Maifeiertag 2025: Ein Ende des Völkermords in Gaza erfordert den Kampf für Sozialismus

Die WSWS veröffentlicht hier das Video und den Text der Rede, die Jean Shaoul, Vorstandsmitglied der Socialist Equality Party (UK), auf der Online-Kundgebung zum 1. Mai 2025 gehalten hat.

Jean Shaouls Rede zum 1. Mai 2025

Arbeiter und Jugendliche auf der ganzen Welt beobachten mit Entsetzen und wachsender Wut das größte Verbrechen des 21. Jahrhunderts: das Abschlachten wehrloser Palästinenser in Gaza durch Israel.

Israel hat 70.000 Tonnen Sprengstoff abgeworfen, was sechs Hiroshima-Bomben entspricht, und dabei mindestens 51.000 Menschen getötet. 70 Prozent der bestätigten Todesopfer sind Frauen und Kinder.

In dieser Zahl sind Zehntausende nicht enthalten, die unter den Trümmern begraben sind, oder die es nie ins Krankenhaus geschafft haben. Für jeden direkten Todesfall gibt es nach den Schätzungen der Forscher zwischen drei und 15 indirekte Todesfälle aufgrund von Krankheiten, Seuchen und dem Mangel an medizinischer Versorgung, Medikamenten, Nahrungsmitteln und sauberem Wasser. Insgesamt dürfte die tatsächliche Zahl bei über 200.000 liegen.

Rückkehr zehntausender vertriebener Palästinenser in den zerstörten nördlichen Gazastreifen, 27. Januar 2025 [AP Photo/Mohammad Abu Samra]

Mehr als 1,9 Millionen Menschen, also 90 Prozent der Bevölkerung, sind innerhalb des Landes vertrieben worden. Die öffentliche und soziale Infrastruktur liegt in Trümmern.

Dieses Massaker ist eine bewusste Politik. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berief sich auf die biblische Geschichte von der Vernichtung der Amalekiter. Der ehemalige Verteidigungsminister Gallant bezeichnete die Palästinenser als „menschliche Tiere“. Verteidigungsminister Katz verhängte eine „vollständige Blockade des Gazastreifens“ und kündigte ausschließlich „Zerstörung“ an. Israel hat eine Regierungsbehörde für die ethnische Säuberung des Gazastreifens eingerichtet, deren Blaupause auf Trumps Vorhaben beruht.

Netanjahu genießt die Rückendeckung aller imperialistischen Mächte. Die Vereinigten Staaten haben, zuerst unter Biden und jetzt unter Trump, die Führung beim Töten übernommen. Es ist Teil ihrer Pläne, die Kontrolle über den ressourcenreichen Nahen Osten zu sichern. Diese Pläne bergen heute die Gefahr eines umfassenden Kriegs gegen den Iran. Sie werden keinen Widerstand gegen ihre Verbrechen dulden.

Verlogene Vorwürfe des „Antisemitismus“ werden dazu benutzt, um Proteste gegen den Völkermord brutal zu unterdrücken und abweichende Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Präsident Donald Trump (links) beim Händeschütteln mit Israels Premier Benjamin Netanjahu anlässlich eines Besuch Netanjahus im Weißen Haus in Washington, 7. April 2025 [AP Photo/Mark Schiefelbein]

Das zionistische Regime Israels ist nicht der einzige Verbündete des Imperialismus im Nahen Osten. Die arabischen Staaten haben keinen Finger gerührt, um den Palästinensern zu helfen. Sie arbeiten mit Washington zusammen, um ihre eigene Bevölkerung unter Kontrolle zu halten und den Handel mit Israel auszuweiten. Was Ägypten und Jordanien betrifft, so sind sie bereit, als Grenzwächter zu dienen.

Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, sprach für sie alle, als er die Hamas für das Massaker verantwortlich machte und deren Führer als „Hurensöhne“ bezeichnete, weil sie nicht bereit waren, sich den Forderungen von Trump und Netanjahu zu fügen.

Israels Regierung besteht aus Rassisten und Faschisten. Sie hat sich einem expansiven Israel und der Apartheid verschrieben. Dies ist keine verirrte Politik, wie Netanjahus „demokratische“ Kritiker in Israel behaupten. Auch diese Kritiker unterstützen den Angriff auf Gaza. Es ist der Höhepunkt der jahrzehntelangen Unterdrückung der Palästinenser durch Israel und der wiederholten Kriege gegen seine Nachbarstaaten.

Gaza ist eine vernichtende Anklage gegen das gesamte zionistische Projekt. Die Gründung des Staates Israel wurde als Antwort auf die Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten dargestellt, die im Holocaust endete. Israel sollte ihnen angeblich einen sicheren Hafen bieten. Aber es wurde in Form eines kapitalistischen Staates verwirklicht, der ein anderes Volk enteignete und durch Krieg und Unterdrückung aufrechterhalten wurde.

Palästinenser in Nahr el-Bared, einem 1952 im Libanon errichteten Flüchtlingslager

Israel entwickelte sich zu einer zutiefst zerrissenen Gesellschaft der sozialen Ungleichheit, in der die rechtsextremen Siedler und religiösen Fundamentalisten den Ton angeben. Die Araber sind Bürger zweiter Klasse. Das jüdische Volk, das lange Zeit mit progressiven Bewegungen verbunden war und der internationalen sozialistischen Bewegung nahestand, ist heute in die brutale Unterdrückung eines ganzen Volks verwickelt.

Der israelische Staat vertritt nicht die Interessen der jüdischen Arbeiterklasse, geschweige denn des Weltjudentums. Er ist das politische Instrument einer korrupten Clique von milliardenschweren Gangstern, die eine Militärgarnison befehligen und die Region im Auftrag Washingtons überwachen.

Millionen Menschen sind für die Verteidigung der Palästinenser schon auf die Straße gegangen. Aber moralische Appelle an irgendeine imperialistische Macht oder kapitalistische Regierung können nichts bringen. Notwendig ist eine Hinwendung zur Arbeiterklasse, zu den Methoden und der Politik des Klassenkampfs.

In den letzten Wochen haben marokkanische Hafenarbeiter Schiffe boykottiert, die Israel beliefern sollten. Das ist das jüngste Beispiel für solche klassenbasierten Aktionen. In Griechenland, Belgien, Spanien und Indien haben Hafenarbeiter und Flughäfenbeschäftigte ähnliche Boykotte organisiert.

In Israel kam es in Tel Aviv zu Protesten von Tausenden, die Bilder von Geiseln und ermordeten Kindern aus Gaza hochhielten. Und sie riefen – in Anlehnung an den Aufruf zum Holocaust-Gedenktag: „Nie wieder bedeutet nie wieder für alle und jeden!“

Die Voraussetzungen sind vorhanden, um die nationalen Spaltungen zwischen den Arbeitern zu überwinden und eine sozialistische Massenbewegung gegen Völkermord und Krieg aufzubauen.

Das bedeutet jedoch, mit den verfaulten sozialdemokratischen, stalinistischen und nationalistischen Parteien zu brechen. Es bedeutet, die Herrschaft der Gewerkschaftsbürokratien über die Arbeiterklasse zu beenden. Vor allem aber bedeutet es, eine neue Führung aufzubauen, die sich Karl Marx' berühmten Slogan zu eigen macht: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

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