Perspektive

Der Fall Nancy Wohlforth alias Fields und die Ursprünge von „Sicherheit und die Vierte Internationale"

Nancy Wohlforth [Photo by OPEIU]

Am Dienstag, dem 20. Mai, fand gegenüber dem Weißen Haus, in der großen Lobby der nationalen AFL-CIO-Zentrale in Washington D.C., eine Gedenkveranstaltung zu Ehren von Nancy Wohlforth statt. Sie war am 31. Dezember 2024 im Alter von 79 Jahren verstorben.

Die Redner würdigten Wohlforths Rolle als Sekretärin und Schatzmeisterin der Office and Professional Employees International Union (OPEIU), sowie als Vorstandsmitglied der AFL-CIO [des US-amerikanischen Gewerkschafts-Dachverbandes].

Den Vorsitz der Versammlung hatte Larry Cohen, ehemaliger Präsident der Communications Workers of America (CWA). Die Haupttrauerrede hielt Liz Shuler, Präsidentin der AFL-CIO; sie war mit Wohlforth seit 20 Jahren gut bekannt und hatte eng mit ihr zusammengearbeitet. Mary Kay Henry, die im vergangenen Jahr als Präsidentin der Service Employees International Union (SEIU) zurückgetreten war, würdigte Wohlforth ebenfalls. Frau Henry war 2022 von der Zeitschrift Washingtonian als „einflussreichste Gewerkschaftsstimme im Weißen Haus“ bezeichnet worden.

Anwesend waren etwa 75 Personen, fast ausschließlich Gewerkschaftsbürokraten und Freunde von Nancy Wohlforth. Kein einziges einfaches Mitglied der OPEIU oder einer anderen Gewerkschaft war anwesend oder sprach bei der Versammlung.

Im Laufe der zweistündigen Gedenkfeier konzentrierten sich die Redner auf Wohlforths Arbeit in der OPEIU- und AFL-CIO-Bürokratie und ihr Engagement als prominente Lesbe im Kampf für die Rechte von Homosexuellen. Sie war im Jahr 2005 als erstes Mitglied der LGBTQ-Gemeinschaft in den nationalen AFL-CIO-Vorstand gewählt worden.

Auffällig war, dass keiner der Redner auf den Teil ihres Lebens einging, für den sie in Erinnerung bleiben und von der sozialistischen Bewegung für alle Zeiten verachtet werden wird: ihre zentrale Rolle bei dem Versuch, 1973–1974 die Workers League, den Vorläufer der Socialist Equality Party, zu zerstören.

Die Redner nahmen den Namen „Nancy Fields“ nicht in den Mund. Aber unter ebendiesem Namen hatte Nancy Wohlforth eine Zerschlagungsaktion innerhalb der Workers League durchgeführt, die in nur einem Jahr zum Verlust von ungefähr der halben Mitgliedschaft führte.

Ursprünglich bekannt als Nancy Freuden (mit dem Nachname ihres ersten Mannes), trat sie 1971 der Workers League bei und stellte sich dem nationalen Parteibüro als hauptamtliche Korrektorin zur Verfügung. Sie behauptete, als ehemalige Mitarbeiterin des Time-Magazins habe sie in dieser Funktion Erfahrung. Zu ihren Tätigkeiten gehörte auch die Arbeit als Rezeptionistin im Front Office und als Verantwortliche für den Literaturbestand. Für Artikel, die sie gelegentlich für das Bulletin, die Zeitung der Workers League, schrieb, verwendete sie das Pseudonym „Fields“.

Fields spielte in der Führung der Workers League keine besondere Rolle, bis sie sich im Spätfrühjahr 1973 von ihrem Mann trennte und eine persönliche Beziehung mit dem nationalen Sekretär der Workers League, Tim Wohlforth, einging.

Tim Wohlforth und seine Partnerin Nancy Fields, 1973 [Photo: WSWS]

Allein aufgrund dieser Beziehung holte Wohlforth Fields in die Parteiführung. Sie wurde Wohlforths unzertrennliche Begleiterin. Mit seiner uneingeschränkten Zustimmung erhielt Fields die Kontrolle über die Aktivitäten der nationalen Organisation.

Die Trauerredner bei der Gedenkfeier haben überschwänglich von Nancy Wohlforths Herzlichkeit und ihrem Humor gesprochen. Aber solche Eigenschaften hatten die Parteimitglieder 1973–1974 nicht an ihr erfahren. Ihr Umgang mit den Kadern bestand fast ausschließlich aus hemmungslosen Beschimpfungen, die sie mit Geschrei und geballter Faust vortrug. Ihr Verhalten, das Wohlforth blind akzeptierte, hatte verheerende Auswirkungen auf die Workers League, die zu dieser Zeit größtenteils aus relativ unerfahrenen Mitgliesern bestand.

Fields' Vorgehensweise wurde später in The Fourth International and the Renegade Wohlforth (Die Vierte Internationale und der Renegat Wohlforth) aus dem Jahr 1976 geschildert:

Wo immer sie auftauchte, hinterließ Fields eine Spur der politischen Zerstörung. Sie wurde Wohlforths unzertrennliche Reisegefährtin und Vollstreckerin. Sie reisten durch das ganze Land und gaben dabei Tausende von Dollars aus, um ein Zerstörungswerk durchzuführen, wie es die Workers League noch nie erlebt hatte. Sie lösten Ortsverbände auf, drohten Mitgliedern mit Ausschluss und arbeiteten mit den übelsten fraktionellen Intrigen, um Genossen aus der Workers League zu vertreiben.

Die so genannten „Reisen durch das Land“ von Wohlforth und Fields glichen eher Flitterwochen als politischen Interventionen.

Im April 1974 bestimmte Wohlforth, dass Nancy Fields als Delegierte der Workers League an einem Kongress des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) in London teilnehmen sollte, obwohl sie für diese Aufgabe absolut nicht qualifiziert war. An diesem Kongress nahmen Delegierte aus Griechenland, Spanien und Peru teil, die ihre politische Arbeit unter illegalen Bedingungen verrichteten.

Im Laufe der Diskussion äußerte der Delegierte aus Sri Lanka, Keerthi Balasuriya, Generalsekretär der Revolutionary Communist League, seine Besorgnis darüber, dass ein Delegierter der Workers League, der an der vorangegangenen Sitzung des IKVI teilgenommen hatte, die Organisation inzwischen verlassen hatte. Wohlforth wich Balasuriyas Fragen aus, indem er den Austritt als bloße persönliche Desertion abtat und sich mit anderen Erfolgen seiner Organisation brüstete.

Gerry Healy, 1913–1989 [Photo: WSWS]

Mitte August 1974 reiste jedoch eines der langjährigen Mitglieder, das die Workers League verlassen hatte, nach Großbritannien und machte Gerry Healy, den Führer der Workers Revolutionary Party, auf das enorme Ausmaß der Verluste aufmerksam, die die Workers League erlitten hatte. Healy, der über umfangreiche Erfahrungen in der revolutionären Politik verfügte, war beunruhigt über die Teilnahme der zuvor unbekannten Nancy Fields an der jüngsten internationalen Konferenz. Darüber hinaus fiel ihm das zeitliche Zusammenfallen von Wohlforth Beziehung zu Fields und ihrem raschen Aufstieg in die Parteiführung mit dem Ausbruch einer verheerenden organisatorischen Krise in der Workers League auf.

Die Workers Revolutionary Party (WRP), die britische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, kontaktierte Wohlforth und bat ihn, nach Großbritannien zu kommen, um die Situation der Workers League zu klären. Während der darauf folgenden Gespräche in London wurde Wohlforth direkt gefragt, ob er Informationen habe, die darauf hindeuten könnten, dass seine Lebensgefährtin Nancy Fields in irgendeiner Weise mit der Polizei oder dem US-amerikanischen Geheimdienst in Verbindung stehe. Wohlforth beharrte darauf, dass es keinen Grund für diese Annahme gebe.

Healys Frage war keineswegs abwegig. 1971 waren Informationen aufgetaucht, die das massive Ausmaß der Infiltration und Überwachung der sozialistischen Bewegung in den Vereinigten Staaten durch Polizeispitzel der CIA (Central Intelligence Agency) und des FBI (Federal Bureau of Investigation) enthüllten. Im Jahr 1956 war COINTELPRO (Counterintelligence Program) ins Leben gerufen worden, um Gruppen, die die Regierung als subversiv betrachtete, „zu entlarven, zu stören, in die Irre zu führen oder auf andere Weise zu neutralisieren“. Zu ihren Hauptzielen gehörte die Socialist Workers Party, die von Agenten und Informanten überschwemmt wurde.

Darüber hinaus hatte die Workers League bei ihrem Sommerlager 1973 in Kanada Wanzen versteckte Abhörgeräte entdeckt, die im Hauptvortragssaal installiert worden waren.

Trotz Wohlforths Beteuerung, Fields‘ politische Glaubwürdigkeit sei über jeden Verdacht erhaben, veranlasste Healy eine Untersuchung über ihre Herkunft. Dabei kamen Informationen ans Licht, die Wohlforths Behauptungen direkt widersprachen. Er hatte Healy, dem Internationalen Komitee und der Workers League verschwiegen, dass Nancy Fields enge familiäre Verbindungen zu hochrangigen CIA–Mitarbeitern hatte.

Als Wohlforth auf einem Vorstandstreffen der Workers League während ihrer Sommerschule Ende August 1974 gefragt wurde, warum er Informationen über Fields‘ Herkunft verschwiegen habe, antwortete er, er habe dies nicht für wichtig gehalten. Ihre familiären Beziehungen seien eine rein persönliche Angelegenheit.

Der Parteivorstand der Workers League lehnte Wohlforths unverantwortliche Rechtfertigung dafür ab, dass er es versäumt hatte, seine Kenntnisse über Fields‘ familiären Hintergrund offenzulegen. Die Parteiführung beschloss, Wohlforth vorübergehend von seinem Amt als nationaler Sekretär zu entheben und Nancy Fields bis zum Abschluss der Untersuchung durch das IKVI über ihre persönliche Vergangenheit von der Mitgliedschaft zu suspendieren. Es wurde nicht  behauptet, dass Nancy Fields eine Agentin sei. Doch die Tatsache, dass Wohlforth und Fields die familiären Verbindungen der letzteren zu CIA-Mitarbeitern nicht offengelegt hatten, stellte eine schwerwiegende Verletzung der Sicherheit der Workers League und des Internationalen Komitees dar.

Wohlforth und Fields stimmten zunächst den im Vorstand verabschiedeten Resolutionen zu. Aber einen Monat später, als die internationale Kommission gerade ihre Arbeit aufnahm, traten Wohlforth und Fields aus der Workers League aus.

Am 9. November 1974 veröffentlichte die Kommission ihren Bericht, in dem es hieß:

Die Untersuchung ergab, dass Nancy Fields seit dem Alter von 12 Jahren bis zu ihrem Universitätsabschluss von ihrem Onkel und ihrer Tante, Albert und Gigs Morris, erzogen und finanziell unterhalten wurde. Albert Morris ist Chef der IBM-Computerabteilung der CIA in Washington und Großaktionär von IBM. Er war Mitglied der OSS, des Vorläufers der CIA, und arbeitete in Polen als Agent des Imperialismus. Während der sechziger Jahre war Richard Helms, der Ex-Direktor der CIA und heutige US-Botschafter im Iran, häufig zu Gast in ihrem Haus in Maine.

Die Kommission, die mit begrenzten Ressourcen arbeitete und jahrzehntelang vor der Entwicklung des Internets tätig war, fand keine Hinweise darauf, dass Nancy Fields eine Agentin war. Dies änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass Wohlforth und Fields gemäß den langjährigen Traditionen der Arbeiter- und sozialistischen Bewegung verpflichtet gewesen wären, die Parteiführung über Fields Beziehung zu Albert Morris aufzuklären. Die Partei hatte das Recht, diese Beziehung zu untersuchen, um sicherzustellen, dass ihre Sicherheit nicht gefährdet wurde.

Nach seinem Austritt aus der Workers League und seiner Weigerung, mit der Untersuchungskommission zusammenzuarbeiten, kehrte Wohlforth, nach wie vor mit Fields an seiner Seite, zur Socialist Workers Party zurück. Fields' Aufenthalt in der SWP sowie ihre Beziehung zu Wohlforth waren jedoch nicht von langer Dauer.

Ihre kurze Ehe mit Wohlforth war Anfang 1978 praktisch beendet. Obwohl sie den Namen Wohlforth beibehielt, outete sie sich als lesbisch und ging 1981 eine langfristige Beziehung mit der Frau ein, die später ihre Ehefrau wurde. Das Thema ihrer sexuellen Orientierung wäre hier nicht weiter von Interesse, würde es nicht Fragen hinsichtlich ihrer Motive aufwerfen, die sie nur wenige Jahre zuvor bewogen hatten, mit so kaltblütiger Entschlossenheit eine Beziehung mit dem nationalen Sekretär der Workers League einzugehen.

1978 begann Nancy Wohlforth eine Karriere in der Bürokratie der OPEIU, wo sie einen kometenhaften Aufstieg erlebte. Ihre Aktivitäten in der trotzkistischen Bewegung stellten für ihre Karriere offensichtlich kein Hindernis dar.

1983 wurde sie hauptamtliche Funktionärin in ihrer Ortsgruppe und stieg schließlich zur Sekretärin und Schatzmeisterin der nationalen Gewerkschaft auf. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere als OPEIU-Bürokratin verdiente sie eine Viertelmillion Dollar im Jahr.

Nancy Wohlforth (Mitte) mit Liz Schuler (rechts) [Photo by Pride At Work]

Was Tim Wohlforth betrifft, so geriet sein 14-jähriger Kampf von 1960 bis 1974 gegen den Verrat der SWP am Trotzkismus und die doppelzüngige Rolle ihres Hauptführers Joseph Hansen über Nacht in Vergessenheit.

Im Juni 1974 hatte Wohlforth eine ausführliche Entlarvung über die antitrotzkistische Politik von Joseph Hansen geschrieben, die im Bulletin unter dem Titel „An Aging Liar Peddles His Wares“ (Ein altender Lügner bietet seine Waren feil) erschien. Aber im Februar/März 1975 veröffentlichte er in der Intercontinental Press, der von Hansen herausgegebenen pablistischen Zeitschrift, eine lange Denunziation von Gerry Healy und dem Internationalen Komitee. Darin bezeichnete er Healys Sorge um die Verletzung der Parteisicherheit als „Wahnsinn“.

Nach Wohlforths Angriff auf das Internationale Komitee schrieb Hansen eine bösartige Schmähschrift mit dem Titel „The Secret of Healy‘s Dialectics“ (Das Geheimnis von Healys Dialektik), die am 24. März 1975 in der Intercontinental Press erschien. Zynisch verspottete Hansen darin die Reaktion des IKVI auf die Verletzung seiner Sicherheit und schrieb:

Wohlforth beschreibt Healys Darbietung als „Wahnsinn“. Wäre es nicht besser und vielleicht auch präziser, einen modernen Begriff wie „Paranoia“ zu verwenden?

Wenn dieser Begriff passt, dann ist die wahre Erklärung für Healys Besessenheit mit CIA-Agenten, Polizeispitzeln und Verschwörungen gegen sein Leben sowie für seine Wutausbrüche, „extremen Reaktionen“ und seine seltsame Art der Dialektik nicht etwa in seiner Politik, seiner philosophischen Methodik oder in Vorbildern wie Cannon oder Pablo zu suchen, sondern in der Funktionsweise eines Geistes, den am besten Psychiater verstehen.

Hansens Verteidigung von Wohlforths rücksichtslosem Verhalten konnte unmöglich einfach als Beispiel für prinzipienlosen Fraktionskampf abgetan werden. Hansen rechtfertigte Wohlforths Verschleierung von Fields‘ Verbindungen zum CIA-Agenten Albert Morris gerade zu einer Zeit, als die massive staatliche Unterwanderung von Hansens eigener Organisation, der Socialist Workers Party, Schlagzeilen machte. Noch schwerwiegender war, dass Hansens eigene politische Erfahrung ihn auf tragische Weise mit den Folgen der Unterwanderung der trotzkistischen Bewegung durch einen Agenten konfrontiert hatte.

Von 1937 bis 1940 diente Hansen als einer von Trotzkis Sekretären im mexikanischen Coyoacán. Er war der Wachmann, der Ramón Mercader, den Agenten der stalinistischen Geheimpolizei GPU, am 20. August 1940 in Trotzkis Haus einließ. Hansen wurde am späten Nachmittag dieses schrecklichen Tages Zeuge des Mordes an Trotzki. Darüber hinaus war er bestens vertraut mit der Mordserie an führenden Trotzkisten in den Jahren 1937–1938 durch die GPU. Diese stützte sich dabei auf Informationen von Mark Zborowski, einem stalinistischen Agenten, der in die Führung der Vierten Internationale eingeschleust worden war.

In seiner ersten Antwort an Hansen, die im April 1975 veröffentlicht wurde, erklärte das Politische Komitee der Workers Revolutionary Party: „[Die Aufmerksamkeit für Sicherheitsfragen] ist als zentrale politische Frage in der Ausbildung revolutionärer Kader in der Arbeiterklasse zu betrachten.“ Dies sei kein Grund zur Panik, denn die Partei könne „in Panik ihre Reihen nicht richtig organisieren, um polizeiliche Unterwanderung abzuwehren“. Vielmehr sei es für die Parteimitglieder unerlässlich, die politische Bedeutung von Sicherheitsfragen zu verstehen. Zu diesem Zweck schrieb die WRP-Führung:

Hansens Artikel ermöglicht es uns, wichtige Seiten in der Geschichte des Trotzkismus wieder aufzuschlagen. Wir sind verpflichtet, diese Geschichte mit all ihren Fehlern und Schwächen darzustellen, denn in der Vergangenheit hat unsere Bewegung einen schrecklichen Preis dafür bezahlt, das Sicherheitstraining in ihren Reihen ignoriert und belächelt zu haben. Das sind die Seiten, die Hansen unterdrücken will. (…)

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale wird sich vom Geschrei und Gekreische der Revisionisten nicht einschüchtern lassen. Sie können uns „Sektierer“ und „Paranoiker“ nennen, bis sie schwarz werden. In Wirklichkeit greifen sie mit diesen Bezeichnungen den Kampf des IK für Prinzipien und seine Aufmerksamkeit gegenüber Disziplin und Wachsamkeit in unseren Reihen an. Was wir aufbauen, ist keine Schwindelfirma für kleinbürgerliche Freibeuter und Abenteurer, wie Hansens internationale Gruppierungen. Dieser Weg ist eine offene Einladung an die CIA und an Polizeiinfiltration, denn gerade unter solchen Elementen arbeiten Polizeiagenturen wie ein Fisch im Wasser.

Hansen will die Sicherheitsfrage verbergen. Wir wollen sie aufwerten, um unsere Bewegung auszubilden und aufzubauen. Deshalb halten wir es für notwendig, die Seiten der Geschichte des Trotzkismus wieder zu öffnen, um zu erklären, weshalb wir gegen Wohlforth vorgingen, und weshalb wir in der Zukunft wieder ähnliche Maßnahmen ergreifen werden, wenn es notwendig ist.

Die Erklärung schloss mit folgendem Hinweis:

Das Internationale Komitee empfiehlt dem Sechsten Weltkongress, einen Sonderfonds einzurichten, um Mittel für eine gründliche Untersuchung über Sicherheit und die Vierte Internationale sowie die Rolle von Personen wie Hansen bereitzustellen.

Einen Monat später tagte vom 19. bis 25. Mai der Sechste Kongress des Internationalen Komitees der Vierten Internationale. Er nahm einen von Gerry Healy eingebrachten Antrag an, eine Untersuchung einzuleiten über die Unterwanderung der Vierten Internationale durch Agenten der sowjetischen stalinistischen Bürokratie und der imperialistischen Staaten sowie über die Verschwörung gegen die Vierte Internationale, die im August 1940 in der Ermordung ihres Gründers gipfelte.

Stalinistische Agenten, deren Beteiligung an der Ermordung Trotzkis durch die Untersuchung „Sicherheit und die Vierte Internationale“ entlarvt wurde. Im Uhrzeigersinn von oben links: Mark Zborowski, Sylvia Callen, die Brüder Jack und Robert Soblevicius, Thomas L. Black, Sylvia Ageloff, Robert Sheldon Harte

Als dieser Antrag angenommen wurde, war in der Vierten Internationale kaum mehr über Trotzkis Ermordung bekannt als das, was in den Tagen nach dem Mord in den Medien berichtet worden war. Die offizielle Darstellung lautete: Ein GPU-Attentäter hatte eine Beziehung zu einer jungen, ahnungslosen Trotzkistin namens Sylvia Ageloff aufgebaut, um sich Zugang zu der Villa in Coyoacán zu verschaffen.

Die Ermittlungen, die in den folgenden Jahren neue Informationen ans Licht brachten – zum Beispiel den richtigen Namen des Attentäters, Ramón Mercader, und das Netzwerk stalinistischer Agenten innerhalb der Vierten Internationale –, wurden in keiner Weise von der Socialist Workers Party unterstützt. In Mexiko war sie hauptsächlich für Trotzkis Sicherheit verantwortlich gewesen. Die SWP hat nicht nur auf jegliche unabhängige Untersuchung der Umstände des Mordes an Trotzki verzichtet. Sie ignorierte und unterdrückte darüber hinaus Informationen, die in den 1950er und frühen 1960er Jahren an die Öffentlichkeit gelangten.

Es gab zwei Gründe für die Unterdrückung von Informationen über die Verschwörung gegen Trotzki durch die SWP. Der erste war, dass es Beweise gab, die auf die Unterwanderung der zentralen Führung der Socialist Workers Party durch Agenten hindeuteten und drohten, diese aufzudecken. Zweitens, und politisch noch bedeutsamer, durchkreuzte die Aufdeckung der konterrevolutionären Rolle des Stalinismus die Bemühungen der pablistischen Organisationen, sich mit stalinistischen Organisationen auszusöhnen.

Als die Untersuchung „Sicherheit und die Vierte Internationale“ Zugang zu freigegebenen Akten in den US-Nationalarchiven erhielt, belasteten diese Hansen als Agenten der GPU und Informanten des FBI. Weitere Dokumente, darunter lange unter Verschluss gehaltene Protokolle der Grand Jury, bewiesen eindeutig, dass Sylvia Caldwell, die persönliche Sekretärin von James P. Cannon von 1938 bis 1947, eine stalinistische Agentin war, die der GPU aus der nationalen Geschäftsstelle der SWP umfangreiche Informationen lieferte.

Die SWP und ihre Kollaborateure in der internationalen pablistischen Bewegung reagierten auf die Untersuchung des Internationalen Komitees mit hysterischen Denunziationen. Je belastender die Dokumente waren, die das IKVI aufdeckte, desto heftiger wurde die Verurteilung durch die Pablisten.

Die Untersuchung „Sicherheit und die Vierte Internationale“ erweiterte das Wissen über die stalinistischen und imperialistischen Staatsverschwörungen gegen die trotzkistische Bewegung erheblich. Ihre Arbeit wurde über Jahrzehnte fortgesetzt, und ihre jüngsten Recherchen förderten Informationen zutage, die zweifelsfrei belegen, dass Sylvia Ageloff, die Frau, die Mercader den Zugang zu Trotzkis Haushalt verschaffte, eine Agentin der GPU war.

Fünfzig Jahre nach Beginn der Untersuchung hat „Sicherheit und die Vierte Internationale“ nichts von ihrer Aktualität verloren. Inmitten einer Situation, da sich die imperialistische Konterrevolution verschärft, sind der kapitalistische Staat und seine Organe zu Maßnahmen gegen die Arbeiterklasse und ihre politisch bewussteste Avantgarde in der sozialistischen Bewegung bereit, die an Grausamkeit und Gewalt diejenigen der 1930er Jahre noch übertreffen werden. Der Völkermord, den der israelische Staat mit voller Unterstützung aller imperialistischen Mächte verübt, zeigt deutlich, dass es kein Verbrechen gibt, vor dem die herrschenden Eliten zurückschrecken würden.

Am 20. August 2025 jährt sich der Mord an Leo Trotzki zum 85. Mal. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale wird diesen Jahrestag mit internationalen Versammlungen begehen, die sich mit den Ergebnissen und der aktuellen politischen Bedeutung der historischen Untersuchung des Internationalen Komitees zu „Sicherheit und die Vierte Internationale“ befassen werden.

Weitere Informationen sind auf der Sonderseite der World Socialist Web SiteSicherheit und die Vierte Internationale“ zu finden.

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