierung, sondern auch die Institutionen, durch die sie traditionell ihre Herrschaft ausübt, einschließlich der Gerichte selbst. Auf diese Weise plädiert sie selbst für eine Revolution.

In der Bevölkerung regt sich massiver und wachsender Widerstand gegen diese Angriffe. Erst vor zwei Wochen nahmen Millionen Menschen an den größten regierungsfeindlichen Demonstrationen in der amerikanischen Geschichte teil. Sie standen unter dem Motto „No Kings“. Das Erbe der beiden amerikanischen Revolutionen - Unabhängigkeitskrieg und Bürgerkrieg - ist noch immer tief im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. Mit seiner Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof praktisch ein „Yes to Kings“ erklärt.

Für Arbeiter und Jugendliche ist es von entscheidender Bedeutung, den Zusammenhang zwischen den Angriffen auf demokratische Rechte und dem kapitalistischen System selbst zu verstehen. Der Staat ist kein neutraler Schlichter, sondern ein Instrument der Klassenherrschaft. Ihre Formen werden durch die realen wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen in der Gesellschaft bestimmt. Wie die WSWS warnte, stellt die Wiederwahl Trumps eine gewaltsame Neuausrichtung des Staates dar, die der oligarchischen sozialen Realität entspricht.

Die Verteidigung demokratischer Rechte erfordert einen Frontalangriff auf den Reichtum und die Privilegien der herrschenden Klasse. Der Massenwiderstand gegen die Diktatur muss zu einer antikapitalistischen, sozialistischen Bewegung werden. Die Socialist Equality Party kämpft für die Enteignung der Finanzoligarchie, die Umwandlung der Konzerne in öffentliche Versorgungsbetriebe unter Arbeiterkontrolle und die Errichtung einer Arbeiterregierung auf der Grundlage von sozialer Gleichheit, Internationalismus und echter Demokratie.

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