Am Donnerstag mussten Dutzende von Gemeinschaftsküchen in Gaza schließen, weil sie aufgrund der anhaltenden israelischen Blockade keine Nahrungsmittel mehr haben. Israel will mit seiner Blockade die Palästinenser aushungern und danach ihr Land annektieren.
Der Direktor des Netzwerks palästinensischer Nichtregierungsorganisationen, Amjad al-Shawa, erklärte am Donnerstag gegenüber Reuters, dass die meisten der 170 Gemeinschaftsküchen in Gaza geschlossen wurden. Er erklärte:
In Gaza sind gegenwärtig alle hungrig. ... Die verbleibenden Küchen werden bald schließen. Die Hungerkatastrophe ist unbeschreiblich. Die Menschen verlieren ihre einzige Nahrungsquelle.
Er erklärte weiter:
Ich befürchte, wir werden bald erleben, wie die Alten, schwachen Kinder, schwangeren Frauen und Kranken sterben.
Ebenfalls am Donnerstag meldete die Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK), die Nahrungsmittel seien ihr ausgegangen und sie müsse ihre Gemeinschaftsküchen in Gaza schließen. WCK-Gründer José Andrés erklärte:
Unsere Lastwagen – voll mit Nahrungsmitteln und Versorgungsgütern – warten in Ägypten, Jordanien und Israel darauf, in den Gazastreifen zu fahren... Aber sie können ohne Erlaubnis nicht weiterfahren. Humanitäre Hilfe muss passieren dürfen.
Huda Abu Diya, der in Chan Yunis im südlichen Gazastreifen Zuflucht gefunden hat, erklärte gegenüber Reuters:
Ohne die Gemeinschaftsküchen wären wir schon tot. Um unserer Kinder willen, was sollen wir tun?... Was soll ich ihnen morgen zu essen geben?... Hier gibt es nichts. Die Lage ist unter Null. Wenn es noch ein bisschen so weitergeht, werden wir verhungern.
Israel begann am 2. März mit einer vollständigen Blockade der Nahrungsmittel-, Wasser- und Stromversorgung in Gaza, nachdem es einseitig einen Waffenstillstand mit der Hamas aufgekündigt hatte. Laut den Vereinten Nationen sind mehr als zwei Millionen Menschen von schwerer Nahrungsmittelknappheit betroffen. Der Preis für Mehl ist seit Beginn der Blockade um das 100-fache gestiegen.
Innerhalb der letzten zehn Tage wurde ein Drittel der von den UN betriebenen Gemeinschaftsküchen in Gaza wegen fehlender Nahrungsmittel und Treibstoff geschlossen. Die UN warnt, dass weitere Schließungen unmittelbar bevorstehen. Das Büro der UN für humanitäre Hilfe erklärte: „Die von diesen Küchen bereitgestellten warmen Mahlzeiten sind eine der letzten verbliebenen Überlebensgrundlagen“ für die Palästinenser.
Laut der palästinensischen Wasserbehörde überleben die meisten Menschen in Gaza mit nur drei bis fünf Litern Wasser pro Tag. Das ist nur ein Drittel bis ein Fünftel der täglichen Mindestmenge, die laut humanitären Experten zum Überleben notwendig ist.
Bei mehr als 10.000 Kindern in Gaza wurde laut der Weltgesundheitsorganisation akute Unterernährung diagnostiziert. Die Zahl der neuen Fälle stieg von 2.000 im Februar auf 3.600 im März.
Der Euro-Med Human Rights Monitor erklärte diese Woche:
Diese Ergebnisse sind nicht zufällig. Sie sind Ausdruck eines bewussten Vorgehens, das darauf angelegt ist, die natürliche Entwicklung von Personen und einer Gesellschaft zu schädigen und die biologischen und sozialen Grundlagen der palästinensischen Gemeinschaft zu zerstören. Dies offenbart die klare Absicht zu zerstören – eines der eindeutigen Merkmale für das Verbrechen des Völkermords nach internationalem Recht, vor allem wenn es durch langsame, kumulative Mittel wie Belagerung und systematisches, lang andauerndes Aushungern geschieht.
Lima Batsami, die Direktorin der Rechtsabteilung des Euro-Med Human Rights Monitor, erklärte, Israel nutze in Gaza „ganz offen und unverhohlen“ Aushungern als Waffe. Sie verwies auf die vollständige Schließung der Grenzübergänge und die offene Bestätigung durch israelische Regierungsvertreter. Sie erklärte, Gaza sei voll von „unwiderlegbaren Beweisen für das Grauen des Verbrechens: die ausgemergelten Leichen von Erwachsenen und Kindern, Zehntausende, die täglich bei Gemeinschaftsküchen anstehen, und die wachsende Zahl von Menschen, die an Hunger, Unterernährung und damit verbundenen Krankheiten sterben.“
Während Israel das Aushungern von Gaza forciert, plant Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die vollständige Besetzung des Gebiets. Die Verteilung sämtlicher noch verbliebener humanitärer Hilfe soll ausschließlich der Kontrolle des israelischen Militärs unterstellt werden.
Am Donnerstag berichteten amerikanische und internationale Zeitungen über einen Vorschlag, wonach eine Gruppe amerikanischer Sicherheitsfirmen und ehemaliger Offiziere, die sogenannte Gaza Humanitarian Foundation, die Verteilung von Lebensmitteln übernehmen soll. Der Plan würde die USA direkter in die Besetzung des Gazastreifens einbinden. US-Präsident Donald Trump hatte bereits Anfang des Jahres erklärt, die USA würden Gaza „besitzen“.
Die Washington Post berichtete, der Plan sähe vor, die verbleibende Bevölkerung in bewachten Einrichtungen unterzubringen, die faktisch Konzentrationslager wären. Die Post schrieb:
Sobald sie sich in der Enklave befinden, würden sie unter dem Schutz amerikanischer Sicherheitsfirmen zu von Israel ausgewiesenen Verteilungszentren im Süden gehen. Die Sicherheitsfirmen würde auch für die Sicherheit in und um die Verteilungszentren sorgen... Besucher der Verteilungszentren sollen durch Gesichtserkennungstechnologie identifiziert werden.
Am Donnerstag forderte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz die Umsiedlung der Palästinenser in Lager, um die israelischen Truppen „gegen alle Arten von Bedrohungen“ zu schützen. Er fügte hinzu:
Die gesamte Bevölkerung von Gaza wird in Gebiete im Süden des Gazastreifens evakuiert, und es wird eine Unterscheidung zwischen ihnen und Hamas-Terroristen geschaffen. ... Anders als in der Vergangenheit werden die IDF in allen eroberten Gebieten bleiben, um die Rückkehr des Terrorismus zu verhindern und jede Bedrohung zu eliminieren und zu vereiteln.
Die Trump-Regierung hat sich hinter den Plan der Netanjahu-Regierung gestellt; die Sprecherin des Außenministeriums, Tammy Bruce, erklärte zu der Völkermordkampagne: „Das ist eine neue Herangehensweise mit einem Schwerpunkt: den Menschen Hilfe zukommen lassen. Jetzt sofort.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Vereinten Nationen haben den Plan verurteilt und erklärt, er würde „Hilfslieferungen zur Waffe machen“, indem nur bestimmte Zivilisten Nahrungsmittel erhalten.
Die Kommunikationsdirektorin des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge, Tamara Alrifai, erklärte gegenüber der Washington Post, es wäre ein „sehr gefährlicher Präzedenzfall“ dafür, „eine vollständige Belagerung als Kriegstaktik“ zu benutzen, um „bestehende Hilfsstrukturen und das gesamte existierende, anerkannte internationale System“ zu zwingen „und zu beginnen ein neues System aufzubauen“.
Anfang der Woche verurteilte auch das Humanitarian Country Team, eine Dachorganisation von Hilfsorganisationen in Gaza, den Vorschlag mit den Worten:
Der Entwurf des Plans, der uns vorliegt, bedeutet, dass ein Großteil von Gaza, darunter die weniger mobilen und am stärksten gefährdeten Menschen, weiterhin ohne Hilfsgüter auskommen müssen.
Die Folge wäre, dass „Zivilisten in die militarisierten Zonen getrieben werden, um Zuteilungen zu erhalten, was Menschenleben gefährdet, einschließlich der humanitären Hilfskräfte, und gleichzeitig die zwangsweise Vertreibung weiter verfestigt wird.“
Der Euro-Med Human Rights Monitor fügte hinzu:
Mit dieser Maßnahme wird das Aushungern wieder eingeführt, diesmal unter humanitärer Fassade, und sie legitimiert ihren weiterer Einsatz als Waffe im Kontext eines seit mehr als 19 Monaten andauernden Völkermords.
Israel setzte seine Bombenangriffe im gesamten Gazastreifen am Donnerstag fort. Bei einem Luftangriff auf eine Gruppe von Jugendlichen, die das Internet nutzten, wurden 33 Menschen getötet, bei einem weiteren Angriff auf ein Haus in Beit Lahiya neun Menschen. Laut dem Gesundheitsministerium von Gaza wurden alleine von Donnerstag auf Freitag 106 Menschen durch israelische Angriffe getötet und 367 verwundet.
Seit Beginn des Völkermords am 7. Oktober 2023 wurden in Gaza Zehntausende getötet oder verwundet, und die anhaltende Blockade sowie die militärischen Angriffe verschärfen die humanitäre Krise noch weiter.