Maifeiertag 2025: Diktatur, Krieg und der Kampf für den Aufbau der SEP in der Türkei

Die WSWS veröffentlicht hier das Video und den Text der Rede, die Ulaş Ateşçi, ein führendes Mitglied der Sosyalist Eşitlik Grubu (Sozialistische Gleichheitsgruppe) in der Türkei, am 3. Mai auf der Online-Kundgebung zum 1. Mai 2025 gehalten hat.

Rede von Ulaş Ateşçi zum 1. Mai 2025

Im Namen der Sosyalist Eşitlik Grubu in der Türkei gratuliere ich euch zum 1. Mai, dem internationalen Tag der Einheit, der Solidarität und des Kampfs der Arbeiter und Jugendlichen auf der ganzen Welt, und sende euch unsere revolutionären Grüße.

Wir begehen diesen 1. Mai unter Bedingungen, unter denen der Aufbau einer Präsidialdiktatur durch die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan in eine neue Phase eingetreten ist. Kurz vor dem 1. Mai wurden bei Hausdurchsuchungen in Istanbul mehr als 90 Menschen festgenommen. Im vergangenen Monat wurde Ekrem İmamoğlu, der Bürgermeister von Istanbul, der der Republikanischen Volkspartei (CHP) angehört, verhaftet und ins Gefängnis gesteckt, wo sich schon unzählige politische Gefangene, darunter die Führer der kurdischen Bewegung, befinden.

Die rechtswidrige Verhaftung von İmamoğlu, der in den Umfragen für die Präsidentschaftswahlen, die spätestens 2028 stattfinden sollen, immer weiter vor Erdoğan liegt, hat zu spontanen Massenprotesten im ganzen Land geführt.

Massenprotest vor dem Gebäude der Stadtverwaltung von Istanbul gegen die Verhaftung von Ekrem İmamoğlu, Saraçhane, Istanbul, 23. März 2025 [Photo by herkesicinCHP/X]

Die Möglichkeit, dass diese Massenproteste eine unabhängige und revolutionäre Bewegung der Arbeiter auslösen könnten, erschreckte sowohl die Erdoğan-Regierung als auch die anderen kapitalistischen Parteien des Establishments, einschließlich der CHP selbst. Deshalb griff die Regierung zu polizeistaatlicher Repression, um die Proteste zu unterdrücken, während die CHP ihr Bestes tat, um die Proteste zu beenden, indem sie sie auf die nächsten Wahlen verwies.

Sowohl die Missachtung demokratischer Grundrechte als auch die wachsende soziale Opposition und Radikalisierung in der Arbeiterklasse und Jugend sind internationale Phänomene. Sie sind darauf zurückzuführen, dass die Krise des kapitalistischen Systems und der herrschenden Klasse sich dramatisch verschärft.

Die türkische Regierung unternimmt diese undemokratischen Schritte, seitdem Donald Trump eine zweite Amtszeit als Präsident der USA angetreten hat. Die Trump-Regierung selbst baut in den USA eine präsidiale Diktatur auf und sieht sich einem wachsenden Widerstand unter Arbeitern und Jugendlichen gegenüber.

In der Türkei wie in den USA richtet sich das autoritäre Regime im Wesentlichen gegen die Arbeiterklasse, die einzige soziale Kraft, die in der Lage ist, der Herrschaft der Kapitalistenklasse ein Ende zu setzen, die Macht zu ergreifen und ein wirklich demokratisches Regime zu errichten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit Präsident Donald Trump nach einer Pressekonferenz im East Room des Weißen Hauses, Archivfoto vom 13. November 2019 [AP Photo/Evan Vucci]

Die Sosyalist Eşitlik Grubu fordert die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen, einschließlich İmamoglu. Dies ist Teil einer weltweiten Kampagne des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), der trotzkistischen Weltbewegung, der wir angehören, für die Freiheit aller politischen Gefangenen, allen voran des ukrainischen Sozialisten Bogdan Syrotjuk.

Arbeiter können ihre Interessen nicht verteidigen, geschweige denn den Kampf für Sozialismus aufnehmen, wenn sie die demokratischen Rechte nicht grundsätzlich verteidigen.

Dies gilt auch für den prinzipiellen Widerstand gegen imperialistische Kriege. Der Völkermord an den Palästinensern in Gaza durch den zionistischen Staat Israel dauert nun schon mehr als anderthalb Jahre. Dieser Völkermord könnte nicht stattfinden ohne die uneingeschränkte Unterstützung der Nato, der auch die Türkei angehört, für Israel. Jetzt nehmen dieselben imperialistischen und zionistischen Mächte zunehmend auch den Iran und seine Verbündeten ins Visier. Sie bereiten einen Krieg vor, der die gesamte Region in ein Blutbad stürzen wird. Ihr Ziel ist die vollständige imperialistische Herrschaft über den gesamten Nahen Osten, einschließlich des Iran.

Die Sosyalist Eşitlik Grubu fordert, dass die Türkei aus der Nato austritt und alle Beziehungen zu Israel abbricht. Die Militärstützpunkte, die zum Vorteil der USA und Israels genutzt werden, müssen geschlossen und die Durchleitung von Öl aus Aserbaidschan nach Israel muss gestoppt werden. Hände weg von Palästina, Iran, Jemen und dem gesamten Nahen Osten!

Das erfordert nicht nur den Kampf gegen die Regierung Erdoğan, die die zweitgrößte Armee der Nato befehligt, sondern gegen alle pro-Nato- und proimperialistischen Parteien, einschließlich der CHP. Das ist Teil des Kampfes, die Arbeiterklasse auf der Grundlage eines revolutionären sozialistischen Programms im Nahen Osten und international gegen Imperialismus und Zionismus zu vereinen.

Die Katastrophe des Krieges, die sich seit Jahrzehnten im Nahen Osten zuspitzt, ist ein Produkt des imperialistischen Nationalstaatensystems. Sie kann nur mit diesem zusammen beendet werden. In diesem Kampf sind die Verbündeten der Arbeiter im Nahen Osten – türkische, kurdische, arabische, persische, jüdische oder andere – nicht die bürgerlich-nationalistischen Regime und Bewegungen. Diese sind Teil des kapitalistischen Systems, und ihre Programme sind gescheitert. Es ist die amerikanische, europäische und internationale Arbeiterklasse. Unser Schlachtruf und Ziel ist die Sozialistische Föderation des Nahen Ostens.

Subjekt dieses Kampfs ist die Arbeiterklasse, die sich trotz der Gewerkschaftsbürokratien, die unter kapitalistischer Kontrolle stehen, zu mobilisieren beginnt. Die aufkommende spontane Streikbewegung der Arbeiter in der Türkei für bessere Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen muss mit den Kämpfen der Arbeiter in anderen Ländern zusammenkommen. Sie sind mit denselben Problemen und demselben Klassenfeind konfrontiert. Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) öffnet den Weg dazu.

Der Kampf für die Verbesserung der sozialen Bedingungen der Arbeiterklasse und der Jugend muss als integraler Bestandteil des Kampfs für Demokratie und gegen imperialistische Kriege auf der ganzen Welt entwickelt werden. All diese Kämpfe sind im Wesentlichen ein Kampf für Sozialismus gegen Kapitalismus. Es ist die letzte Schlacht zwischen einer Handvoll profitgieriger Oligarchen und der Arbeiterklasse, der Mehrheit der Weltbevölkerung.

Bei den Massenprotesten, die im März in der Türkei ausbrachen, ging es um die wachsende soziale Ungleichheit. Unzufriedenheit und Sorge um die Zukunft spielten eine große Rolle. Was fehlte, war eine revolutionäre Perspektive und Führung, die weiß, wie diese globalen sozialen Probleme, die ihre Wurzeln im kapitalistischen System haben, überwunden werden können und wie eine Gesellschaft aufzubauen ist, die auf sozialen Bedürfnissen und nicht auf privatem Profit basiert.

Gemeinsam mit dem IKVI tritt die Sosyalist Eşitlik Grubu für diese Perspektive ein und baut diese Führung auf der Grundlage der objektiven revolutionären Rolle der internationalen Arbeiterklasse auf. Keine grundlegenden sozialen und politischen Probleme können gelöst werden, ohne den unrechtmäßig erworbenen Reichtum und die Macht der Kapitalistenklasse zu enteignen. Und in einer global integrierten Wirtschaft muss die Lösung international sein.

Vor kurzem hat ein Erdbeben Istanbul und die Marmara-Region erschüttert. Das hat die Gefahr für Millionen von Menschen offenbart und gezeigt, wie dringend es ist, dieses Programm zu verwirklichen. Der Reichtum, den sich die Kapitalistenklasse durch Ausbeutung und Finanzspekulation aneignet, muss enteignet werden. Sowohl dieser gesellschaftliche Reichtum als auch die enormen Ressourcen, die für Kriege verschwendet werden, müssen für die rasche Lösung dringender sozialer Probleme, insbesondere für sichere Wohnungen, verwendet werden.

Nach dem Erdbeben in Istanbul und anderen Gebieten der Türkei campen die Menschen im Freien, hier: Istanbul, 24. April 2025 [AP Photo/ Khalil Hamra]

Diese gewaltige gesellschaftliche Umgestaltung erfordert, dass die Arbeiterklasse, die den gesamten Reichtum schafft und das Funktionieren der Weltwirtschaft sicherstellt, durch eine sozialistische Revolution die Macht übernimmt. Dafür kämpfen die Sosyalist Eşitlik Grubu und ihre Schwesterparteien der IKVI weltweit.

An diesem 1. Mai rufe ich alle, die uns zuschauen, dazu auf, sich dem Aufbau der IKVI und der Sosyalist Eşitlik Partisi in der Türkei und international anzuschließen.

Brecht mit allen bürgerlichen Establishment-Parteien und den sogenannten linken Parteien, die behaupten, es gäbe keinen anderen Weg als sie zu unterstützen!

Vorwärts zur Gründung der Sosyalist Eşitlik Partisi in der Türkei!

Loading