Die Verhandlungen zwischen der Trump-Regierung und der Europäischen Union (EU) über die von den USA am 2. April verhängten Zölle wurden wieder aufgenommen, könnten jedoch jederzeit wieder scheitern.
Die Wiederaufnahme der Gespräche erfolgte, nachdem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Telefonat mit US-Präsident Trump initiiert hatte. Zuvor hatte Trump am Freitag erklärt, dass die USA ab dem 1. Juni einen Zoll von 50 Prozent auf alle europäischen Waren erheben würden.
Der Inhalt der Gespräche mit von der Leyen ist nicht bekannt. Aber Trump vermittelte wie üblich den Eindruck, dass die EU Zugeständnisse gemacht habe.
„Sie sagte, sie wolle ernsthafte Verhandlungen aufnehmen“, erklärte Trump gegenüber Reportern. „Wir hatten ein sehr nettes Gespräch. Sie sagte, wir würden uns schnell zusammensetzen und sehen, ob wir eine Lösung finden können.“
Stephen Moore, Wirtschaftsberater von Trump, bezeichnete es als „vielversprechendes Zeichen“, dass die EU „verhandlungsbereit“ sei.
Von der Leyen erklärte ihrerseits, die EU sei bereit, die Zollverhandlungen „rasch und entschlossen“ voranzubringen, aber die USA müssten zu der am 9. April angekündigten 90-tägigen Verhandlungsphase zurückkehren. Am 2. April hatte die Trump-Regierung den „Tag der Befreiung“ und die Einführung sogenannter „Gegenzölle“ angekündigt.
Die ursprünglich an diesem Tag angekündigten Zölle beliefen sich auf 20 Prozent. Trump erhöhte den Satz jedoch auf 50 Prozent und verschob den Termin in einem Social-Media-Beitrag auf den 1. Juni. Die EU sei „sehr schwierig im Umgang“ gewesen und „unsere Gespräche mit ihr führen zu nichts“, sagte er.
Trump sagte, er sei „nicht auf ein Abkommen aus“. Und weiter: „Ich meine, wir haben die Vereinbarung getroffen. Sie liegt bei 50 Prozent.“ Er fügte hinzu, dass er „nicht wisse“, ob die EU die Zollerhöhung vermeiden könne. Trump sagte jedoch, dass es zu einer „kleinen Verzögerung“ kommen könnte, wenn europäische Unternehmen „sich zur Verlagerung ihrer Produktion in die USA verpflichten“.
„Wir werden sehen, was passiert. Aber im Moment gilt der 1. Juni, und so wird es auch bleiben“, so Trump.
US-Finanzminister Scott Bessent, der zuweilen als eine Art Gegenpart zu Trump aufzutreten scheint, sagte, die Ankündigung sei „eine Reaktion auf das Tempo der EU“ und weiter: „Ich hoffe sehr, dass dies die EU aufrütteln wird“.
Bessent hat behauptet, dass andere Länder „mit guten Absichten“ mit den USA verhandeln, die EU jedoch nicht.
Trump sagt regelmäßig, die EU sei als „schlimmer“ als China, und behauptet, die Europäische Union sei gegründet worden, um die USA „zu schikanieren“.
Die Ankündigung kam für EU-Vertreter offenbar überraschend. Sie hatten sich nach dem Austausch von Dokumenten, in denen einige der diskutierten Themen umrissen wurden, laut dem Wall Street Journal „vorsichtig optimistisch“ gezeigt. Gleichzeitig wurde eingeräumt, dass „die Positionen weiterhin weit auseinanderliegen“.
In einem Social-Media-Beitrag nach der 50-Prozent-Drohung von Trump erklärte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič, die EU sei entschlossen, ein für beide Seiten akzeptables Abkommen zu erzielen, aber der Handel zwischen den beiden Seiten müsse „von gegenseitigem Respekt und nicht von Drohungen geleitet sein“. Šefčovič betonte: „wir sind bereit, unsere Interessen zu verteidigen.“
Der Streit betrifft längst nicht nur die unmittelbare Frage nach der Verringerung von Handelsüberschüssen der EU gegenüber den USA. Von US-Seite richten sich die Drohungen und Verhandlungen hauptsächlich gegen die europäische Mehrwertsteuer, die nach ihrer Auffassung amerikanische Waren benachteiligt.
Die EU-Agrarsubventionen sind ein weiteres Thema in den Forderungen der USA. Vor der jüngsten Drohung Trumps erklärte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis gegenüber dem Wall Street Journal jedoch, dass beide Themen vom Tisch seien.
„Wir sehen keine Möglichkeit, von unserer Mehrwertsteuer abzuweichen“, sagte er und erklärte, er habe Bessent die Position der Union mitgeteilt.
Die EU vertritt den Standpunkt, dass die Mehrwertsteuer nicht handelsverzerrend ist, wie von den USA behauptet, sondern den Umsatzsteuern in den USA entspricht.
Das Gleiche gelte für Agrarsubventionen, die von der Welthandelsorganisation als „nicht handelsverzerrend“ eingestuft worden seien und daher nicht in Zollverhandlungen einbezogen werden sollten.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Frage, welche Maßnahmen die EU gegen China zu ergreifen gedenkt. China ist nach wie vor das zentrale Ziel im Wirtschafts- und Handelskrieg der USA.
Von der Leyen hat signalisiert, dass die EU bereit ist, mit den USA in Bezug auf China zusammenzuarbeiten. Was dies genau bedeuten würde, ist jedoch angesichts der Spaltungen innerhalb der Union keineswegs klar. Dies zeigte sich bei der Verhängung von EU-Zöllen auf chinesische Elektrofahrzeuge, was von Deutschland und seinen großen Automobilkonzernen abgelehnt wurden.
Unter Berufung auf „mit den Diskussionen vertraute Personen“ berichtete das Wall Street Journal:
„Die USA haben bislang keine Zusage der EU-Spitzenpolitiker für neue Zölle auf chinesische Industrien erhalten, die für die Trump-Regierung, die den Handelsdruck auf Beijing verschärfen will, eine Priorität darstellen.“
Die Art der von den USA geforderten Maßnahmen wurde zumindest teilweise in dem Abkommen mit Großbritannien offenbar. Hier zeigt die Starmer-Regierung sich bereit, im Einklang mit den „nationalen Sicherheitsinteressen“ der USA – ein Codewort für Maßnahmen gegen China – zu handeln und die Einführung von Zöllen auf chinesischen Stahl voranzutreiben.
Selbst wenn die Verhandlungen fortgesetzt werden, könnte die Trump-Regierung durchaus beschließen, die 50-prozentige Erhöhung durchzuziehen. Dies würde zu massiven Vergeltungsmaßnahmen der EU führen, da dies verheerende Folgen für ganz Europa hätte. Die Financial Times spricht von, „harten Schläge für wichtige Fertigungsbranchen wie die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrt, die chemische Industrie und andere Güter“.
Die USA sind der größte Exportmarkt der EU, auf den 20 Prozent ihrer Auslandsmärkte entfallen und der 2024 einen Wert von mehr als 530 Milliarden Euro erreichen wird.
Deutschland, Irland, Italien und Frankreich sind die führenden Exportländer. Irland könnte am stärksten betroffen sein, da dort viele Pharmaunternehmen, darunter auch aus den USA, aufgrund der niedrigen Steuern ansässig sind.
Trump sagte, Irland habe „die gesamte US-Pharmaindustrie in der Hand“. Und weiter: „Wir stellen unsere Medikamente, unsere Arzneimittel nicht mehr selbst her. Die Pharmaunternehmen sitzen in Irland und an vielen anderen Orten – in China.“
Nach Angaben des Forschungsunternehmens Capital Economics würde ein US-Zoll von 50 Prozent auf EU-Importe zu einem Rückgang des BIP in Irland um 4 Prozent führen. Das BIP Deutschlands würde um 1,5 Prozent schrumpfen, das Italiens um 1,2 Prozent, das Frankreichs um 0,75 Prozent und das Spaniens um 0,5 Prozent.