Am Dienstag traf sich US-Präsident Donald Trump im Kapitol mit der republikanischen Fraktion des Repräsentantenhauses, um Unterstützung für sein Steuer- und Haushaltspaket zu gewinnen, das offiziell als „One Big Beautiful Bill Act“ bezeichnet wird. Das mehr als 1.100 Seiten lange Traktat ist eine Blaupause für eine soziale Konterrevolution im Innern und einen Weltkrieg nach Außen. Die Republikaner im Repräsentantenhaus wollen das Paket noch vor Ende des Monats verabschieden.
Die etablierten Medien stellen das Gesetz als politische Routine dar, um das historische Ausmaß der Sozialangriffe gezielt zu verschleiern. Für die Verabschiedung des Gesetzes ist nur eine einfache Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses erforderlich, die von den Republikanern kontrolliert werden. Sollte es ratifiziert werden, hätte das Gesetz dramatische Folgen für Millionen Menschen, darunter Kinder und Ältere, die dann keine medizinische Versorgung oder Lebensmittelhilfe mehr erhalten. Für viele von ihnen würde das der vorzeitige Tod bedeuten.
Im Mittelpunkt des Haushaltspakets stehen Steuersenkungen in Höhe von 3,8 Billionen US-Dollar. Die Trump-Steuersenkungen von 2017 werden dauerhaft verlängert. Diese Maßnahmen würden den Körperschaftssteuersatz bei 21 Prozent festschreiben – weniger als die Hälfte des Steuersatzes von 46 Prozent im Jahr 1970 – und andere Steuern für Unternehmen abschaffen.
Zur Finanzierung dieser riesigen Geschenke an die Reichen sieht der Gesetzentwurf tiefe Einschnitte bei wichtigen Sozialprogrammen vor:
Die größten Kürzungen in der Geschichte von Medicaid, die wichtigste Krankenversicherung für ältere und arme Menschen – 715 Milliarden Dollar – über einen Zeitraum von zehn Jahren. Das soll vor allem durch so genannte „Arbeitsauflagen“ und Hürden erreicht werden, um eigentlich anspruchsberechtigte Menschen den Versicherungsschutz zu entziehen. Nach Angaben des Congressional Budget Office, das für die Prüfung der Haushaltsausgaben zuständig ist, würden diese Maßnahmen dazu führen, dass 8,6 Millionen Menschen den Zugang zur Gesundheitsversorgung verlieren.
Zwischen 300 und 350 Milliarden Dollar an Kürzungen beim Lebensmittelhilfe-Programm SNAP (Supplemental Nutrition Assistance Program) im gleichen Zeitraum. Wie bei Medicaid sollen die Kürzungen über belastende Meldepflichten und erweiterte Arbeitsauflagen erreicht werden. Bezieher von Essensmarken im Rahmen des SNAP-Programms sind verpflichtet, arbeiten zu gehen. Bisher lag die Altersspanne für die Arbeitspflicht bei 18 bis 54 Jahren – jetzt soll sie auf 64 Jahre angehoben werden. Außerdem wird die finanzielle Verantwortung auf die Bundesstaaten verlagert, die damit gezwungen sind, eigene Kürzungen vorzunehmen.
Im Einklang mit der migrantenfeindlichen Politik beider US-Parteien enthält der Gesetzentwurf auch Bestimmungen gegen Einwanderer, die Medicaid und SNAP-Hilfe beziehen. Bundesstaaten, die keine Belege vorlegen, dass Leistungsempfänger rechtmäßige US-Bürger sind, riskieren den Verlust von bundesstaatlichen Zuschüssen. Dies schafft einen Anreiz für die Bundesstaaten, den Zugang zu diesen wichtigen Programmen vollständig zu verweigern.
Die Milliarden, die aus den Lebensmittel- und Gesundheitsprogrammen für Millionen Kinder und ältere Menschen gestrichen werden, fließen in massive Militärausgaben sowie die dramatische Ausweitung der Grenzpolizei, die wie die faschistische Gestapo vorgeht.
Zusätzlich zum regulären Militärhaushalt sind Ausgaben in Höhe von 150 Milliarden Dollar, verteilt auf vier Jahre, eingeplant. Am Dienstag bestätigte Trump im Weißen Haus, dass 25 Milliarden Dollar für das Raketenabwehrsystem „Golden Dome“ vorgesehen sind, das auch Raketen aus dem Weltraum abfangen soll. Und das wäre laut Trump nur eine „Anzahlung“, da die Gesamtkosten des Programms auf 175 Milliarden Dollar geschätzt werden.
Weitere wichtige Militärausgaben sind im Gesetzentwurf enthalten:
4,5 Milliarden Dollar für die „Beschleunigung der Entwicklung des Langstreckenbombers B-21“. Dieser „B-21 Raider“ ist ein nuklearfähiger Langstrecken-Tarnkappenbomber, der die B-2- und B-1-Flotten ersetzen soll, um einen Krieg mit China vorzubereiten.
4,6 Milliarden Dollar für ein „zweites U-Boot der Virginia-Klasse im Haushaltsjahr 2027“. Diese atomgetriebenen Angriffs-U-Boote sind für die Spionageabwehr, den Einsatz von Marschflugkörpern und die U-Boot-Jagd ausgerüstet.
5,4 Milliarden Dollar für zwei zusätzliche Lenkwaffenzerstörer.
Der Haushalt enthält auch die wohl größte Aufstockung der Mittel für die Polizei und Einwanderungsbehörden in der Geschichte der USA. Rund 70 Milliarden Dollar werden für eine umfassende Ausweitung der staatlichen Repression bereitgestellt. Darin enthalten sind 46,5 Milliarden Dollar für den Ausbau der Grenzmauer zwischen den USA und Mexiko, mit Kameras, Lichtern, Sensoren und Straßen. Auch sollen „invasive Arten“, also nicht-einheimische Pflanzen, Tiere oder Mikroorganismen, beseitigt werden. 4,1 Milliarden Dollar werden für die Einstellung von 3.000 neuen Grenzschutzbeamten, 5.000 Zollbeamten und 10.000 zusätzlichen Beamten der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) bereitgestellt.
Diese umfassende Militarisierung schafft die Grundlage für Massenabschiebungen und eine staatliche Repression im Innern, wie sie in der modernen Geschichte der USA ohne Beispiel ist. Vor diesem Hintergrund errichtet Trump eine Präsidialdiktatur.
Die „Big Beautiful Bill“ bestätigt Friedrich Engels’ Definition des Staates als eine „Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andre“. Die amerikanische herrschende Klasse baut ihre besonderen Formationen „bewaffneter Menschen“ auf, um den wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse zu unterdrücken.
Während die Republikaner an der Spitze des jüngsten Gesetzesvorstoßes stehen, unternimmt die Demokratische Partei nichts, um es zu stoppen. Der Minderheitenführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries (New York), überließ es am Montag den sogenannten „gemäßigten Republikanern“, den Gesetzentwurf „zurückzuschlagen“. Letzte Woche forderte die New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez ihre Anhänger auf, „zum Telefon zu greifen“ und die Republikaner anzurufen, um „Medicaid zu retten“.
Tatsächlich stimmt die Demokratische Partei den Sozialangriffen voll und ganz zu. Ihre Differenzen mit Trump betreffen nicht diese Themen, sondern außenpolitische Fragen – vor allem den Krieg gegen Russland. Innenpolitisch sind sich beide Parteien darin einig, wichtige Programme wie Medicaid und SNAP zu kürzen, um Steuersenkungen für Milliardäre und einen immer größeren Militär- und Polizeistaat zu finanzieren.
Die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Angriffe, einschließlich der „Arbeitsauflagen“, sind keine neue Erfindung, sondern die Fortsetzung einer jahrzehntelangen Politik beider Parteien. Sie haben Sozialprogramme gekürzt und die Lasten der Krise auf die Arbeiterklasse abgewälzt, um den Reichtum und die Kriege der herrschenden Elite zu finanzieren.
Es ist fast 28 Jahre her, dass Präsident Bill Clinton den „Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act“ unterzeichnete und erklärte: „Heute beenden wir den Wohlfahrtsstaat, wie wir ihn kennen.“ Mit dem Gesetz wurde das Programm „Aid to Families with Dependent Children“ (Hilfe für Familien mit unterhaltsberechtigten Kindern) gestoppt und durch die „Temporary Assistance for Needy Families“ (Temporäre Unterstützung für bedürftige Familien) ersetzt. Es wurden Arbeitsauflagen eingeführt, als Vorbedingung, um Leistungen zu erhalten.
Trump führt nun das aus, was die World Socialist Web Site als gewaltsame Neuausrichtung des Staates charakterisiert hat, damit dieser dem oligarchischen Charakter der amerikanischen Gesellschaft entspricht.
Die herrschende Klasse ist mit dem langwierigen wirtschaftlichen Niedergang der USA und einer eskalierenden Finanzkrise konfrontiert, wie die jüngste Herabstufung durch die Ratingagentur Moody’s zeigt. In den letzten 30 Jahren ist der Schuldenberg der USA aufgrund der massiven Militärausgaben und endlosen Rettungspakete für die Finanzoligarchie explodiert.
Die Finanzkrise 2007–2009 und der Börsencrash zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 beschleunigten diese Entwicklung. Als Reaktion auf die Krisen verabschiedeten beide kapitalistischen Parteien mit überwältigender Mehrheit billionenschwere Rettungspakete für Großbanken und Hedgefonds, während Arbeiter, kleine Unternehmen und ihre Familien obdachlos wurden und verarmten.
Angesichts des heutigen Schuldenbergs von 37 Billionen Dollar versucht die kapitalistische Finanzoligarchie, die Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen. Alles wird ins Visier genommen – nicht nur Medicaid, sondern auch Medicare, die Rentenversicherung, das öffentliche Bildungswesen, staatliche Unternehmensregulierung und alles andere, was die Profite und den Reichtum der herrschenden Klasse schmälert.
Die Arbeiterklasse kann und wird diesen historischen Angriff auf ihre soziale und wirtschaftliche Stellung nicht tatenlos hinnehmen. Seit Trumps Amtsantritt vor etwas mehr als 100 Tagen fanden bereits landesweite Proteste statt. Fast täglich stimmen Arbeiter im ganzen Land für Streik. Diese mächtige soziale Kraft – die internationale Arbeiterklasse – muss mobilisiert werden, um zu verhindern, dass die kriminelle Finanzoligarchie die Ressourcen der Gesellschaft plündert.
Die „Big Beautiful Bill“ wird gewaltige Erschütterungen auslösen – auch unter Teilen der Arbeiterklasse, die zwar Trump gewählt, aber nicht für ihre eigene Verelendung gestimmt haben. Die Milliardäre und Konzerne werden ihren Reichtum jedoch nicht kampflos aufgeben. Die Arbeiterklasse, bewaffnet mit den Lehren der Geschichte und geführt von einer revolutionären sozialistischen Führung, muss die Oligarchen enteignen und den enormen Reichtum der Gesellschaft unter die demokratische Kontrolle der Arbeiterklasse stellen.
Es gibt keinen Weg, die grundlegenden sozialen und demokratischen Rechte zu verteidigen, ohne einen kompromisslosen Kampf gegen das kapitalistische System. Alle, die entschlossen sind, gegen Sparpolitik, Krieg und Diktatur zu kämpfen, müssen der Socialist Equality Party in den USA und ihrer deutschen Schwesterpartei Sozialistische Gleichheitspartei beitreten und dabei helfen, die revolutionäre Führung aufzubauen, die für die kommenden Kämpfe erforderlich ist.