Entführungen durch ICE in den USA: 84 Arbeiter in Louisiana, ein US-Staatsbürger in Los Angeles und ein Emmy-Preisträger in Georgia

In den USA nehmen Bundesagenten weiterhin im ganzen Land Einwanderer, zugewanderte Ehepartner von US-Staatsbürgern und sogar US-Staatsbürger selbst an deren Arbeitsplätzen ins Visier. Zuletzt hatten Proteste gegen die Trump-Regierung und ihre anhaltenden Massenabschiebungen stattgefunden, die möglicherweise die größten Demonstrationen in der Geschichte der USA waren.

Arbeiter in Handschellen, die am 18. Juni 2025 von der US Immigration and Customs Enforcement (ICE) am Delta Downs Racetrack Hotel and Casino in Calcasieu Parish bei Vinton (Louisiana) verhaftet wurden [AP Photo/ICE]

Am Dienstag kündigte die US-Einwanderungsbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) die Verhaftung von 84 Arbeitern bei einer der größten Betriebsrazzien dieses Jahres an. Diese fand in einem Hotel und Casino an der Delta Downs Pferderennbahn in Vinton (Louisiana) statt, etwa 190 Kilometer östlich von Texas.

An der Razzia waren mehrere Bundesbehörden beteiligt, darunter die ICE, das Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF), die Customs and Border Protection (CBP) und das FBI. Laut der Pressemitteilung der ICE war auch die Staatspolizei von Louisiana an der Operation beteiligt.

In der gleichen Mitteilung bestätigte die ICE, dass alle verhafteten Arbeiter in eine Einrichtung der Grenzpolizei in Lake Charles (Louisiana) gebracht wurden.

Die Razzia richtete sich nicht gegen Kriminelle, Gang-Mitglieder, Mörder oder Vergewaltiger, sondern gegen Tierpfleger und Arbeiter in den Ställen der Rennbahn, die sich täglich um die Pferde kümmern. Die ICE gab in ihrer eigenen Pressemitteilung zu, dass nur zwei der 84 Arbeiter Vorstrafen hatten.

Das ist kein Versehen, sondern vielmehr die übliche Vorgehensweise in der Kampagne der Trump-Regierung für Massenabschiebungen. Die Operationen der bewaffneten Schläger im Staatsdienst richten sich auch nicht gegen „Millionen von kriminellen Ausländern“, weil es solche Millionen gar nicht gibt. Die Immigranten, die ins Visier genommen werden, sind ein wesentlicher Bestandteil der amerikanischen Arbeiterklasse. Die größten Verbrecher sitzen in Wirklichkeit an der Wall Street, im Weißen Haus, im Kongress und im Pentagon.

Dass die ICE nicht primär gegen mutmaßliche „Kriminelle“ vorgeht, zeigen auch interne Dokumente der Behörde, die CNN zugespielt wurden. Der Sender veröffentlichte am Montag einen Bericht, laut dem weniger als zehn Prozent der etwa 185.000 Menschen, die zwischen dem 1. Oktober 2024 und dem 21. Mai 2025 (ungefähr die letzten vier Monate der Biden-Regierung und die ersten vier Monate unter Trump) verhaftet wurden, wegen schwerwiegenden Verbrechen wie Vergewaltigung, Mord, Körperverletzung oder Raub schuldig gesprochen wurden. Bei etwa 80.000 der Verhafteten war das einzige angebliche Vergehen ein Verstoß gegen das Einwanderungsrecht, etwa ein abgelaufenes Visum.

Ebenfalls am Dienstag führten Beamte der CBP in Pico Rivera (Kalifornien) im Los Angeles County um etwa 8 Uhr morgens eine Razzia in einem Walmart durch. Auf einem Video, das von Zeugen aufgenommen wurde, ist zu sehen, wie schwer bewaffnete und maskierte CBP-Beamte den 20-jährigen US-Staatsbürger Adrian Andrew Martinez misshandeln und entführen.

Laut Zeugen protestierte Martinez in Anwesenheit der CBP-Beamten dagegen, dass diese einen seiner Kollegen auf dem Parkplatz brutal verhaftet hatten. Weil er gegen dieses faschistische Vorgehen protestierte, wurde er am Hals gepackt und in das Fahrzeug der Beamten gezwängt, die mit ihm wegfuhren.

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Seine Mutter Myra Martinez hatte nach seiner Verhaftung für fast 24 Stunden keinerlei Informationen, wo ihr Sohn war. In einem Interview mit CaloNews bestätigte sie, dass Adrian US-Staatsbürger ist und in Los Angeles geboren wurde. „Ich will bloß wissen, wo mein Sohn ist“, sagte sie.

Myra erklärte, sie sei an ihrem Arbeitsplatz gewesen, als eine ihrer Töchter ihr das Video geschickt habe, auf dem Adrian von CBP-Beamten entführt wurde. Als sie es gesehen habe, habe sie sich sofort auf die Suche nach ihm gemacht. Sie beschrieb, wie schmerzhaft es für sie war, zu sehen, wie ihr Sohn von Bundesagenten misshandelt wird.

Myra erklärte gegenüber CaloNews, sie habe sich mit der ICE in Verbindung gesetzt. Die Behörde habe jedoch angeblich keine Aufzeichnungen über ihren Sohn gehabt. Am Mittwochnachmittag bestätigte sie gegenüber LATaco, dass ihr 20-jähriger Sohn im Gebäude einer Bundesbehörde in der Innenstadt von Los Angeles festgehalten werde. Die Einrichtung dient als Nervenzentrum für die Operationen der militarisierten Einwanderungsbehörden in der ganzen Region und wird derzeit auf Trumps Befehl von hunderten Soldaten der Nationalgarde von Kalifornien bewacht.

Neben ihren Angriffen auf Staatsbürger und Arbeiter geht die Einwanderungspolizei, die immer mehr an die Gestapo erinnert, auch gegen Journalisten vor, wobei sie eng mit der lokalen Polizei zusammenarbeitet. So wurde während der „No Kings“-Proteste am 14. Juni in DeKalb County (Georgia) der unabhängige spanischsprachige Journalist und Emmy-Preisträger Mario Guevara verhaftet, als er einen Livestream von der friedlichen Demonstration sendete.

In dem Livestream ist eindeutig zu sehen, dass Guevara eine Weste mit der Aufschrift „Presse“ trug und den Anweisungen der Polizei Folge leistete. Dennoch wurde er wegen „Behinderung polizeilicher Maßnahmen“ und Teilnahme an einer „unerlaubten Versammlung“ verhaftet. Er wurde wegen drei geringfügigen Vergehen angeklagt und auf Kaution freigelassen, allerdings stellte die ICE nur Stunden später erneut einen Haftbefehl gegen ihn aus.

Jetzt droht dem in El Salvador geborenen Journalisten die Abschiebung, obwohl er seit über zwei Jahrzehnten in den USA lebt und dabei war, eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis (Green Card) zu erwerben. Guevaras Anwalt Giovanni Diaz bestätigte in einem Interview mit Forbes, dass er über seinen Sohn, einen US-Staatsbürger, eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis beantragt hat.

Die Präsidentin der National Association of Hispanic Journalists (NAHJ), Dunia Elvir, veröffentlichte am Mittwoch eine Erklärung, in der sie Guevaras Verhaftung verurteilte. Sie schrieb:

„Die Verhaftung eines Journalisten, weil er die Tätigkeit der Polizei in der Öffentlichkeit filmt, stellt einen Verstoß gegen den 1. Zusatzartikel [der US-Verfassung] dar und untergräbt die essenzielle Rolle der Presse, die Regierung zur Verantwortung zu ziehen.

Sie fügte hinzu: „Das vermittelt die gefährliche Botschaft, dass Journalisten – vor allem diejenigen, die aus den Communitys von Einwanderern berichten – verhaftet und angeklagt werden können, nur weil sie ihre Arbeit machen.“

Die Verantwortung dafür, dass die Trump-Regierung Journalisten, Einwanderer und US-Staatsbürger verhaften und entführen kann, liegt gänzlich bei der Demokratischen Partei, die Trump die Stimmen und die politische Rückendeckung für sein faschistisches Vorgehen gegen Immigranten verschafft haben. NBC News veröffentlichte am Mittwoch einen Bericht, in dem mehrere Demokraten, die für die Ernennung von Heimatschutzministerin Kristi Noem gestimmt hatten, eine Antwort auf die Frage verweigerten, ob sie ihre Unterstützung für Noems Nominierung bereuten.

Die Senatorin der Demokraten aus Michigan, Elissa Slotkin, erklärte gegenüber NBC, sie habe für Noems Bestätigung gestimmt, weil Michigan „wesentliche Interessen im Zusammenhang mit dem Heimatschutzministerium“ habe. Slotkin, eine ehemalige CIA-Agentin und Vertreterin des Pentagon, verweigerte eine Antwort auf die Frage, ob sie anders abgestimmt hätte, wenn sie damals gewusst hätte, was sie heute weiß.

Auch der zweite Senator von Michigan, Gary Peters, der ebenfalls für Noems Bestätigung gestimmt hatte, äußerte sich nicht zu der Frage, ob er seine Stimme bereut. „Ich bin das höchste Mitglied des Ausschusses und ich muss eine funktionierende Arbeitsbeziehung mit den Ministern haben, unabhängig davon, welche Position sie vertreten“, erklärte er gegenüber NBC.

„Und bisher haben wir die auch gehabt.“

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