Mahmoud Khalil drohen nach Freilassung aus ICE-Haft neue Anklagen vor Einwanderungsgericht

Mahmoud Khalil, Absolvent der Columbia University und Aktivist für die Rechte der Palästinenser, wurde am Freitag um 19 Uhr Ortszeit aus der ICE-Hafteinrichtung in Jena (Louisiana) entlassen, nachdem er auf Befehl der Trump-Regierung mehr als drei Monate lang festgehalten worden war.

Nur wenige Stunden zuvor hatte US-Bezirksrichter Michael Farbiarz vom Gerichtsbezirk New Jersey die Argumente des Weißen Hauses zurückgewiesen und geurteilt, dass bei Khalil, einem rechtmäßigen dauerhaft Ansässigen, weder Fluchtgefahr noch eine Gefahr für die Gemeinschaft besteht.

Mahmoud Khalil bei The Encampments [Photo]

Der Richter beschrieb das Vorgehen der Regierung als „höchst ungewöhnlich“ und schrieb:

Es ist zumindest etwas dran an der zugrundeliegenden Behauptung, die Anklage nach dem Einwanderungsrecht sei ein Versuch, den Antragsteller zu bestrafen – und das wäre natürlich verfassungswidrig.

Richter Farbiarz ordnete an, dass Khalil „noch heute aus dem Gewahrsam der Einwanderungsbehörde entlassen werden soll“. Er wurde auf Kaution entlassen, mit der Auflage, seinen Reisepass abzugeben, und seine Bewegungsfreiheit wurde auf die Bundesstaaten New York, New Jersey, Michigan, Washington DC und Louisiana beschränkt, wo sein Einwanderungsverfahren fortgesetzt wird.

Ihm droht noch immer eine Anklage der Trump-Regierung vor einem Einwanderungsgericht. Das Weiße Haus will ihn auf der Grundlage von Anschuldigungen abschieben, er habe bei seinem Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis Tatsachen verschwiegen. Ursprünglich hatte Trump sich auf die „nationale Sicherheit“ berufen, was jedoch vom Gericht zurückgewiesen wurde.

Die Entscheidung von Freitag folgt auf das frühere Urteil von Richter Farbiarz vom 11. Juni, mit dem er die Regierung darin gehindert hatte, Khalil ausschließlich aufgrund der Behauptung von Außenminister Marco Rubio zu verhaften, Khalils Anwesenheit würde die Außenpolitik der USA bedrohen. Farbiarz erklärte, eine solche Begründung könne den verfassungsmäßigen Schutz nicht außer Kraft setzen und bezeichnete auch die Anwendung des Einwanderungsrechts, um Khalil für seine von der Verfassung geschützten Meinungsäußerung zu bestrafen, als ebenso verfassungswidrig.

Daraufhin änderte die Regierung die Begründung und berief sich auf angebliche Falschangaben in Khalils Einwanderungsunterlagen. Doch Farbiarz erklärte, dies sei keine ausreichende Begründung für eine weitere Inhaftierung. Er stellte fest, derartige Fälle würden „nahezu nie“ auf diese Weise verfolgt.

Als Khalil die ICE-Hafteinrichtung verließ, erklärte er vor Reportern und Unterstützern:

Es wurde zwar endlich der Gerechtigkeit Genüge getan, aber das war längst überfällig. Es hätte keine drei Monate dauern dürfen. Trump und seine Regierung haben sich den Falschen für diese Situation ausgesucht. Niemand sollte verhaftet werden, weil er gegen Völkermord protestiert oder sich der Columbia University widersetzt.

Er fügte hinzu:

Meine Priorität ist es jetzt, zu meiner Frau und meinem Sohn zurückzukehren. Obwohl sich die Gerechtigkeit durchgesetzt hat, war es längst überfällig. Jetzt kann ich ihn und meine Frau Noor tatsächlich umarmen, ohne auf die Uhr zu schauen.

Khalils Frau Dr. Noor Abdalla, die während Khalils Haft ihren Sohn zur Welt gebracht hat, äußerte sich erleichtert über das Ende der Qualen, die ihre Familie erlitten hat:

Nach mehr als drei Monaten können wir endlich erleichtert aufatmen und wissen, dass Mahmoud auf dem Weg nach Hause zu mir und Deen ist, der niemals von seinem Vater hätte getrennt werden dürfen... Wir wissen, dass dieses Urteil sich nicht einmal annähernd mit dem Unrecht befasst, das die Trump-Regierung über unsere Familie und viele andere gebracht hat, die sie zum Schweigen bringen will, weil sie gegen Israels andauernden Völkermord an den Palästinensern Stellung bezogen haben. Doch heute feiern wir, dass Mahmoud nach New York zurückkommt, um mit unserer kleinen Familie und der Gemeinschaft vereint zu sein, die uns seit dem Tag unterstützt hat, an dem er zu Unrecht entführt wurde, weil er für die Freiheit der Palästinenser eingetreten ist.

Sie schilderte ihre Erfahrung:

Mein Mann wurde mir mitten in der Nacht genommen. Es war eine der schrecklichsten Erfahrungen meines Lebens. Ich glaube, ich habe nie zuvor etwas so Beängstigendes erlebt.

Abigail Jackson, Sprecherin des Weißen Hauses, verurteilte die richterliche Entscheidung, Khalil freizulassen. Sie erklärte, er sollte abgeschoben werden, weil „sein Verhalten den außenpolitischen Interessen Amerikas schadet“ und er sich durch Betrug ein Studentenvisum erschlichen habe. Jackson behauptete weiter:

Es gibt keine Grundlage, auf der ein lokaler Bundesrichter in New Jersey, dem die Zuständigkeit fehlt, Khalils Freilassung aus einer Hafteinrichtung in Louisiana anordnen kann. Wir erwarten, bei einer Berufung Recht zu bekommen.

Die Anweisung von Richter Farbiarz beruht auf dem verfassungsmäßigen Schutz vor willkürlicher Inhaftierung und Bestrafung für die Ausübung der Meinungsfreiheit. In seiner früheren ausführlichen Stellungnahme vom 11. Juni war Farbiarz bereits zu dem Schluss gekommen, dass die Anwendung einer obskuren Klausel des Einwanderungs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (Immigration and Nationality Act – Section 1227) durch die Trump-Regierung, um Khalil zu inhaftieren und zu versuchen ihn abzuschieben, „wahrscheinlich verfassungswidrig“ ist.

Der Richter stellte fest, dass die von Außenminister Marco Rubio vorgebrachte Behauptung Khalils Rechte als dauerhafter Einwohner nicht außer Kraft setzen kann. Ebenso wenig kann sie dafür benutzt werden, ihn für seinen politischen Aktivismus zu bestrafen. Farbiarz schrieb: „Das Gericht stellt fest, dass die Karriere und der Ruf des Antragstellers geschädigt und er in seiner freien Meinungsäußerung eingeschränkt wird, was zusammen irreparable Schäden verursacht.“

Khalils Anwaltsteam, darunter Vertreter des Center for Constitutional Rights, der ACLU und anderer Bürgerrechtsorganisationen, hat das Vorgehen der Regierung deutlich verurteilt. Sie betonten die Dringlichkeit, Khalil wieder mit seiner Frau und seinem neugeborenen Kind zusammenzubringen und erklärten: „Jeder Tag, den Mahmoud länger im ICE-Haftzentrum in Jena (Louisiana) verbringt, ist ein Affront gegen die Gerechtigkeit, und wir werden nicht aufhören zu arbeiten, bis er frei ist.“

Die Anwälte betonten auch die weitreichenderen Auswirkungen des Falls auf die Meinungsfreiheit und das Rechtsstaatsprinzip. Ramzi Kassem vom Center for Constitutional Rights erklärte: „Die Entscheidung des Gerichts ist die bisher wichtigste Bestätigung von Mahmouds Rechten. ... Das bestätigt, worauf Mahmoud seit dem ersten Tag beharrt: dass die Regierung ihn nicht inhaftieren oder abschieben kann, nur weil Rubio das sagt.“

Die Trump-Regierung hat seit ihrer Amtsübernahme ihre Kampagne gegen Studierende verschärft, die sich an Protesten gegen den Völkermord in Gaza beteiligt oder sich gegen die von den USA unterstützte ethnische Säuberung und Vertreibung der Palästinenser aus der Enklave durch Israel engagiert haben. Khalils Verhaftung am 8. März 2025 war die erste Maßnahme im Rahmen von Trumps Vorgehen gegen Studierende, die sich für die Palästinenser engagiert haben.

Auch anderen Studierende, darunter Mohsen Mahdawi von der Columbia University, Rumeysa Ozturk von der Tuffs University, Badar Khan Suri von der Georgetown University und Momodou Taal von der Cornell University, waren ebenfalls mit Inhaftierungen und Abschiebeverfahren konfrontiert.

Das Vorgehen der Regierung wurde in ähnlichen Fällen von Richtern verurteilt, weil sie an die Hexenjagd der McCarthy-Ära erinnert. Die Richter verglichen das Verhalten der Regierung ausdrücklich mit der Jagd auf Kommunisten in den 1950er-Jahren. Die Angriffe auf Studierende wegen ihre politischen Ansichten und ihres Aktivismus stellen einen direkten Angriff auf den 1. Zusatzartikel und das Prinzip der akademischen Freiheit dar.

Khalils Verhaftung löste eine Welle öffentlicher Unterstützung und massiven Widerstands gegen die Angriffe der Trump-Regierung auf demokratische Rechte aus. In New York und Washington DC fanden Proteste statt, bei denen Studierende, Akademiker und Bürgerrechtler Khalils sofortige Freilassung und ein Ende der Verfolgung von pro-palästinensischen Aktivisten forderten.

Die Kampagne gegen internationale und amerikanische Studenten, die Stellung gegen den Völkermord in Gaza bezogen haben, ist Teil des umfassenderen Angriffs auf Immigranten und ihre demokratischen Rechte in den USA. Die Trump-Regierung nutzt die Methode der „Großen Lüge“ – darunter die Behauptung, Widerstand gegen den Völkermord in Gaza sei „Antisemitismus“ – um nicht nur gegen nicht gemeldete Personen, sondern auch gegen Personen mit ständigem Aufenthaltsrecht und sogar Staatsbürger vorzugehen, die politisch andere Meinungen vertreten.

Diese Strategie zielt darauf ab, den Widerstand gegen Trumps faschistische Politik im In- und Ausland einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Durch Angriffe auf Personen wie Mahmoud Khalil vermittelt die Regierung eine bedrohliche Botschaft an alle, die es wagen, sich gegen Ungerechtigkeit und Kriegsverbrechen auszusprechen. Die politische Mobilisierung zur Unterstützung von Khalil zeigt, dass angesichts der wachsenden Gefahr einer Diktatur in der Öffentlichkeit breite Unterstützung für demokratische Grundrechte existiert.

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