Faschistischer Kandidat gewinnt erste Runde der rumänischen Präsidentschaftswahlen

Präsidentschaftskandidat George Simion in einer Videoansprache nach dem Ende der ersten Runde der Wiederholungswahlen, Bukarest, 4. Mai 2025 [AP Photo/Andreea Alexandru]

Der faschistische rumänische Kandidat George Simion hat die erste Runde der rumänischen Präsidentschaftswahlen mit mehr als 40 Prozent der Stimmen gewonnen. In der Stichwahl am 18. Mai wird auf den Bukarester Bürgermeister Nicusor Dan treffen, der als unabhängiger Kandidat angetreten ist.

Das Ergebnis war eine massive Abfuhr für die Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, Nationalliberalen und der Demokratischen Union der Ungarn in Rumänien (PSD, PNL, UDMR) und deren Politik seit ihrer Machtübernahme im Jahr 2021. Ihr Kandidat kam auf den dritten Platz, obwohl die drei Parteien, die zusammen fast alle lokalen Behörden im Land kontrollieren, ihre Wahlkampfmaschinen mobilisiert hatten.

Der 38-jährige Simion ist Vorsitzender der faschistischen Partei AUR, einer Nachfolgeorganisation der Eisernen Garde, die im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis kollaboriert hatte. Er unterhält enge Beziehungen zur italienischen Ministerpräsidentin Georgia Meloni und der polnischen rechtsextremen PiS. Er ist Anhänger von US-Präsident Donald Trump und reiste im Rahmen seines Wahlkampfs in die USA, um Teile der Republikaner für seine Kandidatur zu gewinnen, statt den Trump-nahen ehemaligen Sozialdemokraten Victor Panta zu unterstützen. Ponta erhielt 13 Prozent der Stimmen.

Simions Partei bildet das Zentrum eines Netzwerks von Neonazi- und paramilitärischen Gruppen, deren Abgeordnete nicht vor der Leugnung des Holocaust und der Verherrlichung von Massenmördern aus der Nazizeit zurückschrecken. Sie unterhält außerdem Beziehungen zur israelischen Partei Likud.

Die Wahlen finden vor dem Hintergrund einer schweren Krise des politischen Establishments Rumäniens statt, die durch den globalen Handelskrieg der Trump-Regierung angetrieben wird, sowie auch durch die zunehmenden interimperialistischen Rivalitäten zwischen den USA und den europäischen Großmächten. Im Verlauf dieser Krise haben sich die rumänischen Behörden wiederholt über demokratische Grundrechte wie das Wahlrecht hinweggesetzt.

Die Wahlen sind das Ergebnis der Annullierung der Präsidentschaftswahlen von Dezember durch das Verfassungsgericht, nachdem der erste Wahlgang mit einem Sieg des rechtsextremen Kandidaten Calin Georgescu endete, der Zweifel am Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine geäußert hatte. Die Annullierung der Wahl vom Dezember war eine in einer ganzen Reihe von undemokratischen Maßnahmen der rumänischen Behörden. Dazu gehörte auch, Georgescu die Teilnahme an den Wiederholungswahlen zu untersagen.

Als Vorwand für die außergewöhnlichen Maßnahmen gegen Georgescu dienten haltlose Unterstellungen, sein Wahlkampf werde durch einen „russischen Cyberkrieg“ unterstützt. Für diese Behauptung wurden keine Beweise vorgelegt, es hat sich vielmehr inzwischen herausgestellt, dass Georgescus Wahlkampf teilweise von der Nationalliberalen Partei, einem Mitglied der Regierungskoalition, finanziert wurde.

Innerhalb der rumänischen herrschenden Elite brechen erbitterte Konflikte aus. Sie sind zum einen auf die Besorgnis wegen des Debakels in der Ukraine zurückzuführen, in das Rumänien als Juniorpartner der imperialistischen Mächte stark investiert hat, zum anderen auf die Frage, ob die künftige geopolitische Landschaft für die Verfolgung ihrer räuberischen regionalen Interessen günstig sein wird.

Rumäniens herrschende Elite bemüht sich, die geografische Position des Landes zu nutzen, um sich als wichtigen Lieferanten und Transitknotenpunkt für den Nato-Krieg gegen Russland zu zeigen. Nach dem Maidan-Putsch von 2014 haben der ehemalige rumänische Präsident Klaus Iohannis, der mitten in der derzeitigen Krise zurücktreten musste, und der polnische Präsident Andrzej Duda im Rahmen des Bukarest-9-Formats und der Drei-Meere-Initiative eine enge, gegen Russland gerichtete Zusammenarbeit entwickelt. Beide Länder rüsten seither massiv auf.

Die rumänische Schwarzmeerküste ist eine wichtige Anlegestelle für Nato-Schiffe und Spionageflugzeuge geworden. Der Luftwaffenstützpunkt Kogalniceanu soll zum größten US-Stützpunkt in Europa aufgerüstet werden.

Rumänische „Freiwillige“ kämpfen an den ukrainischen Fronten. Die sogenannte „Kampfgruppe Getica“, die in den rumänischen Medien und bei Spendenkampagnen häufig herausgestellt wird, hat sich gemeinsam mit anderen rechtsextremen Brigaden an Vorstößen auf russisches Staatsgebiet beteiligt, u.a. während der teilweisen Besetzung der russischen Region Kursk durch die Ukraine.

Rumänien hat vor kurzem ein Gesetz verabschiedet, das den Abschuss von russischen Flugzeugen erlaubt, die in seinen Luftraum eindringen. Damit verschärfen sich die Spannungen um die Donauhäfen, die ein wichtiges Transitgebiet für ukrainische Getreideexporte sind. Die rumänische Regierung spielt eine entscheidende Rolle dabei, die ukrainischen Getreidelieferungen zu ihren Schwarzmeerhäfen zu sichern, und verhandelte darüber auch mit Moldau und Transnistrien (PMR).

Nach den von der Trump-Regierung ausgelösten geopolitischen Umwälzungen haben sich die Spannungen innerhalb der rumänischen herrschenden Elite verschärft; verschiedene Fraktionen der herrschenden Klasse, auch innerhalb der amtierenden Regierungskoalition, haben offen Kontakt zu den imperialistischen Mächten aufgenommen.

Während Übergangspräsident Bolojan mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zusammengearbeitet und ihm Rumäniens Teilnahme an der europäischen „Koalition der Willigen“ zur Fortsetzung des Ukraine-Kriegs zugesagt hat, sorgte Premierminister Ciolacu (PSD) für einen öffentlichen Skandal, indem er seine eigenen „Abgesandten“ für Trumps persönliches Anwesen in Mar-a-Lago ernannte.

Eines der Hauptanliegen der rumänischen herrschenden Klasse ist ihre historische Ambit ion, Einfluss auf die östlichen Nachbargebiete auszuüben, vor allem auf die Republik Moldau. Die Karriere von Spitzenkandidat Simion beruht auf Bestrebungen von Teilen der rumänischen Bourgeoisie, diese ehemalige Sowjetrepublik zu übernehmen.

Als Gründer und Koordinator der sogenannten „unionistischen“ Bewegungen war Simion an der Organisation zahlreicher Provokationen, Proteste und Märsche für die „Union“ von Moldau und Rumänien beteiligt. Dies brachte ihm mehrere Einreiseverbote in die Republik Moldau ein, das letzte davon ist noch bis 2028 gültig.

Simions Aktivitäten in Moldau gleichen denjenigen des ehemaligen Präsidenten Basescu und seiner Partei PMP. In dessen Amtszeit von 2004 bis 2014 hatten rumänische Behörden die EU-Mitgliedschaft des Landes und die Aussicht auf Zusammenarbeit innerhalb der EU benutzt, um verarmten moldauischen Arbeitern die rumänische Staatsbürgerschaft anzubieten. Basescu ist noch immer ein einflussreicher politischer Akteur und hat die Kandidatur von Nicusor Dan unterstützt.

Tatsächlich ist Simions Wunsch nach einer geringeren Rolle der EU der häufigste Kritikpunkt der etablierten Parteien und der Medien an dem Faschisten. Dies wird als potenzielle Schwächung der regionalen Position Rumäniens gesehen, die bisher stark von der EU-Unterstützung profitiert hat.

Die europäischen imperialistischen Mächte, vor allem Frankreich und Deutschland, haben gemeinsam mit Rumänien über die Moldauische Partnerschafts-Plattform hunderte Millionen Dollar nach Moldau fließen lassen. Diese Mittel dienen dazu, das Land in den Bereichen Energie und Infrastruktur stärker von Rumänien abhängig zu machen und den Einfluss Rumäniens auf das Land auszuweiten. Radio Free Europe veröffentlichte zum Beispiel letzten Oktober einen begeisterten Bericht, in dem der Bau und die Sanierung von Schulen und Kindergärten angepriesen wurde, in denen in der russischsprachigen Region Gagausien in rumänischer Sprache unterrichtet wird.

Simion hat Trumps rüpelhaften Stil übernommen und gedroht, er werde diese Programme von der Übernahme von „Mehrheitsanteilen an moldauischen Staatsunternehmen“ abhängig machen.

Seine Haltung gegenüber der Ukraine, in die er ebenfalls nicht einreisen darf, geriet ebenfalls unter Beschuss. Die AUR und andere faschistische Organisationen haben den Krieg in der Ukraine vom Standpunkt der rumänischen Gebietsansprüche gegenüber der Ukraine in der nördlichen Bukowina, dem Donaudelta und den Rohstoffvorkommen im Schwarzen Meer kritisiert.

Nicusor Dan, derzeit Bürgermeister von Bukarest, ist als unabhängiger Kandidat angetreten, wurde aber von wichtigen Teilen des rumänischen Establishments unterstützt, u.a. von den liberalen Oppositionsparteien. Er positionierte sich im Wahlkampf für die EU und versucht, die Stichwahl als Entscheidung zwischen „pro-westlich“ und „pro-russisch“ darzustellen. Damit schürt er nicht nur Russophobie, sondern verschleiert auch die Quelle der faschistischen Gefahr, die aufgrund der Politik der herrschenden Klasse überall ihr Haupt erhebt, sowie die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen den beiden Fraktionen in den wichtigen Fragen.

Vor der Wahl hatte Dan in einem Interview mit Moldova 1 erklärt, er „würde die Union mit Moldau am liebsten noch heute vollziehen“. Er verwies auf eine Erklärung des rumänischen Parlaments aus dem Jahr 2018, laut der es bereit sei, die „Union von 1918 zu erneuern“. Dass der offizielle Pro-EU-Kandidat solche territorialen Ansprüche äußert, entlarvt die Lügen, bei dem „europäischen Weg“ von Ländern wie Moldau ginge es um die Verteidigung der „Rechtsstaatlichkeit“, und nur Russland wolle „die Grenzen mit Gewalt neu ziehen“.

Simion und Dan sind sich auch darin einig, die rumänische Arbeiterklasse die Kosten für die Aufrüstung bezahlen zu lassen. Beide haben erklärt, dass nach den Wahlen die öffentlichen Ausgaben massiv gekürzt und Massenentlassungen durchgeführt werden müssen, um den Staatshaushalt auszugleichen.

Die Wahlen zeigen den Bankrott des politischen und gesellschaftlichen Systems, das in den 35 Jahren seit der Wiedereinführung des Kapitalismus durch das stalinistische Regime in Osteuropa entstanden ist. Das offizielle Leben in Rumänien wird von den politischen Nachfahren der Hitler-Verbündeten in der Eisernen Garde dominiert, die Arbeiterklasse ist verarmt und der Krieg breitet sich in der gesamten Region aus. Die wichtigste Aufgabe ist der Wiederaufbau einer sozialistischen, d.h. trotzkistischen Kultur in der rumänischen und osteuropäischen Arbeiterklasse, um sie mit ihren internationalen Klassenbrüdern und -schwestern im Kampf gegen Faschismus, Krieg und Kapitalismus zu mobilisieren.

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