Perspektive

Die rechtlichen und politischen Fragen bei der Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof zu Trumps Angriff auf das Geburtsrechtsprinzip

Polizisten vor dem Obersten Gerichtshof in Washington, 4. Dezember 2024 [AP Photo/Jose Luis Magana]

Am 15. Mai 2025 fand vor dem Obersten Gerichtshof der USA die mündliche Anhörung in der Rechtssache Trump vs. CASA statt. Der Fall stellt eine außerordentliche Bedrohung für die demokratischen Rechte dar, denn die Trump-Regierung macht im Wesentlichen unbegrenzte Gewalten der Exekutive geltend, um Gesetze und Gerichtsentscheidungen außer Kraft zu setzen.

Der Fall geht zurück auf eine von Trump an seinem ersten Tag im Amt unterzeichnete Notverordnung, die unter offener Missachtung des 14. Verfassungszusatzes die Abschaffung des Geburtsrechtsprinzips vorsieht. Der 14. Zusatzartikel war nach dem amerikanischen Bürgerkrieg ratifiziert worden und sollte die berüchtigte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von 1857 im Fall Dred Scott v. Sandford aufheben, die besagt hatte, dass Personen afrikanischer Abstammung niemals US-Bürger werden können. Der 14. Verfassungszusatz garantiert seither allen Personen, die auf amerikanischem Boden geboren sind, die US-amerikanische Staatsbürgerschaft (ausgenommen sind nur Kinder von ausländischen Diplomaten).

Der Artikel über das Recht auf Staatsbürgerschaft ist eng mit den Artikeln über ein ordentliches Gerichtsverfahren und über den gleichen Schutz (allen Bürgern steht der Schutz durch die geltenden Gesetze zu) verbunden, die grundlegende demokratische Prinzipien absichern. Gemeinsam stellen sie sicher, dass der Status der Staatsbürgerschaft und die demokratischen Grundrechte sowohl allgemein gültig als auch vor Eingriffen durch Washington oder die Bundesstaaten geschützt sind.

Thaddeus Stevens, der radikale Republikaner und Gegner der Sklaverei, erklärte damals, dass der 14. Zusatzartikel

es dem Kongress erlaubt, die ungerechte Gesetzgebung der Staaten zu korrigieren, so dass das Gesetz, das auf einen Menschen wirkt, auf alle gleichermaßen wirkt.

Der Widerstand gegen den 14. Zusatzartikel wurzelte in offen antidemokratischen Ansichten. Der Abgeordnete Andrew Rogers aus New Jersey argumentierte seinerzeit, damit würde der Regierung die Befugnis entzogen, darüber zu entscheiden, wer die „Privilegien und Immunitäten“ der Staatsbürgerschaft verdiene. Er bestand darauf, dass das Wahlrecht, das Recht auf Heirat und sogar das Recht, ein Amt zu bekleiden, in Wirklichkeit gar keine Rechte, sondern „Privilegien“ seien, die von der Regierung willkürlich genehmigt oder verweigert werden könnten.

Diese grundlegenden Fragen stehen im Mittelpunkt des am Donnerstag vor dem Obersten Gerichtshof verhandelten Falls. Das spezifische Problem, um das es hier ging, war nicht das Geburtsrecht an sich. Vielmehr forderte die Trump-Regierung den Obersten Gerichtshof auf, zu erklären, dass Verfügungen von Bundesbezirksgerichten (federal district courts) gegen ihre Notverordnungen nicht über die Personen oder Bundesstaaten hinaus gelten können, die die Klagen eingereicht haben.

[Bundesbezirksgerichte sind die unterste Instanz des nationalen Gerichtsystems der USA. Sie sind für Verfassungsfragen, Bundesgesetze und Streitigkeiten zwischen Bundesstaaten zuständig und ihre Urteile gelten für das ganze Land. Daneben gibt es staatliche Gerichte (State Courts; vergleichbar mit den deutschen Landesgerichten), die für die Gesetze des jeweiligen Bundesstaats zuständig sind und Strafsachen, Zivilstreitigkeiten u.ä. verhandeln; d. Übers.]

Dieser Fall hat Auswirkungen, die weit über die Verordnung zum Recht auf Staatsbürgerschaft hinausgehen. Seit Beginn von Trumps zweiter Amtszeit haben Bundesbezirksgerichte Dutzende von einstweilige Verfügungen gegen seine Anordnungen erlassen, was das umfassende und massiv rechtswidrige Vorgehen der Regierung belegt.

Die Trump-Regierung reagiert auf diese Urteile mit der Behauptung, dass Gerichtsurteile nur die namentlich genannten Kläger in einem Verfahren „schützen“ sollten. Selbst dann, wenn eine präsidiale Notverordnung, die ein Grundrecht angreift, für verfassungswidrig erklärt wird, könnte sie so dennoch im größten Teil des Landes durchgesetzt werden.

In der Anhörung am Mittwoch behauptete der Generalstaatsanwalt D. John Sauer, landesweite richterliche Verfügungen hätten keine Grundlage in der Verfassung. Sie schränkten die verfassungsmäßige Pflicht des Präsidenten ein, das Gesetz „getreu auszuführen“. Die juristischen Argumente der Regierung, die mit einem Ton zynischer Demagogie vorgetragen werden, stützen sich auf die Behauptung, dass „ein einzelner nicht gewählter Richter“ nicht die Macht haben sollte, Maßnahmen des Präsidenten im ganzen Land zu blockieren.

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass dieselbe Regierung fünf nicht gewählte Richter des Obersten Gerichtshofs auffordert, demokratische Rechte für das ganze Land abzuschaffen. Es geht nicht darum, die „getreue Ausführung“ des Gesetzes zu gewährleisten, sondern dem Präsidenten zu ermöglichen, das Gesetz „getreu“ zu verletzen.

Im Wesentlichen versucht die Regierung, die gerichtliche Aufsicht über die Exekutive effektiv auszuschalten. Nach dem von Trumps Anwälten vorgeschlagenen Rahmen könnte der Präsident die Sklaverei per Notverordnung für legal erklären, und selbst wenn ein Bundesrichter sie für verfassungswidrig erklären würde, bliebe diese Verordnung überall außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des jeweiligen Gerichts in Kraft.

Das heißt, die Exekutive könnte Dekrete mit landesweiter Wirkung erlassen, während jede Opposition gezwungen wäre, Bezirk für Bezirk, Bundesstaat für Bundesstaat, Kläger für Kläger zurückzuschlagen. Die Anfechtungen würden sich zudem auf diejenigen beschränken, die über die finanziellen Mittel verfügen, um teure Bundesanwälte zu engagieren, oder die die Möglichkeit haben, sich von Anwaltskanzleien, die nicht vor Trump kapituliert haben, kostenlos vertreten zu lassen. Demokratische Rechte würden so zu vorübergehenden „Privilegien.“

Richterin Elena Kagan erklärte während der Verhandlung, dass die Einschränkung von Unterlassungsklagen die Grundrechte zu einer „zufälligen Angelegenheit“ machen würde, die vom persönlichen Wohlstand oder der geografischen Lage abhängt. Richterin Ketanji Brown Jackson antwortete auf Sauers Argument mit der Bemerkung:

Es ist ein sehr gängiges Konzept, dass das Gericht einem Beklagten ein bestimmtes rechtswidriges Verhalten untersagt. Was Sie jetzt von uns verlangen, ist, dass das Gericht in seiner Verfügung eine Einschränkung hinzufügt, die besagt, dass Sie dieses nur in Bezug auf den jeweiligen Kläger unterlassen müssen.

Bei Trump vs. CASA geht es nicht nur um die Rechte von Einwanderern oder den 14. Verfassungszusatz. Dies ist ein direkter Angriff auf das Konzept der gerichtlichen Überprüfung. Der berühmte Richter John Marshall erklärte in der Rechtssache Marbury vs. Madison:

Es ist ausdrücklich das Vorrecht und die Pflicht der Justiz, die Gesetze auszulegen.

Die Trump-Regierung greift dieses fundamentale Axiom der Gewaltenteilung an, das nach dem Verständnis der amerikanischen Revolutionäre vor allem darauf abzielte, die Macht der Exekutive zu beschränken.

Die Trump-Regierung hat gerichtliche Entscheidungen gegen sie wiederholt als optional behandelt und mit Drohungen und Verweigerungen darauf reagiert. Jetzt will sie diese Praxis legalisieren, indem sie den Gerichten die Befugnis entzieht, Machtüberschreitungen der Exekutive zu unterbinden. Sauer erklärte während der Verhandlungen, die Regierung werde sich nur „in der Regel“ an Urteile von Bundesberufungsgerichten gegen ihre Politik halten.

Sauers Standpunkt vor dem Obersten Gerichtshof übersetzte in juristisches Kauderwelsch, was Trump im Februar erklärt hatte:

Wer sein Land rettet, verstößt nicht gegen Gesetze.

Die Regierung verlässt sich darauf, dass die Faschisten im Obersten Gerichtshof ihren Angriff auf die demokratischen Rechte billigen werden. In der Rechtssache Trump vs. United States entschied die Mehrheit im vergangenen Jahr, dass der Präsident gegen jede strafrechtliche Verfolgung immun ist, die unter dem Deckmantel seines Amtes erfolgt.

Unabhängig davon, wie das Gericht entscheidet, ist die Trump-Regierung dabei, eine Diktatur zu errichten. Die gleichen juristischen Theorien, die heute gegen Migranten eingesetzt werden, können auch gegen jede Art von politischer Meinungsverschiedenheit eingesetzt werden. Proteste könnten verboten, die freie Meinungsäußerung eingeschränkt und politische Gegner inhaftiert werden – all dies könnte mit „Notstandsbefugnissen“ der Exekutive gerechtfertigt werden, die nicht mehr landesweit von der Justiz eingeschränkt werden können.

Trump, der die groteskesten und räuberischsten Schichten der Finanzoligarchie repräsentiert, baut ein Regime der permanenten, nicht rechenschaftspflichtigen Exekutive auf. Seine Agenda von Massendeportationen, staatlicher Gewalt, Zensur, Krieg und der Zerstörung von Sozialprogrammen erfordert die Zerstörung demokratischer Rechte und die Konsolidierung aller Macht in der Exekutive.

Die Demokratische Partei hat dafür den Weg geebnet. Trotz kosmetischer Unterschiede weigern sich die Demokraten, die demokratischen Rechte ernsthaft zu verteidigen. Der Angriff auf das Geburtsrechtsprinzip begann in Trumps erster Amtszeit und wurde unter Biden unwidersprochen fortgesetzt.

Nur die Arbeiterklasse kann diesen Abstieg in die faschistische Barbarei aufhalten. Die Verteidigung der demokratischen Rechte kann nicht den Gerichten, gesellschaftlichen Institutionen oder politischen Parteien anvertraut werden, die der Kapitalistenklasse dienen. Sie muss auf der unabhängigen Massenmobilisierung der Arbeiter auf der Grundlage eines sozialistischen Programms beruhen.

Die Socialist Equality Party besteht darauf, dass der Kampf gegen die Diktatur untrennbar mit dem Kampf gegen den Kapitalismus selbst verbunden ist. Wir rufen Arbeiter, Studenten und alle Verfechter demokratischer Rechte auf, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen: Baut eine revolutionäre Massenbewegung auf zum Sturz des Kapitalismus und zur Sicherung der sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse.

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