Während die Bundesregierung massiv aufrüstet, die Wehrpflicht wieder einführt und den Völkermord in Gaza unterstützt, verbietet die Leitung der Humboldt-Universität Studierenden, dagegen aufzutreten. Sie hat den IYSSE, die mit fünf Abgeordneten im StuPa vertreten sind, verboten, Anti-Kriegs-Veranstaltungen auf dem Campus durchzuführen.
Bisher konnten Hochschulgruppen und studentische Initiativen problemlos politische Veranstaltungen an der Universität organisieren. Allein die IYSSE haben in den letzten zehn Jahren Dutzende Veranstaltungen gegen Militarismus und Kriegsgefahr durchgeführt, mit oftmals hunderten Teilnehmern und stets kontroversen Diskussionen. Jetzt behauptet die Uni-Leitung, Studierende hätten kein Recht, allgemeinpolitische Fragen an der Uni zu thematisieren. Sie müssten sich stattdessen auf „studien- und hochschulpolitische Belange“ beschränken.
Sie setzt damit das wilhelminische Obrigkeitsdenken an die Stelle des Humboldtschen Bildungsideals: Professoren der HU verbreiten pausenlos rechte und militaristische Standpunkte auf allen Kanälen, die Uni-Leitung hat sich hinter die Kriegsvorbereitungen gegen Russland und den Völkermord in Gaza gestellt, aber die Studierenden sollen den Mund halten und gefälligst fressen, was ihnen aufgetischt wird. Veranstaltungen dürfen höchstens zum Mensaessen oder den Öffnungszeiten der Bibliotheken durchgeführt werden!
Das dürfen wir nicht hinnehmen! Wir rufen alle Studierenden und jeden, der demokratische Rechte verteidigt, auf, Protestmails an Uni-Präsidentin Julia von Blumenthal zu senden (praesidentin@hu-berlin.de, mit Kopie an iysse [at] gleichheit.de). Kommt zu unserem Treffen am Mittwoch, den 18. Juni, um 19 Uhr in Raum 1.608 in der Doro 24, um die Fragen zu diskutieren und weitere Proteste vorzubereiten.
Es geht um die Frage, ob unsere Universität ein Ort kritischer Auseinandersetzung ist oder zu einer militaristischen Kaderschmiede verkommt. In den USA versucht die rechtsradikale Trump-Regierung Harvard und andere Universitäten gleichzuschalten – und die Universitätsleitungen haben zumindest dagegen protestiert. Die Leitung der Humboldt-Universität folgt hingegen der historischen Tradition der Selbstgleichschaltung und unterdrückt in vorauseilendem Gehorsam studentische Kritik an der Kriegspolitik der Merz-Regierung.
Dabei ist die Humboldt-Universität längst ein zentraler Akteur der Kriegsvorbereitung und Militarisierung der Gesellschaft geworden. Mit dem rechtsradikalen Professor Jörg Baberowski und dem emeritierten, aber weiterhin omnipräsenten Professor Herfried Münkler verbreiten hier zwei Protagonisten der ideologischen Kriegsvorbereitung ihre militaristische Propaganda.
Münkler fordert schon lange eine ideologische Offensive, um die Ablehnung der Kriegspolitik in der Bevölkerung zu überwinden. Auf der letzten Leipziger Buchmesse beklagte er bitter, dass sich in Deutschland zu wenige Menschen als vermeintliche Helden in einem Krieg verheizen lassen wollen.
Sein Kollege Baberowski verharmlost die Verbrechen der Nazis. So hat er Adolf Hitler bescheinigt, „nicht grausam“ gewesen zu sein, und den Vernichtungskrieg der Nazis als defensive Reaktion gegen die Sowjetunion gerechtfertigt, der „die Massengewalt zur zweiten Natur geworden“ sei.
Der Potsdamer Professor Sönke Neitzel forderte kürzlich in der taz, Deutschland brauche einen „demokratischen Krieger“, der für die Aufgaben „kämpfen, töten, sterben“ ausgebildet sei. Als Vorbild nannte er die „Soldatenkulturen“ von Hitlers Wehrmacht, die Soldaten „Identität, Kohäsion und Motivation“ vermittelt habe.
Die Universitätsleitung hat diese Professoren immer wieder gegen studentische Kritik verteidigt und sich sogar geweigert, Baberowskis tätlichen Angriff auf einen unserer StuPa-Abgeordneten zu missbilligen, geschweige denn zu ahnden.
Das Präsidium ist selbst voll an der Kriegspropaganda beteiligt. So eröffnete Blumenthal im September 2023 mitten im Foyer der HU eine Ausstellung zum Ukrainekrieg, die ausschließlich aus Gräuelpropaganda bestand und verhindern sollte, dass sich in der deutschen Öffentlichkeit eine „allmählich abnehmende Unterstützung“ für die Ukraine breit mache, wie es Blumenthal selbst formulierte. Ihre Hoffnung sei, dass die HU dazu beitragen könne, ein anderes „Bewusstsein zu schaffen“. Zuvor hatte Blumenthal schon den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an die HU geladen, um Stimmung für einen umfassenden Krieg gegen Russland zu machen.
In Hinblick auf den Völkermord in Gaza hat sich die HU ebenso eindeutig positioniert. Proteste von Studierenden wurden mit Hilfe der Polizei brutal unterdrückt, der Campus zeitweise in eine Polizeifestung verwandelt. Wer den Völkermord an den Palästinensern auch nur beim Namen nannte, durfte keine Veranstaltungen durchführen oder Proteste organisieren.
Die IYSSE haben diesen Prozess der Militarisierung der Hochschule seit über zehn Jahren angeprangert und bekämpft – mit Flugblättern, Plakaten und Veranstaltungen. Wir wurden deshalb jedes Jahr ins StuPa gewählt, zuletzt mit fast 8 Prozent der Stimmen und fünf Mandaten.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Jetzt will die Unileitung diese politische Arbeit vom Campus verbannen, damit sie für ihre militaristische Indoktrination und Kriegspropaganda freie Hand hat. Sie hat zwei Veranstaltungen verboten, die die IYSSE im Rahmen der StuPa-Wahlen planten: „Eine sozialistische Perspektive gegen die Kriegstüchtigkeit“ und „Wie die Linkspartei die Kriegspolitik der Merz-Regierung unterstützt“.
Erlaubt ist uns nur die dritte Veranstaltung „80 Jahre Kriegsende: Die Rückkehr des deutschen Militarismus und die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen an der HU“, die am 1. Juli um 18:30 Uhr in Hörsaal 2094, Hauptgebäude stattfindet.
Es werden also genau die Veranstaltungen verboten, die sich kritisch mit der Kriegspolitik der Merz-Regierung und ihrer Unterstützung durch die übrigen Bundestagsparteien beschäftigen. Dass die Uni-Leitung zum feigen Instrument der Zensur greift, zeigt, wie schwach ihre Position ist. Denn die wahnsinnige Politik der schwarz-roten Bundesregierung ist in breiten Schichten der Bevölkerung angesichts der historischen Erfahrung von Faschismus, Weltkrieg und Holocaust verhasst.
Die Merz-Regierung ist entschlossen, die Rüstungsausgaben auf die fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, die der Nato-Gipfel am 24. Juni beschließen wird. Das sind 225 Milliarden Euro und damit fast die Hälfte des derzeitigen Bundeshaushalts. Die Kosten werden wir durch Kürzungen bei Gesundheit, Bildung und Sozialem zu tragen haben. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, innerhalb von fünf Jahren in der Lage zu sein, einen Krieg gegen die Atommacht Russland gewinnen zu können. Deshalb will sie die Wehrpflicht wieder einführen und uns zu Kanonenfutter in einem solchen Wahnsinn machen.
Diese Militarisierung ist mit demokratischen Rechten und einer kritischen Uni unvereinbar. Deshalb werden Kriegsgegner immer schärferen Repressionen ausgesetzt, deshalb zensiert die Uni-Leitung kritische Veranstaltungen – und deshalb ist es notwendig, sich der Zensur entgegenzustellen und die kritische Auseinandersetzung an unserer Uni zu verteidigen.
Im Kampf gegen Krieg und Militarismus und für die Verteidigung demokratischer Rechte können wir Studierenden uns auf keine der Parteien im Bundestag verlassen, die allesamt die Politik der Bundesregierung unterstützen. Wir müssen uns vielmehr der gesellschaftlichen Kraft zuwenden, die einzig in der Lage ist, den Krieg und seine Wurzel, den Kapitalismus, zu überwinden: der internationalen Arbeiterklasse, die den gesellschaftlichen Reichtum schafft und die Last von Krieg und Krise zu tragen hat. Nur wenn wir die Macht der Banken und Konzerne brechen und sie unter demokratische Kontrolle stellen, können wir eine erneute Katastrophe verhindern.
Wir rufen deshalb alle Studierenden auf: Verteidigt die IYSSE gegen die Zensurmaßnahmen der Universitätsleitung! Sendet Protestmails an Uni-Präsidentin Julia von Blumenthal (praesidentin@hu-berlin.de, mit Kopie an iysse [at] gleichheit.de) und kommt zu unserem nächsten Treffen am Mittwoch, dem 18. Juni um 19 Uhr in Raum 1.608 in der Doro 24, um diese Perspektive mit uns zu diskutieren.