Die WSWS veröffentlicht hier das Video und den Text der Rede, die Andrei Ritsky, Vertreter der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten in Russland, auf der Online-Kundgebung zum 1. Mai 2025 gehalten hat.
Ich möchte allen Sprechern und Zuhörern, die sich heute hier versammelt haben, Grüße und Glückwünsche übermitteln.
Vor einem Jahr wurde mein Genosse Bogdan Syrotjuk nur wenige Tage vor unserer letztjährigen Kundgebung verhaftet. Heute, ein Jahr danach, wird Bogdan immer noch vom ukrainischen Geheimdienst SBU festgehalten, und dieser versucht, ihn zu Unrecht als Agenten des Putin-Regimes darzustellen. In Wirklichkeit bestand Genossen Bogdans „Verbrechen“ in seiner konsequenten Verteidigung marxistischer Prinzipien in der Tradition Lenins und Trotzkis. Durch seine Inhaftierung wird der Kampf für eine unabhängige Politik der russischen und ukrainischen Arbeiterklasse gegen die Regime von Selenskyj und Putin auf der Grundlage des sozialistischen Internationalismus praktisch zur „Straftat“ und zum „Verrat“ erklärt.
Die wahren Kriminellen sind das Selenskyj-Regime und seine imperialistischen Hintermänner, die die Verbrechen des ukrainischen Faschismus vertuschen und Nazi-Verbrecher rehabilitieren. Um den Interessen des westlichen Imperialismus und der Oligarchie zu dienen, schicken sie ukrainische Arbeiter in den Tod.
Aber die Politik des Putin-Regimes ist nicht weniger reaktionär. Sie basiert auf der utopischen Illusion, dass es möglich sei, einen Deal mit dem Imperialismus auszuhandeln. Doch jeder Deal würde nur den Interessen der Oligarchie dienen und wäre auch nur vorübergehender Natur. Keineswegs würde er die existentielle Bedrohung abwenden, vor der die Arbeiterklasse der ehemaligen Sowjetunion steht. Das Putin-Regime spielt mit seiner Politik und seiner nationalistischen Propaganda dem Imperialismus in die Hände und bereitet eine gigantische Katastrophe vor.
Der diesjährige Erste Mai fällt mit dem 80. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über den Nationalsozialismus zusammen. Das Putin-Regime nutzt diesen Sieg aus, um seiner reaktionären Invasion der Ukraine einen fortschrittlichen Anstrich zu verpassen.
Um die Sowjetunion gegen den Faschismus zu verteidigen, zahlte das sowjetische Volk einen hohen Preis. Nach offiziellen Schätzungen verlor die UdSSR etwa 27 Millionen Menschen. Unter ihnen waren 14 Millionen Zivilisten, und 9 Millionen Soldaten der Roten Armee starben an der Front. 2 Millionen starben in Gefangenschaft und in Vernichtungslagern, und weitere 2 Millionen starben in der Heimat an Hunger und Krankheiten.
Hinzu kommen die enormen psychischen und physischen Traumata derjenigen, die verstümmelt wurden, Konzentrationslager überlebten oder Verwandte, Angehörige, Freunde und Kameraden verloren.
All diese Erinnerungen sind unvergessen. Im sowjetischen Kino, in der Musik, in der Poesie, in der Malerei – überall finden sich Reflexionen des Weges der Massen durch ihren heroischen Kampf.
Heute versucht der Kreml, die tief verwurzelte Erinnerung an den Krieg auszunutzen, um Nationalismus zu schüren und historische Verwirrung zu stiften. Die Haupttaktik dieser Propagandawelle besteht darin, den politischen Unterschied zwischen der Sowjetunion und der Russischen Föderation zu verwischen. Doch trotz ihrer geografischen Lage und der Tatsache, dass Generationen von Menschen beide Staaten erlebt haben, sind die UdSSR und die Russische Föderation zwei vollkommen unterschiedliche Staaten. Sie haben völlig unterschiedliche Klassengrundlagen und historische Ursprünge.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Sowjetunion wurde im Dezember 1922 gegründet, nachdem die Arbeiterklasse unter Führung der Bolschewiki die Errungenschaften der Oktoberrevolution im Bürgerkrieg siegreich verteidigt hatte. Die Bolschewiki hatten die Bourgeoisie enteignet und verstaatlichte Eigentumsverhältnisse und eine Planwirtschaft eingeführt. Damit hatten sie die sozioökonomischen Grundlagen für eine sozialistische Gesellschaft geschaffen. Bewusst verbanden sie den Aufbau des Sozialismus mit dem Sieg der Weltrevolution.
Dieses internationalistische marxistische Programm wurde jedoch von der stalinistischen Bürokratie verraten, die zur Verteidigung ihrer eigenen Privilegien das reaktionäre Programm des „Sozialismus in einem Land“ verkündete. Die bürokratische Degeneration des Sowjetstaates und der bolschewistischen Partei gipfelte im Massaker an Generationen von Revolutionären im Großen Terror.
Allerdings blieben die elementaren Grundlagen des Arbeiterstaates dennoch erhalten. Obwohl die herausragendsten Vertreter des Marxismus ermordet wurden, blieb unter den Massen ein rudimentäres Bewusstsein für die Traditionen der Oktoberrevolution bestehen. Es waren diese Traditionen, die sich im Krieg gegen den Nationalsozialismus Bahn brachen und den Sieg der Sowjetunion sicherten.
Die Russische Föderation ist aus der stalinistischen Konterrevolution gegen die Traditionen und Errungenschaften der Oktoberrevolution entstanden. Ab 1985 untergrub Michail Gorbatschows Perestroika endgültig die Grundlagen des degenerierten Arbeiterstaates. 1991 liquidierte die Bürokratie die Sowjetunion. Aus dieser Konterrevolution gingen die oligarchischen Regime von Jelzin und dann Putin hervor. Mit dem Krieg in der Ukraine verteidigt das Putin-Regime nicht etwa das Volk gegen den Imperialismus, sondern das kapitalistische Eigentum der russischen Oligarchie.
Die einzige aufrichtige Art, die immensen Opfer der sowjetischen Massen im Krieg gegen den Nationalsozialismus zu würdigen, besteht darin, die Wahrheit zu sagen: Putin und die russische Oligarchie sind Feinde der Traditionen des Kriegs gegen den Nationalsozialismus. Den Interessen der russischen, der ukrainischen und der internationalen Arbeiterklasse stehen sie feindlich gegenüber.
Der einzige Weg, den Imperialismus zu bekämpfen, besteht heute im Kampf für die unabhängige Mobilisierung der russischen Arbeiterklasse, die sich mit der ukrainischen und internationalen Arbeiterklasse unter dem Banner der Oktoberrevolution vereinen muss.
- Nein zum Krieg in der Ukraine!
- Vereinigt die russische und ukrainische Arbeiterklasse!
- Gegen Imperialismus und bürgerlichen Nationalismus!
- Für die Wiederbelebung der Traditionen der Oktoberrevolution!
- Freiheit für Bogdan Syrotjuk!
- Baut das Internationale Komitee der Vierten Internationale auf!