Fragen zur Dollar-Bereitstellung der US-Fed in einer Finanzkrise

[AP Photo/Mark Lennihan]

Die Frage ist nicht, ob es zu einer weiteren schweren Krise im US-amerikanischen und internationalen Finanzsystem kommen wird, sondern wann und in welcher Form diese eintreten wird. Damit verbunden stellt sich die Frage, ob die Federal Reserve (US-Zentralbank) im Krisenfall anderen Zentralbanken noch US-Dollar zur Verfügung stellen wird, um die Lage zu stabilisieren.

In der Vergangenheit wäre eine solche Frage niemals aufgeworfen worden. Doch heute stellt sie sich, denn die Handlungen der Trump-Regierung erzeugen Turbulenzen in den Handelsbeziehungen, im Finanzsystem und überhaupt in den internationalen Beziehungen. Und die „Normen”, die in der Nachkriegsordnung galten, sind offensichtlich außer Kraft.

Im Jahr 2008 stand das globale Finanzsystem am Abgrund: Der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers brachte ans Licht, dass die parasitären – und teils schlicht kriminellen – Praktiken führender US-Banken besonders im Subprime-Hypothekenmarkt allgemein verbreitet waren.

Die US-Regierung und die Federal Reserve mussten massiv intervenieren, um das globale Finanzsystem zu retten: Die Fed pumpte Geld in's System, und die Regierung in Washington finanzierte die Bail-Outs der Konzerne.

Auch im März 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, geriet das globale Finanzsystem in eine schwere Krise. Der Markt für US-Staatsanleihen (US-amerikanische Regierungsschulden) fror für mehrere Tage ein, da es keine Käufer für das angeblich sicherste Finanzprodukt der Welt mehr gab.

Wieder griff die Regierung mit milliardenschweren Hilfen für Unternehmen ein, während die Fed Finanzanlagen in Höhe mehrerer Billionen Dollar aufkaufte und ihr sogenanntes Programm der quantitativen Lockerung auf ein neues Niveau anhob.

In beiden Fällen hatte das Vorgehen der USA internationale Auswirkungen. Ein charakteristisches Merkmal jeder Finanzkrise ist ein „Dash for Cash“ (Ansturm auf Bargeld) – der Versuch, Finanzanlagen zu liquidieren, deren Wert plötzlich völlig ungewiss geworden ist.

In den heutigen integrierten und globalisierten Finanzmärkten führt dies zu einer verstärkten Nachfrage nach der Weltleitwährung Dollar. Im Gegensatz zur Fed können andere Zentralbanken jedoch nicht einfach per Knopfdruck am Computer neue Dollar erzeugen. Sie müssen diese über die US-Notenbank beziehen, was als Dollar-Swap bekannt ist.

Die dabei bereitgestellten Summen sind beträchtlich. So stellte die Fed im Jahr 2008 anderen führenden Notenbanken Swap-Linien im Umfang von 583 Milliarden Dollar zur Verfügung, um den kommerziellen Banken den Zugang zu US-Dollar zu ermöglichen. In der Krise von März 2020 waren es 450 Milliarden Dollar. Auch während der Eurozonen-Krise 2012 wurde ein – deutlich geringerer – Betrag bereitgestellt.

In seinen Memoiren zur Krise von 2008 hob der damalige Fed-Vorsitzende Ben Bernanke die Bedeutung dieser Swap-Linien hervor. Sie seien „zur Eindämmung einer globalen Ansteckung entscheidend“ gewesen.

Derzeit unterhält die Fed fünf ständige Swap-Linien mit Zentralbanken in Europa, Japan und Kanada. Diese sind jedoch nicht dauerhaft angelegt, sondern müssen jedes Jahr vom Kongress erneut autorisiert werden. Dieser überträgt die entsprechende Befugnis an die Fed, kann sie aber auch wieder entziehen.

Dies hat Bedenken aufkommen lassen, dass der Kongress handeln könnte, um – wenn auch nicht die Autorität zu entziehen – so doch denjenigen Ländern, deren Zentralbanken Dollar erhalten, aufgrund der nationalistischen Trump-Agenda bestimmte Bedingungen zu stellen.

So hat etwa Vizepräsident JD Vance öffentlich erklärt: „Ich hasse es einfach, Europa zu retten.“

Wie Reuters im März unter Berufung auf sechs namentlich nicht genannte, aber „mit der Angelegenheit vertraute“ Personen berichtete, wird das Thema der Swap-Linien in europäischen Finanzkreisen diskutiert. Dort hieß es:

Einige europäische Zentralbank- und Aufsichtsvertreter stellen die Frage, ob sie sich in Zeiten von Marktstress noch auf die US Federal Reserve verlassen können, um Dollar-Finanzierungen bereitzustellen … Das lässt einige Zweifel an dem aufkommen, was ein Grundpfeiler der Finanzstabilität war.

Der Bericht besagt, dass sie es für „höchst unwahrscheinlich“ hielten, dass die Fed keine Absicherung mehr bieten werde.

Aber die europäischen Beamten haben informelle Gespräche über diese Möglichkeit geführt … weil ihr Vertrauen in die Regierung der Vereinigten Staaten durch mehrere politische Maßnahmen der Trump-Regierung erschüttert wurde.

Dieser Bericht wurde bereits im März veröffentlicht. Seither hat sich die Verunsicherung noch verschärft, insbesondere durch die am 2. April von den USA verhängten reziproken Zölle. Trotz der Pause und angeblicher Verhandlungen wurde das gesamte Nachkriegs-Handelssystem völlig auf den Kopf gestellt.

Im April antwortete Fed-Vorsitzender Jerome Powell auf eine direkte Frage zu diesem Thema, dass die Zentralbank weiterhin entschlossen sei, den anderen Nationalbanken Dollars zur Verfügung zu stellen. „Wir wollen sicherstellen, dass Dollar verfügbar sind”, sagte er.

Doch im Gegensatz zur Festlegung des Leitzinses liegt die Entscheidung über Swap-Linien nicht in seiner Hand, sondern fällt unter die Zuständigkeit des Kongresses. Zudem gibt es Bedenken, was im nächsten Jahr passieren könnte, wenn Trump die Gelegenheit hat, Powell durch einen seiner Getreuen zu ersetzen, wie er es in anderen Staatsbereichen, insbesondere beim Militär, bereits getan hat.

Ein weiterer Reuters-Bericht vom Mai deutete darauf hin, dass die Diskussion um Dollar-Swaps mittlerweile über informelle Gespräche zwischen Finanzbeamten hinausgegangen ist.

In dem Bericht heißt es: „Aufsichtspersonen der Europäischen Zentralbank fordern mehrere regionale Kreditinstitute auf, ihren Bedarf an US-Dollar in Stresssituationen zu bewerten, da sie verschiedene Szenarien durchspielen, in denen sie sich unter der Trump-Regierung nicht auf die Federal Reserve verlassen können.“ Der Bericht stützte sich auf die Ansicht dreier Personen, die mit den Gesprächen vertraut sind. Weiter heißt es da:

Fast ein Fünftel des Finanzierungsbedarfs der Euro-Banken ist in US-Dollar denominiert, wobei die Kreditinstitute in Märkten für kurzfristige Finanzierungen Kredite aufnehmen, die in Zeiten von Finanzstress abrupt zum Erliegen kommen können.

Der Bericht wies auf die entscheidende Rolle der US-Fed bei der Krise um die Credit Suisse im März 2023 hin – eine Krise, die letztlich zur staatlich orchestrierten Übernahme der Bank durch die Schweizer Regierung und Zentralbank führte:

Als das Vertrauen des Marktes in das Schweizer Kreditinstitut schwand, und Kunden zweistellige Milliardenbeträge abzogen, reduzierten ihre Wettbewerber schnell ihr Engagement bei der Bank … Die Fed stellte der Schweizerischen Nationalbank zweistellige Milliardenbeträge zur Verfügung … was wiederum der Credit Suisse ermöglichte, die Kundennachfrage nach Bargeld zu erfüllen und eine breitere Krise abzuwenden.

Aditi Sahasrabuddhe, Professorin an der Brown University und Verfasserin einer Studie über die Zusammenarbeit von Zentralbanken in Krisen, schrieb im April in der Financial Times, dass die Auswirkungen global wären, sollte das Vertrauen schwinden in die Fähigkeit der Fed, Dollar bereitzustellen.

„Es ist schwer abzuschätzen, wie ernst das Risiko ist“, schrieb die Professorin. „Aber wir leben in außergewöhnlichen Zeiten. Und die Tatsache, dass überhaupt darüber gesprochen wird, ist besorgniserregend.“

Loading