In der Nacht zum Sonntag kam es auf der geriatrischen Station des Hamburger Marienkrankenhauses zu einem verheerenden Brand. Eine 72-jährige Frau und drei Senioren im Alter von 84, 85 und 87 Jahren starben, und 55 weitere Patienten wurden teils sehr schwer verletzt.
Das Feuer brach im Erdgeschoss der Klinik, in der Geriatrie aus, wie es heißt, weil ein verwirrter 72-Jähriger sein Kissen angezündet hatte. Der Brand breitete sich rasch aus und griff auf die Neurologie über, die sich im ersten Stock darüber befindet. Rasch stand die ganze Fensterflucht aus Plastikrahmen in Flammen, die Glasscheiben zerbarsten, und der Brand konnte auf den Oberstock übergreifen. Schließlich waren alle vier Etagen des Gebäudes von Rauch erfüllt.
Als die Feuerwehr eintraf, bot sich ihr ein schreckliches Bild. „An den Fenstern waren mehrere Patientinnen und Patienten, die da um Hilfe riefen“, berichtete ein Feuerwehrsprecher dem Norddeutschen Rundfunk. Die Rettung habe sich schwierig gestaltet, denn die Räume und Flure waren bereits voller Rauch und Qualm. Man musste die Patienten mit Fluchthauben durch die völlig verqualmten Flure oder, wenn sie halbwegs mobil waren, auch über Feuerleitern evakuieren.
Selbst die Geriatrie im Erdgeschoss war schwer zugänglich, da vor dem darunterliegenden Souterrain ein Lichtschacht liegt. Hier mussten Feuerwehrleute 2,5 Meter hochklettern. Die zuerst eintreffende Feuerwehr alarmierte sofort Verstärkung, und schließlich waren vier Löschzüge mit 160 Brandbekämpfern und weitere 60 Rettungskräfte vor Ort.
Nach 20 Minuten war der Brand gelöscht, die Geriatrie vollständig evakuiert. Gleichzeitig lief der übrige Krankenhausbetrieb weiter. Die meisten Verletzten, die hauptsächlich an Rauchgasvergiftung litten, wurden gleich in der Notaufnahme desselben Krankenhauses behandelt.
Das katholische Marienkrankenhaus ist mit etwa 600 Betten eine der größten Kliniken Hamburgs. Rund 2.000 Mitarbeiter betreuen auf 14 Stationen und zahlreichen ambulanten Einrichtungen jährlich bis zu 100.000 Patienten.
Als Brandursache wurde mit dem Finger auf den „Schuldigen“ gezeigt, der sein Kissen in Brand gesetzt haben soll. Er wurde auf richterliche Anordnung noch am Sonntagabend in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Allerdings wirft der verheerende Brand ganz andere Fragen auf.
Zunächst drängt sich die Frage auf: Warum war keine Sprinkleranlage vorhanden? Eine solche automatische Löschanlage hätte großes Unheil verhindern und möglicherweise die Getöteten vor dem Ersticken retten können. Denn schlafende Menschen riechen den Brandgeruch nicht oder erst, wenn es zu spät ist.
Eine weitere zentrale Frage lautet: Wie viele Pflegekräfte waren vor Ort? Bekanntermaßen ist die Situation an vielen Kliniken aktuell derart angespannt, dass die Abteilungen häufig unterbesetzt sind. „Unterbesetzt und unterbezahlt“, wie die Pflegekräfte immer wieder betonen. Gerade nachts kommt es vor, dass eine einzige examinierte Pflegekraft für Dutzende Patienten zuständig ist. Dies wird seit Jahren so akzeptiert, während der Druck auf die Pflegekräfte ständig steigt.
Eine weitere Frage stellt sich aufgrund der schnellen Ausbreitung des Feuers und der großen Verqualmung mehrerer Stockwerke: Gab es brennbare und gefährliche Stoffe mit toxischen Auswirkungen, die falsch gelagert waren? Auch die Fensterfassaden aus Plastik waren offenbar brennbar und hochgefährlich.
Hier stellt sich die Frage nach regelmäßigen und präventiven Kontrollen und Begehungen durch Brandschutzexperten. Aber während unter dem falschen Slogan der „Sicherheit“ Polizei und Bundeswehr massiv aufgerüstet werden, wird bei der Abwehr ziviler Gefahren, wie im gesamten öffentlichen Dienst, immer weiter gekürzt und gespart.
Die verantwortlichen Behörden und die Krankenhausleitung selbst stellen diese Fragen kaum – im Gegenteil. Mit der raschen Schuldzuweisung an einen psychisch verwirrten Senioren werden die zentralen Fragen gar nicht erst gestellt. Dies zeigt einmal mehr, wie notwendig es ist, dass sich Beschäftigte selbst organisieren, unabhängige Komitees aufbauen und sich betriebsübergreifend vernetzen, um Leben und Sicherheit der Menschen – und nicht den Profit – an die erste Stelle zu setzen.