Kenias Ruto-Regierung richtet unter Protesten der Generation Z ein Blutbad an

Am Mittwoch gingen in ganz Kenia Hunderttausende auf die Straße. In mindestens 27 der 47 Bezirke des Landes brachen Proteste aus. Die Proteste kommen ein Jahr nach dem großen Aufstand der Generation Z vom 25. Juni 2024, der damals zur Erstürmung des Parlaments führte.

Auch jetzt greift Präsident William Ruto erneut zu massiver Gewalt und hat die brutale Niederschlagung des Protests ausgelöst. Es kamen scharfe Munition, Tränengas und Wasserwerfer zum Einsatz, und vom Staat finanzierte Schläger griffen die Demonstrierenden an.

Tränengas-Attacke der Polizei auf Demonstrierende in Nairobi, Kenia am Mittwoch, 25. Juni 2025 [AP Photo/Brian Inganga]

Nach Angaben der kenianischen Menschenrechtskommission wurden mindestens 16 Menschen durch Schusswunden getötet und über 400 verletzt. Unter den bestätigten Toten ist auch ein Schüler der Sekundarschule. Die Zahl der Verletzten steigt weiter, und aus dem ganzen Land treffen immer noch Berichte ein, so dass die Zahl der Toten mit Sicherheit noch zunehmen wird.

Während die Polizei brutale Gewalt ausübte, floh Präsident Ruto aus Nairobi und zog sich unter dem fadenscheinigen Vorwand, an der Beerdigung des Vaters des Gouverneurs von Kilifi, einer politisch irrelevanten Figur, teilzunehmen, an die Küste zurück. Flankiert wurde Ruto bei der Veranstaltung von Senatssprecher Amason Kingi und dem ehemaligen Premierminister und Milliardär Raila Odinga.

Odinga, der früher als Oppositionsführer auftrat, ist eine Stütze der „breit angelegten Regierung“ und unterstützt Ruto bei der Durchsetzung der Sparpolitik des Internationalen Währungsfonds und der Polizeigewalt. Die Anwesenheit der beiden bei der Beerdigung, weit weg von der in Flammen stehenden Hauptstadt, verdeutlichte die Angst des Regimes vor der Arbeiterklasse und der Jugend.

Die Proteste wurden größtenteils über die sozialen Medien organisiert. Weder die großen bürgerlichen Parteien noch die Gewerkschaften unterstützten sie. Dazu aufgerufen worden war über Plattformen wie WhatsApp, Telegram und X unter Verwendung von Hashtags wie #OccupyStateHouse, #OccupyUntilVictory, #RutoMustGo und #SiriNiNumbers, die tagelang im Trend lagen.

Was sich daraus entwickelte, war eine landesweite politische Revolte. Ganze Landstriche kamen zum Stillstand, und in den Stadtzentren blieben große Unternehmen, Banken und Märkte geschlossen. Wie schon beim Aufstand im letzten Jahr überwanden die Proteste die Stammes- und Regionalgrenzen, welche die kenianische Regierungselite seit langem zur Machterhaltung ausnutzt. Es war eine Bewegung, die im gemeinsamen Kampf gegen Polizeibrutalität, autoritäre Herrschaft, Sparmaßnahmen und die steigenden Lebenshaltungskosten entstanden war.

In Nairobis zentralem Geschäftsviertel (CBD) marschierten Tausende mit Fahnen und Plakaten, auf denen die Gesichter der im Aufstand von 2024 Ermordeten abgebildet waren. Sie skandierten „Ruto muss weg“. Das Militär war an strategischen Orten wie dem Nyayo-Stadion stationiert. Regierungsbüros wurden mit Stacheldraht verbarrikadiert. Die Demonstrationen begannen meist friedlich, bis die Polizei Tränengas und Schlagstöcke einsetzte und scharfe Munition abfeuerte.

Im gesamten Stadtzentrum kam es zu Zusammenstößen, da sich die Demonstrierenden allen Versuchen, sie zu vertreiben, widersetzten. In der Zwischenzeit versuchte der Staat, den Zugang zur Hauptstadt abzuschneiden, indem er Straßensperren entlang der wichtigsten Straßen errichtete, während die Kenya Railways alle Pendlerzüge einstellte, um die Demonstranten daran zu hindern, ins Stadtzentrum zu gelangen. Die Entschlossenheit des Protests zwang die Gesetzgeber, aus Angst vor einem möglichen Einbruch aus den Parlamentsgebäuden zu fliehen.

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In den Arbeitervierteln von Ngara und Pipeline kämpften Jugendliche gegen die Polizei und überwältigten sie in einigen Fällen.

In der Hafenstadt Mombasa hatten Tausende den Tag mit friedlichen Mahnwachen begonnen, wurden jedoch  mit Schlagstöcken und Tränengas bedacht. Die Spannungen eskalierten zu Straßenschlachten.

Ähnliche Szenen spielten sich in Nakuru, Nyeri und Kisii ab. Auch in kleineren Bezirken in ländlichen Gebieten wie Kajiado, Makueni und Embu kam es zu Protesten. In Ol Kalou wurde die Polizeistation in Brand gesetzt, nachdem die Polizei einen Mann getötet hatte.

In Eldoret, einer wichtigen Hochburg von Ruto bei den Wahlen 2022, marschierten Jugendliche mit kenianischen Flaggen und skandierten Anti-Ruto-Slogans. Die Auseinandersetzungen verschärften sich, als die Demonstrierenden vom Staat finanzierte Schläger entdeckten, die Chaos stiften wollten. „Wir wollen keine Schläger hier“, riefen die Anführer. „Es gibt einige bewaffnete Gruppen unter uns. Bitte sagen Sie ihnen, dass sie uns nicht angreifen sollen. Wir richten keinen Schaden an, wir sind friedlich.“ Sie skandierten: „Wir trauen der Regierung nicht, nicht einmal der Justiz.“

In Teilen von Nairobi waren am frühen Morgen einige bürgerliche Oppositionelle kurz bei den Protesten aufgekreuzt. Unter ihnen war der ehemalige Oberste Richter David Maraga, ein konservativer Jurist, der sich jetzt für eine Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2027 mit einer wirtschaftsfreundlichen, auf Recht und Ordnung und Korruptionsbekämpfung ausgerichteten Plattform in Stellung bringt. Ebenfalls anwesend war der Vorsitzende der Wiper Party, Kalonzo Musyoka, Veteran von Kenias politischem Establishment und ehemaliger hochrangiger Beamter des brutalen, vom Westen unterstützten Regimes von Daniel arap Moi (1978-2002).

Die Massendemonstration im ganzen Land fand trotz der offenen Kriegserklärung statt, die die gesamte herrschende Klasse in den Tagen zuvor verbreitet hatte. Am Montag hatte der Regierungssprecher Isaac Mwaura erklärt: „Es wird keine Demonstrationen geben“, während The Standard enthüllte, dass die Regierung Schläger mobilisiert hatte, um die Proteste zu unterdrücken.

Am folgenden Tag hatte die kenianische Regierung der Polizei einen Freibrief für die Entfesselung von Gewalt gegen die Massen erteilt. Ruto hielt eine Rede, die sich an die Männer und Frauen in Uniform richtete: „Ich versichere Ihnen, dass die kenianische Regierung an Ihrer Seite stehen wird“, während die Sicherheitskräfte „unser Land schützen und für die Sicherheit unseres Volkes und unseres Eigentums sorgen“.

Die kenianische Kommunikationsbehörde ordnete an diesem Tag an, die Live-Berichterstattung über die Demonstrationen im Fernsehen und im Radio zu unterbinden. Die frei empfangbaren Signale von KTN und NTV wurden abgeschaltet, während die Internetdienste drastisch verlangsamt wurden. Die Telegram-App wurde eingeschränkt.

Die Botschaften der USA, Großbritanniens, Deutschlands und Kanadas gaben eine Erklärung ab, in der sie Ruto aufforderten, das „Recht der Kenianer auf friedliche Versammlung und Meinungsäußerung“ zu respektieren. Sie verurteilten den Einsatz von Polizisten in Zivil in nicht gekennzeichneten Fahrzeugen, da dies „das öffentliche Vertrauen untergräbt“, und äußerten sich besorgt über den Einsatz von angeheuerten Schlägern zur Sabotage der Proteste.

Ihre Erklärungen waren politisches Theater. Es handelt sich um genau die Regierungen, die Kenias Sicherheitskräfte finanzieren, bewaffnen und ausbilden. Sie haben Ruto auf der Weltbühne umarmt und ihn als „Partner für Stabilität“ gelobt, obwohl sein Regime seine eigenen Bürger auf der Straße verhaftet, entführt und tötet. Sie sind auch die wichtigsten Unterstützer des israelischen Völkermordes in Gaza.

Zu Hause ist ihre Verachtung für demokratische Rechte nicht weniger brutal. In den USA setzen Trump ICE-Agenten ein, um Migranten zu entführen und die Armee, um gegen Demonstranten vorzugehen. In Großbritannien werden unter der Labor-Regierung von Keir Starmer friedliche pro-palästinensische Organisationen wie Palestine Action verboten. In Frankreich und Deutschland wurden Massendemonstrationen verboten und von der Polizei niedergeschlagen.

Wie die WSWS betont hat, ist die Krise in Kenia kein isoliertes Ereignis, sondern Teil eines wachsenden internationalen Aufstandes von Jugendlichen und Arbeitern gegen Sparmaßnahmen, Autoritarismus und imperialistischen Krieg. Ein Jahr des Kampfes, unterbrochen von Protesten, Aufständen, Streiks und Verrat, hat gezeigt, dass Mut allein nicht ausreicht. Die zentrale Aufgabe, vor der die Gen Z-Bewegung und die gesamte Arbeiterklasse jetzt stehen, ist der Aufbau einer bewussten politischen Führung, die in der Arbeiterklasse verwurzelt und mit einem sozialistischen und internationalistischen Programm ausgestattet ist.

Die massenhaften „No Kings“-Proteste in den USA, die bis zu 15 Millionen Menschen gegen Trumps Streben nach Diktatur mobilisiert haben, und die Hunderttausende, die in den Straßen Europas gegen den Völkermord in Gaza protestieren, zeigen, dass der Kampf in Kenia Teil einer breiten, weltweiten Revolte ist.

Die entscheidende Frage ist die Vereinigung der fortgeschrittensten Schichten der Arbeiter und der Jugend unter dem Banner des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI). Wir fordern alle politisch engagierten Menschen auf, die Artikel und Analysen zu studieren, die die World Socialist Web Site publiziert, wie zum Beispiel: „Ein Jahr nach dem Gen-Z-Aufstand in Kenia: Die Notwendigkeit einer sozialistischen und internationalistischen Strategie“. Der Artikel macht klar, wie notwendig es für den Protest der Generation Z ist, eine sozialistische Führung aufzubauen, die in der Arbeiterklasse verwurzelt und auf den internationalen Kampf gegen den Kapitalismus ausgerichtet ist.

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