Der deutsche Generalmajor Christian Freuding, Befehlshaber des Lagezentrums Ukraine der Bundeswehr, ließ sich am 9. Mai beim Handschlag mit dem ukrainischen Neonazi-Kommandanten Oleg Romanow fotografieren. Der 9. Mai ist in der ehemaligen Sowjetunion der „Tag des Sieges“, da in der Nacht vom 8. Mai auf den 9. Mai die Führung von Hitlers Wehrmacht, die das Land am 22. Juni 1941 mit den größten Streitkräften der Weltgeschichte überfallen hatte, die Kapitulation ratifizierte und alle Militäroperationen beendet hatte.
In den vier Jahren davor hatte die deutsche Wehrmacht, mit Unterstützung durch Kollaborateure wie die ukrainischen Faschisten von der Organisation Ukrainischer Nationalisten (ONU), 27 Millionen Sowjetbürger ermordet. Unter den Opfern befanden sich 1,5 bis 2 Millionen Juden, viele davon aus der Ukraine, und etwa drei Millionen nichtjüdische ukrainische Zivilisten.
Das Bild von Romanow und Freuding kann nur als politische Provokation und Beleidigung des Andenkens der Opfer des Faschismus verstanden werden.
Auf dem Foto ist zu sehen, wie sie zusammen ein T-Shirt hochhalten, das die Paskuda-Gruppe bewirbt. Romanow, der die Aufnahme voller Stolz gepostet hat, schreibt dazu: „Bei der Feier des Tages des Sieges über den Nazismus mit Generalmajor Christian Freuding“, und fügt eine deutsche Flagge ein.
Ein kurzer Blick auf die Paskuda-Gruppe und Romanow macht deutlich, wie bedrohlich diese Aussage und das Bild wirklich sind.
Die Paskuda-Gruppe, die Romanow befehligt, ist auf den Einsatz von Drohnen und Panzerabwehr spezialisiert und Teil der 3. Selbstständigen Sturmbrigade der ukrainischen Armee, die Berichten zufolge aus einem Bataillon der berüchtigten Neonazi-Organisation „Asow-Regiment“ hervorgegangen ist. Die Paskuda-Gruppe hat es zu beträchtlicher Bekanntheit gebracht. Sie kritisiert die Kriegsstrategie der Ukraine, in der vor allem in den Kämpfen der unterlegenen ukrainischen Truppen Drohnen eine entscheidende Rolle spielen. Wie so viele sogenannte „Eliteeinheiten“, die mit faschistischen Elementen durchsetzt sind, wurde auch die Paskuda-Gruppe von der Nato bewaffnet und vollständig in das Militär eingebunden. Sie hat eine große Präsenz in den sozialen Netzwerken; viele ihrer YouTube-Videos, in denen sie ihre Militäraktionen verherrlicht und Nazi-Symbole zeigt, wurden millionenfach angesehen.
Laut Moss Robeson, einem bekannten ukrainischen Blogger zur rechtsextremen Szene, hat ein hochdekoriertes Mitglied der Paskuda-Gruppe im letzten Juni die Gedenkstätte für das Vernichtungslager Auschwitz in Polen besucht, wo im Zweiten Weltkrieg mindestens 900.000 Juden, 300.000 Polen, 10.000 sowjetische Kriegsgefangene und tausende weitere Opfer des Faschismus zu Tode gefoltert und vergast wurden oder verhungert sind. Ein Bild zeigt, dass er dabei – offenbar um die Opfer von Auschwitz zu verhöhnen – ein T-Shirt mit dem Hitler-Zitat trug „Wo wir sind, ist kein Platz für andere“. Oleg Romanow hatte auf X/Twitter einen Post mit diesem Bild geliked.

Auch an Romanows faschistischer Orientierung kann kein Zweifel bestehen.
Auf dem gleichen Instagram-Profil, auf dem Romanow das Bild mit Freuding veröffentlichte, befindet sich auch ein Bild von Romanow mit einem T-Shirt des neonazistischen Asow-Bataillons von 2015. Asow hatte im Jahr 2014 eine zentrale Rolle bei dem Putsch gegen die Regierung von Wiktor Janukowitsch gespielt, der versucht hatte, das Gleichgewicht zwischen Russland und der Nato zu wahren. In Folge des Putsches kam ein Regime an die Macht, das sich vollständig hinter die Einbindung der Ukraine in die Nato stellte.
In Folge des Putsches, der vom amerikanischen und deutschen Imperialismus finanziert wurde, kam es im Osten des Landes zum Bürgerkrieg zwischen regierungsfreundlichen Truppen und von Russland unterstützten Separatisten, der schon vor dem offenen Überfall Russlands im Februar 2022 Tausende von Menschenleben forderte. Faschistische Kämpfer des Asow-Bataillons spielten eine zentrale Rolle in der „Antiterror-Operation“ im Donbass. Einige der frühesten Bilder von Romanow zeigen ihn in dieser Kampfzone. Spätere, u.a. von 2021, zeigen ihn mit Tätowierungen, die von der extremen Rechten benutzt werden, vor allem mit dem faschistischen Sonnenrad.
Im Jahr 2024 wurde Romanow, der auch unter dem Spitznamen „Romacha“ bekannt ist, in der Ukraine noch berüchtigter, weil er die sofortige Tötung von Zivilisten gefordert hatte, die Militärfahrzeuge anzünden: „Als Bataillonskommandant habe ich, mit Einwilligung der höchsten Führung und angesichts der Kriegslage und der Immunität in Kämpfen, meinen Soldaten die mündliche Erlaubnis erteilt, diese Tiere sofort zu erschießen. Solche Verräter müssen auf der Stelle eliminiert werden.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
In der Ukraine kam es in letzter Zeit verstärkt zu Angriffen auf Militärfahrzeuge und Massendesertionen von der Front. Zweifellos werden Sabotageakte teilweise von Russland im Rahmen von dessen Kriegsstrategie unterstützt, doch in vielen Fällen handeln Zivilisten aus Verzweiflung und Hass auf einen Krieg, der ihr eigenes Leben und das ihrer Familien bedroht. Laut Schätzungen sind bereits eine halbe Million Ukrainer während des Krieges umgekommen, viele weitere wurden versehrt und verwundet. Diese Zahlen sind mit dem Blutvergießen im Ersten und Zweiten Weltkrieg vergleichbar.
Wenn sich ein deutscher General wie Freuding so offen mit diesem Neonazi verbündet, ist das eine klare Provokation und unterstreicht einmal mehr den wahren Charakter des Kriegs in der Ukraine. Es geht nicht um die „Verteidigung der Demokratie“, sondern es handelt sich um einen imperialistischen Raubzug. Nachdem die imperialistischen Mächte Russland bewusst zu dem Überfall provoziert haben, nutzen sie die Verwirrung durch die nationalistische und reaktionäre Politik des Putin-Regimes aus, um einen Stellvertreterkrieg gegen Russland zu führen und zu erreichen, was die Nazis im Zweiten Weltkrieg nicht geschafft haben: Sie wollen die volle Kontrolle über die riesigen materiellen Ressourcen der ehemaligen Sowjetunion erlangen.
Von einem historischen Standpunkt aus ist die Rolle des deutschen Imperialismus in diesem verbrecherischen Unterfangen besonders übel. Freuding hat einen Doktortitel in Politikwissenschaften und ist sich zweifellos der Geschichte der Zusammenarbeit zwischen den Nazis und den ukrainischen Faschisten bewusst. Sie war ein wichtiger Bestandteil ihrer Pläne, die Ukraine zu besetzen, deren jüdische Bevölkerung zu massakrieren und die Sowjetunion zu zerteilen. Wie Historiker mittlerweile umfassend dokumentiert haben, spielte vor allem Stepan Banderas Organisation Ukrainischer Nationalisten eine zentrale Rolle bei der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Ukrainische Faschisten ermordeten auch tausende ukrainischer Arbeiter, Bauern und Jugendlichen, die den Faschismus ablehnten. In dieser Tradition stehen Romanow und seinesgleichen.
Dass sich Freuding offen mit Neonazis assoziiert, geschieht nicht trotz dieses geschichtlichen Hintergrundes, sondern gerade deswegen. Letztes Jahr war er einer der begeistertsten Unterstützer der ukrainischen Invasion der russischen Region Kursk, in der es 1943 zur größten Panzerschlacht der Geschichte gekommen war. In Videos, die oft auf dem offiziellen Kanal der Bundeswehr gepostet werden, sieht man Freuding bei Diskussionen über die aktuelle Lage des Konflikts. Dabei zeigt er auf eine Karte Russlands und der Ukraine und erinnert so deutlich an einen Wehrmachtsgeneral, der die Kampfhandlungen von Anfang der 1940er Jahre diskutiert.
Wie im Zweiten Weltkrieg ist das Bündnis mit rechtsextremen Kräften von zentraler Bedeutung für die Bemühungen der imperialistischen Mächte, Krieg gegen Russland zu führen und die Opposition innerhalb der Arbeiterklasse zu unterdrücken. Gleichzeitig war die Förderung ukrainischer Neonazis, insbesondere seit 2014, ein entscheidender Bestandteil der Legitimierung faschistischer Kräfte in den imperialistischen Ländern selbst. Im Jahr 2014 nutzten die USA und Deutschland die Hilfe von Faschisten des Asow-Bataillons, um eine Regierung an die Macht zu bringen, der mit Swoboda erstmals seit 1945 eine offen neonazistische Partei angehörte. Heute sitzt in den USA der Faschist Donald Trump im Weißen Haus, der regelmäßig eine Sprache benutzt, die sich an Adolf Hitlers Bewegung orientiert.
In Deutschland hat die herrschende Klasse das größte Aufrüstungsprogramm seit dem Untergang des Dritten Reichs eingeleitet, und die neofaschistische Alternative für Deutschland (AfD) wurde zur größten Oppositionspartei im Bundestag aufgebaut. Der Völkermord des zionistischen israelischen Regimes an den Palästinensern im Gazastreifen, der eindeutig den Verbrechen der Nazis nachempfunden ist, wird von allen imperialistischen Mächten uneingeschränkt unterstützt.
Vor diesem Hintergrund muss Freudings Beleidigung des Andenkens von Millionen Opfern des deutschen Faschismus nicht nur als Provokation, sondern als Absichtserklärung betrachtet werden. Genau wie im Zweiten Weltkrieg setzt der deutsche Imperialismus auf die Zusammenarbeit mit Faschisten, um seine Ziele zu erreichen. Es fällt der Arbeiterklasse zu, eine weitere derartige Katastrophe zu verhindern. Zu diesem Zweck muss sie ihre eigenen Traditionen des sozialistischen revolutionären Internationalismus wiederbeleben.