Die WSWS veröffentlicht hier das Video und den Text der Rede, die Nick Beams, ein langjähriger Führer des Internationalen Komitees der Vierten Internationale und Experte für marxistische Ökonomie, auf der Online-Kundgebung zum 1. Mai 2025 gehalten hat.
Genossen und Freunde,
an diesem 1. Mai muss das Augenmerk der internationalen Arbeiterklasse auf die historischen Auswirkungen des Zollkriegs gerichtet sein.
Am 2. April, dem sogenannten „Tag der Befreiung“, hat US-Präsident Trump seinen Wirtschaftskrieg gegen den Rest der Welt begonnen. Die Zölle gegen China, das Hauptzielobjekt, wurden auf 145 Prozent angehoben.
Dies kommt einer Wirtschaftsblockade gleich, die jeglichen Handel zwischen der weltweit größten und der zweitgrößten Volkswirtschaft unterbindet. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Akt des Krieges.
Sogenannte „reziproke Zölle“ in Höhe von fast 50 Prozent wurden gegen eine Reihe weiterer Länder verhängt. Davon waren besonders mehrere Länder in Südostasien betroffen, die enge wirtschaftliche Beziehungen zu China unterhalten. Gegen die übrigen Länder wurde ein Zoll von 10 Prozent verhängt.
Bei den „reziproken Zöllen“ herrscht gegenwärtig eine 90-tägige Pause, angeblich um Verhandlungen zu ermöglichen.
Die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene internationale Handelsordnung, die auf dem Abbau von Zöllen und anderen Beschränkungen beruhte, wurde auf den Kopf gestellt.
Nie zuvor hat es etwas gegeben, das mit Trumps Zollmaßnahmen vergleichbar wäre. Sie übertreffen bei weitem sogar die berüchtigten Smoot-Hawley-Zölle, die die USA in den 1930er Jahren eingeführt hatten. Diese Zölle, die auf virulentem Nationalismus beruhten, kamen wirtschaftlichem Wahnsinn gleich. Sie führten letztendlich zu wirtschaftlicher Depression, sozialer Verwüstung und zum Zweiten Weltkrieg.
Trumps heutige Zölle heben die wirtschaftliche Absurdität auf ein neues Niveau. Sie bergen die gesteigerte Gefahr eines globalen Flächenbrandes.
In unserer heutigen Welt ist jede Ware, von der einfachsten bis zur höchstentwickelten, das Ergebnis einer komplexen internationalen Arbeitsteilung. Keine Ware ist mehr made in America. Und das Gleiche gilt auch für jedes andere Land.
Ein „amerikanischer“ SUV beispielsweise, der als solcher gekennzeichnet ist, besteht aus bis zu 1.500 international hergestellten Teilen und Komponenten. Jedes Endprodukt, das irgendwo auf der Welt verkauft wird, ist das Ergebnis einer globalen Lieferkette.
Aber Trumps Zollpolitik, so verrückt sie auch ist, hat eine Logik. Sie zielt darauf ab, die Industriezweige „umzubauen“, die für die Kriegswirtschaft der USA wichtig sind. In der Verordnung über „reziproke Zölle“ hat Trump erklärt, dass das Handelsdefizit der USA die industrielle Basis „ausgehöhlt“ habe, und er sagte: „Es hat unsere Nation bezüglich der Erfüllung unserer wichtigsten Sicherheitsbedürfnisse in die Abhängigkeit anderer Länder gebracht.“
In einem sehr realen Sinne ist ein globaler militärischer Krieg der USA bereits im Gange: in der Ukraine gegen Russland, in Israel gegen die Palästinenser im Gazastreifen, deren Völkermord durch die USA ermöglicht wird, und in Form anhaltender Drohungen auch gegen den Iran.
Allerdings ist das zentrale Ziel China, denn die USA wollen ihre Position als globale Hegemonialmacht behalten. Das spektakuläre Wirtschaftswachstum Chinas – von einem rückständigen Land vor 40 Jahren zur heute zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt – stellt eine existenzielle Bedrohung für die Vorherrschaft der USA dar. Alle Teile des politischen und militärischen Establishments der USA sind sich einig, dass China zerschlagen werden muss.
Unter Bedingungen, in denen wirtschaftliche Maßnahmen dies nicht erreichen können, rückt Krieg als einzig gangbare Option immer mehr in den Vordergrund.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Trumps Zollkrieg und die daraus resultierenden Marktschwankungen haben eine seit langem schwelende Finanzkrise des imperialistischen Staats USA ans Licht gebracht. Seine Finanzstruktur ist von Schulden und Parasitismus durchdrungen.
Dies kommt in dem staatlichen Schuldenberg zum Ausdruck, der nicht zuletzt durch die fortgesetzte Rettung von Konzernen und Banken und gesteigerte Militärausgaben angehäuft wurde. Die Schulden der USA belaufen sich mittlerweile auf 36 Billionen Dollar und steigen weiter, was bedeutet, dass jährliche Zinszahlungen in Höhe von 1 Billion Dollar anfallen.
Jedes andere Land in dieser Lage wäre längst für bankrott erklärt worden. Die USA konnten sich dank der Vorherrschaft des Dollars als Leitwährung halten. Doch auch diese wird nunmehr in Frage gestellt.
In früheren Phasen finanzieller Turbulenzen galten die US-Finanzanlagen als „sicherer Hafen“. Heute verliert der Dollar an Wert, und an den Finanzmärkten lautet die allgemeine Devise „Verkauft Amerika!“.
Dies ist eine Krise des gesamten kapitalistischen Weltsystems. Das hat nicht Trump allein bewirkt. Er ist bloß die Verkörperung seines Todeskampfes.
Die Arbeiter haben kein Interesse daran, ihre „eigene“ nationale Kapitalistenklasse zu stützen. Diese werden der Arbeiterklasse die Rechnung in Form der Auswirkung der Zölle präsentieren. Die Interessen der Arbeiter erfordern ihre Vereinigung mit ihren Klassenbrüdern in China und auf der ganzen Welt.
Die Aufgabe der Arbeiterklasse – heute dringender denn je zuvor – besteht darin, den Kapitalismus zu beenden und für das einzig gangbare Programm zu kämpfen: die weltweite sozialistische Revolution.