Maifeiertag 2025: Eine sozialistische Antwort auf das Scheitern der Beziehungen zwischen Kanada und den US

Die WSWS veröffentlicht hier das Video und den Text der Rede, die Keith Jones, der nationale Sekretär der Socialist Equality Party (Kanada), auf der Online-Kundgebung zum 1. Mai 2025 gehalten hat.

Rede von Keith Jones zum 1. Mai 2025

Der Bruch zwischen den imperialistischen Mächten Nordamerikas – Kanada und den Vereinigten Staaten – wirft entscheidende Fragen nach der revolutionären Perspektive, dem Programm und der Strategie der internationalen Arbeiterklasse auf. Im Zentrum muss die Notwendigkeit stehen, alle Formen von Nationalismus, Protektionismus und Militarismus zurückzuweisen und den sozialistischen Internationalismus zur Achse aller Kämpfe zu machen.

Am vergangenen Montag fanden in Kanada Bundestagswahlen statt. Der Wahlkampf stand ganz im Zeichen von Trumps globalem Handelskrieg und seiner Drohung, das Land  „mit wirtschaftliche Gewalt“ in den 51. Bundesstaat der USA zu verwandeln.

Nach einer wochenlangen, kriegerischen Nationalrhetorik aller Parteien gelang es den Liberalen mit ihrem frisch gekürten Vorsitzenden, dem ehemaligen Zentralbanker und Blue-Chip-Manager Mark Carney, an der Macht zu bleiben.

Kanadas Premierminister Mark Carney in London, 17. März 2025 [AP Photo/Jordan Pettitt]

Dabei profitierten sie von dem weit verbreiteten Hass in der Bevölkerung auf den faschistischen Möchtegern-Diktator Donald Trump.

Die Big-Business–Liberalen, denen noch vor wenigen Wochen eine vernichtende Wahlniederlage drohte, konnten die Ablehnung der arbeitenden Bevölkerung gegenüber Trump für sich instrumentalisieren. Die Schuld daran tragen ausschließlich die Organisationen, die behaupten, im Namen der Arbeiterklasse zu sprechen: die Gewerkschaften und die sozialdemokratische Neue Demokratische Partei (NDP).

Seit Jahrzehnten unterdrücken sie den Klassenkampf und erzählen den Arbeiterinnen und Arbeitern, sie müssten sich mit den Liberalen verbünden, der traditionellen Regierungspartei der herrschenden Klasse, um eine Machtübernahme der Konservativen, der offensten Befürworter der kapitalistischen Reaktion, zu verhindern. Seit 2019 hat die NDP auf Geheiß der Gewerkschaften rechte liberale Minderheitsregierungen unterstützt. Diese haben in der Pandemie die verheerende Profite-vor-Leben-Politik der herrschenden Klasse umgesetzt. Sie führen Krieg gegen Russland, denunzieren und unterdrücken die Proteste gegen den Gaza-Genozid, setzen inflationsbedingte Reallohnkürzungen durch und kriminalisieren die Arbeitskämpfe.

Postbeschäftigte der Canada Post im Streik vor einer Poststelle in Niagara-on-the-Lake (Ontario), November 2024. Der vierwöchige Streik richtete sich gegen die willkürliche „Neuinterpretation“ von Abschnitt 107 des kanadischen Arbeitsgesetzes durch die Trudeau-Regierung. [Photo: WSWS]

Die Gewerkschaftsführer und die NDP-Führung haben sich rasch hinter die liberale Regierung gestellt, als diese ihre Handelskriegsgremien einsetzte, und sie unterstützen lautstark Ottawas Vergeltungszölle, die sich gegen die Arbeitsplätze und den Lebensstandard der amerikanischen Arbeiter richten.

Die politisch-ideologische Grundlage der Allianz zwischen den Gewerkschaftsbürokraten und dem kanadischen Kapital und seinem Staat ist der reaktionäre Nationalismus Kanadas und Québecs, der auf der Lüge basiert, dass der Kapitalismus im Norden „fortschrittlicher“ und „sanfter“ sei und im Vergleich mit der raubgierigen Dollarrepublik im Süden eine „freundlichere“ Gesellschaft darstelle.

Wie Trotzki bemerkte, versuchen die Handlanger des Kapitals in der Arbeiterbewegung zu jeder Zeit, die Arbeiterklasse hinter die Bourgeoisie zu zerren und vor den Karren ihrer handels- und geopolitischen und militärischen Konflikte zu spannen. Sie behaupten, der imperialistische Staat, dem sie ihre ihre Privilegien verdanken, sei „demokratischer“ oder sozial „fortschrittlicher“ als der des „Feindes“. So war es in den beiden imperialistischen Weltkriegen des letzten Jahrhunderts, so ist es auch heute.

Soweit sich Carney oder andere politische Vertreter der herrschenden Klasse Trump entgegenstellen, tun sie dies ausschließlich im Interesse der Profite der kanadischen Bourgeoisie, ihrer globalen geostrategischen Interessen und ihres Vorrangs bei der Ausbeutung der Arbeiter Kanadas und seiner reichhaltigen natürlichen Ressourcen.

Selbst heute strebt die kanadische Bourgeoisie in erster Linie danach, unter Trump eine offiziell anerkannte Rolle als Juniorpartner Washingtons und der Wall Street in der Festung Nordamerika zu spielen. Dies zielt darauf ab, die globale Vorherrschaft der USA gegenüber China und allen anderen Konkurrenten zu sichern.

Den Arbeitern steht ein böses Erwachen bevor. Die Regierung der Liberalen wird sich unter Carney schnell als die rechteste in der Geschichte Kanadas erweisen. Es wird eine Regierung der Austerität, der Aufrüstung und des Krieges sein. Das wird bereits daran deutlich, dass sie wichtige Projekte der Konservativen übernimmt, die (wie die Republikaner in den Vereinigten Staaten) immer offener zur Partei der extremen Rechten werden.

Trump ist eine Bedrohung für die Arbeiter Kanadas und der ganzen Welt. Dabei können die Arbeiter ihn und alles, wofür er steht – Oligarchie, Diktatur und imperialistischer Krieg –, nicht bekämpfen, indem sie sich mit der kanadischen Bourgeoisie oder einer ihrer rivalisierenden Fraktionen verbünden.

Vielmehr müssen sie ihre unabhängigen Klasseninteressen durchsetzen, indem sie eine Bewegung für die Arbeitermacht aufbauen und ihre Kämpfe mit der massiven Opposition gegen Trump verbinden, die derzeit in der amerikanischen Arbeiterklasse entsteht. Der erste notwendige Schritt im Widerstand gegen die verfaulte kapitalistische Weltordnung besteht darin, dass Arbeiter die Allianz zwischen Gewerkschaften, NDP und Liberalen ablehnen und den Nationalismus in Kanada und Québec zurückweisen, der sie seit Generationen an die herrschende Klasse kettet.

David Eby, Premierminister von British Columbia (erste Reihe, 5. von rechts), und andere Mitglieder der NDP-Fraktion am „Flag Day“, einem widerwärtigen nationalistischen Spektakel zum 60. Jahrestag des Ahornblattes als kanadisches Symbol

Die Socialist Equality Party (Kanada) hat in ihrer Wahlerklärung geschrieben:

Alle großen Erhebungen der nordamerikanischen Arbeiterklasse – von den Knights of Labor über die Sit-down-Streiks der 1930er Jahre bis hin zu den sozialen Massenkämpfen der 1960er Jahre – fanden Unterstützung auf beiden Seiten der Grenze zwischen Kanada und den USA, auch unter den französischsprachigen Arbeitern in Québec. Heute besteht die Aufgabe darin, die besten Elemente dieser Tradition [des gemeinsamen Kampfes] aufzugreifen und sie mit einem neuen, höheren und sozialistischen Inhalt zu füllen.

Nehmt am 1. Mai 2025 den Kampf auf, um die Arbeiterklasse für das Programm des sozialistischen Internationalismus und für ein vereinigtes Nordamerika der Arbeiter zu gewinnen, die einzige fortschrittliche Antwort auf Krieg, Oligarchie und Diktatur. Schließt euch den Reihen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale an, der weltweiten trotzkistischen Bewegung, und ihren Sozialistischen Gleichheitsparteien und sympathisierenden Gruppen.

Vielen Dank.

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