Die türkische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, die Sosyalist Eşitlik Grubu (Sozialistische Gleichheitsgruppe, SEG), verurteilt den unprovozierten Angriff des zionistischen Staates Israel auf den Iran, der vom US-Imperialismus und den imperialistischen Nato-Mächten unterstützt wird. Die SEG ruft die Arbeiter in der Türkei, im Nahen Osten und der ganzen Welt auf, gegen diese imperialistische Aggression zu mobilisieren.
Die prinzipielle Opposition der SEG, die dem massiven Widerstand der Arbeiter und Jugendlichen auf der ganzen Welt gegen die imperialistisch-zionistische Aggression bewussten politischen Ausdruck verleiht, steht in deutlichem Gegensatz zur Heuchelei des pro-imperialistischen, kapitalistischen politischen Establishments der Türkei.
Am Dienstag verabschiedete das türkische Parlament einstimmig eine Resolution, in der es Israels aggressives Vorgehen gegen den Iran und in der gesamten Region verurteilte. Diese Resolution entlarvt die Komplizenschaft des politischen Establishments der Türkei an diesen Verbrechen und nicht Israel, das bei der Verschärfung seiner Aggression von der Nato und den USA unterstützt wird.
Die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, die die zweitgrößte Armee der Nato befehligt, und die Nato-freundlichen bürgerlichen Oppositionsparteien wie die kemalistische CHP sind organisch unfähig, sich dem Imperialismus, Zionismus und imperialistischen Krieg entgegenzustellen. Darüber hinaus lehnen sie jeden wirklichen Widerstand dagegen scharf ab.
Der Kampf gegen die Aggression gegen den Iran, den Völkermord an den Palästinensern in Gaza und den imperialistischen Krieg kann nur durch die Vereinigung der internationalen Arbeiterklasse gegen den Imperialismus, den Zionismus und das kapitalistische System geführt werden. Diese Vereinigung muss sich auf ein revolutionäres sozialistisches Programm für den Nahen Osten und die Welt stützen.
Die Resolution des Parlaments und die Reaktion der Erdoğan-Regierung auf Israels Angriff auf den Iran machen die widersprüchliche und brisante Haltung der türkischen herrschenden Klasse in dem sich anbahnenden Konflikt deutlich.
Im Text der Resolution heißt es: „Israels Aggression gegen den Iran verschärft die Spannungen in der Region und birgt das Risiko eines umfassenden Kriegs. ... Israels Aggression und Staatsterrorismus haben Israel und die imperialistischen Mächte, die es unterstützen, in den Augen der Bevölkerung bereits verurteilt.“
In der Tat wird Israel bei seinem Angriff auf den Iran, genau wie bei seinen Angriffen in Palästina, im Libanon und in Syrien, von den USA und den europäischen imperialistischen Staaten uneingeschränkt unterstützt. Unter dem faschistischen Präsidenten Donald Trump planen die USA an der Seite Israels direkt in den Krieg gegen den Iran einzutreten.
Die gleichen Mächte eskalieren auch den Krieg gegen Russland in der Ukraine und bereiten einen Krieg gegen China vor. Das ist ein imperialistischer Krieg zur Neuaufteilung der Welt. Das Ziel ist, den Iran, Russland, China und andere Länder wieder zu Kolonien zu machen. Doch die kapitalistischen Regime dieser Länder, die unter dem Druck des Imperialismus stehen, haben keine progressive Antwort. Sie fürchten ihre eigenen Arbeiterklassen und versuchen verzweifelt, einen Deal mit den US-geführten imperialistischen Mächten auszuhandeln.
Unter diesen Umständen äußern sich die kapitalistischen Parteien im türkischen Parlament weder zur Orientierung des Landes auf den US-amerikanischen und europäischen Imperialismus noch zu seiner Nato-Mitgliedschaft und seiner Zusammenarbeit mit diesen Mächten.
Die Türkei ist kein passiver Komplize. Das Öl aus Aserbaidschan, das die israelische Kriegsmaschinerie am Laufen hält, wird durch die Türkei geleitet und die Regierung profitiert von diesem Handel. Die Türkei treibt nicht nur weiterhin Handel mit Israel, sondern die US- und Nato-Militärstützpunkte in der Türkei liefern Israel die logistische und geheimdienstliche Unterstützung für seinen Völkermord und Krieg.
Die SEG fordert den Austritt der Türkei aus der Nato und den Abbruch aller Beziehungen zu Israel. Militärstützpunkte, die die USA und Israels nutzen, müssen sofort geschlossen werden, und die Weiterleitung der Öllieferungen von Aserbaidschan über die Türkei nach Israel muss eingestellt werden.
Das türkische Parlament verurteilt in seiner Resolution zwar die Angriffe auf den Iran, erklärt jedoch, dass es von der „internationalen Staatengemeinschaft“ – d.h. den USA und ihren imperialistischen Verbündeten – erwartet, eine „entschlossene und prinzipielle Haltung einzunehmen, um Israel zu stoppen.“ Dieser Aufruf an genau die Mächte, die Israel als ihren Kampfhund benutzen, verdeutlicht den Bankrott der bürgerlichen Perspektive, egal ob sie im Dienste des Imperialismus handelt oder von ihm attackiert wird.
Ersteres gilt für das Regime in der Türkei, Letzteres für das iranische Regime. Angesichts eines drohenden israelischen Angriffs setzte das iranische Regime auf den Irrglauben, es könnte eine Einigung mit der Trump-Regierung erzielen, obwohl diese bereits zuvor ihre Absicht erklärt hatte, den Iran zu zerstören. Insofern erwartete das iranische Regime, dass die USA eine „entschlossene und prinzipielle Haltung einnehmen würde, um Israel zu stoppen.“ Genauso gut hätte man von Hitler eine „prinzipielle Haltung“ erwarten können, als die Nazis Europa und die Sowjetunion überfielen und den Holocaust begannen.
Die herrschende Klasse der Türkei ist nicht in der Lage, sich der wachsenden Aggression des US-Imperialismus und seines Stellvertreters Israel im Nahen Osten entgegenzustellen. Daher versucht sie, sich an die Entwicklungen anzupassen und bereitet sich auf einen Krieg mit weitreichenden Konsequenzen vor. Die Türkei, die seit dem 17. Jahrhundert eine lange gemeinsame Grenze mit dem Iran besitzt, fürchtet, in einen Krieg hineingezogen zu werden, wenn die imperialistische Aggression gegen den Nachbarstaat mit 90 Millionen Einwohnern eskaliert.
Die türkische Bourgeoisie hat jedoch durch die Politik, mit der sie ihre reaktionären Ambitionen verfolgt hat, wesentlich zu dem Kriegsstrudel beigetragen, in den sie heute selbst hineingezogen wird. Seit der Auflösung der Sowjetunion hat die Türkei die Angriffe des US-Imperialismus unterstützt, die die gesamte Region verwüstet haben, und sich daran beteiligt. Dazu gehören die US-Invasion des Irak 2003 und die Kriege zum Regimewechsel in Libyen und Syrien seit 2011. Sie alle führten zu Millionen Toten, der Vertreibung von Dutzenden Millionen und der Zerstörung der gesamten sozialen Infrastruktur. Der Völkermord in Gaza und der Krieg gegen den Iran sind nur die jüngsten in einer Reihe von Angriffen mit dem Ziel, einen „neuen Nahen Osten“ zu schaffen, der befreit ist vom Einfluss Russlands und Chinas und vollständig vom US-Imperialismus beherrscht wird.
Sowohl die herrschenden Eliten in der Türkei als auch im Iran befürchten, dass eine Eskalation des Kriegs zur Abspaltung ihrer kurdischen Gebiete und letztlich zur Auflösung ihrer nationalen Grenzen führen könnte.
Seit Oktober 2023 haben Israel und die USA versucht, die Karten des Nahen Ostens neu zu zeichnen und damit die Besorgnis der türkischen herrschenden Elite verstärkt, die nicht in der Lage ist, ihre eigene kurdische Frage zu lösen. Dass Israel die von den USA unterstützten kurdischen Kräfte als „natürliche Verbündete“ in Syrien bezeichnet, einem Land, in dem ein Regimewechsel stattfindet, hat die Rivalität zwischen Ankara und Tel Aviv in Syrien verstärkt und die Möglichkeit einer militärischen Konfrontation heraufbeschworen.
Im Oktober warnte Erdoğan, ein Krieg zwischen Israel und der Türkei könne bevorstehen: „Die israelische Führung, die im Wahn des gelobten Landes und in rein religiösem Fanatismus handelt, wird nach Palästina und dem Libanon auch unser Heimatland ins Visier nehmen.“
Im Bericht der Nagel-Kommission, der am 6. Januar dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, Verteidigungsminister Israel Katz und Finanzminister Bezalel Smotrich vorgelegt wurde, wird erklärt: „Die Türkei ist die einflussreichste Macht in Damaskus geworden, und die sunnitisch-türkische Achse hat die schiitische Achse des Irans ersetzt.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Erdoğan telefonierte nach dem israelischen Angriff mit dem iranischen Präsidenten Massoud Pezeshkian und forderte die USA und den Iran zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Danach äußerte er am Montag auf X folgende Bedenken: „Man sollte nicht vergessen, dass kein Land in dieser Region auf seine eigenen Grenzen und Regierung beschränkt ist. Der Angriff auf das palästinensische Volk und sein Land ist kein Phänomen, das auf die wenigen Millionen Menschen beschränkt ist, die dort leben. Ebenso betreffen die Angriffe auf iranisches Staatsgebiet und seine Bevölkerung mehr als nur den iranischen Staat. Wenn es um die Türkei geht, kann man von einem Machteinfluss sprechen, der sich über Kontinente erstreckt.“
Durch den eskalierenden Krieg im Nahen Osten hat sich die Möglichkeit erhöht, dass kurdische Kräfte in Syrien und der Türkei durch die Zusammenarbeit mit den USA und Israel eine Art offiziellen Status erlangen. Aus diesem Grund ist Ankara mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), gegen die es 40 Jahre lang gekämpft hat, ein Abkommen zur Entwaffnung und Auflösung der Organisation eingegangen.
Im Oktober hatte Erdoğan offenbart, dass die Bestrebungen der USA, durch Israel den Nahen Osten neu zu gestalten, der Hauptgrund für die Versuche seien, mit der PKK zu verhandeln: „Da die Karten mit Blut neu gezeichnet werden und sich der Krieg Israels vom Gazastreifen auf den Libanon ausdehnt und sich unseren Grenzen nähert, versuchen wir, unsere interne Front zu stärken.“
Obwohl die PKK bei einem Parteitag im Mai ihren Beschluss zur Entwaffnung bekanntgegeben hat, sind ihre Schwesterparteien in Syrien und dem Iran de facto mit den USA und Israel verbündet und setzen ihre Streitkräfte weiterhin zum Schutz und zur Stärkung ihrer Positionen ein. Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) kontrollieren zusammen mit US-Truppen den Nordosten Syriens. Das Rückgrat der SDF sind die Volksverteidigungseinheiten (YPG), der bewaffnete Flügel der Partei der Demokratischen Union (PYD), einer Schwesterorganisation der PKK in Syrien.
Die Schwesterorganisation der PKK im Iran, die Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (PJAK), veröffentlichte am 14. Juni eine Erklärung auf X. Die PJAK verurteilte zwar nicht offen den von den USA unterstützten israelischen Angriff auf den Iran, erklärte aber, das Ziel sei, „das Projekt ,Neuer Naher Osten‘ umzusetzen.“ Sie behauptete außerdem, der Krieg gegen den Iran sei „eine Folge der Politik der Islamischen Republik der Hinrichtungen, Unterdrückung, Diskriminierung, Korruption, Verarmung und Verzweiflung“ sowie „ein Ergebnis der expansionistischen und kriegstreiberischen Politik der Islamischen Republik...“
Die Haltung der kurdischen Parteien im imperialistischen Krieg um die Neuaufteilung und Rekolonisierung des Nahen Ostens ist in jeder Hinsicht reaktionär, egal ob sie ein Abkommen mit Ankara oder mit Tel Aviv anstreben. Sie belegen den Bankrott des bürgerlichen Nationalismus.
Während die imperialistischen Mächte und ihre bürgerlichen und kleinbürgerlichen Stellvertreter im Nahen Osten und anderswo auf Kriegskurs sind, erklärte Leo Trotzki, der Gründer der Vierten Internationale, dass eine revolutionäre Lösung nur über den Weg des Klassenkampfs möglich ist. Unter Arbeitern und Jugendlichen auf der ganzen Welt herrscht wachsende Wut und Widerstand gegenüber den Vertretern des Imperialismus und seiner Verbündeten.
Fast gleichzeitig mit dem imperialistisch-zionistischen Angriff auf den Iran demonstrierten in den USA landesweit Millionen von Menschen gegen die Bestrebungen der Trump-Regierung, eine Präsidialdiktatur zu errichten. Im März war es in der Türkei zu Massenprotesten gegen die polizeistaatliche Unterdrückung der Erdoğan-Regierung gekommen. Anfang Juni weigerten sich Hafenarbeiter in Marseille, Fracht für Israel zu verladen.
Die eskalierende Katastrophe des Kriegs im Nahen Osten ist ein Produkt des imperialistischen Nationalstaatensystems und kann nur mit dessen Untergang enden. In diesem Kampf gegen den Imperialismus sind die Verbündeten der Arbeiter im Nahen Osten die Arbeiterklassen der USA, Europas und der restlichen Welt und nicht die bürgerlichen nationalistischen Regime und Bewegungen, die Teil des kapitalistischen Systems sind und deren Programme bankrott sind. Unsere Losung und unser Ziel im Kampf gegen imperialistischen Krieg und Völkermord ist die Sozialistische Föderation des Nahen Ostens. Die Sosyalist Eşitlik Grubu und ihre Schwesterparteien im Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) kämpfen für diese Perspektive.