Steinmeier empfängt Herzog und unterstützt Israels Völkermord an den Palästinensern

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfängt seinen israelischen Amtskollegen Jitzchak Herzog am 12. Mai in Berlin [AP Photo/Markus Schreiber]

Zwischen 1904 und 1908 verübte der deutsche Imperialismus mit der blutigen Niederschlagung des Aufstands der Herero und Nama in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts. Nur wenige Jahrzehnte später folgte mit der Ermordung von sechs Millionen Juden und dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion – der bis zu 30 Millionen Sowjetbürger das Leben kostete – der größte Massenmord der Menschheitsgeschichte.

Im 21. Jahrhundert knüpft die deutsche herrschende Klasse nahtlos an diese verbrecherischen Traditionen an. Am Wochenende reiste der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) zu seinem Antrittsbesuch nach Israel. Am Montag rollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seinem israelischen Amtskollegen Jitzchak Herzog in Berlin den roten Teppich aus und empfing ihn mit militärischen Ehren. Ab heute erfolgt ein Gegenbesuch von Steinmeier in Israel, um auch dort offiziell den 60. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu begehen. Steinmeier wird dort auch den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu treffen, einen vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mit einem Haftbefehl belegten Kriegsverbrecher.

Tatsächlich können einige Krokodilstränen der deutschen Politiker über das Leid der Palästinenser und ihre zynischen Verweise auf die eigenen historischen Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung – Steinmeier erinnerte auf der gemeinsamen Presskonferenz mit Herzog an den „Zivilisationsbruch der Schoa“ – nicht darüber hinwegtäuschen, dass der deutsche Imperialismus erneut eine Schlüsselrolle bei der Durchführung eines Genozids spielt. Er bewaffnet Israel und stärkt ihm zu einem kritischen Zeitpunkt bewusst den Rücken.

Aktuell treibt das rechtsextreme Netanjahu-Regime die systematische Vernichtung und Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung auf die Spitze. Am vergangenen Montag kündigte Netanjahu den Beginn der Endphase der ethnischen Säuberung des Gazastreifens an. Ein mit dem faschistischen US-Präsidenten Donald Trump ausgearbeiteter Plan sieht die vollständige militärische Besetzung des gesamten Gebiets und die Masseninternierung der Bevölkerung vor. Palästinenser sollen in Konzentrationslagern zusammengepfercht und anschließend zu Gewaltmärschen durch die Wüste gezwungen oder per Schiff deportiert werden.

Die Lager sollen von privaten US-Sicherheitsfirmen betrieben werden, während die israelischen Streitkräfte die Verteilung von Hungerrationen kontrollieren. In offenem Bezug auf die „Endlösung“ – den NS-Begriff für den Völkermord an den europäischen Juden – drohte Netanjahu: „Es ist an der Zeit, die letzten Schritte einzuleiten.“ Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte, dass „innerhalb eines Jahres der Gazastreifen völlig zerstört sein“ werde. „Die Zivilisten“ würden „in den Süden in eine humanitäre Zone geschickt und von dort aus in großer Zahl in Drittländer abwandern“.

Das israelische Regime versucht, seinen Plan mit dem Mittel der massenhaften Aushungerung der Bevölkerung durchzusetzen. Seit mehr als zwei Monaten blockiert Israel vollständig den Gazastreifen und lässt weder Lebensmittel noch Wasser und Strom in das Gebiet. Der Völkermord und die deutsche Rolle darin sind so offensichtlich, dass selbst Der Spiegel einen Kommentar unter dem Titel „Deutschland macht sich zum Komplizen“ veröffentlicht hat. Darin heißt es:

Seit über zwei Monaten lässt Israel keine Lebensmittel, keine Medikamente und keinen Treibstoff in den Gazastreifen. Kinder sterben an Unterernährung. Währenddessen bombardiert Israel so erbarmungslos wie selten zuvor in diesem Krieg. Schutzlose Menschen werden in ihren Zelten zerfetzt. Allein in der vergangenen Woche starben Dutzende durch Bomben auf eine Schule und ein Restaurant, das auch als Suppenküche diente. Auch Kinder waren unter den Toten.

Und weiter:

Und als wäre das nicht genug, kündigte Israel gerade eine neue Offensive an. Der Gazastreifen soll langfristig besetzt und die Bevölkerung erneut vertrieben werden, am besten soll sie „freiwillig“ das Gebiet verlassen. Aber freiwillig ist daran nichts. Ein Rückkehrrecht soll es nicht geben.

Damit es „keine Missverständnisse“ gebe, habe Finanzminister Smotrich noch ausgeführt, „Israel werde den Gazastreifen vollständig zerstören und entvölkern, spätestens in einem halben Jahr könne man dann den Sieg erklären.“

Es ist der Gipfel der Kriminalität, wenn die herrschende Klasse Deutschlands die Unterstützung für Israels Genozid mit dem Verweis auf den „Kampf gegen Antisemitismus“ und ihre eigenen historischen Verbrechen rechtfertigt. Am Montag besuchten Steinmeier und Herzog die Gedenkstätte Gleis 17 am Berliner Bahnhof Grunewald. Von dort wurden während des Holocaust Tausende Juden in die Vernichtungslager deportiert.

Kurz zuvor hatte sich Steinmeier auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Staatsoberhaupt mit folgenden Worten hinter den Völkermord an den Palästinensern gestellt. „Dein Land wurde von der Hamas überfallen. Angesichts der Bedrohung Israels durch den Terror kommt dein Land nicht zur Ruhe und muss sich zur Wehr setzen gegen islamistischen Terrorismus und Geiselnehmer und Verschleppungen.“

Zynisch erklärte Steinmeier, das „Leid der Zivilbevölkerung in Gaza“ lasse „niemanden unberührt“. Er er habe Herzog deshalb gebeten, sich „dafür einzusetzen, dass rasch wieder humanitäre Hilfe zu den Menschen in Gaza kommt“. Nur um diesem gleich im nächsten Satz zu versichern, Deutschland sei „als besonderer Freund Israels nicht naiv“. Man erkenne „das Dilemma, dass die Hamas für die israelische Armee kreiert, indem sie sich feige hinter Zivilisten versteckt und dabei weiter Raketen auf Israel abfeuert. Ich erkenne das Dilemma, das die Terrororganisation kreiert, auch indem sie sich an Hilfsgütern bereichert.“

Mit ähnlichen Worten haben führende deutsche Politiker in den vergangenen 19 Monaten immer wieder den israelischen Vernichtungskrieg gegen die palästinensische Bevölkerung gerechtfertigt. „Wir ducken uns davor nicht weg“, wenn „Hamas-Terroristen sich hinter Menschen, hinter Schulen verschanzen. … Dann können auch zivile Orte ihren Schutzstatus verlieren“, erklärte die frühere grüne Außenministerin Annalena Baerbock im vergangenen Oktober im Bundestag und rechtfertigte damit offen, die „Zerstörung“ von Krankenhäusern und Schulen und den Massenmord an Zivilisten.

Auch die Linkspartei trägt politische Mitverantwortung für den Tod von Zehntausenden – mehrheitlich Frauen und Kindern – sowie für die nahezu vollständige Zerstörung des Gazastreifens. Unmittelbar nach Beginn des israelischen Vernichtungsfeldzugs im Oktober 2023 stimmten alle (!) Abgeordneten der Linken im Bundestag für einen pro-israelischen Entschließungsantrag der Ampel-Parteien und der Union. Der damalige Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch lobte die Resolution als einen „Beitrag Deutschlands im Kampf gegen den Terror“.

Besonders aggressiv stellte sich die Spitzenkandidatin der Linken in der Bundestagswahl, Heidi Reichinnek, hinter das Massaker in Gaza. In einer Rede im Bundestag am 21. März 2024 wiederholte sie die offizielle Gräuelpropaganda vom „brutalen Massaker der Hamas“, deren „brutale Gewalt gegen Kinder und sexualisierte Gewalt gegen Frauen“ „nur mit wenigen Ereignissen zu vergleichen“ sei. Bei der Hamas handle es sich „nicht um Freiheitskämpfer, sondern um Terroristen, die entwaffnet werden müssen. Darüber müssen wir uns hier alle einig sein.“ Israel habe „selbstverständlich das Recht, sich zu verteidigen“.

Am Wochenende nutzte Die Linke ihren Parteitag in Chemnitz, um sich einmal mehr hinter Israel zu stellen. In einem Beschluss des Parteivorstands mit dem Titel „Das Existenzrecht des Staates Israel ist für uns nicht verhandelbar“ heißt es: „Der Parteivorstand distanziert sich von jedem Aufruf, jedem Statement und jedweder bildlichen Darstellung, die unter dem Deckmantel der Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung die Existenz Israels negiert oder die Auslöschung Israels propagiert.“

Damit demonstriert die Partei nicht nur ihre bedingungslose Unterstützung für Israels Genozid, sondern auch ihre Feindschaft gegenüber einem gemeinsamen Kampf der jüdischen, palästinensischen und aller anderen arabischen Arbeiter gegen ihren jeweiligen reaktionären Regimes und für einen sozialistischen Nahen Osten. Tatsächlich ist dies die einzige Möglichkeit, den Völkermord und den sich entwickelnden dritten Weltkrieg zu stoppen: der Aufbau einer internationalen Massenbewegung der Arbeiterklasse gegen Faschismus und Krieg und ihre Wurzel, den Kapitalismus.

Herzog machte in Berlin deutlich, dass die Kriegsziele im Nahen Osten weit über die Vernichtung und Vertreibung der Palästinenser hinausgehen. Die Entfesselung der israelischen Kriegsmaschinerie ist Bestandteil des Ziels der imperialistischen Mächte, auch die Huthis im Jemen und den Iran auszuschalten, die Kriegspolitik gegen Russland und China zu verschärfen und die Welt unter den imperialistischen Mächten neu aufzuteilen.

Die „abscheulichen Taten“ der Huthis, die als Reaktion auf Israels Verbrechen an den Palästinensern Schiffe im Roten Meer angreifen, hätten „nur eine Adresse: Teheran“, drohte Herzog. Der Iran unterstütze „diese Organisation militärisch und finanziell enorm“. Man müsse „dem Iran mit Entschlossenheit entgegentreten und ihn daran hindern, Atomwaffen zu bekommen“. Das sei „nicht nur israelisches Interesse“, sondern das „Interesse der gesamten Menschheit“.

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