Berliner Verwaltungsrichter Peters wird neuer Geheimdienst-Chef in Brandenburg

Mitte kommenden Monats wird der bisherige Vizepräsident des Berliner Verwaltungsgerichts, Wilfried Peters, die Leitung des Brandenburger Verfassungsschutzes übernehmen. Das gab vor wenigen Tagen das Landesinnenministerium in Potsdam bekannt.

Ernannt wurde Peters von Innenminister René Wilke, der bis vor einem Jahr Funktionär der Linkspartei war und nun als Parteiloser auftritt. Er übernahm das Innenministerium in Brandenburg erst vor vier Wochen auf Vorschlag der SPD. Wilke erklärte, Peters sei seine „erste Wahl für die herausfordernde Aufgabe der Leitung des Verfassungsschutzes“, und nennt ihn „besonnen, verantwortungsbewusst, erfahren und hochkompetent“.

Richter Wilfried Peters (links) im Prozess der SGP gegen das Bundesinnenministerum [Photo: WSWS]

Den Lesern der WSWS ist Peters gut bekannt. Er hatte im November 2021 als Vorsitzender Richter im Verwaltungsgericht Berlin die Klage der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) gegen das Bundesinnenministerium abgewiesen und die Partei zum Tragen der vollen Prozesskosten verurteilt. Die SGP hatte das Ministerium im Januar 2019 verklagt, weil es die Partei seit 2017 im jährlichen Verfassungsschutzbericht als „linksextremistisch“ aufführt und mit geheimdienstlichen Mitteln überwachen lässt.

Peters Ernennung zum Geheimdienst-Chef macht klar, was von der angeblichen Neutralität der Justiz zu halten ist. Im Prozess der SGP gegen den Verfassungsschutz saß der Geheimdienst nicht nur auf der Anklagebank, sondern auch auf dem Richterstuhl.

Es zeigt sich jetzt, wie korrekt unsere Einschätzung der Gerichtsverhandlung damals war. Wir schrieben:

Das Gericht stellte sich uneingeschränkt hinter den Verfassungsschutz, eine demokratisch nicht legitimierte Institution mit engen Verbindungen zur rechtsradikalen Szene. Der Vorsitzende Richter Wilfried Peters, der auch Vizepräsident des Gerichts ist, und die Vertreter des Innenministeriums, Rechtsanwalt Professor Dr. Wolfgang Roth und Ministerialrat Reinfeld, arbeiteten während des Prozesses wie ein eingespieltes Team zusammen.

Das Innenministerium hatte bereits in seiner von Roth verfassten Antwort auf die Klage der SGP das „Streiten für eine egalitäre, demokratische und sozialistische Gesellschaft“, die Kritik an „vermeintlichem“ Militarismus, Imperialismus und Nationalismus sowie die Ablehnung der Europäischen Union für verfassungswidrig erklärt. Peters ging damals noch weiter und erklärte auch jede Kritik am Staat für unzulässig. Es gebe in der Programmatik der SGP „erhebliche Punkte, die Anlass geben davon auszugehen, dass die Klägerin doch einen anderen Staat und eine andere Rechtsordnung will“, sagte er in seiner mündlichen Urteilsbegründung.

Der Wechsel von Peters an die Spitze des Brandenburger Verfassungsschutzes ist Ausdruck der politischen Inzucht von Justiz, Geheimdienst und Politik. Er ist Bestandteil der scharfen Rechtsentwicklung im Staatsapparat und der Diktaturvorbereitungen angesichts massiver militärischer Aufrüstung und Kriegsentwicklung.

Der deutsche Geheimdienst ist für seine notorische Rechtslastigkeit, die bis in die Nazi-Zeit zurückreicht, bekannt und verhasst. Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz seinen ehemaligen Chef Hans-Georg Maaßen als „rechtsextremen Verdachtsfall“ führt. Die Behörde musste damit eingestehen, dass sie acht Jahre lang von einem Rechtsextremisten geleitet wurde.

Maaßen wurde 2012 an die Spitze des Verfassungsschutz gesetzt, um die enge Verzahnung der Behörde mit dem rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zu vertuschen und die braunen Seilschaften aufrecht zu erhalten, die für den Mord an mindestens neun Migranten und einer Polizistin verantwortlich waren. Er stellte hunderte neuer Mitarbeiter ein. Bisher ist nicht bekannt, dass auch nur einer von ihnen wieder gehen musste.

Auch als die AfD gegründet wurde, konnte sie sich auf die Unterstützung des Geheimdiensts verlassen. Maaßen traf sich nachweislich mehrfach mit der damaligen Vorsitzenden Frauke Petri, ihrem Nachfolger Alexander Gauland sowie mindestens einem Vertreter des faschistischen Flügels und diskutierte mit ihnen unter anderem die Verfassungsschutzberichte.

Weil die SGP die enge Vernetzung des Verfassungsschutzes mit der rechtsextremen Szene und ihre Rolle beim Aufbau der AfD aufzeigte, wurde sie als „linksextremistische Organisation“ in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen und der geheimdienstlichen Überwachung ausgesetzt. Doch sie ließ sich nicht einschüchtern. In ihrer Klage gegen den Geheimdienst wies sie nach, dass die Kriminalisierung sozialistischer Ideen und Parteien eine lange Geschichte in Deutschland hat. Nach dem Verbot von Sozialisten unter Bismarck und der Verfolgung von Sozialdemokraten und Kommunisten unter Hitler versucht die Regierung eine dritte Runde von Anti-Sozialistengesetzen durchzusetzen.

Alle Bundestagsparteien und auch die Linke und ihre Abspaltung BSW von Wagenknecht und Lafontaine unterstützen diese Politik. Es ist bezeichnend, dass in Brandenburg eine Koalition aus SPD und BSW einen ehemaligen Linken-Politiker zum Innenminister ernennt und den rechten Verwaltungsrichter an die Spitze des Geheimdienst stellt.

Die demokratischen Grundrechte mussten in diesem Land immer gegen den Obrigkeitsstaat und seine Parteien erkämpft werden – und zwar von eben der marxistischen Arbeiterbewegung, die wieder kriminalisiert werden soll. Selbst die beschränkte parlamentarische Ordnung der Weimarer Republik konnte 1919 erst errichtet werden, nachdem die Arbeiter- und Soldatenräte den Kaiser gestürzt hatten. Schließlich waren es nur die Arbeiterparteien, die gegen Hitlers Ermächtigung stimmten. Insbesondere die Trotzkisten vertraten damals eine Perspektive der Einheitsfront, die in der Lage gewesen wäre, die Nazis zu stoppen.

Auch heute hängt die Verteidigung der demokratischen Grundrechte von einer breiten Mobilisierung ab und ist angesichts der wahnwitzigen militärischen Aufrüstung und der ständig steigenden Kriegsgefahr dringend notwendig. Wir appellieren deshalb an alle Leser, aktive Unterstützer der SGP zu werden.

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