Dobrindt greift Geflüchtete und Migranten an

Die Merz–Regierung aus Union und SPD geht massiv gegen Geflüchtete vor. Am Mittwoch, den 28. Mai, hat das Kabinett zwei Gesetzesvorschläge von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) beschlossen, die im Stil der AfD auf Abschottung statt auf Integration setzen.

Ein syrischer Flüchtling bei der Arbeit in einem syrischen Restaurant in Berlin am 10. Dezember 2024 [AP Photo/Ebrahim Noroozi]

Mit dem ersten Gesetz wird der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte zwei Jahre lang vollständig gestoppt. Das betrifft im Wesentlichen Menschen, die teils schon vor Jahren aus Kriegs- und Bürgerkriegsländern hierher geflüchtet sind. Sie sind hier im Arbeitsleben meist längst gut integriert: als Ärzte oder Techniker, bei der Bahn oder in der Gastronomie. Im Herkunftsland konnten sie mit ihren Familien nicht zusammenleben, da ihnen Gefahr für Leib und Leben drohte. Nun wird ihnen auch die letzte Möglichkeit genommen, ihre Ehepartner und Kinder nachzuholen.

Pro Asyl nennt es ein „Familienzerstörungsgesetz“ und bezeichnet es als „Katastrophe für die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind“. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen nennt den Gesetzentwurf „furchtbar und menschenrechtlich inakzeptabel“ und kommentiert: „Der Gesetzentwurf ist geeignet, Familien zu zerstören, die schon durch die Flucht oft über lange Zeiträume auseinandergerissen wurden und nun von Amts wegen für weitere Jahre getrennt bleiben sollen.“

Auch Dobrindts zweiter Gesetzentwurf richtet sich ausdrücklich gegen verbesserte Integration. Er schafft eine Regelung wieder ab, die es „besonders gut integrierten“ Migranten bisher ermöglicht hat, schon nach drei statt fünf Jahren eine Einbürgerung anzustreben. Beide Gesetze benötigen noch die Zustimmung des Bundestags, in dem jedoch die AfD die größte Oppositionspartei ist.

Unter den 388.000 Geflüchteten, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) einen subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, befinden sich vor allem viele Menschen aus Syrien. Sie müssen jetzt auch verstärkt ihre eigene Abschiebung befürchten. So sagte Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwochabend im Gespräch mit Dunja Hajali, der Moderatorin des heute-journals: „Gerade die Syrer können jetzt zum größten Teil zurückgehen. Und wir wollen das befördern.“

Dies unterstützt auch die SPD, die ja Teil der Merz-Regierung ist. Dirk Wiese, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, versicherte, die SPD stehe geschlossen hinter Dobrindts innenpolitischem Kurs. Auch Hakan Demir, SPD-Abgeordneter aus Berlin Neukölln, der im radioeins-Interview Verständnis für Kritik äußerte, „wenn gesagt wird, da reißt man Familien auseinander“, kam dennoch zum Schluss: „Wir sind da Kompromisse eingegangen.“ Die neue Koalition habe das nun mal so beschlossen.

In Wirklichkeit teilt die SPD den AfD-Kurs von Merz und Dobrindt voll und ganz. Schon die frühere Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte im Januar mit der Abschiebung von Tausenden hier lebenden Syrerinnen und Syrer gedroht. Zudem hatte der SPD-Staatssekretär für Inneres in Berlin, Christian Hochgrebe, ausdrücklich betont, dass die Unschuldsvermutung auf dem „Rechtsgebiet des Ausländer- und Aufenthaltsrechts“ nicht gelten könne – eine Auffassung, die den allgemeinen Menschenrechten diametral entgegensteht.

Wie weit sich Sozialdemokraten und Rechtsextremen mittlerweile politisch angenähert haben, zeigt sich auch auf europäischer Ebene. Die sozialdemokratische dänische Regierungschefin Mette Frederiksen hat gemeinsam mit der neofaschistischen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni einen offenen Brief verfasst, der den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg angreift, weil er Abschiebungen blockiert hatte, und eine Überprüfung der Europäischen Menschenrechtskonvention verlangt.

In dem Brief behaupten Frederiksen und Meloni, der „Schutz der eigenen Bevölkerung“ sei wichtiger als die individuellen Rechte von Migrantinnen und Migranten. Den Brief haben inzwischen auch die Regierungschefs Polens, Belgiens, Österreichs, Estlands, Lettlands, Tschechiens und Litauens unterzeichnet.

Was sie mit Meloni eine, sei „Patriotismus“, sagte Frederiksen einer Kopenhagener Zeitung. In der deutschen SPD hat die Dänin, die in ihrem Land seit Jahren eine Spar- und Law-and-Order-Politik verfolgt, viele Bewunderer.

Sogar die Blätter für deutsche und internationale Politik, eine politische Monatsschrift, zu deren Herausgeber auch Jürgen Habermas und Dan Diner gehören, haben sich lobend über Frederiksen geäußert und sie vom Vorwurf in Schutz genommen, die fremdenfeindlichen Prämissen der Rechtspopulisten zu übernehmen. Vielmehr sichere sie den Sozialstaat in einer von globalen Krisen geprägten Realität, lobte der Blätter-Autor Troels Heeger. Frederiksen wage „derzeit ein bemerkenswertes Experiment: die Wiederentdeckung der breiten Mitte“.

Ziel der rechtsradikalen Politik ist es, die Arbeiterklasse zu spalten und Migranten und Flüchtlinge zu Sündenböcken für den sozialen Kahlschlag zu stempeln, für den die Kriegspolitik der Regierenden und die Profitgier der Superreichen verantwortlich sind. Gleichzeitig dienen die Angriffe auf Migranten dazu, Angriffe auf die ganze Bevölkerung vorzubereiten und den Staat weiter aufzurüsten.

Denn die Merz-Regierung, die auf Krieg setzt, kann keinen Widerstand in der eigenen Bevölkerung dulden. Seit seinem Amtsantritt vor drei Wochen reist Kanzler Merz von einem Kriegsgipfel zum nächsten und eskaliert die militärische „Zeitenwende“, die sein Vorgänger Olaf Scholz (SPD) eingeleitet hat. Am selben Tag, als das Kabinett Dobrindts Migrationsgesetzen zustimmte, empfing Merz den ukrainischen Regierungschef Selenskyj und gewährte ihm neue Kriegshilfen über weitere fünf Milliarden Euro.

Merz stützt sich darauf, dass die SPD als Koalitionspartner seinen Kurs uneingeschränkt mitträgt. Während der CSU–Innenminister Dobrindt sich auf Abschottung und den Aufbau eines Polizeistaats konzentriert, obliegt es der SPD, die Angriffe auf die Arbeiterklasse durchzuführen. Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) stellt den Finanzminister, und Bärbel Bas (SPD) ist Arbeits- und Sozialministerin: Sie werden die sozialen Kürzungen, Sparmaßnahmen und verschärften Arbeitsbestimmungen wie längere Arbeitszeiten etc. in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften durchzusetzen. Und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist derweil dabei, die ganze Gesellschaft „kriegstauglich“ zu machen.

In der Migrations- und Flüchtlingspolitik gehen alle etablierten Parteien – von der AfD über CDU/CSU und SPD bis hin zur Linken – scharf nach rechts, während die Medien ein chauvinistisches Klima schaffen, wie es für die imperialistische Kriegspolitik benötigt wird.

Die Linke deckt diese Politik ab. Sie kritisiert die neuen Gesetze überall dort, wo ihre Kritik nichts bewirkt. Aber wenn es darauf ankommt, erweist sich Die Linke als staatstragende Kraft, wie bei ihrer Zustimmung zum Kriegspaket über eine Billion Euro im Bundesrat und zuletzt bei der Kanzlerwahl. Schon als die Linke in Thüringen mit Bodo Ramelow den Regierungschef stellte, schob sie Geflüchtete knallhart ab.

Allein die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) lehnt jede Verschärfung des Asylrechts und die gesamte Politik auf dem Rücken von Migranten kategorisch ab. Gleiches Recht für alle! Wir verteidigen das Recht jedes Arbeiters und jeder Arbeiterin, mit ihren Familien im Land ihrer Wahl zu leben und zu arbeiten.

Wir appellieren an alle Arbeiterinnen und Arbeiter, Studierende und Jugendliche: Verteidigt die Geflüchteten und die demokratischen Rechte! Lasst euch nicht spalten. Der Kampf gegen Krieg, Faschismus und Sozialabbau erfordert die Einheit der Arbeiterklasse über alle nationalen Grenzen hinweg. Beteiligt euch am Aufbau von Verteidigungskomitees in den Betrieben! Und baut mit uns die SGP und das Internationale Komitee der Vierten Internationale auf!

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