Widerstand gegen den Völkermord in Gaza erfordert einen sozialistischen Kampf gegen Starmers Labour-Regierung

Der britische Premierminister Keir Starmer und sein Außenminister David Lammy reagierten auf Israels jüngste Militäroffensive zur ethnischen Säuberung des Gazastreifens mit leeren Worten. Sie verurteilten sie lediglich als „unverhältnismäßige Reaktion“ und brachen die Handelsgespräche ab.

Das ist ein übler Versuch der Labour-Regierung, sich ein Alibi für 19 Monate Komplizenschaft beim Gaza-Genozid zu verschaffen. Gleichzeitig werden Rüstungsgüter aus Großbritannien in Israel entladen, und die Royal Air Force unterstützt weiterhin die Planung des Massenmords durch Aufklärungsflüge über Gaza.

Sir Keir Starmer spricht im Parlament, mit Außenminister David Lammy (sitzend links), 21. November 2024 [Photo by UK Parliament/Flickr / undefined]

Die britische Regierung wird nichts unternehmen, um die israelische „Operation Gideons Streitwagen“ aufzuhalten. „Erobern, säubern und bleiben“ – so hat der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich das Ziel der Operation beschrieben. Die Palästinenser sollen dabei „gemäß Trumps Plan in Drittstaaten“ vertrieben werden. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, dieser „Krieg“ würde erst aufhören, wenn „Gaza vollständig entwaffnet ist und wir Trumps Plan ausführen. Ein Plan, der so korrekt und so revolutionär ist.“

Die Millionen von Arbeitern und Jugendlichen, die für die Verteidigung der Palästinenser demonstriert haben, müssen jetzt erkennen, dass Protestmärsche nicht ausreichen. Appelle oder moralischer Druck auf die Labour-Regierung und andere Regierungen werden den Völkermord nicht beenden.

Die Arbeiterklasse darf die politische Herrschaft von Starmers Regierung nicht länger hinnehmen, die mit Spenden der Gewerkschaften finanziert wird. Die Gewerkschaften haben tatenlos zugesehen, wie zehntausende Menschen, meist Frauen und Kinder, ermordet werden. Die Arbeiter müssen einen politischen Kampf gegen Starmers Kriegsverbrecher aufnehmen. Notwendig ist eine Massenbewegung gegen Krieg und Völkermord als Teil des Kampf für den Aufbau einer neuen und wirklich sozialistischen Partei.

Labour – bis auf den Namen eine extrem rechte Partei

Abgesehen von ihrem Namen, der an eine seit langem aufgegebene Verbindung zum Reformismus erinnert, steht die Labour-Regierung weit rechts. Starmer steht an der Spitze einer an Thatcher orientierten, wirtschaftsfreundlichen Partei der Sparpolitik. Er führt einen Angriff auf demokratische Rechte und kriminalisiert vor allem die Gaza-Proteste unter dem verlogenen Vorwand des „Antisemitismus“. Seine Regierung verbreitet migrantenfeindliche Hetze und verschärft den Militarismus, um den Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine fortzusetzen.

Diesen Monat begann Starmer einen Frontalangriff auf Einwanderer. Er behauptete, Großbritannien werde zu „einer Insel der Fremden“. Damit imitiert er die Rhetorik des berüchtigten Tory-Rassisten Enoch Powell, der wetterte, die weißen Briten würden zu „Fremden im eigenen Land“ gemacht.

Starmer hat sich die Agenda von Nigel Farages Partei Reform UK vollständig zu eigen gemacht. Er kriminalisiert Einwanderer und will so viele wie möglich einsperren, abschieben und brandmarken. Farage triumphierte vor kurzem, Labour habe „sehr viel“ von seiner Partei „gelernt“, und forderte Starmer auf, einen nationalen Ausnahmezustand an den britischen Grenzen auszurufen.

Der Abgeordnete und Vorsitzende von Reform UK, Nigel Farage, im britischen Parlament am 14. Mai 2025. Er erklärte Starmer: „Ich habe Ihre Rede am Montag sehr genossen. Sie scheinen sehr viel von uns zu lernen.“ [Photo by House of Commons/Flickr / CC BY-NC-ND 4.0]

Doch es sind nicht die Migranten, die Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen bedrohen, sondern Labour. Die Partei führt einen Sozialkahlschlag nach dem Muster von Trump, Musk und dessen Effizienzbehörde DOGE durch und vernichtet Hunderttausende von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst, im National Health Service und bei den Kommunalverwaltungen, die finanziell bankrott sind. Bei den Sozialleistungen hat sie bereits sechs Milliarden Pfund gekürzt, weitere Einsparungen werden folgen.

Eine Regierung auf Spar- und Kriegskurs

Hinter den ständigen Erklärungen, Kürzungen seien unvermeidlich, weil kein Geld da sei, verbergen sich zwei strategische Ziele der Labour Party:

Erstens darf nichts die Banken, Konzerne und Superreichen daran hindern, sich auf Kosten der Arbeiter zu bereichern. Die Zahl der Milliardäre im Vereinigten Königreich ist von 15 im Jahr 1990 auf 165 im vergangenen Jahr 2024 gestiegen, ihr durchschnittliches Vermögen wuchs um mehr als 1.000 Prozent. Die 50 reichsten Familien verfügen über mehr Vermögen als die ärmste Hälfte der Bevölkerung bzw. über 34 Millionen Menschen.

Zweitens müssen die britische Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft auf Kriegskurs gebracht werden. Die Zeit der „Friedensdividende“, mit der nach dem Zweiten Weltkrieg eine soziale Wohlfahrtspolitik möglich war, ist mit dem Ausbruch von Handelskriegen und Kriegen zur Neuaufteilung der Welt zwischen rivalisierenden imperialistischen Mächten vorbei.

Starmer wurde schon vor seiner Machtübernahme weithin verachtet, weil er den Völkermord an den Palästinensern in Gaza unterstützte. Aber Labour regiert auch als „Partei der Nato“ und versucht, angesichts der Verhandlungen zwischen dem Putin-Regime in Moskau und dem Weißen Haus, den Stellvertreterkrieg gegen Russland durch eine europäische „Koalition der Willigen“ weiterzuführen. Diese Kriegsziele sind die größte Gefahr für die Arbeiterklasse, denn es droht ein Abstieg in die Barbarei, wie sich in Gaza zeigt.

Labour-Parteichef Sir Keir Starmer (unten rechts) auf einem Panzer während seines Besuchs bei britischen Soldaten in der Nato Enhanced Forward Presence-Operationsbasis im estnischen Tapa am 21. Dezember 2023. [Photo by Keir Starmer/Flickr / undefined]

Um Großbritannien kriegsbereit zu machen, sind brutale Sparmaßnahmen notwendig. Sie werden ideologisch durch das Schüren von Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit vorbereitet. Es erfordert außerdem die Hinwendung zu autoritären Herrschaftsformen und die Förderung rechtsextremer Kräfte, um den Widerstand der Arbeiterklasse zu zerschlagen.

Am weitesten fortgeschritten ist diese Entwicklung in den USA mit der Machtübernahme von Donald Trump und seinen Schritten zur Errichtung einer Präsidialdiktatur. Allerdings handelt es sich um ein internationales Phänomen. In ganz Europa sind rechtsextreme Parteien entweder an die Macht gekommen oder wurden zu den wichtigsten offiziellen Oppositionsparteien. Von ebenso großer Bedeutung ist die Übernahme des Programms der extremen Rechten durch alle europäischen Regierungen, unabhängig von ihrer formalen Ausrichtung. In Großbritannien nimmt diese Wende zu Sparpolitik, Repression und Krieg die Form der Labour-Regierung unter Starmer an.

„Stop the War Coalition“ sät Illusionen in die Protestpolitik

Viele, besonders jüngere Arbeiter und Studierende, sehen bereits, dass es nicht ausreicht, gegen die Starmer-Regierung zu protestieren.

Doch das Bündnis „Stop the War Coalition“ reagiert auf die unaufrichtigen Äußerungen von Starmer und Lammy, indem es sich rühmt: „Die Gaza-Solidaritätsbewegung hat die Verteidigung von Israels Angriff auf Gaza durch die britische Regierung überlebt“ und „einen weiteren teilweisen, aber echten Sieg“ errungen. Das schreiben sie, obwohl Netanjahu seine „Endlösung“ gegen die Palästinenser vorantreibt.

„Stop the War“ räumt ein, dass „Gaza vom Hungertod bedroht ist“, betont aber, dass Wichtigste sei es, „keine Geduld mehr“ mit der Kritik zu haben, die an ihrer ausschließlichen Konzentration auf Protestmärsche geübt wird. Diese Kritik gebe es „weiterhin in Teilen der aktivistischen Linken, jedoch nicht in der allgemeinen Bewegung oder der öffentlichen Meinung“ und sie sei „angesichts der Beweise unverzeihlich“.

Ein Transparent der Stop the War Coalition bei der Kundgebung in London am 17. Mai [Photo: WSWS]

Die „Beweise“ ihres vermeintlichen Erfolgs – Labours zynische Erklärungen – sind für die Führung von Stop the War Coalition, allen voran Counterfire und die stalinistische Kommunistische Partei Großbritanniens, weitaus wichtiger als die steigende Zahl der Toten in Gaza, weil sie ihr Bündnis mit Corbyn, dem Rumpf der Labour-„Linken“ und der Gewerkschaftsbürokratie um jeden Preis aufrechterhalten müssen. Während sie ihre neueste Lobby-Aktion im Parlament organisieren, betonen sie, dass es „an der Zeit ist, von der tröstenden Fantasie über Wunder-Taktiken abzurücken, die irgendwie einen vollständigen und endgültigen Sieg bringen werden“, d. h. ein Ende des Völkermords.

Corbyn-Anhänger wollen Widerstand der Arbeiterklasse gegen Starmer verhindern

Bei den Parlamentswahlen im letzten Jahr traten viele Kandidaten gegen Labour an, und es gab eine breite Diskussion über die Notwendigkeit, eine neue linke Partei zu gründen.

Doch die Führung der Stop the War Coalition und die britischen pseudolinken Tendenzen wie die Socialist Workers Party unterstützten eine begrenzte Anzahl von unabhängigen Kandidaten, die ausschließlich zum Thema Gaza gegen Labour antraten, riefen aber ansonsten überall zur Wahl von Labour gegen die Tories auf.

Viele hofften, dass der ausgeschlossene ehemalige Labour-Parteichef Jeremy Corbyn den Kampf für eine neue Partei anführen würde. Allerdings weigerte er sich und wurde mit fünf anderen Kandidaten zu parteilosen Abgeordneten gewählt. Er lehnt auch weiterhin alle Aufrufe zur Gründung einer neuen Partei ab und besteht darauf, dass die Zeit dafür noch nicht reif sei.

Jeremy Corbyn bei der Kundgebung in London am 15. Februar 2025 [Photo: WSWS]

Stattdessen beharren er und seine Unterstützer darauf, Labour könne durch Druck der Bevölkerung zu einem Kurswechsel gezwungen werden. Damit hat die rechtsextreme Partei Reform UK freie Hand, die wachsende soziale Not und politische Feindschaft gegenüber Starmer für sich auszunutzen. Sie macht Einwanderer zum Sündenbock und verspricht eine patriotische nationale Erneuerung.

Die „Linken“ haben vor allem eine politische Sorge: Sie müssen den Würgegriff der Labour Party und der Gewerkschaftsbürokratie über die Arbeiterklasse erhalten.

Tatsächlich konnte Starmer die Führung der Labour Party nur übernehmen, weil Corbyn und die Labour-„Linken“ sich weigerten, die Rechten aus der Partei zu werfen. Die pseudolinken Gruppen haben die Labour-„Linken“ unterstützt und behauptet, sie könnten Labour in eine echte Arbeiterpartei verwandeln.

Doch die Labour-„Linken“ kapitulierten vor sämtlichen politischen Forderungen und ließen stattdessen zu, dass ihre eigenen Anhänger als Antisemiten verfolgt wurden. Für dieses politische Verbrechen müssen die Arbeiter noch immer bezahlen.

Aus dem gleichen Grund lehnt Corbyn alle Appelle ab, eine neue Partei anzuführen. Wie die Socialist Equality Party warnte:

Nichts – weder die Unterstützung von Völkermord noch die Aufrüstung, die mit der verheerendsten Offensive gegen den Sozialstaat, die je unternommenen wurde, finanziert werden soll – wird sie dazu bewegen, eine von der Labour-Regierung unabhängige und gegen sie gerichtete politische Bewegung zu mobilisieren. Ihre Politik ist die der Duldung, nicht des Widerstands, und ihre wahre Hoffnung ist, dass in der Arbeiterklasse keine Bewegung entsteht, die zur Herausforderung für ihre routinemäßigen Proteste wird.

Ein Rezept für weniger als eine Labour Party 2.0

Selbst wenn die Ereignisse Corbyn und die Pseudolinke dazu zwingen, sich endlich gegen Labour zu stellen, wäre eine von ihnen gegründete Partei keine echte Alternative. Corbyns Vorschlag für eine Bewegung gegen Labour lautet, dass sie auf den fünf Forderungen seines Peace and Justice Project basieren muss: Lohnerhöhungen für die große Masse, ein grüner „New Deal“, Wohnraum für alle, Besteuerung der Reichen, um den NHS zu retten, die Aufnahme von Flüchtlingen und eine Welt ohne Krieg. Die Beendigung des Völkermords in Gaza wird in dieser Wunschliste nicht einmal ausdrücklich erwähnt.

Diese Vorschläge reichen noch nicht einmal für einen Aufruf zu einer Labour Party 2.0.

Im Jahr 1917 verfassten die Anführer der Fabian Society, Sidney und Beatrice Webb, die Klausel 4 der Labour-Satzung, die 1918 angenommen wurde. Es ging darum, die Ausbreitung des Kommunismus nach der russischen Oktoberrevolution 1917 zu bekämpfen. In der Klausel forderte die Partei „Gemeineigentum an den Produktionsmitteln, deren Verteilung und Austausch“, was durch Reformen im Parlament erreicht werden sollte. Corbyn hingegen erwähnt das Wort „Sozialismus“ nicht einmal.

Beatrice und Sidney Webb während ihrer Reise in die Sowjetunion 1932

Das hindert seine pseudolinken Unterstützer nicht daran, darauf zu bestehen, dass man nichts anderes tun kann, als Corbyn und einige Gewerkschaftsbürokraten zu einem offen reformistischen Programm zu drängen. Nichts dürfe unternommen werden, was diese „natürlichen Führer“ einer neuen Partei der Arbeiterklasse vergrault.

Eine derartige „breite linke“ Partei wäre nichts anderes als eine Aktionsgruppe, die gegen Labours brutale Kürzungen protestiert, gelegentlich zum Streik aufruft und pazifistische Appelle an die Regierung richtet, ihre Unterstützung für den Völkermord in Gaza einzustellen und ihre unablässige Kriegstreiberei zu drosseln.

Der nationale Reformismus ist bankrott, wendet euch dem sozialistischen Internationalismus zu!

Die Degeneration der Labour Party ist nicht das Ergebnis des Verrats von Starmer und Konsorten, sondern des Bankrotts ihres nationalen reformistischen Programms. Dasselbe gilt für den Corbynismus, der nicht in der Lage ist, eine tragfähige Opposition gegen den Rechtsruck der Partei aufzubauen.

Die Entwicklung der transnationalen Produktion und die globale Vernetzung des Finanz- und Produktionssektors, gepaart mit einer tiefen Krise des Profitsystems und galoppierender Verschuldung, treibt die Großmächte in einen globalen Kampf um die Neuaufteilung der Weltmärkte und der wichtigsten Rohstoffe.

Das erfordert einen Krieg gegen die Arbeiterklasse im Inland, um die eigene Wirtschaft international wettbewerbsfähig zu machen und die riesigen Summen zu sichern, die für die Aufrüstung und die militärischen Konflikte notwendig sind. Sozialreformen werden unmöglich, stattdessen wird eine soziale Konterrevolution eingeleitet.

Doch dieser Ausbruch von Militarismus und sozialer Reaktion wurzelt in dem tiefen Widerspruch zwischen einer globalen Wirtschaft und ihrer Aufspaltung in antagonistische Nationalstaaten und konkurrierende Konzerne, die an die Nation gebunden sind. Dieser Widerspruch treibt zugleich Millionen Arbeiter in den Kampf gegen Sparmaßnahmen, rechte Reaktion und imperialistische Barbarei.

Diese Arbeiter sind Teil einer internationalen Klasse, die durch ein globales Produktionssystem objektiv vereint ist und den gesamten Reichtum der Gesellschaft produziert. Sie haben einen gemeinsamen Feind in den riesigen transnationalen Konzernen und Banken, die die Politik jeder nationalen Regierung diktieren. Alles hängt davon ab, dass ihre Kämpfe mit einer sozialistischen und internationalistischen Perspektive und Führung bewaffnet werden, die diesen Herausforderungen gerecht wird.

Demonstration gegen den israelischen Völkermord in Gaza auf dem Weg zum Parlament, aufgenommen von einer Brücke im Londoner Zentrum am 17. Mai 2025 [Photo: WSWS]

Die Socialist Equality Party (SEP) kämpft für den Aufbau einer internationalen Massenbewegung in der Arbeiterklasse, die den Kampf gegen Völkermord und Krieg mit dem Kampf gegen Ungleichheit, Armut und Angriffe auf Löhne, Arbeitsplätze, das Gesundheits- und Bildungswesen und alle sozialen Rechte der Arbeiterklasse verbindet.

Diese Bewegung muss antikapitalistisch und sozialistisch sein, da es keinen ernsthaften Kampf gegen Krieg und soziale Konterrevolution geben kann, ohne die Herrschaft der Finanz- und Wirtschaftsoligarchie und ihrer Monopole über die Gesellschaft zu brechen.

Die neue Partei, die die Arbeiterklasse braucht, ist die SEP, die britische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), der von Leo Trotzki gegründeten Weltpartei der sozialistischen Revolution. Wir appellieren an alle Arbeiter und Jugendlichen, ihr beizutreten und sich diesem Kampf um Leben und Tod anzuschließen.

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