UN warnen: Gaza ist der „Ort mit dem größten Hunger auf der Welt“

Palästinenser tragen Kisten mit Nahrungsmitteln und humanitären Hilfsgütern von der Gaza Humanitarian Foundation, einer von den USA unterstützten und von Israel genehmigten Organisation. Aufgenommen am Dienstag, 27. Mai 2025, in Rafah. [AP Photo/Abdel Kareem Hana]

In Gaza herrscht weiterhin eine massive Hungerkatastrophe. Die Vereinten Nationen warnten am Freitag, die belagerte Enklave sei der „Ort mit dem größten Hunger auf der Welt“.

Jens Laerke, ein Sprecher des Büros der Vereinten Nationen für humanitäre Angelegenheiten, erklärte gegenüber Reportern: „Die gesamte Bevölkerung ist von einer Hungersnot bedroht.“

Schon bevor Israel am 2. März eine vollständige Blockade für Nahrungsmittel, Wasser und Strom verhängte, war der Hunger im Gazastreifen bereits allgegenwärtig. In der letzten Woche ließ Israel dann kleinste Mengen an Nahrungsmitteln in das Gebiet, die überwiegend durch Verteilungszentren der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) ausgegeben wurden. Ziel dieses von den USA und Israel unterstützten Projekts ist es, die Bevölkerung im Süden von Gaza zu konzentrieren, um sie auf die Zwangsumsiedlung in andere Länder vorzubereiten.

Aus den so genannten „humanitären Zonen“ sind Todeszonen geworden, in denen israelische Soldaten in den letzten Tagen mehrfach Hilfesuchende angegriffen haben.

An einem Verteilungszentrum der GHF eröffneten israelische Soldaten am Freitag das Feuer auf Hilfesuchende. Dabei wurden 20 Menschen verwundet.

Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag wurden insgesamt zehn Menschen getötet. Sie hatten versucht, in den Verteilungszentren der GHF Lebensmittel zu erhalten, und israelische Truppen eröffneten wiederholt das Feuer auf Hilfesuchende. Hani Mahmoud von Al Jazeera berichtete: „Die Menschen berichten uns, dass die von der GHF verwalteten und betriebenen Einrichtungen nur wenige Meter von den Stationierungsorten des israelischen Militärs entfernt liegen. Sie können die Panzer und gepanzerten Fahrzeuge sehen.“

Mahmoud fügte hinzu, dass Familien davon berichteten, dass ihre Angehörigen verschwunden seien, als sie in den „humanitären“ Zentren Nahrungsmittel holten. „Daneben gibt es Berichte über das Verschwindenlassen von Personen. Viele Familien berichteten, dass ihre Kinder oder andere Familienmitglieder, die zu den Zentren gingen ... verschwunden sind, als sie versuchten, Lebensmittel zu bekommen.“

Um Lebensmittelpakete abholen zu können, werden die Hilfesuchenden in den „humanitären“ Zentren gezwungen, sich in käfigartige Metallkonstruktionen einem biometrischen Scan zu unterziehen.

Laerke, der humanitäre Sprecher der UN, fügte hinzu, dass durch Israels anhaltende Blockade von humanitären Hilfslieferungen nach Gaza die Lebensmittelhilfe der UN zu „einer der am stärksten behinderten Hilfsoperationen, nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der jüngeren Geschichte,“ geworden sei.

Er verurteilte die unzureichende Menge an Nahrungsmitteln, die in den Gazastreifen gelangen: „Ein Gebiet, das am Rande einer Hungerkatastrophe steht, wird hier nur tropfenweise ernährt.“

Die UN bekräftigten am Freitag ihre Verurteilung der so genannten Gaza Humanitarian Foundation. Das Büro des UN-Ausschusses für die Rechte des palästinensischen Volkes erklärte: „Die GHF entspricht nicht den Anforderungen der humanitären Prinzipien.“ Die Organisation betonte, die UN und ihre Partner verfügten über die notwendigen Mittel, um lebensrettende Hilfe zu leisten. Doch es ist nicht die Fähigkeit der UN, sondern die politische Blockade, die das Haupthindernis für die Bewältigung der humanitären Krise in Gaza darstellt.

Michael Fakhri, der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, erklärte in einem Interview mit Al Jazeera, man könne „mit Gewissheit sagen, dass [in Gaza] eine Hungersnot herrscht“.

Er beschuldigte Israel, Nahrungsmittel als „Köder“ zu benutzen, um Menschen in den Gebieten im südlichen Gaza „einzupferchen“. Weiter sagte Fakhri: „Es geht darum, die Menschen zu demütigen, und darum, die Bevölkerung zu kontrollieren. Das hat nichts damit zu tun, das Hungern zu beenden.“

Am Freitag wurden bei israelischen Angriffen im gesamten Gazastreifen mindestens 30 Menschen getötet, u.a. in Deir el-Balah, Dschabaliya und Chan Yunis.

Israel ordnete am Freitag neue Zwangsumsiedlungen in weiten Teilen des nördlichen Gazastreifens an, wodurch die Zahl der Menschen, die in den letzten zwei Wochen vertrieben wurden, auf fast 200.000 angestiegen ist.

Am Mittwoch erklärte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die GHF sei Teil eines Plans zur Schaffung einer „sterilen Zone im Süden von Gaza, wohin die gesamte Bevölkerung zu ihrem eigenen Schutz übersiedeln kann“.

Der ehemalige israelische Finanzminister, Avigdor Lieberman, machte am Mittwoch in einem Tweet deutlich, dass die GHF vom israelischen Auslandsgeheimdienst und dem Militär finanziert wird. „Das Geld für humanitäre Hilfe kommt vom Mossad und dem Verteidigungsministerium. Hunderte Millionen Dollar auf Kosten der israelischen Bürger“, so Lieberman.

Am Sonntag stellte das israelische Militär einen Plan vor, der die Besetzung von drei Vierteln des Gazastreifens vorsieht. Die gesamte noch verbliebene palästinensische Bevölkerung, schätzungsweise etwa zwei Millionen Menschen, würde auf einem Gebiet von nur knapp 60 Quadratkilometern zusammengepfercht werden.

Der Plan ist die praktische Umsetzung der „Operation Gideons Streitwagen“, die Netanjahu als die „abschließenden Schritte“ des Angriffs auf Gaza beschrieben hat.

Letzte Woche erklärte der israelische Ministerpräsident erstmals öffentlich, dass die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung aus dem Gazastreifen ein offizielles Ziel der Kriegsanstrengungen Israels ist.

Er erklärte bei einer Pressekonferenz, Israel sei „bereit, den Krieg zu beenden, unter eindeutigen Bedingungen, dass ... wir Trumps Plan umsetzten. Ein Plan, der so richtig und so revolutionär ist.“

NBC News hatte Anfang Mai berichtet, dass die USA mit Syrien und Libyen über die Aufnahme der aus dem Gazastreifen vertriebenen Palästinenser verhandelten. Die Regierungen dieser Länder waren mit Hilfe der USA durch islamistische Aufstände gestürzt worden.

Am 6. Mai legte der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich den Plan der Regierung offen: „Innerhalb eines Jahres... wird der Gazastreifen vollständig zerstört sein. Zivilisten werden... in eine humanitäre Zone in den Süden geschickt werden... und von dort aus in großer Zahl in Drittstaaten gehen.“

Bisher wurden in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 mindestens 53.900 Palästinenser durch israelische Angriffe getötet und Hunderttausende verwundet.

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