Die jüngsten Wahlergebnisse in ganz Europa unterstreichen einen gefährlichen und sich beschleunigenden Trend: den Aufstieg rechtsextremer und faschistischer Kräfte und ihren Einzug in die Mitte der offiziellen Politik.
In Portugal stieg die neofaschistische Partei Chega auf 22,6 Prozent der Stimmen und sicherte sich 58 Sitze im Parlament. In Polen erhielten in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen drei rechtsextreme Kandidaten – Karol Nawrocki (PiS), Sławomir Mentzen (Konfederacja) und Grzegorz Braun – zusammen über 50 Prozent der Stimmen. In Rumänien erhielt George Simion, Kandidat der faschistischen Allianz für die Union der Rumänen (AUR), in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen 46 Prozent der Stimmen.
Diese Entwicklungen markieren einen bedrohlichen historischen Wandel. In Portugal hat die extreme Rechte zum ersten Mal seit dem Sturz des faschistischen Estado Novo-Regimes 1974 einen entscheidenden Einfluss auf die nationale Politik gewonnen. In Polen und Rumänien – Ländern, in denen nach der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion und des Ostblocks angeblich „Demokratie“ eingezogen ist – dominieren nun faschistische und ultranationalistische Kräfte das politische Leben.
Dieses Phänomen ist nicht das Ergebnis einer massenhaften Wiederbelebung faschistischer Ideologien von unten. Es ist vielmehr das Ergebnis eines bewussten Rechtsrucks des gesamten politischen Establishments, das unerbittliche Angriffe auf die sozialen Lebensbedingungen und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse führt.
Angesichts der wachsenden Opposition von unten greift die herrschende Klasse zunehmend zu autoritären und faschistischen Methoden. Sie verteidigt damit die Macht einer winzigen kapitalistischen Oligarchie, unterstützt eine völkermörderische Politik und bereitet den Weg zum Weltkrieg.
Die Medien und die politischen Eliten normalisieren bewusst rechtsextreme Kräfte, geben ihnen eine Plattform, übernehmen ihre Rhetorik und holen sie in die Regierung. Am deutlichsten sichtbar ist dies in den USA mit Trump, in Argentinien mit Mileil und in Italien mit Meloni.
Die Verantwortung liegt vor allem bei den sogenannten „linken“ Parteien und Gewerkschaften, die den Weg für die extreme Rechte geebnet haben. Die Parteien der Pseudolinken haben eine entscheidende Rolle dabei gespielt, die Arbeiterklasse politisch zu entwaffnen.
In Portugal wurde der Weg für den Aufstieg von Chega geebnet durch den politischen Verrat der Sozialistischen Partei (PS) und ihrem linken Deckmäntelchen, dem Linksblock (BE). Während der vorherigen PS-geführten Regierungen unterstützte der Linksblock Sparhaushalte und half bei der Umsetzung der von der Europäischen Union diktierten Sozialkürzungen. Anstatt die Arbeiterklasse gegen diese Maßnahmen zu mobilisieren, kanalisierte der BE die Opposition zurück in den kapitalistischen Staat.
Hier widerspiegeln sich die katastrophalen Erfahrungen Griechenlands, wo die pseudolinke Syriza-Regierung die Diktate der EU und des IWF durchsetzte und damit Löhne, Renten und öffentliche Dienstleistungen zerstörte. Und damit nicht genug, tat Syriza dies auch noch in Koalition mit den rechtsextremen Unabhängigen Griechen (ANEL).
Die gleichen Muster wiederholen sich auf dem gesamten Kontinent.
In Frankreich stützt sich Emmanuel Macron auf den Verrat von Jean Luc Melenchons La France Insoumise (LFI) und dessen Bündnis mit der Sozialistischen Partei (PS) und der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) in der Neuen Volksfront (NFP). Macron setzte auf diesem Wege eine brutale Sparpolitik, ausländerfeindliche Gesetze und polizeiliche Repression durch.
Die Weigerung von La France Insoumise, die Arbeiterklasse zu mobilisieren – vor allem während der Massenstreiks gegen die Rentenreform im Jahr 2023 – ebnete den Weg für den Aufstieg der rechtsextremen Marine Le Pen. Als Macrons Regierung kurz vor dem Zusammenbruch stand, stützte die NFP sie, indem sie seine Renaissance-Partei gegen Le Pens Rassemblement National unterstützte. So konnte Macron weiterhin seine Politik diktieren, während die NFP bei den Parlamentswahlen zwar den ersten Platz belegte, aber nur eine reduzierte Mehrheit erhielt. Le Pen konnte sich dadurch als einzige echte Opposition zum „Establishment“ präsentieren.
In Deutschland ist der Aufstieg der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) ein direktes Ergebnis der völligen Komplizenschaft aller Mainstream-Parteien. Die neue Regierung unter dem rechten Ex-Banker Friedrich Merz von der Christlich-Demokratischen Union (CDU) betreibt die umfangreichste Remilitarisierung Deutschlands seit dem Untergang von Hitlers Drittem Reich, mit massiven Aufrüstung und einer aggressiven Kriegspolitik gegenüber Russland.
Merz' Koalition umfasst die Sozialdemokraten und wird sowohl von den Grünen als auch von der Linkspartei unterstützt. Diese Parteien sind weit davon entfernt, sich gegen Militarismus und Austerität zu stellen, sondern sind zu deren wichtigsten Vollstreckern geworden. Ihr Verzicht auf jegliche Sozialreformen und ihre Befürwortung imperialistischer Kriege haben das politische Vakuum geschaffen, das nun von der AfD besetzt wird.
Die Kriegstreiberei der etablierten Parteien ist so extrem, dass sogar die durch und durch militaristische AfD sich als „Antikriegspartei“ profilieren kann, indem sie die Aggression der NATO gegen Russland vom Standpunkt deutscher Wirtschafts- und Energieinteressen kritisiert.
In Großbritannien steht der Vorsitzende der Labour Party und Premierminister Keir Starmer an der Spitze einer Regierung, welche die Thatcher'sche Austeritätspolitik fortsetzt, die Ausländerhetze von Nigel Farage übernimmt, Militärausgaben befürwortet und einen imperialistischen Krieg mit Russland androht.
Starmer wurde die Führung von dem ehemaligen Vorsitzenden Jeremy Corbyn und der „Linken“ der Labour Party übergeben. Diese Labour-„Linken“ hatten sich trotz der Unterstützung von Millionen Arbeitern und Jugendlichen, darunter eine halbe Million neuer Mitglieder, geweigert, den rechten Flügel auszuschließen. Von den pseudolinken Gruppen Großbritanniens fälschlich als Verwandlung der Labour-Partei in eine echte Arbeiterpartei angepriesen, haben sie stattdessen dazu beigetragen, die rechte und pro-imperialistische Politik von Labour zu stärken.
Aus diesen Entwicklungen müssen die entscheidenden Lehren gezogen werden: Der Kampf gegen die extreme Rechte kann nicht durch Bündnisse mit irgendeiner Fraktion des bürgerlichen politischen Establishments geführt werden. Die offiziellen „linken“ Parteien haben sich als erbarmungslose Feinde der Arbeiterklasse erwiesen. Pseudolinke und stalinistische Formationen wie Syriza in Griechenland, der Linksblock in Portugal, Die Linke in Deutschland, La France Insoumise und das Corbyn-Milieu in Großbritannien haben dazu beigetragen, die Arbeiterklasse der Gewerkschaftsbürokratie und dem kapitalistischen Staat unterzuordnen.
Diese Verrätereien sind kein Zufall, sondern spiegeln die privilegierte soziale Schicht der Mittelklasse wider, die diese Parteien vertreten und deren materielle Interessen mit der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Profitsystems verbunden sind.
Dringend notwendig ist der Aufbau des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), der weltweiten trotzkistischen Bewegung, in allen Ländern. Nur das IKVI kämpft für die Vereinigung der internationalen Arbeiterklasse in einem gemeinsamen Kampf gegen soziale Ungleichheit, Krieg, Diktatur und das kapitalistische Profitsystem.
Nur durch die Entwicklung einer sozialistischen und internationalistischen Bewegung kann ein Rückfall in Faschismus und Krieg verhindert und eine wirkliche Zukunft für die Menschheit gesichert werden.